Alle Beiträge von Fabian Walden

Counter-Strike und seine Nachfahren.

Schon im Frühling dieses Jahres habe ich über die Modding-Szene geschrieben; was die Entwickler vorantreibt, sie motiviert, was sie zurückwirft, wo Stolperfallen liegen können. Damals sprach ich mit Stephan, Projektleiter der ‚X-Isle‘-Mod für den Ego-Shooter ‚Far Cry‘, der seinerzeit noch guter Dinge war: Er hatte ein starkes Team, bereits eine erste Version der Mod veröffentlicht, die Unterstützung von Seiten der Entwickler war gegeben. Doch heute, rund ein halbes Jahr später, ist ‚X-Isle‘ so gut wie tot: Unter der offiziellen Website verbirgt sich seit Monaten nur noch ein kleines, kaum besuchtes Forum – trotz einiger neuer Screenshots glaubt kaum noch einer, dass aus ‚X-Isle‘ jemals das werden wird, was ursprünglich geplant war. Sofern denn überhaupt noch eine neue Version erscheint.

Untergang der Mods
Doch mit dem Problem stehen die ‚X-Isle‘-Entwickler nicht alleine da: Weltweit und spieleübergreifend gibt es nicht mehr die große Bewegung in der Modding-Szene, welche sie vor allem in der ‚Half-Life‘-Ära auszeichnete. Namen wie ‚Counter-Strike‘, ‚Day of Defeat‘ oder ‚Strike Force‘ sind jedem Spieler ein Begriff – nicht zuletzt, weil sie noch heute ausgiebig gespielt werden. Doch wer kennt schon ‚Fortress Forever‘, ‚Infection‘, ‚SAS‘ oder ‚Classic Doom‘? Selbst über ein Jahr nach dem Release von ‚Half-Life 2‘, ‚Doom 3‘ und ‚Unreal Tournament 2004‘ gibt es kaum Projekte, die das Prädikat „viel versprechend“, „neuartig“ oder „massentauglich“ verdienen würden. Ein paar Modifikationen an ‚Capture the Flag‘ hier, kleine Veränderungen an den Waffen da, bestenfalls ein ‚Counter-Strike‘-Klon: Ist das alles, was man heute noch erwarten kann?

Zu großer Aufwand
Die Modding-Szene tritt auf der Stelle und nicht zuletzt liegt das an den immer komplexer werdenden Spielen: Man vergleiche nur einmal die Grafik von ‚Half-Life‘ mit dem Detailgrad eines ‚Far Cry‘, um zu verstehen, wie sehr sich der Aufwand bei der Entwicklung vergrößert hat. Nicht umsonst arbeiten dutzende oder gar hunderte Entwickler an einem kommerziellen Spiel und greifen auf Millionenbudgets zurück. Wie soll eine kleine Gruppe, die in der Regel überwiegend aus Schülern und Studenten besteht, da noch mithalten können?

UT 2007 will alles besser machen…
Mit Bangen werfen viele Freizeitentwickler allerdings auch einen Blick in die Zukunft: Was bisher von Spielen wie ‚Unreal Tournament 2007‘ gezeigt wurde, lässt erahnen, dass Mods es nie wieder mit „richtigen“ Spielen aufnehmen können werden. Mark Rein, Vizepräsident von Epic Games, sieht das jedoch anders. Von uns auf die Probleme der Mod-Entwickler angesprochen, sagte der maßgeblich für die ‚Unreal‘-Engine verantwortliche Rein: „Ich denke, wir werden die Situation für Mod-Entwickler sogar verbessern. Mit ‚Unreal Tournament 2007‘ liefern wir die ‚Unreal Engine 3 Tools‘, welche die Produktivität gegenüber vergangenen Generationen verbessern werden und Mod-Entwicklern die Möglichkeit einräumen, Dinge zu tun, die die sie niemals zuvor machen konnten.“

…aber wird auch nicht weniger aufwendig sein
Mark zählt uns die Vorzüge der neuen Tools auf, die vor allem für Singleplayer-Mods interessant sind, gesteht dann aber ein: „Ja, die Leute werden mehr Zeit benötigen, um Models zu entwerfen und zu texturieren, die es mit den besten Next-Gen-Spielen aufnehmen können. Aber es gibt viele gute Grafiker, die eine großartige Arbeit machen können, wenn man ihnen deutlich höhere Polygonlimits einräumt.“ Ganz ähnlich hat er vor Jahren auch über die ‚Unreal Engine 2‘ gesprochen.

Bemühungen um Mods
Die Schuld ist allerdings nicht bei den Entwicklern zu suchen: Vor allem Epic Games, Valve und Crytek bemühen sich um die Modding-Community, versuchen mit immer besseren Tools und umfangreichen Hilfestellungen, den Entwicklern unter die Arme zu greifen. Verständlich, sind es doch gerade die Mods, welche ein Spiel über Jahre hinweg am Leben erhalten. Das beste Beispiel dafür ist einmal mehr ‚Half-Life‘, das 1998 erschienen und technisch inzwischen vollkommen veraltet ist – aber dank seiner zahlreichen Mods immer noch mehr gespielt wird als so mancher aktueller Shooter.

Geld statt Ruhm
Der Erfolg von ‚Half-Life‘ und seiner Mods hatte jedoch nicht nur positive Seiten: Der Mod-Boom, um es so zu formulieren, hat die Szene verändert und auch die Intention der Entwickler. Freute man sich früher darüber, überhaupt eine Mod zu entwickeln und später ein wenig im Internet zu verteilen, stecken sich viele in der Modding-Szene heutzutage höhere Ziele. So ein Hit wie ‚Counter-Strike‘ oder zumindest ‚Day of Defeat‘ sollte es schon werden und am besten wäre natürlich auch gleich noch ein Publishing-Deal, um ordentlich Geld in die leeren Kassen zu spülen. Das hat auch Rein erkannt: „Da die digitale Distribution immer praktikabler wird, glaube ich, dass man auch Mods sehen wird, die sich finanziell rentieren.“

Die Stärke von Counter-Strike
Gerade das ist es aber nicht, was den Erfolg von Mods ausmachte: Ein von Beginn an kommerzielles ‚Counter-Strike‘ hätte nie den Erfolg gehabt, von dem es noch heute zehrt. Das Spiel wuchs mit der Community, die Entwickler hörten auf die Verbesserungsvorschläge der Spieler und die regelmäßigen, umfangreichen Updates sorgten dafür, dass der Mod nicht die Luft ausging. Abendfüllend konnte man seinerzeit über neue Waffen, Veränderungen an bestehenden Maps oder sogar neue Spielmodi diskutieren. Das ‚Counter-Strike‘, das Entwickler ‚Cliffe‘ und ‚Gooseman‘, anfangs im Sinn hatten, war ein ganz anderes, als es später durch die Wünsche und Ideen der Spieler wurde. Aber ein Spiel, für das man bezahlt, gestaltet man nicht mit.

Ein Blick in die Kristallkugel
Steht die Modding-Szene also vor dem großen Crash? Nein, denn den hat sie eigentlich schon hinter sich: ‚Half-Life‘, ‚Unreal Tournament‘ und ‚Quake 3 Arena‘ waren der Höhepunkt des kreativen Schaffens, ihre Nachfolger in dieser Hinsicht bislang eine Enttäuschung. Bedeutet das, dass Mods in Zukunft viel simpler gestrickt sein werden? Sofern Epic, id, Valve & Co. nicht noch grandiose Ideen einfallen, wie sie den Mod-Entwicklern Arbeit abnehmen können, dann schon. Vor allem in Sachen Grafik werden Mods höchstens ganz selten mit kommerziellen Entwicklungen mithalten können. Aber wer weiß – vielleicht besinnt sich die Szene ja gerade dann und deshalb wieder ihrer einstigen Stärken.

USK-Leiter Gerstenberger im Gespräch.

Bereits 1994 wurde die USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) gegründet, doch ins Rampenlicht rückte sie erst im Frühling vorletzten Jahres, als aus den vormals nett gemeinten Altersempfehlungen gesetzlich bindende Altersfreigaben wurden. Seitdem hat die USK die Macht darüber, was in Deutschland an wen verkauft werden darf – und was besser gar nicht erst veröffentlicht werden sollte. Denn wenn die USK einem Spiel die Kennzeichnung verweigert, droht die altbekannte Indizierung durch die BPjM (Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien). Und dieses Risiko wollen nur die wenigsten Publisher in Kauf nehmen.

GTA für Jugendliche
Die neue Gestaltung des Jugendschutzgesetzes sorgte natürlich vor allem für eines: Planungssicherheit. Unvorhersehbare Indizierungen wie etwa im Falle von ‚Command & Conquer: Generals‘ sind nicht mehr möglich. Angesichts der Entscheidungsgewalt der USK lohnt es sich vielleicht, ihr ein bisschen auf die Finger zu schauen: Wie unabhängig ist die USK tatsächlich und wie genau werden die Spiele eigentlich getestet? Man denke an ein Spiel wie ‚GTA: San Andreas‘, für Publisher Take 2 das Zugpferd schlechthin, der Titel des letztjährigen Weihnachtsgeschäfts. Hätte ‚GTA: San Andreas‘ damals eine ‚ab 18‘-Freigabe bekommen, wären die finanziellen Einbußen für Take 2 enorm gewesen. Wie schon der Vorgänger ‚GTA: Vice City‘ (aber nicht wie ‚GTA 3‘) durfte ‚GTA: San Andreas‘ letztendlich aber an Spieler ab 16 Jahren verkauft werden.

Mit zweierlei Maß?<br />
Nachvollziehbar? Oder doch eher fragwürdig? Schließlich simuliert ‚GTA: San Andreas‘ eine reale Welt wie kein zweites Spiel. Töten ist in vielen Missionen der einzige Weg zum Erfolg, zudem kann der Spieler unschuldige Menschen jederzeit erschießen oder überfahren, ohne bestraft zu werden. Prostitution, Drogenhandel, der harte Slang der Protagonisten – das alles macht ‚GTA: San Andreas‘ zu einem Spiel, welches sich eindeutig an Erwachsene richtet. Aber dann doch an Jugendliche verkauft werden darf. Auf der andere Seite stehen Titel wie Eidos ‚Total Overdose‘, die keinen so großen Namen tragen, sich inhaltlich aber nur geringfügig von ‚GTA: San Andreas‘ unterscheiden. Oder ‚Leisure Suit Larry: Magna Cum Laude‘, dessen Humor zweifelsfrei unter die Gürtellinie abzielt, das davon abgesehen aber nur ein mäßig aufreizendes Comic-Sex-Spielchen ist. Begründet? Zufall? Zweierlei Maß?

Zeit ist Geld
Finanziell ist die USK spätestens seit der Änderung des Jugendschutzgesetzes nicht mehr von den Publishern abhängig. Zwar bezieht die Institution ihre Einnahmen aus den Prüfungsgebühren für die vorgelegten Spiele, doch da realistisch betrachtet kein Weg an einer Prüfung vorbeiführt, kann die USK bei „nicht zufriedenstellenden“ Ergebnissen in dieser Hinsicht nicht unter Druck gesetzt werden.

Ähnlich kritisch wie die Gleichheit der Spielebewertungen lässt sich der Aufwand sehen, mit dem die Spiele getestet werden. Während offiziell von fünf bis zehn Tagen pro Spiel die Rede ist, ließ sich vor rund einem Jahr bei Bungie lesen, dass ‚Halo 2‘ innerhalb weniger Stunden bewertet wurde – und noch dazu nur anhand der Präsentation eines Entwicklers.

Wie wird geprüft?
Laut USK-Prüfordnung werden die im Spiel „realisierten Ideen und Themen“ sowie „deren Umsetzung in Spieldynamik und Handlungsmuster“ auf eine „mögliche Entwicklungsbeeinträchtigung für minderjährige Nutzer und Nutzerinnen“ begutachtet. Die Natur des Mediums erfordert „eine Beurteilung des Prüfgegenstandes in ihrer Gesamtheit“. Vor allem die Verherrlichung des Kriegs ist dabei ein Dorn im Auge – das erklärt auch warum ein vergleichsweise harmloses Spiel wie LucasArts ‚Mercenaries‘ nur an volljährige Spieler verkauft werden darf. Geprüft wird ein Spiel im Normalfall von fünf Personen, darunter neben vier wechselnden Gutachtern ein ständiger Vertreter. Einer der Tester der USK bereitet eine Präsentation des Spiels vor, die Gutachter können jedoch auch selbst spielen. Das Ergebnis wird dann mit einer einfachen Mehrheit getroffen. Von Bedeutung sind dabei natürlich vor allem ‚Freigegeben ab 16 Jahren‘ und ‚Keine Jugendfreigabe‘ – alles darunter ist als Empfehlung für Eltern anzusehen.

Im Gespräch
Grund genug für uns, mal bei der USK selbst anzuklopfen: Wir sprachen mit Dr. Klaus-Peter Gerstenberger, dem Leiter der USK, über zweifelhafte Prüfungsentscheidungen, die Rolle der USK sowie die aktuelle Killerspielediskussion. Alles weitere entnehmt ihr unserem Interview auf der folgenden Seite.

Dr. Klaus-Peter Gesternberger ist seit 1998 Leiter der USK. Bei rund 2000 neuen Titeln, die pro Jahr in Deutschland erscheinen, muss der Soziologe den Überblick behalten und die USK glaubwürdig nach außen repräsentieren. Nur die wenigsten Spiele erhalten von der USK übrigens keine Jugendfreigabe: Im Vorjahr waren das gerade einmal 4 Prozent der geprüften Titel – während fast die Hälfte hingegen ganz ohne Altersbeschränkung erscheinen durfte.

Guten Tag, Herr Gerstenberger! Haben Sie eigentlich selbst noch heranwachsende Kinder und spielen diese Videospiele?

Ich habe drei Kinder, ein Junge ist auch dabei. Mit ihm spiele ich hin und wieder eine schöne Partie ‚Counter-Strike‘ – wenn er nicht gerade klettert. Mein Genre ist ansonsten eher das Adventure.

Wie beurteilen sie als Vater denn die Rolle der Eltern beim Thema Jugendliche und Videospiele?

Viele Eltern haben die Wunderwelt des digitalen Spiels noch nicht für sich entdeckt. Das wird sich ändern. Computerspiele sind über 30 Jahre alt. Die erste Generation der Gamer kommt jetzt selbst in die Elternrolle.

Spielen ist eines der ältesten Kulturgüter in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Sehen Sie auch das Spielen am Computer und Konsolen in dieser Tradition?

Unbedingt. Aber wir wissen noch gar nicht genau, was das Besondere am digitalen Spiel ist, wenn wir es als Kulturtechnik verstehen und in die Tradition anderer Spielarten stellen.

Die stärksten Kritiker von Titeln mit realer Darstellung von Gewalt sehen nach wie vor einen Zusammenhang von tragischen Katastrophen und Spielen als ursächlich an. Glauben Sie, dass Spiele aus normalen Menschen böse Menschen machen können?

Wer in digitalen Welten spielt, ist fasziniert von Problemkonstruktionen und Regelverabredungen. Die sind nur rudimentär moralisch. Teile den Ball auf keinen Fall mit denen aus der anderen Gruppe, schlage erst dann nicht weiter, wenn der andere zu Boden geht, wirf jeden aus der Bahn, wann immer du die Chance dazu hast. Da geht es um Fußball, Boxen, Mensch-ärgere-Dich-nicht. Das sind handgreifliche Spielewelten. Auch die machen uns weder „böse“ noch „gut“. Sie sind immer Teil einer bestimmten Biographie.

Aktuell werden in der politischen Diskussion Forderungen nach einem Verbot so genannter „Killerspiele“ immer lauter. Ist denn die Arbeit der USK mit ihrer Alterskennzeichnung auf einmal nicht mehr ausreichend genug zum Schutz junger Menschen?

Der zuständige Jugendminister, Armin Laschet, aus NRW sieht das anders. Sein aktuelles Statement findet sich unter www.usk.de.

Aber Sie sehen in dieser Diskussion um Spielverbote keine Gefährdung der Existenzberechtigung der USK?

Nein, das USK-System ist sehr wirksam und die Zusammenarbeit mit den deutschen Ländern klappt sehr gut. Das sehen die Länder auch so.

Trägt ihre Institution mit ihren Prüfergebnissen denn nicht selbst manchmal zu Irritationen bei? Man denke dabei an ein nicht gerade zimperliches ’GTA: San Andreas’, das ab 16 Jahren geeignet sein soll, während nur Erwachsene ein ’Leisure Suit Larry: Magna Cum Laude’ spielen dürfen?

Es wird immer Grenzfälle der Beurteilung geben. Die genannten Fälle sind aber meiner Ansicht nach nicht gut vergleichbar. Beim letzteren Titel ging es den Gutachtenden um die deutsche Übersetzung im Kontext eines Humors, der offenbar in Amerika anders ankommt. („Schindlers Luder“ findet sich unter anderem im Original.)

Verstehe. Können Sie sich erklären, warum nicht wenige Hersteller bei einer drohenden Ablehnung der Alterskennzeichnung vor einer Veröffentlichung in Deutschland lieber ganz zurückschrecken?

Seit 01.04.2003, also mit dem neuen Jugendschutzrecht, wurden über 6.900 Titel gekennzeichnet. 71 Mal wurde eine Kennzeichnung abgelehnt. In 19 Fällen wurden Titel dennoch auf den Markt gebracht. Die dürfen dann nur an Erwachsene abgegeben werden, sonst drohen Ordnungsstrafen bis 50.000 Euro. Zudem sind diese Titel nicht vor der Indizierung durch die Bundeseinrichtung BPjM geschützt. Das ist der wirksamste Jugendschutz weltweit, wenn wir auf demokratisch verfasste Gesellschaften schauen.

Kommen wir zu einem anderen Thema. Wie lange kann sich ein USK-Prüfer eigentlich mit einem Titel beschäftigen?

Wir garantieren fünf Werktage für die Eilprüfung, zehn Werktage für die Normalprüfung. Jeder Titel braucht unterschiedlich viel Zeit, bis er präsentiert werden kann. Dann hat unser Tester aber auch alle Lösungshilfen, das Handbuch und viele Zusatzinformationen des Publishers.

Gibt es regelmäßige Nachprüfungen von Titeln, von denen Sie bisher nur einen Teil sehen konnten? Oder handelt es sich bei Nachprüfungen nur um Stichproben?

Es gibt die vereinfachte Prüfung bei Umsetzungen auf andere Plattformen. Jeder Titel einer Reihe ist im Sinne des Gesetzgebers aber ein neuer Titel.

Ich meinte damit, ob es Nachprüfungen für Titel gibt, von denen Sie
aufgrund des Produktionsprozesses zum Prüfzeitpunkt nur eine Vorabversion
und noch nicht die finale Verkaufsversion sehen konnten. Finden also bei
unterschiedlichen Versionen (bei gleicher Plattform) abschließende
Nachtests statt?

Es gibt regelmäßig nur eine Prüfung, keine „Prozessbegleitung“, keine Wiederholungen. Der Publisher reicht gemäß Grundsätzen die Beta-Version ein, also die geplante Verkaufsversion. Das Final hinterlegt er nach der Veröffentlichung anschließend in Europas größtem Archiv für digitale Produktionen bei der USK. Erst dann ist der Prüfvorgang abgeschlossen.

Die USK bezeichnet sich als Agentur der Öffentlichkeit. Wie genau funktioniert die Öffentlichkeitsarbeit der USK?

Durch unsere Website, unsere Fair-Play-Plakate, unsere Zusammenarbeit mit der www.zavatar.de – der Datenbank für Unterhaltungssoftware, durch die [email protected] mit hunderten Anfragen im Monat, durch die GC-Auftritte der USK und die enge Zusammenarbeit mit dem Computerspielemuseum (www.computerspielemuseum.de) und durch Interviews für working-title.

Herr Dr. Gerstenberger, ich möchte mich recht herzlich für das Gespräch sowie die Beantwortung meiner Fragen bedanken!

Wie sich ein Buch als Spiel macht.

Es ist interessant, wie sehr sich Spielepublisher noch immer an Film- und Fernsehlizenzen klammern, sind es doch häufig gerade diese Titel, die dem Medium Spiele seine Grenzen aufzeigen. Ein guter Film oder eine gute TV-Serie gibt eben nicht automatisch ein gutes Spiel her, lässt sich bisweilen nicht einmal ohne Einschränkungen umsetzen. Gespannt beobachtete ich also, wie es The Adventure Company gelingen würde, das Gleiche mit einem Buch zu versuchen: Agatha Christies ‚Und dann gab’s keines mehr‘.

Elf Freunde sollt ihr sein
Ein jeder kennt die Geschichte: Zehn Menschen werden von einem unbekannten Gastgeber auf eine einsame Insel eingeladen, von der es kein Entkommen gibt. Nach und nach stellt sich heraus, dass jeder der Besucher kein lupenreines Gewissen hat und sich der nicht ganz so freundliche Gastgeber als Richter aufspielt: Einer der Gäste nach dem anderen wird umgebracht. Um die Identität des Mörders nicht vorweg preiszugeben und euch die Dinge „von außen“ betrachten zu lassen, musste Autor Lee Sheldon (‚Master Lu‘) allerdings ein paar Änderungen gegenüber der Vorlage vornehmen: Der Bootsmann Narracot wurde als elfter Inselbesucher hinzugefügt, in dessen Rolle ihr Licht ins Dunkle bringt.

Wer war es?
‚Und dann gab’s keines mehr‘ ist ein klassisches Adventure, das eigentlich prädestiniert für eine solche Geschichte scheint, und doch stoßen die Entwickler stärker denn je an die Grenzen dessen, was ein Spiel zu leisten im Stande ist. Das beginnt mit den zehn Figuren, welche die Insel unfreiwillig bevölkern: Während es in einem Buch möglich ist, auf jeden der Charaktere näher einzugehen und ihn in Ruhe vorzustellen, kann sich ein Spiel nicht unendlich viel Zeit nehmen. Das hat zur Folge, dass ihr vor allem bei den ersten Morden überhaupt nicht wisst, wer da eigentlich gestorben ist und was derjenige für ein Mensch war – obwohl das Spiel schon weitaus mehr Text enthält als jedes andere Adventure der letzten Zeit.

Versteckte Texte
Dabei versucht es ‚Und dann gab’s keines mehr‘ im Grunde recht geschickt, einen gesunden Mittelweg zwischen Textüberflutung und Informationsmangel herzustellen: Während die meisten Gespräche mit den Mitstreitern (oder Gegnern) Pflicht sind, liegt alles Weitere in eurer Hand. Ihr müsst also nicht das Haus bis in kleinste Detail erforschen, jeden Brief lesen und in Tagebüchern herumschnüffeln. Lediglich die zur Lösung der Rätsel notwendigen Gegenstände werden logischerweise benötigt. Und doch, selbst wenn man wirklich jede Kleinigkeit liest und beobachtet, kommt man nicht umher, zu denken, wie star die Geschichte doch präsentiert wird. Kommen im Buch die Charakterzüge und Hintergründe sinnvoll in verschiedensten Gesprächen und Situationen zu Tage, wirkt im Spiel fast jeder Satz ein bisschen aufgesetzt. Das beginnt schon mit der Vorstellung der Figuren: Ein kurzer Spruch und, zack, schon gilt der Charakter als beschrieben. Das ist viel zu oberflächlich.

Die Ruhe selbst
Allgemein lässt es ‚Und dann gab’s keines mehr‘ an Tiefe, an Emotionen vermissen. Die Besucher werden bedroht, sie sind von der Außenwelt abgeschnitten, einige sterben, aber doch wirken alle ganz ruhig – man wünscht sich sogar noch einen schönen Abend, wenn vor den Füßen die Leiche des neuesten Opfers liegt. Vielleicht sind es gar nicht so sehr die Limitierungen eines Spiels als vielmehr die Regeln, an die sich ein klassisches Adventure zu halten hat, die so stören. Nach dem Auffinden eines Toten sollte man Unruhe, Diskussionen, Hektik, Aufregung erwarten. Aber stattdessen sitzt jeder brav an seinem Platz und wartet darauf, dass der Spieler ihn befragt. Warum sich ausgerechnet Narracot als Detektiv betätigen muss, wo sich doch unter anderem ein Polizist und Richter auf der Insel befinden, wird ebensowenig klar.

Das etwas andere Adventure
Dennoch, trotz allem, kann ich nicht leugnen, dass ‚Und dann gab’s keines mehr‘ ein gutes und spannendes Spiel geworden ist. Wer das Buch nicht kennt und gerne auf Mördersuche geht, ohne besonders schwierige Rätsel lösen zu müssen, kann mit dem bis heute besten TAC-Adventure nichts falsch machen. ‚Und dann gab’s keines mehr‘ steht eben nicht in der Tradition von ‚Baphomets Fluch‘, sondern orientiert sich stark an ‚Gabriel Knight 3‘ und Frogwares letztem ‚Sherlock Holmes‘-Titel. Es ist kein perfektes Spiel und zeigt vor allem, dass Bücher vielleicht besser Bücher bleiben sollten – doch für ein paar spannende Winterabende ist es bestens geeignet.

Steve Ince: Der Ex-Revolution-Entwickler im Gespräch.

Wir: Lass uns mit ein paar Fragen über dich anfangen: Wie ist es, nach all den Jahren bei Revolution auf eigenen Füßen zu stehen?

Steve: Zu Beginn war es sehr entmutigend, weil es mir bei Revolution wirklich Spaß gemacht hat. Und als uns allen mitgeteilt wurde, dass wir entlassen würden, war ich sehr überrascht. Wir wussten alle, dass es wichtig war, die Zustimmung für unser Projekt zu bekommen. Aber es war mir nicht klar, dass es so ernst war, dass unsere Jobs in Gefahr waren. Es war schon ein kleiner Schock. Dann waren meine ersten Gedanken, eine neue Arbeit zu finden, aber leider hätte ich für die meisten Jobs umziehen müssen, was ich aber eigentlich nicht machen konnte. Deshalb habe ich mich entschieden, freiberuflich zu arbeiten und dann weiterzusehen. Aber nachdem ich eine kurze Zeit als freier Autor und Designer gearbeitet hatte, hatte ich so viele Ideen, die ich selbst entwickeln wollte und habe es dann einfach mal versucht. Und während die kreative Freiheit großartig ist, fehlen natürlich Dinge, die man als ganz natürlich angesehen hat: Ein richtiges Büro zu haben, Programmierer, mit denen man sprechen konnte – all diese Sachen gibt es nicht mehr.

Das wäre meine nächste Frage gewesen: Was ist das Schwierigste daran, ein unabhängiger Entwickler zu sein?

Ich denke, das ist einer der schwierigsten Punkte, weil Juniper Games im Prinzip nur aus mir besteht und ich andere Leute nur hole, wenn ich sie brauche. Ich arbeite zum Beispiel mit jemandem zusammen, der Musik für eines meiner Spiele macht und ich rede mit Animatoren aus der ganzen Welt und so weiter, hole mir Hilfe in diesem Sinne. Das Negativste ist tatsächlich, dass ich keine anderen Leute um mich habe, um Ideen abzufeuern, Brainstormings zu veranstalten oder einfach über Fragen zu reden. Wenn man daran gewöhnt ist, mit einem wirklich talentieren Team zu arbeiten, vermisst man das. Man vermisst den Reiz der ganzen kreativen Energie, die um einen herum ist. Programmierer, Grafiker, Animatoren, die Designer – all diese Leute waren ein wirklich gutes Team bei Revolution. Eine der traurigsten Sachen darüber ist, dass wir ein wirklich starkes Team hatten, das getrennt wurde. Wirklich schade, dass es so kommen musste.

Du hast vor kurzem einen Teil der Story des Agatha-Christie-Spiels mit Lee Sheldon gemacht, oder?

Nicht ganz: DreamCatcher hat mich als Skript-Editor engagiert, weil sie sicher sein wollten, dass sich die Texte britisch anfühlten und nicht amerikanisch. Ich war also nur als Skript-Editor beteiligt. Aber um ehrlich zu sein, hat Lee Sheldon so großartig gearbeitet, dass ich nur gelegentliche Fehler finden musste, Sachen, die ein bisschen anders gesagt worden wären. Überwiegend war das nur ein falsches Wort hier und da. Und es hat Spaß gemacht, seine Sachen zu lesen. Es ist immer gut, andere Leute bei der Arbeit zu sehen, ihre Skripts aus erster Hand zu lesen – besonders wenn jemand so talentiert ist wie Lee Sheldon. Es war eine relativ kurze Arbeit, aber gut, dabei zu sein.

Aber du arbeitest immer freiberuflich und machst nicht nur deine Spiele bei Juniper?

Das ist richtig – solange bis ich richtig loslegen kann, wenn das erste Spiel veröffentlicht ist. Ich arbeite gerne mit anderen Leuten. Ich hatte ein paar wirklich gute Arbeitsverhältnisse in den letzten 18 Monaten und die Möglichkeit, an einer Vielzahl von Spielen zu arbeiten, ist sehr gut. Noch dazu an verschiedensten Spielen: Actionspiele, Kinderspiele und so weiter. Ich glaube, es hilft einen besseren Überblick vom Spielemarkt zu bekommen. Und außerdem arbeite ich im Moment an einem Buch.

Worum geht es?

Es geht darum, für Spiele zu schreiben. Ein Verlag hat mich gefragt, ob ich Interesse hätte, ein Buch zu schreiben und ich konnte die Möglichkeit eigentlich nicht ablehnen. Ich habe ungefähr die Hälfte des ersten Drafts bisher und es läuft wirklich gut. Es wird im Oktober nächsten Jahres veröffentlicht werden, also ist es noch ein bisschen in der Ferne. Aber ich glaube, es wird gut. Ob das jeder denken wird, weiß ich natürlich nicht. (lacht)

Es sollte aber ein interessantes Thema sein, weil es noch nicht so viele Bücher oder Artikel dazu gibt.

Es beginnt, in diesem Bereich mehr zu werden. Die International Game Developers Association (IGDA) lässt ihre Autorengruppe (Game Writers Special Interest Group) auch ein Buch über dieses Thema schreiben. Aber sie versuchen es auf eine andere Art und Weise: Jeder Autor wird ein einzelnes Kapitel schreiben. Es sind also vielleicht 18 Autoren beteiligt und es gibt 18 Kapitel – so etwas in die Richtung. Das ist dann ein ganz anderer Stil als mein Buch, weil es umfangreicher und detaillierter ist, weil es mehrere Autoren sind. Man bekommt in jedem Kapitel eine andere Sichtweise, was nicht unbedingt schlecht ist, aber es ist ein anderer Stil. Wir stehen also nicht gerade in Konkurrenz.

Ist das Schreiben dann das, was du am meisten an der Spieleentwicklung magst?

Eine der wundervollen Sachen an der Entwicklung von Spielen ist, dass man bei so vielen verschiedenen Dingen mitmischen kann. Einige spezialisieren sich auf Animationen oder Programmierung und Ähnliches, aber was ich mache, ermöglicht es mir, meine Finger in so vielen verschiedenen Bereichen zu haben: Ich schreibe die Dialoge, entwerfe die Hintergrundbilder, mache ein paar kleine Animationen. Ich designe und implementiere das Gameplay. Das ist eines der großartigen Dinge an Projekten wie diesem, dass ich so viel kreative Kontrolle habe… (lacht) Das lässt mich sehr egozentrisch klingen. Das klingt schrecklich. Was ich meine ist, dass ich so viele verschiedene Interessen habe, dass mir Spiele mehr zu erforschen ermöglichen als jedes andere Medium. Und ich zeichne auch gerne meine Comic-Strips. Das ist alles Teil meiner großen, kreativen Mischung. Es ist also nicht so, dass ich irgendetwas mehr mag als etwas anderes. Es ist alles ein Teil von mir.

Du hast bereits drei verschiedene Spiele angekündigt. Eines davon ist Mr. Smoozles, das ein wenig wie Pac-Man aussieht.

Die ursprüngliche Intention war tatsächlich, so ähnlich zu sein. Ich wollte etwas, das ich relativ schnell alleine zusammenbauen konnte. Meine Idee war: Lass uns eine Reihe an Räumen haben, in denen Mr. Smoozles Ed jagt. Und der Spieler steuert Ed, der den Schüssen ausweichen und gleichzeitig verschiedene Sachen auf dem Bildschirm erledigen muss. Wie gesagt, es sollten zunächst nur ein paar unverbundene Räume sein, doch als ich die Demo zusammenstellte, wurde mir klar, dass es so viel mehr sein könnte. Ich würde es ein Arcade-Adventure nennen. Ein großer Teil des Gameplays besteht daraus, Adventure-typische Rätsel zu lösen, aber eben in diesem Arcade-Setting. Obwohl es also retro aussieht, glaube ich, dass viele Adventurespieler damit Spaß haben werden. Es ist nichts, das wirklich schnelle Reaktionen oder so erfordern würden, denn es gibt drei Schwierigkeitsgrade für den Arcadeteil – also kann man es auf „very easy“ stellen und durchlaufen. Aber es gibt auch zwei Schwierigkeitsgrade für den Adventureteil, damit Spieler, die nicht so oft Adventures spielen, mehr Hinweise und Hilfe bekommen können. Im Prinzip gibt es also sechs verschiedene Kombinationen und jeder kann seinen eigenen Level herausfinden.

Also ist Mr. Smoozles das erste Spiel, das Du veröffentlichen wirst? Wie weit ist die Entwicklung schon fortgeschritten?

Zwischen einem Viertel und einem Drittel, es geht sehr gut voran. Und ich hoffe, es Mitte nächsten Jahres zu veröffentlichen. Wann genau, wird aber auf verschiedenen Faktoren beruhen.

Wie willst du es veröffentlichen?

Es wird zum Download angeboten werden. Der Grund dafür ist vorrangig, dass ich so unabhängig bleiben will, wie möglich, aber auch, dass ich es zu einem vernünftigen Preis anbieten kann. Es wird um die 15 oder 16 Euro oder so kosten, was weniger ist, als wenn ein ähnliches Spiel in die Läden kommen würde. Aber auch, weil es ein Download ist, also gibt es keinen Publisher oder Vertrieb, der einen Teil des Geldes bekommt. Das bedeutet, dass ich eine Gewinnschwelle habe, die sehr niedrig liegt, sodass alles darüber die Entwicklung des nächsten Spiels finanziert. Wenn es also hoffentlich erfolgreich wird, kann ich größere Spiele entwickeln, die für die Käufer [im Verhältnis] günstiger sein werden. Es ist so, als würden sie nicht nur in ein gutes Spiel investieren, sondern auch in die Entwicklung der zukünftigen Spiele.

Ich bin nicht darauf aus, viel Geld zu verdienen. Ich bin darauf aus, genug Geld zu verdienen, um zu leben und weitere Spiele entwickeln zu können. Ich meine, wenn ich dabei auch reich werden würde, wäre ich natürlich sehr glücklich. (lacht) Aber das ist nich mein primäres Ziel. Mein primäres Ziel ist es, Spiele zu machen, weil ich es liebe, Spiele zu machen. Und ich will Spiele machen, die anderen Menschen Spaß machen – das ist die Quintessenz. Und um das zu erreichen, will ich wirklich all meine Energie hineinstecken. Und natürlich will ich, dass sie erfolgreich sind und ich ein bisschen daran verdiene. Das ist die Philosophie dahinter.

Deine anderen Spiele wird es auch zum Download geben?

Ich werde Publisher sicher nie generell ausschließen, aber die primäre Idee ist, sie als Downloads zu veröffentlichen. Einfach weil ich glaube, das mit dem stärkeren Aufkommen von Breitbandverbindungen immer mehr Leute gerne Spiele herunterladen. Ich weiß, es gibt auch viele Leute, die gerne eine CD und die Verpackung im Regal haben, deshalb wäre es schön das auch zu ermöglichen. Aber ich glaube, wenn ich mir zu früh zuviel vornehme, dann ist es wahrscheinlich, dass man von all dem aufgesogen wird, das man versucht. Also nehme ich einen Schritt nach dem anderen und baue hoffentlich darauf auf. Und wenn das erste Spiel veröffentlicht ist, werde ich – abhängig von den Reaktionen und den Verkaufszahlen – meinen weiteren Weg von diesem Punkt aus festlegen.

Ich nehme an, The Sapphire Claw ist das teuerste der drei Spiele?

Ja, und deshalb muss ich das ein bisschen hinten an stellen. Ich habe ein paar Kalkulationen in Hinblick auf die Entwicklungskosten gemacht, als ich angefangen habe, mich mit Publishern zu unterhalten. Es war recht teuer für ein Adventure zu dieser Zeit. Wahrscheinlich können nur noch Titel wie ‚Baphomets Fluch‘ vernünftige Budgets bekommen.

Gerade Comicspiele sind schwer zu verkaufen, oder?

Ja, und ich glaube, das ist eines der Dinge, das Publisher gegen das Spiel gesehen haben. Ich stimme dem Gedanken nicht zu. Publisher haben mich gefragt, ob ich mir überlegt hätte, das Spiel in 3D zu machen, aber ich wollte den Grafikstil nicht gefährden. Ich würde eher etwas anderes machen als das. Ich bin nicht dickköpfig oder so, aber der Stil repräsentiert, worum es geht: Die Stärke der Charaktere und so weiter – die Grafik repräsentiert das und man hätte die Charaktere nicht in 3D übertragen können, ohne etliche Kompromisse zu machen, was ihnen nicht gerecht würde. Außerdem glaube ich, weil so viele Spiele heutzutage in 3D sind, dass ein 2D-Spiel ein wenig in eine ältere Zeit zurückblickt. Es ist natürlich viel höher aufgelöst als beispielsweise ‚Monkey Island‘ oder sogar ‚Baphomets Fluch‘, weshalb die Hintergrundbilder viel detailreicher sein können. Deshalb wird es recht einzigartig auf dem heutigen Markt aussehen. Ich wollte etwas, das anders aussieht als andere Spiele.

Es gibt keine Menschen in deinen Spielen, oder? Es gibt Tiere und Roboter…

(lacht) Oh, sie sind Menschen, sie sehen nur nicht wie Menschen aus. Es sind menschliche Tiere. Und in ferner Zukunft wird es auch Geschichten geben, die ich erzählen will, welche sich um Menschen drehen – sowohl in Fantasywelten wie auch in der realen Welt. Ich habe sogar richtig starke Ideen für eine Story in einer realen Welt ganz ohne Fantasy. Aber das ist noch weit entfernt. Wenn ich alle Ideen auflisten würde – naja, das wäre eine ganz schöne Liste.

Du hast in deinem Blog geschrieben, dass Adventures eine Nische sind. Glaubst du nicht, dass sie irgendwann wieder populär werden können?

Ja und nein. Ich denke, sie können es. Aber ich glaube außerdem, dass alle Genres Nischen sind. Sogar Ego-Shooter sind ein Nischenmarkt – nur ist diese Nische viel größer als die meisten anderen. Wenn man sich die Zahlen der Konsolen und Computer anschaut, die es in der Welt gibt, dann reden wir über mehrere hundert Millionen potentielle Spieler. Trotzdem verkauft sich kein Spiel öfter als ein paar Millionen Mal, also erreicht jedes Spiel nur einen winzigen Teil des riesigen Publikums. Also ist kein Spiel jemals für den Massenmarkt. Das ist eine Sache, die alle Leute akzeptieren müssen, das wahrscheinlich alle Spiele ein gewisses Limit haben, an der Zahl an Menschen, die sie erreichen können. Und ich glaube, Teil des Problems der Industrie ist, dass die Leute versuchen, Sachen in ihre Spiele einzubauen, um den Massenmarkt zu erreichen, der eigentlich gar nicht existiert. Also gibt es Kompromisse und viele Spiele sind so gefüllt mit Kompromissen, dass sie ihre eigentliche Zielgruppe nicht mehr zufriedenstellen.

Und ich habe das Gefühl, dass Adventures nur über ihre Nische ein wenig hinausgehen, wenn sie wirklich richtig gut sind. Ich denke, dass ein Spiel wie Myst darüber hinausging, weil es so einzigartig war und viele Leute sich einfach daran festklammern konnten. Und ich glaube, so etwas Ähnliches ist bei ‚Baphomets Fluch‘ zu einem gewissen Grade passiert. Es war nicht bloß die Tatsache, dass es ein gutes Spiel war, es war auch die Tatsache, dass die Leute einfach eine Verbindung dazu aufbauen konnten. Wir haben das Interface im Vergleich zu vielen Spielen der damaligen Zeit sehr vereinfacht. Wir haben die Textantworten weggenommen und die Gespräche über Icons laufen lassen. Sachen wie diese, die den Leuten helfen, ins Spiel zu finden. Und auch sowas wie ‚Fahrenheit‘, das Dinge verwendet, die über traditionelle Adventures hinausgehen.

Aber warum gab es dann schon lange so ein Spiel nicht mehr? Von ‚Fahrenheit‘ vielleicht mal abgesehen?

Ich glaube, es hat etwas mit dem Spaß zu tun. Wir scheinen, die Comedy verloren zu haben. Es gibt keine ‚Monkey Islands‘ oder ‚Day of the Tentacles‘. Tim Schafer hat das Adventuregenre gänzlich verlassen mit seinem ‚Psychonauts‘. So gut das Spiel für manche Leute auch sein mag, ist es kein Adventure – in einem strikten Sinn. Wir müssen irgendwie zu dem Humor und den Charakteren zurückkehren, die Adventures in den frühen 90er-Jahren so stark gemacht haben. Ernstere Titel wie ‚Scratches‘ oder ‚Darkfall‘ sind natürlich auch alles großartige Spiele. Aber ich habe das Gefühl, es gibt auch das Bedürfnis nach viel mehr Spaß.

Ist es aber nicht interessant, dass Spiele offenbar noch immer ein ganz anderes Publikum als TV-Serien beispielsweise haben? Im Fernsehen schaut ja jeder die Krimiserien, die nicht so viel anders sind als Adventures.

Ja. Ich war immer dagegen, wenn sie aus Filmen oder manchmal TV-Serien ein Spiel gemacht haben und es nur um die Action ging. Denk zum Beispiel an ‚Die Simpsons‘, das ist eine unglaubliche Lizenz. Die Stärke der Charaktere macht es zu einer erfolgreichen Sendung. Aber was machen sie bei Spielen? Sie lassen Homer die ganze Zeit rumrennen und lassen ihn „D’oh“ sagen. Das ist alles, was er macht, und das ist nicht Homer. Die Spiele spiegeln nicht ihr Vorbild wider.

Ist es ein Fehler der Autoren?

Nein, ich glaube, die Autoren würden gerne Spiele entwerfen, die wie die Serie sind. Teil des Problems ist, dass sie einen Auftrag vom Publisher bekommen. Der Publisher kauft eine Lizenz für diese bestimmte Marke und sagt den Entwicklern, was sie tun sollen. „Oh, wir hätten gerne ein Actionspiel wie das!“ oder „Wir wollen ein Plattformspiel wie dieses!“.

Also sind die Publisher das Problem?

Ich glaube, das sind sie wahrscheinlich. Die Auffassung der Publisher, was Spieler wollen, ist manchmal falsch. Ich glaube, das etwas wie ‚Die Simpsons‘ ein exzellentes Adventure abgeben könnte. Es gibt zum Beispiel eine Episode, in der sie Krusty den Clown wieder mit seinem Vater zusammenbringen müssen, so etwas in der Art. Das ist eine recht gute Geschichte, wie Bart und Lisa das zusammen machen müssen. Man kann sich vorstellen, dass so eine Story ein gutes Adventure hergeben würde. Denn wie erreicht Bart seine Ziele? Er geht durch die Stadt und redet mit verschiedenen Leuten, um voranzukommen. Das könnte ein so gutes Adventures werden. Es hätte den Humor, es hätte die Charaktere. Ich glaube, wenn sie Adventure basierend auf ‚Die Simpsons‘ machen würden, dann wäre das so ein großer Hit.

Aber um zurück zu den Krimiserien zu kommen: Die meisten von ihnen haben keine oder kaum Action. Es geht um die Ermittlungen, das Befragen von Zeugen, das Sammeln von Indizien und so weiter. Ich weiß, es gibt die ‚CSI‘-Spiele und ich habe das Gefühl, man kann mehr daraus machen. Es ist fast so, als würden sie die trivialisieren. Ich glaube, deshalb haben Lizenzspiele so einen schlechten Ruf: Sie sind nicht aufrichtig gegenüber der Idee der Serie oder des Films.

Dein zweites Spiel hört auf den Namen ‚Mekapods‘. Worum geht es da?

Ich habe mal einen Roboter gezeichnet. Dann habe ich überlegt, was ich damit machen kann, habe eine Weile mit ein paar Ideen rumgespielt, bis ich auf eine Geschichte kam und ein paar weitere Roboter gezeichnet und das Ganze ausgearbeitet habe. Vorrangig wollte ich wieder ein Spiel machen, das relativ günstig ist – und diese Roboter schweben zu lassen, benötigt nicht viele Animationen, also ist es ein bisschen wie Cheaten, weil Animationen teuer sind. Ich wollte etwas, bei dem Animationen nicht so wichtig sind, sondern Charaktere, Story und Gameplay. Und ich wollte schon lange ein Rollenspiel machen, aber ein vollständiges Rollenspiel ist wahnsinnig viel Arbeit, also ist es eine Mischung aus Adventure und Rollenspiel. Denn Adventures machen mir Spaß, ich mag die Art der Interaktion, die Art der Rätsel in Adventures.

Aber ich wollte ein bisschen weitergehen. Teil des Gameplays ist, dass man die Fähigkeiten der Charaktere entwickelt. Anstatt in den Kampf zu ziehen und generisch Erfahrung zu gewinnen, gewinnt man Erfahrung, die mit den Fähigkeiten zusammenhängt. Wenn man Fähigkeiten verwendet, bekommt man Erfahrung in diesen Fähigkeiten, was es erlaubt, sie zu verbessern. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten, die Fähigkeiten zu verbessern: Weil sie Roboter sind, können sie Software finden, die ihnen eine Fähigkeit gibt. Zum Beispiel: Ich kann etwas schweißen, vorausgesetzt ich finde einen Schweißaufsatz. Sie müssen die Schweißfähigkeit herunterladen, den Schweißaufsatz finden und dann können sie schweißen. Es ist also eine Mischung aus der Entwicklung der Fähigkeiten und Rätseln im Adventurestil, um den Schweißaufsatz zu finden. Und diese Mischung wird funktionieren, glaube ich.

Und all deine Spiele sind erstmal nur für den PC oder eventuell auch für Handhelds?

Nein, nur für den PC.

Ich frage, weil ich vor kurzem ‚Phoenix Wright‘ auf dem Nintendo DS gespielt habe, der wirklich gut für solche Spiele geeignet ist.

Das habe ich noch nicht gespielt, auch wenn ich es machen will. Ich habe ‚Another Code‘ gespielt, das wirklich Spaß gemacht hat, obwohl es ruhig ein bisschen länger hätte sein können. (lacht) Es war ein gutes Spiel. Vielleicht hätte auch die Logik ein bisschen besser sein können. Ich mag, was sie mit dem Interface angestellt haben – das war gut. Und ja, ich würde gerne für den Nintendo DS entwickeln. Und für die Revolution. Die Nintendo Revolution wird großartig. Nintendo konzentriert sich anscheinend auf Inhalte, anstatt sich an dem Krieg um die größte Power zu beteiligen. Ich glaube, das ist viel besser. Es wäre dumm von ihnen, direkt gegen Sony und Microsoft anzutreten. Und ich glaube, SNES-Spiele herunterladbar zu machen, ist eine brillante Idee. Es gibt so viele Spiele, die ich gerne spielen würde und hier gibt es eine neue Möglichkeit. Es zeigt auch, dass sie viel mehr den Spieler im Sinn haben als die Leute, die von der Technik besessen sind. Ich bin mir sicher, dass es tolle Spiele auf Xbox 360 und PlayStation 3 geben wird, aber es kommt mir oft so vor, als sähen diese Spiele zwar gut aus, aber haben keine Tiefe im Gameplay.

Ja, die Grafik wird immer besser, aber die Spiele bleiben gleich.

Und einige von ihnen werden nur größer und größer und man verbringt schrecklich viel Zeit damit, rumzulaufen, anstatt tatsächlich zu spielen. Zu einem gewissen Grade sind waren wir in diesem Punkt auch schuldig bei ‚Baphomets Fluch 3‘. Wir hatten Abschnitte, in denen man viel herumlaufen musst, bevor man mit etwas im Hintergrund oder anderen Charakteren interagieren konnte. Das ist eine weitere Stärke der alten Spiele – jeder Bildschirm musste viel mehr bieten. Denn Spiele kamen damals auf Floppy-Discs raus und Publisher wollten ein Spiel nicht auf zu vielen Floppys haben, also hat man viel mehr in ein Hintergrundbild gesteckt, um Platz zu sparen. Es gab auf jedem Bildschirm viel zu tun und wir lassen inzwischen viel davon vermissen. Das war auch eine der Stärken von ‚Half-Life 2‘, dass man immer das Gefühl hatte, es gäbe viel zu tun. Davon kann man auch Lektionen für Spiele mit einem kleineren Budget lernen.

Apropos ‚Baphomets Fluch 3‘: Bist du zufrieden damit?

‚Baphomets Fluch 3‘ hatte viele herausragende Qualitäten. Das ist meine Befangenheit die durchkommt. Ich bin im Großen und Ganzen wirklich zufrieden, aber es gibt Dinge, die ich anders gemacht hätte. Ein paar Abschnitte hätte ich kleiner, kompakter gemacht: Ein paar der Gebiete in Paris, um die Wohnung herum und um das Theater. Wir haben viel großen Platz verwendet, was nicht wirklich notwendig war – wir hätten das verkleinern sollen. Und, um ehrlich zu sein, hätte ich gerne mehr Gameplay gehabt, mehr Gebiete. Wir hatten sogar mehr Abschnitte entworfen, aber mussten sie aus Budgetgründen streichen. Das ist wirklich traurig, dass wir das machen mussten. Aber insgesamt hat es schon gut funktioniert. Ich glaube, das Ende war vielleicht…

Ja…

Es wurde falsch präsentiert. Wir hätten es ein bisschen anders präsentieren können. Es ist nicht so klar, wie es sein sollte. Was traurig ist. Nun ja. Und ich bin sehr gespannt auf ‚Baphomets Fluch 4‘. Das ist das erste ‚Baphomets Fluch‘, an dem ich nicht beteiligt bin. Das ist schon ein bisschen komisch, es aus der Sicht eines Spielers zu sehen und nicht aus der Sicht eines Entwicklers. Ich werde einfach nur ein weiterer Fan sein.

Vielen Dank für das Gespräch!

Steve Ince (en)

Us: Steve, let’s start with a few questions about yourself: After all these years at Revolution, how is it to be on your own now?

Steve: It was quite daunting at first, because I really enjoyed being at Revolution. And when we were all told that we were being made redundant, I was quite surprised really. We all knew that it was important that we got approval for this project but I didn’t realise that it was so serious that we were in danger of losing our jobs. It did come as a bit of a shock. Then my initital thought was to find a new job but unfortunately most of the jobs involved relocating and it wasn’t something I could do really, so I decided to go freelance and go from there. After freelancing as a writer and designer for a short while, I had so many ideas I wanted to develop myself and went from there. And while the creative freedom is excellent, obviously things that you took for granted like having an office to go to and programmers you could call on and all this kind of stuff, are no longer there.

That would have been my next question: What is the most difficult thing about being an independant developer?

I think it is one of the most difficult things actually because effectively Juniper Games is me on my own bringing in other people as I need them. Like I am working with a guy whose doing some music for one of my games and I talk to animators from around the world and so on, bringing in services in that sense. The biggest down side is actually not having other people around to fire ideas off and have brainstorming sessions and just talk through issues. When you’ve been used to working with a really talented team of people, you miss that. You miss the excitement of all that creative energy that goes on. You know programmers, artists, animators, the designers — and all these people were a really good team at Revolution. One of the saddest things about what happened is that we had a really strong team that split up. Seems a real shame that it had to happen that way.

You recently did a part of the story of the Agatha Christie game with Lee Sheldon, I think?

What happened was, I was contacted by DreamCatcher as a scripts editor because they wanted to be sure that the actual English had a British feeling rather than an American feeling. So my involvement was purely as a scripts editor. But, to be honest, Lee Sheldon did such an excellent job that it was only a case of catching the occasional slip-up, just things that would have been said in a slightly different way. Mostly it was just the odd word here and there. And it was quite enjoyable to read his stuff as well. It’s always good to get that chance to see other people effectively at work, see their scripts first hand. Particulary if someone is talented like Lee Sheldon. It was a relatively short job but it was good to be involved.

But you still do some freelance work and not only your games at Juniper?

That’s right, until I can really get the ball rolling fully once the first game is released. I enjoy working with other people. I had some really good working relationships over the past 18 months or so and the option to work on a large number of games is very good. On different types of games: action games, children’s titles and so on. I think it helps you to get a broader perspective on the games market. And I’m also working on a book at the moment.

What’s it about?

It’s about writing for games. A publisher came to me and asked me if I was interested in doing a book and I couldn’t really turn the oppurtunity down. I’m about halfway through the first draft at the moment, it’s going really well. It will be published in October next year, so it’s some time off. I think it’ll be good. Whether everybody will think that, I don’t know. (laughs) It’s got a nice cohesion to it.

It should be interesting topic, since there aren’t many books or articles about it.

There’s the start of more in this area. The International Game Developers Association has the Game Writers Special Interest Group doing a book on writing for games. But they are doing a very different approach, one writer will do a chapter each. So you got maybe 18 writers involved with 18 chapters or something along those lines. So that’s a very different style of book than mine because it will be much bigger and more detailed because it’s from a series of writers. You get different perspectives in each chapter which wouldn’t necessarily be a bad thing but it’s a different style. So we’re not really competing.

So is writing what you like most about game development?

One of the beautiful things about games is the fact that you can get involved in so many different things. Some people specialize in animation or programming physics and things like this. But what I’m doing allows me to have my finger in so many different things. I’m doing the writing, creating the story, I’m writing the dialogue, developing the background art and doing some small tweaky animation things. I’m also designing and implementing the gameplay. And that’s one of the great things about it. With projects like this I have got so much creative control and… (laughs) That makes me sound very ego centred. That sounds awful. What I mean is because I have so many creative interests, games probably allow me to explore much more than any other media. I enjoy doing the comic strips certainly — it’s kind of all part of my big creative mix. So it’s not that one or the other is better or more enjoyable or anything like this. It’s just all part of who I am really.

Then, let’s talk about your games a bit. You’ve announced three different games yet. One of those is Mr. Smoozles and from the first screenshot I’d say it looks a bit like Pac-Man?

The original intention was actually to kind of be like that. I wanted something that I could put together relatively straight-forwardly on my own. And I thought, let’s just have a series of rooms where Mr. Smoozles is chasing Ed and the player controls Ed who has to avoid being shot at the same time of doing a number of different things on the screen. As I said it was just going to be a series of unconnected rooms. But when I started putting the demo together, I realized it could be so much more than that. I would call it an arcade adventure. A lot of the gameplay is about solving adventure based puzzles but it is within that kind of arcade setting and so on. So though it has a retro look and style, a lot of adventure players will really enjoy it. It’s nothing that really would take an awful lot of fast reactions or anything because there are 3 settings on the arcade difficulty so you can set it to very easy and go through it. But there are also two settings on the adventure side so that people who aren’t really adventure players can actually choose to have more clues and help them along. So effectively you’ve got the possibility of six different combinations and people can find their own level within that.

So is Mr. Smoozles the first game that is going to be released? How far is it into development?

It’s probably between a quarter and a third into development now and it’s progressing very well. I’m hoping to release that one in the middle of next year. Exactly when will depend on a number of factors.

How do you plan to distribute it?

It will be just a download. The reason for this is primarily just to try to remain as independent as possible but also I think by doing that it kind of allows me to offer it reasonable priced. It will be about 15 or 16 Euros or something like this which is less than if a similar game would appear on the shelves of the shops. But also because it’s download, there is no publisher or distributor to take part of that cost. This means that I can have a break-even point which is very low which in turn means that anything above that will then fund the development of the next game. So hopefully, if it’s successful, I can build towards bigger games which will be more beneficial to the people buying the games. It’s kind of like they are not only investing in a good game but also in establishing the future games as well. I’m not out to make a lot of money, I’m out to make enough money to live and enable me to create further games. I mean, if I made a lot of money as well, I would be very happy. (laughs) But that’s not my primary goal. My primary goal is I want to make games because I love making games. And I want to make games that people would enjoy playing and that is the bottom line. And in order to do so I really want to devote all my energies into doing that. And obviously I want them to be successful and make a living. That’s kind of the philosophy behind it all.

And your other games will be released as downloads as well?

I’m certainly not going to rule out publishers at any point but the primary idea is to release them as downloads. Just because I think with the increasing take-up of broadband, more and more people are happy to download a game. I know a lot of people like to own the discs and have the boxes on the shelve, so it would be nice to offer that as well but if I plan to do too much too early, then the likelihood is that you get spanked with everything you are trying to do. So it’s a case of taking one step at a time and hopefully building from there. And I think when the first game is released, and depending on the reaction to it and how well it goes, it will define the path I take from that point.

I guess The Sapphire Claw is the most expensive game of the three?

Yes, which is why I kind of have to push that back a little. I did some calculations when I started talking to publishers in terms of the development budget for this game. It was quite expensive for an adventure for this day and age. There are probably only games like Broken Sword that can commend reasonable budgets.

Especially comic games are hard to sell, aren’t they?

Yes, and I think that is one of the things that publishers have seen as working against it. I personally disagree with the line of thought. Publishers asked me if I had considered making the game in 3D and I wasn’t willing to compromise the visual style. I’d rather do something else than do that. It’s not just like I’m being a little pigheaded or anything. The style represents what it is about, the strength of the characters and everything, the visuals represent it and you couldn’t transfer those characters into 3D without a lot of compromise which, I think, would sell it short. I also believe that because so many games are 3D nowadays, having a game which is 2D is slightly looking back to an older time, but it’s much higher resolution than say the Monkey Island games or even Broken Sword, so the backgrounds can be much richer and more detailed. Because of this it will look quite unique in today’s market. I just wanted something that looks very different from other games around.

There are no humans in any of your games, am I correct? There are animals and robots…

(laughs) Oh, they are humans, they just don’t look like humans. The characters are humanized animals. And much further down the line there are stories I want to tell that involve humans. In settings from fantasy worlds to the real world. I have a very strong ideas for a story set in the real world with humans and without any fantasy. But it’s much further down the line. I have lots of ideas. So if I listed them all — it would be quite a list.

You wrote in your blog that adventures are a niche. So you don’t think they can become really popular again?

Yes and no. I think that they can. I think that is potential there. But I also believe that all games are niche. Even first person shooters are a niche market. It’s simply that this niche is much bigger than most others. When you actually look at the number of consoles and PCs that exist in the world, we are talking of hundreds of millions of potential gamers. Yet no game sells more than a few million, so each game is only reaching a very small fraction of the huge audience. So no game is ever mass market. That’s one thing that people need to accept that all games have probably a limit on the number of people they reach. And I think part of the problem within the industry is that people try to put things into their games to appeal to a mass market that doesn’t exist. And so there are compromises and a lot of these games are so filled with compromises that they do not satisfy their core audience.

And I feel that adventures only go beyond the niche when they are really very good. I think that a game like Myst went beyond because it was so unique, a lot of people could latch onto very easily. And I think the same happened with Broken Sword to a certain extent. It wasn’t just the fact that it was a good game. It was the fact that people could connect with it easily. We simplified the interface compared to a lot of adventures of that particular time. We took away the text choices and made the conversations run by icons. Things like this which help people into the actual game. And I think with something like Fahrenheit as well incorporating things which are maybe outside of a traditional adventure game.

But why hasn’t there been a great adventure game for so long?

I think it’s got to do with the fun. We seem to have lost the comedy. There are no Monkey Islands or Day of the Tentacles. Tim Schafer moved away from adventures altogether with his Psychonauts. As good as this game may be to people it is not an adventure — in a strict sense. Somehow we need to return to that humour and the characters that made adventures strong back in the early 90s. The darker games like Scratches and Darkfall are all excellent games. But I feel there is also the need for a lot more fun, too.

Isn’t it interesting that games seem to have a completely different audience than TV shows, for example? I mean, everybody is watching these crime shows which are about investigations and so on. They aren’t that different from adventures.

Yes. I always resist when they take films and sometimes TV shows and make a game where they only pickup on the action. If you look at the Simpsons, here is an incredible license. The strength of the characters is what makes it a successful TV show. Yet, when they make games, what do they do? They have Homer running around all the time saying, “D’oh”. That’s all he does — which is not Homer. The games don’t reflect the show.

It’s the mistake of the writers?

No, I think the writers would like to create games actually like the show. Part of the problem is that they are given a brief by the publisher. The publisher will buy a license or somebody will buy the license for this particular IP and they tell the developer what to do. “Oh, we want an action game like this” or “We want a platform game like that!”

So the problem are the publishers?

I think it’s probably that. The publishers perception of what gamers want is sometimes wrong. And I think that something like the Simpsons could make an excellent adventure game. There is one episode where they have to bring Krusty the clown back together with his father, something like this. And it is quite a good story of how Bart and Lisa do this together. You can imagine a story like that would make a good adventure. How does Bart achieve these goals? He goes around the town and talks to different people in order to do. You can imagine it could be such a good adventure game. And again it would have the humour, it would have the characters. And I believe, if you would make an adventure based on the Simpsons, it would be such a huge hit.

But getting back to the crime shows: The vast amounts of them have no or very little action. They are about the investigation; they are about talking to the witnesses, about collecting clues and so on. I know there are the CSI games – I feel they can go beyond that. They can be so much more. It’s almost like they are trivializing it. I think this is why TV and movie licensed games have such a bad reputation. They are not faithful to the idea of the show or film.

The second game you announced was Mekapods. Can you tell us a bit more about it?

Yeah, I did this drawing of a robot. I thought, what can I do with this and played around with some ideas for a while until I came up with a story and drew a couple of other robots and fleshed that out a bit more. I primarily wanted to do a game that I could do again relatively cheaply. Having these robots hover doesn’t need much animation so it’s a bit of cheating in some ways because of animation costs. I wanted something where the animation wasn’t important. It was the characters that were important, it was the story that was important, it was the gameplay that was important. And I’ve long wanted to do an RPG but to do a full RPG is an awful lot of work again, so it’s kind of a mixture of those two. Because I enjoy adventures, the style of interaction, the way of puzzling in adventures.

But I wanted to go a little bit further. Part of the gameplay, you develop the characters skills, abilities and so on. Rather than getting into battle and getting some sort of generic experience, you’ll have experience that relate to your skills. If you use skills, you get skill experience effectively which enables you to kind of boost their skills. But there’ll also be other ways of boosting skills. Because they are robots they can find software which gives them a skill. It might be: Now I can do welding providing I can find a welding attachment or something but you know what I mean. They can download the welding skill, get the welding attachment and now they can do some welding. So it’s kind of a mixture in developing the skills but also an adventure type puzzle to find the welding attachment. And that kind of mixture, I believe, will work.

And all your games are for the PC and not handhelds?

No, just the PC.

I ask because I recently played Phoenix Wright on the Nintendo DS which works really well for that kind of games.

I haven’t played that one yet although I intend to. I played Another Code which I really enjoyed although it would have been nice if it had been a bit longer. (laughs) It was a good game. Maybe the logic could have been a little bit better. I like what they did with the interface –- that was good. And yes, I would love to develop for the Nintendo DS and the Revolution. The Nintendo Revolution will be great. Nintendo seems to be concentrating on content rather than getting into a kind of war about the power of the machine. I think it’s much better. It would be silly of them to try to compete directly with Sony and Microsoft. And I think to make SNES games downloadable is a brilliant idea. There are so many of those games I would love to play and here is another opportunity. And I think what it shows as well is the fact that they have the game player in mind rather than the kind of people who are obsessed with technology. I’m sure there will be great games that come out on the Xbox 360 and the PlayStation 3 but sometimes I get the feel that a lot of these games look great but they don’t have the depth of gameplay.

Yeah, it’s just like the graphics improve but the games stay all the same.

And some of them are just getting bigger and bigger and you spend an awful lot of time just running around instead of actually playing. To a certain extent we were guilty of that in Broken Sword 3. We had areas where you did a lot of walking around before actually interacting with something in the background or other characters. That was another strength of the older games – each screen was made to work a lot harder because games came out on floppy discs and a publisher didn’t like to have a game on too many floppies, so you crammed a lot more into each screen to save on space. There was always a lot to do on every screen and we are missing an awful lot of that now. That was a strength of Half-Life 2. You did feel as there was always something to do. There are lessons to be learned from that for smaller budget games as well.

You were talking of Broken Sword 3 earlier. Are you confident how the game turned out?

There are lots of excellent qualities about Broken Sword 3. That’s my bias coming through. I’m really pleased overall how it was presented but there are things I would have done differently. Some areas of the game I would have made smaller, more compact: Couple of the areas in Paris, the area around the apartment and the area around the theatre. We used a lot of big space which wasn’t really necessary. We should have tightened it up a bit. And to be honest, I’d like to have had a bit more gameplay, a few more sections. We did actually design more sections but had to cut them out for budgetary reasons. It’s a shame really that we had to do that. Overall, I think, it really worked well. Maybe the ending was…

Yeah…

It was wrongly presented. We could have presented it a bit differently. I think it is not as clear as it could be. Which is a shame. Well. And I’m quite looking forward to Broken Sword 4. That is the first Broken Sword game I’m not involved in. That’s a bit strange really, to see it from a player’s point of view instead from a developer’s point of view. I’ll be just another fan.

Über neue Formen der Werbung.

Wenn Atari heute auf sein Action-Rennspiel ‚DRIV3R‘ zurückblickt, dürften gemischte Gefühle damit verbunden sein. Recht guten Verkaufszahlen standen miserable Wertungen gegenüber, welche den Ruf der Reihe auf lange Sicht schwer beschädigt haben: Heute kräht kein Hahn mehr nach dem erst kürzlich angekündigten ‚Driver 4‘, das natürlich alles besser machen soll als sein Vorgänger. Einen noch schlimmeren Imageverlust als ‚Driver‘ musste allerdings Atari selbst hinnehmen: In Großbritannien sorgte die PR-Agentur Babel Media für Schlagzeilen, weil Mitarbeiter des Unternehmens unter Vorspiegelung falscher Identitäten ‚DRIV3R‘ in Foren gegen kritische Stimmen verteidigt, es mitunter regelrecht in den Himmel gelobt hatten – bis man sie mit Hilfe ihrer IP-Adressen identifizieren konnte. Der Begriff des „viralen Marketings“ hatte die Spielebranche erreicht. Die Fans tobten.

Das ist Bullshit-Marketing!
Was aber eigentlich ist virales Marketing genau? Thomas Zorbach von der PR-Agentur vm-people schrieb seinerzeit in seinem Blog: „Abgesehen von der Tatsache, dass es Agenturen gibt, die in der Lage sind, ihren Klienten solche Kampagnen zu verkaufen, würden wir von vm-people das nicht als virales Marketing bezeichnen. Das ist Bullshit-Marketing!“ Virales Marketing ist vielmehr eine andere Form der Werbung, eine Werbung die anstecken, unbewusst in die Köpfe der Menschen vordringen soll. Beispiele dafür sind eingängige Sätze wie „Geiz ist geil!“ oder „Ich bin doch nicht blöd!“, die den Sprung aus der Werbung in den alltäglichen Sprachschatz geschafft haben. Unauffällig, aber doch penetrant werden die Botschaften wiederholt. Das ist das Geheimnis des viralen Marketings: Es ist versteckt, hinterlistig und nervt die Mehrheit der potentiellen Kunden nicht so sehr wie klassische Werbung.

Vom Partygag zum Massenphänomen
Das Beispiel schlechthin ist wahrscheinlich die „Moorhuhn“-Kampagne: Ein simples und äußerst billig produziertes Werbespiel entwickelte sich zum Massenphänomen, das fast jeder Deutsche kannte. Im Nachhinein betrachtet, zeigen sich allerdings auch die großen Schwächen solcher unterschwelliger Feldzüge. Wofür genau hat „Moorhuhn“ eigentlich Werbung gemacht? An das Spiel erinnert sich noch jeder, doch das Produkt – der Whisky Johnny Walker – ist verblasst.

I love bees!
Einen Schritt weiter ist im Vorjahr Microsoft gegangen: Geschickt verknüpfte man den Ego-Shooter ‚Halo 2‘ mit einer mysteriösen Website, die im zugehörigen TV- und Kinospot erwähnt wurde. Wochen rätselten interessierte Spieler herum, was es mit der vermeindlichen Seite eines Bienenfreundes auf sich hatte, die von einer fremden Intelligenz übernommen worden schien. Aufgabe um Aufgabe wurde gelöst, die Seite machte ihre Runde durch das Internet, fast jede große Spielewebsite berichtete mindestens einmal über die sich bildene Community. Doch für was? Letztendlich, nach der Auflösung des Rätsels, wurde den meisten bewusst, dass all die Mühe eigentlich vollkommen umsonst war. Wenig überraschend konnte Microsoft den Erfolg dann auch nicht wiederholen: Interessierte die ähnlich gestaltete Enthüllung der Xbox 360 im Frühjahr noch einige, stieß der im Herbst gestartete Wettbewerb für eine Einladung zum Launch der Konsole auf eher geringe Beachtung. Die Strategie hatte ihr Faszination verloren.

Zuviele Meinungen?
Dennoch zeigen die Bemühungen, dass PR-Agenturen wie Auftraggebener die Bedeutung der so genannten Mundpropaganda deutlich geworden ist: Ließen sich vor ein paar Jahren noch allein durch groß angelegte Werbung im alten Stil ein Hype und daraus folgend fast automatisch auch entsprechende Umsätze generieren, sieht es heute anders aus. Nicht zuletzt die großen Hollywood-Studios mussten das immer wieder schmerzhaft zu spüren bekommen, als aufwändig beworbene Filme nach einem starken Startwochenende plötzlich enorm abbauten. „Schuld“ daran ist nicht zuletzt das Internet: Durch die zunehmende Popularität von unabhängigen Blogs, in denen selbst ernannte Kritiker ihre Meinung zu jedem Thema abgeben, kann sich der geneigte Leser viel früher ein Bild davon machen, wie gut ein Film, ein Spiel, eine DVD wirklich ist. Die Bedeutung von professionellen Kritikern hat rapide abgenommen: Das Vertrauen in unabhängige Personen und ihre Meinung ist schlicht größer.

Keine Grenzen
Zerrüttet ist daher auch die Beziehung zwischen Spielern und Spielemagazinen: Über Wertungen, Reviews und Previews wird inzwischen vielerorts weitaus mehr diskutiert als über die Spiele an sich. Das Internet macht es möglich. Auch wenn ein gewisses Misstrauen wohl in der Natur des Menschen liegt, müssen sich die Magazine dafür an die eigene Nase fassen. Obwohl der deutsche Pressekodex eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken vorschreibt, ist eine Unterscheidung vor allem bei etlichen Online-Magazinen für den Durchschnittsleser kaum möglich, zum Teil sogar unerwünscht. Oder um es mit den Worten eines ungenannt bleiben wollenden Redakteurs zu sagen: „In gewisser Hinsicht war das ‚DRIV3R‘-Debakel ein Glücksfall für uns: Wenn sich die Industrie nicht an gewisse Prinzipien hält, warum sollen wir dann vor etwas zurückschrecken?“

Bullshit-Marketing ist überall
Um damit wieder den Bogen zurück zum Anfang zu schlagen: Natürlich wissen auch PR-Agenturen und Wirtschaft, dass plumpe Werbebotschaften seltener ankommen und Meinungen gefragt sind. In Foren mit echten Spielern zu diskutieren und ihre eigene Meinung herabzusetzen, dürfte jedoch der schlechteste Weg sein. Auch in Deutschland sind uns in der letzten Zeit immer wieder Fälle bekannt geworden, in denen Mitarbeiter von Publishern beruflich unter Angabe eines falschen Namens ihre eigenen Spiele vergötterten und die Konkurrenz in Grund und Boden redeten. Das ist – wenn es denn auffliegt – nicht nur peinlich, sondern zerstört auch das ohnehin schon brüchige Vertrauen vieler Spieler in die Hersteller: Wer es nötig hat, so um Kunden zu kämpfen, dessen Spiele können ja nichts taugen.

Der 40-jährige Newbie.

Dr. Christian Lehmann war nie ein großer Spieler. Vor rund 20 Jahren als Student hatte er ein paar Erfahrungen mit dem C64 gesammelt, das Hobby dann aber nicht weiter verfolgt: Kein Interesse, zu teuer, später zu wenig Zeit neben seiner Arbeit als Arzt. Zumindest bis er vor einigen Monaten ‚Die Sims‘ für sich entdeckte. „Meine Tochter hatte sich das Spiel zu Weihnachten gewünscht und ich wollte natürlich wissen, was sie da überhaupt spielte. Letztendlich lief es dann aber darauf hinaus, dass an den nächsten Wochenenden nur noch ich vor dem PC saß und meiner Tochter im Spiel um Längen voraus war.“

Ein zweites Leben
Das Spielfieber hatte ihn gepackt: ‚Die Sims‘ hat nicht umsonst den Ruf, mit seiner ungewöhnlichen Mischung aus Hausbau und Lebensmanagement vor allem Gelegenheitsspieler anzusprechen. Es ist simpel, der Sinn des Spiels erschließt sich fast jedem und – kein zu unterschätzendes Merkmal – es hat keine hohen Hardware-Anforderungen. Doch irgendwann hatte Christian alles in ‚Die Sims‘ gesehen: Jeden Gegenstand gekauft, jede mögliche Berufslaufbahn eingeschlagen, unzählige Charaktere herangezüchtet. Er hatte genug von ‚Die Sims‘, aber nicht genug von Spielen. Er wollte mehr. Aber was spielt man eigentlich, wenn man Mitte 40 und im Prinzip ein absoluter Neuling in diesem Gebiet ist? Das wusste auch Christian nicht so genau. Er ließ sich im Geschäft beraten, fragte seinen Kinder, kaufte sich sogar ein Spielemagazin – nur um zu dem Schluss zu kommen: Es gibt fast keine Spiele für Leute wie mich.

Ab 25 ist Schluss?
Interessant: Eine Industrie, die vorgibt, es mit Hollywood aufnehmen zu können, ist nicht einmal in der Lage, einem Gelegenheitsspieler mittleren Alters etwas Brauchbares anzubieten? Wie will man dann überhaupt neue Spieler an den Markt heranführen?

Oder hofft man darauf, dass die heutigen Spieler (sprich: überwiegend die 12- bis 25-Jährigen) ihr Hobby auf absehbare Zeit nicht wechseln und stetig Neue „von unten“ nachrücken? Eine gewagte These angesichts der immer größer werdenden Unzufriedenheit langjähriger Spieler mit der heutigen Produktpalette.

Keine Gewalt
Christian ließ sich jedoch nicht so schnell beirren und forschte weiter. Klar war: „Shooter sind auf keinen Fall etwas für mich. Man mag sagen, das ist ja nur ein Spiel, aber wenn ich jeden Tag versuche, Leben zu retten oder zumindest zu verbessern, dann kann ich nicht abends oder am Wochenende meine Zeit damit verbringen, virtuelle Menschen zu töten.“ Überhaupt wollte Christian keine Spiele, bei denen er sich hätte anstrengen müssen: „Für Sportspiele und Ähnliches bin ich einfach nicht geschult genug. Ich habe vor einer Weile bei meinem Sohn ein Fußballspiel ausprobiert, aber bin jämmerlich gescheitert. Grundsätzlich mag ich es einfach nicht, wenn ich bei den ganzen Bildern auf dem Monitor den Überblick verliere.“

Ruhige Rätselstunden
Keine Action, kein Sport, nichts Hektisches: Nach langer Suche stieß Christian zufällig auf ein Review des Adventures ‚Black Mirror‘ und hatte etwas gefunden, das er sich zu spielen vorstellen konnte. „’Black Mirror‘ hat mir damals wirklich sehr viel Spaß gemacht. Am Anfang war es ein bisschen ungewohnt, weil es mir wie ein Film vorkam und ich mich ständig daran erinnern musste, dass ich selbst etwas tun soll. Aber als ich mich dann ins Spiel gefunden hatte, war ich wie gefesselt. Selbst meine Frau, die Spielen überhaupt nichts abgewinnen kann, hat sich ab und zu vor den Computer gesetzt und mitgerätselt, wenn ich nicht vorankam.“

Als Christian mit ‚Black Mirror‘ fertig war, stand er aber vor der nächsten Frage: Gibt es mehr von der Sorte? „Ich bin zu Saturn gegangen und habe gefragt, was sie mir noch empfehlen könnte. Der Verkäufer drückte mir ‚Tomb Raider‘ in die Hand. Das sei auch so ein Adventure. Ich glaube, für sowas sind die schlichtweg nicht gewappnet.“

Aufmarsch der Hausfrauen?
Der VUD, Verband der Unterhaltungsindustrie Deutschland, sah das bis zu seiner Auflösung anders. Noch heute ist auf der Website zu lesen, dass „Computerspiele den Kinderschuhen längst entwachsen sind“. Rund 56 Prozent der regelmäßigen Spieler sind demnach zwischen 25 und 44 Jahren alt. Und auch die ESA, das US-amerikanische Gegenstück zum VUD, glaubt an „die Alten“: Angeblich sind nur 35 Prozent der Spieler unter 18 Jahren alt. Die gleiche Studie siedelt übrigens den Frauenanteil bei 43 Prozent aller Spieler an. Glaubwürdig? Selbst unter Einbeziehung von Spielen wie ‚Solitär‘ erscheinen Frauen- und Erwachsenenquote unnatürlich hoch. Die für den Großteil der Publisher und Entwickler relevante Altersgruppe sind jedenfalls die Spieler unter 25 Jahren – wer älter ist, spielt bislang kaum eine Rolle.

Virtuelle Hunde
Christian hat nach ‚Black Mirror‘ erstmal wieder Pause gemacht: „Ich habe zwar noch ein paar andere Adventures gefunden, aber viele waren mir zu bunt oder zu unrealistisch. Natürliches ist mir lieber.“ Vor kurzem ist er dann aber doch wieder rückfällig geworden: „’Nintendogs‘ ist das neue Lieblingsspiel meiner Tochter und jetzt auch meins. Es erinnert mich ein wenig an ‚Die Sims‘ und ist einfach putzig. Und wir können es zusammen spielen: Ein Hund gehört mir, einer ihr.“ Ob er jetzt wieder auf die Suche nach neuen Spielen geht, will ich zum Schluss wissen. „Nein“, meint Christian. „Spiele werden wohl nie ein richtiges Hobby für mich werden. Das ist der Unterschied zu Filmen oder Büchern: Die gibt es für alle Alterklassen. Spiele sind mir da noch viel zu eingeschränkt.“

Altmodisch bis zum Geht-Nicht-Mehr.

Manchmal nenne ich Rollenspiele als das Genre, mit dem ich – mit Ausnahme von Simulationen – am wenigsten anfangen kann. Aber das stimmt nicht ganz, denn während man mich mit ‚Diablo‘ oder ‚Gothic‘ tatsächlich jagen kann, begeistern mich ‚Knights of the Old Republic‘, ‚Baldur’s Gate‘ und vor allem japanische Titel wie ‚Final Fantasy‘. Was lag da näher, als Square Enix‘ ‚Dragon Quest 8‘ mal eine Chance zu geben, das vor kurzem in Nordamerika für die PlayStation 2 erschienen ist. Die Metapher „sich zu Tode langweilen“ bekam dabei aber eine ganz neue Bedeutung.

Das erste, was wahrscheinlich fast jedem an ‚Dragon Quest 8‘ auffallen wird, ist das – freundlich formuliert – ungewöhnliche Design. Die weitläufigen, dicht besiedelten und vielseitigen Umgebungen hinterlassen zwar einen gute Eindruck, doch die Charaktere zählen zu dem hässlichsten, was ich jemals in einem Spiel ertragen musste. „Monster“ mit riesigen, vollen Lippen, halbnackt umhertanzende Schweine und siamesische Zwillinge in Koboldsgestalt waren für mich schon nach den ersten Minuten zuviel. Wie kann ich die Geschichte des Spiels ernstnehmen, wenn ich bei den Gegnern nicht weiß, ob ich besser lachen oder weinen soll? Auch die menschlichen Figuren, welche ihr selbst steuert, hinterlassen einen seltsamen Eindruck: Auf gewisse Weise tragen alle die gleichen Gesichtszüge und wirken dadurch zumindest unsympathisch, wenn nicht gar leicht debil. Das mag der Stil von ‚Dragonball‘-Designer Akira Toriyama sein, doch bei ‚Dragon Quest 8‘ wirkt es vollkommen unpassend.

Ein Spiel „für Profis“
Da man über die Grafik nicht hinwegsehen kann, mögen meine weiteren Einschätzungen negativ beeinflusst sein, doch das Spiel strotzt auch bei versuchter objektiver Betrachtung geradezu vor Schwächen. Die zahllosen Zufallskämpfe, in die ihr beim Durchstreifen der Welt nahezu alle zehn Sekunden stolpert, sind ein Relikt aus alten Rollenspieltagen, um die Spielzeit zu strecken. Weitaus schlimmer noch als die hohe Anzahl der Kämpfe ist ihr Schwierigkeitsgrad: Passt ihr nicht auf, segnet ihr schon vor der ersten Quest mehrmals das Zeitliche. Überhaupt dürft ihr kaum von den vorgegebenen Wegen abkommen – andernfalls trefft ihr auf Widersacher, denen ihr schlichtweg nicht gewachsen seid. Besonders ärgerlich, weil das eigentlich sehr interessante Erkunden der großen Spielwelt dadurch extrem eingeschränkt wird. Zumal ihr nur in der Kirche einer Stadt ein Savegame anlegen könnt.

Konkurrenz aus eigener Verpackung
Was mich jedoch am meisten stört, ist, wie altmodisch sich ‚Dragon Quest 8‘ gibt. Das rundenbasierte Kampfsystem fühlt sich so träge an, dass es an alte SNES-Zeiten erinnert, und die Quests sind so einfallslos wie bei nur wenigen Rollenspielen der letzten Zeit. Fast wie ein Hohn erscheint es da schon, dass dem Spiel eine Demo-Version von ‚Final Fantasy 12‘ beiliegt, die so frisch und wagemutig ist, dass ich ‚Dragon Quest‘ am liebsten sofort auf irgendeine Art entsorgt hätte. ‚Final Fantasy 12‘ verwendet, soweit sich das anhand der Demo erschließen lässt, kleine Levels für seine Quests, die sich in mehrere Aufgaben unterteilen: Zunächst müsst ihr beispielsweise eine bestimmte Zahl an kleinen Gegnern töten, dann einen Schlüssel finden, um eine Tür in den nächsten Abschnitt zu öffnen und schließlich den Boss der Mission zu besiegen. Klingt auf den ersten Blick auch nicht sonderlich einfallsreich, spielt sich aber erfrischender als jedes andere japanische Rollenspiel der jüngsten Vergangenheit.

Action in Ivalice
Interessant ist insbesondere, wie sehr sich Square Enix für ‚Final Fantasy 12‘ bei westlichen Titeln bedient hat. Das Kampfsystem etwa erinnert an eine Mischung aus ‚Final Fantasy 8‘ sowie ‚Knights of the Old Republic‘: In Echtzeit lauft ihr auf die Gegner zu, wählt eine Aktion und verfolgt den Kampf. Jeder Charakter verfügt über eine Aktionsleiste, die sich nach jedem Angriff, Zauberspruch oder Einsatz eines Items neu aufladen muss.

Pausieren könnt ihr auf Wunsch lediglich beim Auswählen der nächsten Aktion. Der größte Unterschied ist aber, dass die Kämpfe nicht mehr in gesonderten „Arenen“ stattfinden, sondern direkt im Level ausgetragen werden – Zufallskämpfe gibt es daher wohl nicht.

Nicht für jedermann
Um zurück zum ursprünglichen Thema zu kommen: ‚Dragon Quest 8‘ ist kein richtig schlechtes Spiel. Ob man das Design mag, ist Geschmackssache, und wer nur ein ‚Dragon Quest 7‘ in neuer Verpackung erwartet, wird letztendlich nicht enttäuscht sein. Aber: Wenn ihr ein modernes, nicht zu langatmiges und zugängliches Rollenspiel sucht, ist Square Enix neuestes Werk eine ganz schlechte Wahl. Wartet auf ‚Final Fantasy 12‘, spielt ‚Shadow Hearts: Covenant‘ oder ‚Jade Empire‘ – aber lasst die Finger von ‚Dragon Quest 8‘!

Die etwas andere Wunschliste.

‚F.E.A.R.‘, ‚Civilization 4‘, ‚Perfect Dark Zero‘, ‚Resident Evil 4‘ – alles schon gehört? Dann Vorhang auf für unsere etwas andere Einkaufsliste zum Weihnachtsfest. Acht Spiele, alle in diesem Jahr erschienen, die im derzeitigen Trubel etwas untergehen, ihr Geld aber auf jeden Fall wert sind.

Für Krimileser: Agatha Christie – Und dann gab’s keines mehr
Was vor zwölf Monaten ‚Sherlock Holmes und das Geheimnis des Silbernen Ohrrings‘ war, ist in diesem Herbst DreamCatchers erster Agatha-Christie-Titel: Ein spannendes Abenteuer, das nicht nur den typischen Adventurespieler anspricht, sondern auch den gewöhnlichen Krimileser begeistern kann. Die Geschichte um zehn Menschen auf einer abgelegenen Inseln, von denen einer nach dem anderen sein Leben lässt, wird gemächlich aber sehr geschickt erzählt. Der Spieler übernimmt die Rolle eines elften Inselbesuchers, verhört Zeugen, sucht Beweise und überführt schließlich den Täter. Oder vielleicht die Täter? Wer unter dem Tannenbaum anspruchsvoll rätseln will, kommt um Agatha Christie nicht herum.

Für Spielzeugkrieger: Battalion Wars
Anfangs als Umsetzung des Strategiehits ‚Advance Wars‘ für den GameCube geplant, entwickelte ‚Battalion Wars‘ schnell seinen ganz eigenen Stil, der sich am ehesten mit der ‚Army Men‘-Reihe vergleichen lässt: Bunte Soldaten laufen durch eine bunte Welt, steigen in bunte Fahrzeuge und schießen allerlei Waffen mit – natürlich – bunten Explosionen ab. Die rund 20 Missionen umspannende Kampagne des Actionspiels bietet dank ihres eigenen Stils und viel Humor eine so ganz andere Atmosphäre als ‚Mercenaries‘, ‚Operation Flashpoint‘ und wie sie alle heißen. Wer eine Alternative zu ‚Serious Sam 2‘ sucht, um mal schnell ein bisschen durch die Gegend zu ballern, ist mit ‚Battalion Wars‘ bestens beraten.

Für Bösewichter: City of Villains
Da ich von MMORPGs so viel Ahnung habe wie Kollegin Maertens von Fußball, zitiere ich einfach mal unseren MMORPG-Opa: „Kein anderes Spiel konnte mich letztes Jahr länger fesseln als ‚City of Heroes‘ und nun ist der Nachfolger ’City of Villains’ endlich online. Zwar erfindet sich ‚City of Heroes‘ mit ‚City of Villains‘ nicht neu – dazu langweilen allein die immer wieder gleichen und bekannten Missionen schon genug.

Trotzdem macht es einfach wieder unglaublichen Spaß, mit Gleichgesinnten durch Stadtteile, Bürokomplexe oder Höhlen zu ziehen und alles niederzustrecken, was sich bei Drei noch nicht geflüchtet ist. Daneben motivieren die ständigen eigenen Überlegungen, nach einer weiteren nützlichen Kombination von Archetypen und Power-Sets sowie deren Auswirkungen im Teamspiel.“ Alles klar?

Für Geduldige: Fire Emblem: Path of Radiance
Rundenstrategiespiele sind auf dem PC so gut wie ausgestorben, doch auf Handhelds und Konsolen leben sie seit einer Weile so richtig auf: Neben Titeln wie ‚Disgaea‘ und ‚Advance Wars‘ ist es vor allem die ‚Fire Emblem‘-Reihe, die Taktikfans regelmäßig erfreut. Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft ist in diesem Jahr der erste Ableger für den GameCube erschienen und der hat es dann auch tatsächlich in sich: Nervenaufreibende, äußerst taktische Schlachten und eine sinnvolle Kombination aus Strategie- und Rollenspielelementen zeigen, warum die Serie so begehrt ist. Geduld, wie die Überschrift schon sagt, muss man aber natürlich auch mitbringen: ‚Fire Emblem‘ ist ein gemächliches Spiel und sehr langsames Spiel – passend zu den besinnlichen Tagen des Jahres.

Für den Spaß zu zweit: Lego Star Wars
„Spaß zu zweit? Da weiß ich doch was Besseres! Und mein Joystick ist sogar voll kompatibel! Hahaha!“ Okay, nachdem wir damit jetzt auch die PC-Action-Leser für uns gewonnen haben, besinnen wir uns wieder unserer Seriösität und halten fest, dass auch nach dem schönsten Schäferstündchen (oder den schönsten Schäferminütchen) noch Zeit für ein kurzes gemeinsames Nachspiel bleibt.

Und da gibt es in diesem Jahr nicht Besseres als ‚Lego Star Wars‘: Mit Obi-Wan, Anakin Skywalker oder auch einem ganz knuddeligen C3PO als Lego-Figuren säbelt ihr euch im Co-Op-Modus durch die neue ‚Star Wars‘-Trilogie, erlebt die wichtigsten Szenen der Filme hautnah und zeigt der Macht, wer ihr wahrer Herrscher ist. Ein traumhafter Spaß für die ganze Familie!

Für kleine Äffchen: Super Monkey Ball DX
Aiai, Meemee, Gongon und Baby – nein, das sind nicht die neuen Kandidaten für ‚Deutschland sucht den Superstar‘, sondern die Helden von ‚Super Monkey Ball DX‘: Vier Affen, die in Kugeln über kippbare Plattformen rollen, Bananen aufsammeln und ein Ziel erreichen müssen, ohne auf den Boden zu prallen. Ein Geschicklichkeitsspiel wie es im Buche steht und doch viel mehr: Sein wahres Können spielt ‚Super Monkey Ball DX‘ nämlich erst im Mehrspielerpart aus, wenn die kleinen Äffchen einem Fußball nachjagen, in ihren Kugeln Rennen fahren, zum Golfball mutieren oder ein Zielfliegen veranstalten. Allein letzteres könnte glatt als eigenständiges Spiel durchgehen und beschert auch Einsteigern ein leicht zugängliches Vergnügen.

Für Westernfans: Oddworld: Strangers Vergeltung
Ha, jetzt kommt bestimmt ‚GUN‘, könnte man bei der Überschrift meinen. Von wegen! Das wahre Westernspiel des Jahres heißt ‚Oddworld: Strangers Vergeltung‘ und ist das zumindest vorerst letzte Werk der Oddworld Inhabitants um Lorne Lanning. Eindrucksvoll beweist das Spiel, dass Ego-Shooter und Action-Adventure keine unvereinbaren Genres sind, sondern problemlos miteinander verknüpft werden können – wenn man weiß, wie: Aus der Third-Person-Perspektive steuert ihr den müffelnden Stranger durch Jump’n’Run-Passagen, aus der Ego-Perspektive ballert ihr, was das Zeug hält. Lustigstes Feature: Die Live-Munition, darunter das äußerst kultige Arschbackenhörnchen. Das Ganze ist inzwischen für eine Handvoll Euro zu haben.

Für Hobbypsychologen: Psychonauts
Wie könnte es eigentlich im Kopf eines kartoffelförmigen, schnautzbärtigen Generals aussehen, der kleine Kinder zu Mentalsoldaten ausbildet – so genannten Psychonauts? Wer darüber keine wissenschaftliche Abhandlung lesen möchte, sondern sich selbst ein Bild machen will, ist bei dem neuesten Werk von ‚Vollgas‘-Entwickler Tim Schafer an der richtigen Adresse. In der Rolle von Raz, einem etwas zu naseweißen Jungen, erforscht ihr die Irrwege des Verstandes, die von Mensch zu Mensch (sprich: Level zu Level) kaum unterschiedlicher sein könnten. Zwar ist ‚Psychonauts‘ kein Adventure im herkömmlichen Sinne und auch kein gänzlich perfektes Jump’n’Run, doch der eigenwillige Genre-Mix gepaart mit der herrlich surrealen Grafik begeistert einfach!

Ein echter Molyneux mal ganz ohne Götter

In den ersten zwei Stunden ist ‚The Movies‘ ein großartiges Spiel: Ihr baut ein eigenes Filmstudio in den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts auf, erforscht und errichtet Kulissen, stellt Schauspieler und Regisseure ein, kümmert euch um ihr Wohlergehen und dreht natürlich eigene Filme, mit deren Einnahmen ihr wiederum euer Studio erweitert. ‚The Movies‘ fühlt sich an wie ‚Theme Park‘, es sieht so aus wie ‚Theme Park‘ und es spielt sich auch fast wie ‚Theme Park‘, garniert mit einer kleinen Portion ‚Die Sims‘.

Doch dann, wenn die ersten zwei Stunden vorbei sind, ist ‚The Movies‘ auf einmal so gar nicht mehr wie Peter Molyneuxs Klassiker. Drehbuch schreiben lassen, Casting durchziehen, Dreharbeiten starten, warten – der Ablauf wiederholt sich im Minutentakt. Neues gibt es nicht, nur das viel zu umständliche Umsorgen von Stars und Sternchen beschäftigt noch, wenn man sich denn davon beschäftigen lassen will.

Regisseur oder Manager?
‚The Movies‘ wäre also ein ganz gewöhnliches Tycoon-Spiel, wie es sie so viele gibt, und mal ehrlich: Wäre es nicht von Peter Molyneux, hätte im Vorfeld wahrscheinlich sowieso kein Hahn danach gekräht. Warum schreibe ich hier also trotzdem über ‚The Movies‘? „Wegen des Filmeditors“, lautet die simple Antwort. Abseits der Aufbau- und Wirtschaftsparts enthält das Spiel nämlich einen komplexes und fast eigenständiges Programm, mit Hilfe dessen ihr eigene Drehbücher schreiben, Filme drehen, vertonen, schneiden und online stellen könnt. Denn während die Mühe allein für das Spiel selbst viel zu schade wäre, macht es richtig Spaß, seine Werke im Internet zu veröffentlichen und bewerten zu lassen. Lionhead hat dankenswerterweise auch gleich eine eigene Website dafür eingerichtet, wohl der Tatsache bewusst, dass der Filmeditor viel interessanter als das Spiel an sich ist.

Klassische Storys
Fast alles, das zum Dreh eines echten Films dazugehört, findet sich auch in ‚The Movies‘ wieder. Als erstes muss natürlich ein Screenplay geschrieben werden, in dem ihr den groben Ablauf der Ereignisse festlegt:

Liebesfilme beispielsweise beginnen traditionellerweise mit dem ersten Aufeinandertreffen des späteren Paares, sie lernen sich kennen und schätzen, doch dann folgt ein Konflikt, welcher die beiden auseinander bringt – überlicherweise ist der Mann schuld und dann heißt es: „Du meintest es gar nicht ernst mit mir, Du hast mich belogen, buhuhuhu!“ Dann jedoch kommt der rettende Einfall des Mannes, die Frau besinnt sich doch wieder ihrer Gefühle und letztlich wird doch etwas aus dem erwarteten Happy-End.

Wir spielen Uwe Boll
Genauso könnt ihr Filme auch in ‚The Movies‘ aufbauen: Ihr wählt Kulissen und Schauspieler aus, kleidet sie an und dürft natürlich auch die Drehorte nach euren Vorstellungen ausstatten. Danach geht es ins Detail: Auf zig Animationen wählt ihr eine für die Situation passende aus und beginnt mit dem Finetuning: Sollen sich die Widersacher in einem Actionfilm so richtig übel vermöbeln oder sind ein paar leichte Schubser als Reaktion vielleicht erstmal angebrachter? Muss es in einem Liebesfilm zwischen Männlein und Weiblein so richtig zur Sache gehen oder zerstört die Darstellung einer wilden Nacht nicht die Atmosphäre? Sind die Dreharbeiten abgeschlossen, könnt ihr euren Film noch zurechtschneiden und mit eigener Sprachausgabe versehen, so dass auch Außenstehende verstehen, worum es überhaupt geht. An Komplexität ist der Filmeditor für heutige Verhältnisse wirklich kaum zu überbieten, auch wenn der Arbeitsaufwand für einen wirklich guten 5-Minuten-Film mehrere Tage betragen kann.

Ein neues Sims?
‚The Movies‘ kommt eigentlich genau zum richtigen Zeitpunkt und sein kostenloses Onlineangebot zur Veröffentlichung und Bewertung von Filmen ist geradezu genial: Wenn man bedenkt, wieviel Aufwand viele Spieler darein gesteckt haben, mit ‚Counter-Strike‘, ‚Battlefield‘ oder ‚Quake‘ halbwegs ansprechende Filme zu drehen, kann man Lionhead und Peter Molyneux zu ihrer Weitsicht nur gratulieren. ‚The Movies‘ als eine neue Form der Kommunikation unter Spielern zu bezeichnen, wäre vielleicht ein wenig übertrieben, doch andererseits: In welchem anderen Spiel kann man schon so seine Kreativität ausleben und die Ergebnisse auch noch mit anderen teilen? Der Filmeditor, da bin ich mir sicher, wird uns noch lange beschäftigen und dafür sorgen, dass ‚The Movies‘ so schnell nicht in Vergessenheit gerät. Auch wenn das Spiel selbst nicht der Rede wert ist.

Club der Detektive

Im Gerichtssaal: „Einspruch, Euer Ehren! Die Aussage des Zeugen widerspricht ganz eindeutig den Beweisen.“ – „Tatsächlich? Na, dann lassen Sie mal hören, Mr. Wright!“ – „Es ist ganz simpel: Der Zeuge behauptet, er habe die Tat von seinem Fenster aus beobachtet und sich die Zeit so genau eingeprägt, weil gerade im Fernsehen die Nachrichten liefen. Aber: Schon zehn Minuten zuvor war im ganzen Block der Strom ausgefallen, wie ein mir vorliegendes Schreiben eindeutig belegt. Das kann nur eines bedeuten: Der Zeuge lügt!“ – „Hm, Mr. Wright, das klingt sehr logisch. Aber warum um alles in der Welt sollte der Zeuge lügen?“ – „Na, das ist doch ganz einfach: Weil er selbst den Mord begangen hat!“

Szenen wie diese reihen sich in ‚Phoenix Wright: Ace Attorney‘ nur so aneinander: Das in Japan entwickelte Adventure spielt sich wie eines dieser Detektivbücher von Wolfgang Ecke, die ich in meiner Kindheit geradezu verschlungen habe. In jeder Aussage eines Zeugen ist ein Widerspruch versteckt, den es zu entdecken gilt: Mal ist es eine simple Angabe wie die Uhrzeit, die schlicht und ergreifend nicht stimmen kann, mal eine komplexe Indizienkette, welche den Zeugen seiner Glaubwürdigkeit beraubt. Jeder der insgesamt fünf Fälle des Spiels nimmt daher zahlreiche, meistens unvorhergesehene Wendungen, welche die Spannung in die Höhe treiben. Lediglich auf eine Konstante kann ich mich als junger, aufstrebender Anwalt verlassen: Mein Mandant ist unschuldig und nur durch unglückliche Umstände in diese Situation geraten.

Spiel mit Gefühlen
‚Phoenix Wright: Ace Attorney‘ ist jedoch nicht nur ein Adventure für Möchtegerndetektive und Freizeitanwälte – es ist viel mehr als das: Es ist eines der wenigen Spiele, die es tatsächlich verstehen, Emotionen hervorzurufen. Ich hasse die Bösen und bange um die Guten. Ich verabscheue den gegnerischen Staatsanwalt, der für meinen Schützling einen Schuldspruch erwirken will, obwohl er spätestens nach den ersten Zeugenaussagen genau weiß, dass dieser überhaupt nicht schuldig ist. Ich zittere um meinen Klienten, wenn er selbst in den Zeugenstand gerufen wird und sich um Kopf und Kragen redet. Ich bin geradezu erleichtert, wenn der Fall endlich vorbei ist und der Richter sich für ein „nicht schuldig“ entschieden hat.

Die Schöne und das Biest
Einen großen Teil dieser Emotionen bezieht ‚Phoenix Wright: Ace Attorney‘ aus seinen wunderbaren Charakteren und den brillanten Dialogen, die sich zwischen ihnen abspielen. Da wäre zum Beispiel die junge Maya, Phoenix ständige Begleiterin, die erfrischend natürlich selbst in den ungemütlichsten Situationen gute Stimmung verbreitet. Oder aber Miles Edgeworth, Phoenix‘ Gegenspieler, dessen arrogantes Gehabe so richtig auf die Nerven gehen kann – bis er schließlich selbst unfreiwillig die Seiten wechselt und ich mit ihm leide. Die Geschichte, die diesen Namen wirklich verdient, besitzt mehr ausgeklügelte Feinheiten und faszinierende Figuren als jedes andere Spiel der letzten Jahre, mit Ausnahme des ebenfalls grandiosen ‚Fahrenheit‘.

Unterhaltung mit Niveau
Trotz seiner auf den ersten Blick eher jugendlichen Präsentation ist ‚Phoenix Wright: Ace Attorney‘ ein erwachsenes, fast schon nachdenkliches und lehrreiches Spiel. Allem voran stehen die Fragen der Moral und Gerechtigkeit: Kann ein kleiner Junge des Mordes schuldig gesprochen werden, wenn er in Notwehr und vollkommen ohne Absicht handelt? Ist es richtig, dass er fünfzehn Jahre später die Tat gesteht, obwohl er sich nicht einmal mehr vollständig an die Vorgänge erinnern kann? Darf ein Mann Rache nehmen, der fälschlicherweise ins Gefängnis kam?

Die Zukunft?
Einen nicht zu unterschätzenden Anteil an dem „Mittendrin statt nur dabei“-Gefühl hat das futuristische und aus heutiger Sicht gar nicht mehr so unrealistische Rechtssystem, in dem die schnelle Verurteilung eines potentiellen Täters mehr Bedeutung hat als das Finden der Wahrheit. Nach spätestens drei Tagen muss jeder Fall abgeschlossen sein, die Beweislast liegt nach dem Eröffnungsplädoyer nicht mehr bei der Anklage, sondern bei der Verteidigung. Selbst wenn offensichtlich ist, dass der Angeklagte die Tat nicht begangen haben kann, ist ein Schuldspruch noch immer möglich – nämlich dann, wenn der wahre Täter nicht entlarvt und geschnappt wird. So wundert es auch nicht, dass die gegen Phoenix antretenden Staatsanwälte noch nie einen Fall verloren haben: Getürkte Indizien, bestochene Zeugen und „verschwundene“ Beweise zählen zum Alltag. Eine düstere Zukunftsvision.

Verspätet nach Europa
Langer Rede, kurzer Sinn: ‚Phoenix Wright: Ace Attorney‘ ist das bislang beste Spiel für den Nintendo DS. Es ist spannend, lustig, intelligent und noch dazu außerordentlich lang: In weniger als 20 Stunden lassen sich die Fälle kaum lösen. Der Europa-Release ist für den März 2006 geplant, in Nordamerika ist der von Capcom veröffentlichte Titel bereits seit Mitte Oktober erhältlich.