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Back in bad

Die erste Folge einer neunteiligen Reihe, die lang erwartete Fortsetzung des 1998 erschienenen Shooters ‚SiN‘. Ich bin ein großer Fan des neuen Modells, Spiele in kleinen Portionen zu veröffentlichen, erlaubt es den Entwicklern in der Theorie doch nicht nur, eine spannende Story in aller Ausführlichkeit zu erzählen, sondern auch von Episode zu Episode auf Kritik und Wünsche der Spieler einzugehen, Verbesserungen vorzunehmen. Wenn Ritual Entertainment beides bei ‚SiN Episodes‘ in die Tat umsetzen will, dann herzlichen Glückwunsch: Es gibt viel zu tun!

Welcome back, Elexis!
‚SiN‘ war seinerzeit eigentlich kein spielerisch besonders herausragender Ego-Shooter, aber die Geschichte und die untypische Rollenverteilung ließen ihn viele in Erinnerung behalten: Der fiese Widersacher des vom Spieler verkörperter John Blade, seineszeichens Anführer der Spezialeinheit HardCorps, war nämlich nicht etwa ein häßlicher Alienboss oder ein Regierungsbeamter auf Abwegen. Nein, die verführerische wie geheimnisvolle Elexis Sinclair, CEO des Megakonzerns SinTEK Industries, hatte es ihm angetan. Wie es aber üblich ist, wenn man interessante Charaktere einführt, tötet man sie nicht einfach am Ende eines Spiels, sondern lässt sie in letzter Sekunde entkommen. So ist Elexis in ‚SiN Episodes‘ zurück und John Blade muss sie einmal mehr jagen, da sie offenbar hinter dem vermehrten Auftauchen von Mutanten in seiner Stadt steckt.

Drogen und Mutanten
‚SiN Episodes: Emergence‘ erzählt natürlich nur einen Bruchteil dieser Geschichte, weshalb Blade Elexis nur recht kurz zu Gesicht bekommt und sich vorrangig mit einem Labor herumschlägt, das die Droge U4 herstellen soll. Immerhin liegt er bei der ersten Begegnung mit Elexis gleich mal auf dem Rücken – aber nicht so, wie wir es vielleicht gerne sehen würden. Das Problem mit der Geschichte von ‚Emergence‘ ist, dass sie viel zu dünn ist, viel zu wenig passiert. Klar, es ist immer noch ein Shooter und ich will keine zu hohen Ansprüche stellen, aber es fehlt einfach die Grundlage, die ein erster Teil bieten sollte. Zudem macht Ritual zu wenig aus den interessanten Charakteren. Blades Sidekick, die hübsche Jessica, etwa darf in der Eröffnungssequenz ein, zwei coole Sprüche ablassen, kommt danach aber kaum noch zum Zug, als hätte man sie unterwegs irgendwo vergessen.

Been there, done that
Das wäre ja zu verschmerzen, wenn sich ‚Emergence‘ wenigstens aufregend spielen würden, aber leider ist dem nicht so. Ich weiß nicht, ob das Konzept für das Spiel ursprünglich mal als ‚SiN 2‘ nach der Fertigstellung des ersten Teils bei Ritual entwickelt wurde, aber so fühlt es sich über weite Strecken an: Wie ein Spiel, das sich einiges bei ‚Half-Life‘ abgeschaut, von Spielen wie ‚Far Cry‘, ‚F.E.A.R.‘ oder auch ‚Half-Life 2‘ jedoch noch nie etwas gehört hat. Das beginnt mit den Schauplätzen (ein Labor, eine Hafengegend, Lagerhallen), macht bei den Gegnern weiter (Wachmänner, ein paar Mutanten) und zieht sich bis ins Leveldesign durch (lange Gänge, kleine Räume, Kisten). Manchmal habe ich regelrecht nur darauf gewartet, dass gleich der G-Man vor mir steht.

Schwacher Auftakt
Es gibt wirklich nicht eine Szene in ‚Emergence‘, bei der ich mich nicht an einen anderen Shooter erinnert fühlte und das ist schade. Denn eigentlich sollte man doch annehmen, Ritual würde in die erste Folge so viele Ideen stopfen, wie nur möglich, um den Spielern seinen Einfallsreichtum zu beweisen und sie nach mehr dürsten zu lassen. Aber genau daran mangelt es: Es gibt keine spektakulären Schusswechsel, keine noch nie gesehenen Waffen, keine ausgefallenen Rätsel. Stattdessen lauft ihr wie in einem Schlauch von Trigger zu Trigger und wartet darauf, dass euch die Gegner regelrecht vor die Füße fallen. Das alles macht ‚Emergence‘ nicht zu einem schlechten Shooter, aber das Gameplay ist eben nur solide und altbekannt – was mir für eine „Pilotepisode“ nicht genug ist.

Viele Ungereimtheiten
Abgesehen von den zahllosen Déjà-vus hat ‚Emergence‘ zwei echte Probleme, die das Spielen unter Umständen zur Qual machen können. Zum einen sind das die schlecht ausbalancierten Waffen: Gerade einmal vier verschiedene stehen Blade zur Wahl und die beste davon ist dann auch noch ausgerechnet die langweilige Pistole, die ihr genreüblich als erstes bekommt. Mit der könnt ihr nämlich beinahe jeden Gegner per Kopfschuss auch über eine Distanz von geschätzten fünfzig Metern ohne große Schwierigkeiten aus dem Verkehr ziehen, während die langsame Shotgun selbst in engen Räumen versagt, für die sie prädestiniert sein sollte.

Auf Schwierigkeiten werdet ihr unter Umständen dennoch stoßen, vor allem in der zweiten Hälfte von ‚Emergence‘. Da kann es vorkommen, dass das einzige halbwegs innovative Feature verrückt spielt: Die sich dem Spieler automatisch anpassende Stärke der Gegner. Anfangs funktioniert das tatsächlich nicht schlecht: Schaltet ihr jeden Gegner mit einem Kopfschuss aus, tragen sie nach einer Weile Helme, so dass ihr mindestens zwei Treffer benötigt. Zielt ihr dann eine Weile vor allem auf den Körper, legen sie die Helme wieder ab.

Allein gegen eine Armee
So weit, so gut. Seid ihr zu Beginn aber zu schnell unterwegs, kommt das Spiel aus irgendwelchen Gründen nicht mehr mit und setzt euch gegen Ende wahre Killermaschinen vor, bei denen jeder Schuss sitzt. Ritual ist das Problem immerhin bekannt und arbeitet schon an einem Patch. Davon abgesehen ist das Verhalten der Gegner aber bestensfalls mittelmäßig: Sie suchen sich Deckung und kreisen euch gut ein, laufen aber auch gerne direkt in eure Schusslinie, selbst wenn an dieser Stelle schon mehrere ihrer Mitstreiter gestorben sind.

Über die Grafik, die nicht ganz das Niveau von ‚Half-Life 2‘ erreicht, dem PC aber trotzdem mehr Rechenkraft abverlangt, will ich nicht zu viele Worte verlieren; es sieht halt nicht richtig schlecht, abgesehen von den Charakteren aber auch nicht richtig gut aus. Gedanken mache ich mir nur angesichts der Tatsache, dass Ritual neun Episoden plant, die ungefähr im Abstand von sechs Monaten veröffentlicht werden sollen – das hieße, die letzte Folge würde Mitte 2010 erscheinen. Wenn man da zwischendurch nicht mindestens einmal die Engine wechselt, dann gute Nacht.

Goodbye, Elexis!
Ich hatte gehofft, Ritual würde mehr aus ‚SiN Episodes‘ machen: Mehr aus der Source-Engine herausholen, mehr Mut zu spielerischen Neuerungen beweisen und nicht zuletzt mehr eigenen Stil einbringen. Ein bisschen Erotik, viel Blut und ein paar dahingeworfene Flüche heben das Spiel zwar ein klein wenig von anderen Shootern ab, aber das Gameplay steht leider zu sehr im Kontrast dazu, um ‚Emergence‘ die gleiche Ehre wie dem originalen ‚SiN‘ zukommen zu lassen: Es in Erinnerung zu behalten.

‚SiN Episodes: Emergence‘ ist bislang nur über Steam erhältlich und kostet rund 20 US-Dollar. Deutsche Spieler müssen sich allerdings noch ein wenig gedulden, da es noch keine Einstufung von der USK gibt, unter Umständen muss Ritual noch Änderungen an dem Spiel für den hiesigen Markt vornehmen. ‚Emergence‘ ist rund fünf Stunden lang. Als Zugabe gibt es über Steam das originale ‚SiN‘ samt Multiplayer-Modus, was den Preis akzeptabel werden lässt. Wer dem Onlinekauf abgeneigt ist, kann auf eine DVD-Version warten, die EA in die Läden bringen wird.

Microsoft, der Einäugige unter Blinden …

Unter Blinden ist der Einäugige König, sagt man. Und auch wenn es gegenüber Sony und Nintendo ein wenig unfair klingt, so lässt sich diese Weisheit doch hervorragend auf die E3 in diesem Jahr übertragen. Denn wo Sony Kreativität und Nintendo Spiele vermissen ließ, trug Microsoft ordentlich auf – zwar auch fast nur mit mäßig inspirierten Sequels, aber die können sich wahrlich sehen lassen.

Vieles wie erwartet
Von Microsoft könne man nicht viel erwarten, hieß es häufig im Vorfeld der Messe: Die Xbox 360 sei immerhin schon erhältlich und beinahe alle geplanten Exklusivtiteln seien schon lange bekannt. Nun, ganz falsch war diese Einschätzung nicht, aber wer konnte denn schon ahnen, dass sich sowohl Sony als auch Nintendo nicht gerade mit Ruhm bekleckern würden?

So zeigte Microsoft dann wirklich die Spiele, von denen wir alle schon in den letzten Wochen, wenn nicht gar vor Monaten bereits gehört haben: Das immer noch sehr hirnlos wirkende, aber hervorragend aussehende ‚Gears of War‘, den zumindest optisch nicht ganz so beeindruckenden Ego-Shooter ‚Shadowrun‘ von FASA, einen Nachfolger des Rennspiels ‚Forza Motorsport‘ sowie selbstverständlich ‚Fable 2‘ und ‚Halo 3‘, deren Qualität man bislang aber noch nicht ernsthaft einschätzen kann. Die beiden letztgenannten werden wir ohnehin nicht vor dem nächsten Jahr in die Konsole bekommen.

GTA mal pünktlich
Remedys ‚Alan Wake‘, das ebenfalls exklusiv für PC und Xbox 360 erscheinen wird, war gleichermaßen in Videoform zu sehen und dann kam eine kleine Überraschung: Rockstars ‚GTA 4‘ wird zeitgleich für die Xbox 360 und PlayStation 3 in den Handel gelangen – die vorherigen ‚GTAs‘ waren allesamt zunächst für Sonys Konsole erschienen. Auch eine Umsetzung für den PC ist noch möglich, aber wohl zu einem späteren Zeitpunkt. Späterer Zeitpunkt, das heißt vermutlich 2008. Denn ‚GTA 4‘ wird nicht etwa in diesem Herbst für die Xbox 360 auf den Markt kommen, sondern erst im Oktober 2007. Ohne Frage eine nette Ankündigung für Xbox-Fans, zumal es via Xbox Live exklusiv regelmäßig Nachschub geben soll, aber doch noch sehr lange hin.

Arcade und anderer Kleinkram
Doch nicht nur neue Vollpreisspiele wollte Microsoft im Zuge seine Press Briefings ankündigen, sondern auch die schon lang ersehnte Erweiterung von Xbox Live Arcade: In den kommenden Wochen und Monaten sollen Klassiker wie ‚Frogger‘, ‚Galaga‘, ‚Sonic the Hedgehog‘, ‚Dig Dug‘ und ‚Pac-Man‘ zum kostenpflichtigen Download bereit gestellt werden.

Des Weiteren stellte Microsoft – wie erwartet – Windows Vista als neue Spieleplattform vor. Cryteks optisch alles überragende ‚Crysis‘ war zu sehen, auch ‚Shadowrun‘ wird, wie bereits berichtet, für Windows Vista auf den Markt kommen. Verbindungen zwischen Windows Vista und Xbox Live sollen möglich sein, für letzteres befinden sich zudem echte episodische Inhalte in Kooperation mit Unterhaltungsunternehmen wie Fox und Disney in Planung. Was genau man sich darunter vorstellen darf, blieb aber noch unklar.

We have a winner
Um wieder zum Anfang zurückzukommen: Seine Einäugigkeit verdankt Microsoft drei wichtigen Marken: ‚Halo‘, ‚GTA‘ und ‚Fable‘, die ohne jede Frage für einen Großteil der Kunden der Kaufgrund schlechthin für eine neue Konsole sind – und ‚Alan Wake‘ könnte die Spieler mit etwas gehobeneren Ansprüchen zufriedenstellen. Dabei sollte man allerdings nicht aus den Augen verlieren, dass die Mehrheit von Microsofts First-Party-Spielen vergleichbar mit Sony keinen überragenden Eindruck hinterließ: Die Entwickler von ‚Shadowrun‘, ‚Crackdown‘ oder ‚Too Human‘ scheinen jedenfalls noch einiges an Arbeit vor sich zu haben.

Des Weiteren sieht das Line-Up für das diesjährige Weihnachtsgeschäft, in dem ja immerhin mit PlayStation 3 und Wii die beiden großen Konkurrenten auf den Markt kommen werden, recht dürftig aus: Abgesehen von ‚Gears of War‘ kann man vermutlich bei noch keinem Exklusivtitel sicher von einem Release im Herbst ausgehen. Dennoch hat Microsoft unter Beweis gestellt, dass man es mit der Xbox 360 wirklich ernst meint – wieviel man Rockstar beispielsweise für den exklusiven ‚GTA 4‘-Download-Content gezahlt hat, will ich lieber gar nicht wissen. Aber es tut sich etwas in Sachen Xbox 360 und das kann jedem Spieler nicht zuletzt angesichts des stolzen PS3-Preises eigentlich nur recht sein.

Wii are not impressed!

E3, Tag 2: Für Nintendo versammelten sich die interessierten Fachbesucher einmal mehr im altehrwürdigen Kodak Theatre, wo Reggie & Friends mit Innovationen gegen die Technikschlacht von Sony und Microsoft ankämpfen wollten.

Wii im Einsatz
„Change is good“ – unter diesem Motto stand Nintendos E3 Press Briefing in diesem Jahr. Dabei ging es natürlich vor allem um die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten des Wii-Controllers, der in aller Ausführlichkeit vorgestellt wurde. Und die sind tatsächlich enorm vielfältig: Tennis, Golf, Bogenschießen, Schwerter schwingen… Nintendo gab sich reichlich Mühe, zu vermitteln, warum man sich für diesen ungewöhnlichen Controller entschieden hat und wo die Vorzüge liegen. Die in jeder Präsentation sehr intuitiv wirkende Steuerung hinterließ dann auch einen sehr guten Eindruck, doch davon abgesehen blieb Wii hinter den Erwartungen zurück.

Der Grund dafür? Das erstaunlich – oder vielmehr: enttäuschend – dünne Spieleaufgebot, das Nintendo während seines Press Briefings zeigte. Abgesehen von ‚The Legend of Zelda: Twilight Princess‘, das zum Launch des Wii (aber auch weiterhin für GameCube) erscheinen soll, zeigte man nur ein paar kurze Ausschnitte des Jump’n’Runs ‚Super Mario Galaxy‘, des Ego-Shooters ‚Metroid Prime 3‘ sowie Videos von drei neuen Nintendo-Franchises. Im Gegensatz zu Sony war das Gezeigte zwar ohne Frage alles In-Game-Material, aber ein echter Eindruck war kaum möglich. ‚Excite Truck‘ etwa sah wie ein ganz gewöhnliches Rennspiel aus, bei dem die Fahrzeuge eben durch das Drehen des Controllers gelenkt werden, ‚Project H.A.M.M.E.R.‘ wie ein 08/15-Hack’n’Slay, das den Controller zum Schlagen der Gegner verwendet. Es war zwar schön zu sehen, dass Nintendo eben doch mehr kann als ‚Mario‘ und ‚Zelda‘, ein bisschen mehr hätte es aber schon sein dürfen.

Red Steel, mal wieder
Wie es um den Third-Party-Support bestellt ist, ließ Nintendo ebenfalls noch offen: Spielbares gab es nur von Ubisofts Shooter ‚Red Steel‘ zu sehen, das bereits vor einigen Wochen enthüllt worden war. Ein neues ‚Final Fantasy: Crystal Chronicles‘ befindet sich in Entwicklung, EA arbeitet an einer eigenen Wii-Version von ‚Madden 07‘, Activision bringt ‚Tony Hawk‘ – das wussten wir alles schon. Überraschungen blieben aus. Beruhigen konnte man aber die Spieler, die befürchteten, dass Wii-Spiele durch die Bank hässlich aussehen würden. ‚Super Mario Galaxy‘ wirkte erfreulich bunt und farbenfroh, ‚Red Steel‘ punktete mit schönen Lichteffekten, nur ‚Metroid Prime 3‘ sah für mich genauso aus wie der GameCube-Vorgänger.

Online? Geheim!
Erstaunlich wenig sprach Nintendo auch über die Virtual Console, über die NES-, SNES- und N64-Spiele zum Download angeboten werden sollen. Mehrmals betonte man (nicht nur in diesem Zusammenhang) die Konzentration auf den Massenmarkt, aber konkrete Beispiele blieben aus. Auch zum Launch und Preis des Wii wollte Nintendo noch keine genauen Angaben machen, im 4. Quartal 2006 könne man aber spielen, hieß es. Ob das auch für Europa gilt, bleibt abzuwarten.

Wer sich Hoffnungen darauf gemacht hatte, Nintendo habe noch mehr Geheimnisse rund um die Konsole für die E3 aufgehoben, sah sich getäuscht: Die einzige nennenswerte Enthüllung war, dass der Contoller einen eingebauten Lautsprecher enthält, mit dem etwa das Abschießen von Pfeilen akustisch verdeutlicht werden soll. Details zu den Onlineplänen behielt Nintendo hingegen für sich, es hieß lediglich, die Konsole solle 24 Stunden am Tag erreichbar sein – also auch, wenn sie eigentlich ausgeschaltet ist. So könnten zum Beispiel Freunde die eigene ‚Animal Crossing‘-Stadt auch dann besuchen, wenn man selbst gar nicht spielt. Klingt ziemlich unsinnig: Der GameCube blieb komplett offline, der Wii soll dafür nun rund um die Uhr online sein?

DS: Stark wie immer
Überraschend kurz beschäftigte sich Nintendo mit seinem DS: Der DS Lite solle bald in Nordamerika erscheinen, hieß es, aber einen konkreten Termin blieb man auch hier schuldig. Dafür konnte sich das Line-Up im Vergleich zum Wii doch sehr sehen lassen: ‚The Legend of Zelda: The Phantom Hourglass‘, ‚Yoshi’s Island 2‘, ‚Diddy Kong Racing‘, ein neues ‚Star Fox‘, ‚Final Fantasy III‘, ‚Mario vs. Donkey Kong 2‘, und, und, und. Insgesamt sollen in diesem Jahr noch über 100 Spiele für den DS auf den Markt kommen – eine starke Zahl.

Die interessanteste Demonstration kam zum Schluss: Der von uns geradezu verehrte Reggie, Shigeru Miyamoto, Satoru Iwata sowie ein „Fan“ spielten auf der Bühne Tennis, ein Teil des Spiels ‚Wii Sports‘, das zum Launch der Konsole erhältlich sein wird. Ob Aufschlag, Vorhand oder Rückhand: Sämtliche Schläge werden mit dem Wii-Controller nachgestellt, was sehr dynamisch und realitätsnah wirkt, aber auch entsprechend Platz benötigt und zweifellos anstrengt. Wie gut das in einem kleinen Wohnzimmer vor dem Fernseher funktioniert, muss sich noch herausstellen – ein spannender Versuch ist es jedoch allemal.

Das Fazit
So einfallsreich und innovativ der Wii-Controller und seine Einsatzmöglichkeiten auch sind, so gut das DS Line-Up auch in diesem Jahr war: Nintendo hat den ganz großen Schritt in die richtige Richtung, den ganz großen Schlag gegen Sony verpasst. Das lag seltsamerweise aber eben nicht an der vergleichsweise schwachen Hardware, sondern an den Spielen; das Gezeigte war einfach ein bisschen zu dünn, um wirklich vom Hocker reißen zu können. So könnte Microsoft als der große Gewinner der Press Briefings nach Hause gehen. Wer hätte das vor ein paar Tagen gedacht?

Fakten zur PS3: Sony startet wie erwartet

Als erster der drei Konsolenhersteller ließ sich Sony am Montag Nachmittag in Los Angeles von den anwesenden Journalisten feiern, stellte die PlayStation 3, mehrere Spiele sowie den natürlich vollkommen innovativen Controller vor. Und auch zum Preis der Konsole machte Sony Angaben.

Launch und Preis
Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Die PlayStation 3 wird am 17. November 2006 in Europa erscheinen – und zwar in zwei Varianten: Mit einer 20 Gigabyte großen Festplatte für 499 Euro und mit einer 60 Gigabyte großen Festplatte für 599 Euro. Der Launch in Nordamerika erfolgt zeitgleich mit Europa, Japan ist ein paar Tage eher dran. Damit kostet die PlayStation 3 zum Launch mindestens 200 Euro mehr als die Xbox 360 bei ihrem Launch im November letzten Jahres. Der Preis entspricht ungefähr den Erwartungen, wobei der Unterschied von 100 Euro allein mit 40 Gigabyte mehr Speicherplatz eigentlich kaum begründet sein kann. [Nachtrag: Die billigere Version wird laut Sony zudem kein integriertes WLAN sowie keinen HDMI-Ausgang haben.] Zu den Spielepreise äußerte sich Sony noch nicht; von einem 70-Euro-UVP kann aber fast ausgegangen werden.

Konkurrenz für Nintendo
Die zweite Erkenntnis: Nintendo ist mit seinem innovativen Controller nicht mehr allein. Auch Sonys neuer Controller wird einen Motionsensor enthalten, der anhand des Actionspiel ‚Warhawk‘ demonstriert wurde. Durch Kippen und Drehen des Gamepads soll in diesem Fall eine direktere Steuerung möglich sein. Des Weiteren bekommt der Controller zwei analoge Schulterbuttons spendiert, die vor allem in Rennspielen zum Gasgeben und Bremsen von Bedeutung sind. Das im Vorjahr präsentierte Redesign, das gerne als Bumerang beschrieben wurde, hat Sony übrigens wieder fallengelassen – der PlayStation-3-Controller sieht im Grunde genauso aus wie sein PS2-Pendant. (Aufgrund des Motionsensors wird der Controller jedoch nicht mehr vibrieren können.) Ein zweifellos geschickter Zug, um Nintendo ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen und die PlayStation-Fangemeinde nicht zu verschrecken.

Konkurrenz für Microsoft
Punkt drei auf Sonys Tagesordnung: Das Onlineangebot. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, ließ man durchblicken, dass die PlayStation 3 im Prinzip genau das gleiche bieten wird wie Microsofts Xbox 360 mit Xbox Live: Friendslisten, Chats, eine virtuelle Community – und, ja, auch die von uns verhassten Microtransactions wird es geben, um etwa neue Songs für das Karaokespiel ‚SingStar‘ herunterladen zu können. Angesichts des hohen Preises der Konsole und des wahrscheinlich ebenfalls hohen Preises der Spiele ein bisschen fragwürdig… aber Kunden werden sich sicher finden. Entertainment-Inhalte wie Filme wurden gleichermaßen angekündigt.
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Die Spiele…<br />
In Sachen Spiele sah es dann schon durchwachsener aus: Das im Vorjahr groß angekündigte ‚Killzone‘ für die PlayStation 3 ließ sich ebensowenig blicken wie ‚Devil May Cry 4‘, ‚Resident Evil 5‘ oder ‚Eyedentify‘. Während es sich bei Letzterem wohl wirklich nur um eine Tech-Demo gehandelt hat, will man sich ‚Devil May Cry 4‘ und ‚Resident Evil 5‘ wohl für die Tokyo Game Show im Spätsommer aufsparen. Ein bisschen schade, denn die stattdessen vorgestellten Titel machten nicht alle einen guten Eindruck: ‚Gran Turismo HD‘, das zeitnah zum Launch der PS3 auf den Markt kommen soll, sah nicht nur im Vergleich zu einem ‚Project Gotham Racing 3‘ eher schwach aus, während das hoch gehandelte ‚Heavenly Sword‘ optisch einen guten Eindruck machte, spielerisch aber nach einem reinen ‚God of War‘-Klon aussah.

Das mit Abstand unsinnigste Feature stellte Sony bei seinem neuen ‚Formel 1‘-Spiel vor: Verbindet man einen PSP mit der PlayStation 3, kann man sich auf dem Handheld einen Rückspiegel anzeigen lassen. Warum der nicht einfach auf dem PS3-Bild einblendbar ist und ob wirklich jemand mit einem PSP auf dem Schoß PS3 spielt und dabei ständig nach unten guckt, wird wohl Sonys Geheimnis bleiben. Ohnehin wirkten die meisten Spiele reichlich uninspiriert; als große Neuheiten wurden ein ‚Driver‘-ähnlicher Titel sowie ein „männliches ‚Tomb Raider’“ von Naughty Dog präsentiert. Was von dem gezeigten Material Gameplay und was vorberechnete Videos waren, lässt sich sowieso wieder nur mutmaßen: Einiges sah einfach zu gut aus, um echt zu sein, anderes ließe sich technisch machen, wirkte aber zu geskriptet, um das tatsächliche Gameplay widerspiegeln zu können.

Immerhin kann sich Sony naturgemäß über eine breite Unterstützung von Publishern und Entwicklern freuen: EA kündigte beispielsweise ‚Need for Speed: Carbon‘ an, anhand von ‚Tiger Woods‘ zeigte man erstaunlich gute Gesichtsanimationen und auch das erst vor wenigen Tagen angekündigte ‚Army of Two‘ wirkte in einem Video recht beachtlich.

PSP gab es auch noch
Zu Beginn der Pressekonferenz, fast schon als Randnotiz, ging Sony übrigens auch auf den PSP ein. Wie schon so oft in der Vergangenheit war das aber in Sachen Spiele eine Enttäuschung: Abgesehen von der Ankündigung einer ‚Greatest Hits‘-Reihe, in die nur Titel aufgenommen werden sollen, die mindestens 250.000 Exemplare verkauft haben, gab es nichts Nennenswertes zu berichten. Stattdessen deutete man die (später bei ‚Formel 1‘ gezeigte) Connectivity mit der PS3 an und verwies auf anstehende Firmware-Upgrades und Erweiterungen, die RSS-Feed, Kamera und GPS mit sich bringen sollen. Von einer neuen PSP-Version, über die vor einigen Wochen spekuliert worden war, war jedoch nichts zu sehen.

Ein erstes Fazit
Alles in Allem entsprach Sonys Pressekonferenz den Erwartungen: Die PlayStation 3 stand im Mittelpunkt des Geschehens, allerdings nicht so sehr wegen ihrer Spiele, sondern vor allem wegen ihrer Technik. Dass die Onlinefähigkeiten nur knapp angerissen wurden, überraschte ein wenig, aber vielleicht stimmen ja die Behauptungen, dass Sony selbst noch gar nicht so genau weiß, was man damit eigentlich erreichen will. Dass die Mehrheit der Spiele nicht zu beeindrucken verstand, ist bedauerlich, aber keine echte Überraschung – und dass der hohe Preis schon jetzt bestätigt wurde, zeugt von Sonys Selbstbewusstsein. Um das Gezeigte in seinem vollen Umfang einschätzen zu können, müssen wir uns ohnehin gedulden, bis Microsoft und Nintendo ihr Pulver verschossen haben. Wir halten euch auf dem Laufenden.

John Cooper kehrt zurück.

Wenn man mich fragen würde, was denn für mich der beste Echtzeit-Taktiktitel sei, dann wäre ohne langes Zögern ‚Desperados‘ die Antwort. Das ist nämlich nicht nur ein Bier-Mix-Getränk und eine Dortmunder Ultra-Vereinigung, sondern auch ein im Jahre 2001 erschienenes PC-Spiel von Spellbound, welches das aus ‚Commandos‘ bekannte Gameplay verfeinerte und in den Wilden Westen übertrug. Mit ‚Robin Hood‘ und ‚Chicago 1930‘ versuchte Spellbound in den folgenden Jahren an den Erfolg des Original anzuknüpfen, was aber nicht so recht gelang – weshalb jetzt ‚Desperados 2‘ in den Läden steht.

Coopers Rückkehr
Das Spielprinzip des Vorgängers ist dabei im Wesentlichen erhalten geblieben: Ihr steuert bis zu sechs Charaktere durch recht weitläufige Umgebungen wie etwa eine Stadt, eine Festung oder einen Canyon. Es gilt, verschiedene Missionen zu erfüllen; beispielsweise einen Gefangenen zu befreien oder auch einen bestimmten Gegner aus dem Verkehr zu ziehen. Klingt simpel, ist es aber nicht. Denn zum einen wimmelt es in den Levels nur so von schießwütigen Widersachern, zum anderen segnet ein Charakter schon nach zwei, drei Treffern das Zeitliche – und dann ist die ganze Mission gelaufen, da jeder am Ende überleben muss.

Also ist bedachtes, taktisches Vorgehen gefragt und da kommt es euch zu Gute, dass jede der sechs Figuren über besondere Fähigkeiten verfügt. Hauptcharakter John Cooper ist ein Revolverheld wie er im Buche steht, Kate O’Hara, das einzige weibliche Mitglied der Gruppe, kann Männer mit einem kleinen Flirt ablenken und betäuben, der Doc wirft „Schlafbomben“, Sanchez stellt Fallen und so weiter und so fort. Mit dem Indianer Hawkeye gibt es sogar einen ganz neuen Charakter, was an der guten Balance der Figuren untereinander aber nichts ändert: Alle Spezialfähigkeiten werden irgendwann mal gebraucht und ohne Nachdenken vor dem Handeln geht taktisch schon mal gar nichts.

Wer sucht, der findet
Auch die verschiedenen Umgebungen sind Spellbound sehr schön gelungen. ‚Desperados 2‘ vermittelt echtes Western-Feeling und der faire Levelaufbau zwingt bzw. verleitet euch nur ganz, ganz selten zu offenen, unkontrollierten Schusswechseln. Mit ein wenig Geduld findet sich für fast jeden Gegner ein Weg, ihn zu umgehen oder lautlos und unauffällig zu beseitigen. Leider orientiert sich die künstliche Intelligenz allerdings ein bisschen zu sehr an albernen Western-Filmen. So kann es schonmal vorkommen, dass euch ein Gegner nach dem anderen vor die Flinte läuft, weil sie die Bedrohung stellenweise selbst dann nicht wahrnehmen, wenn bereits ein halbes dutzend Kollegen an dieser Stelle ausgeschaltet wurden. Wozu also noch ruhig und bedacht agieren, wenn es gar nicht nötig ist?

Oh weh, 3D
Das größte Problem von ‚Desperedos 2‘ ist jedoch ein anderes: Die 3D-Grafik und die damit verbundenen „Innovationen“. In der aus dem Vorgänger bekannten isometrischen Ansicht, schlagt ihr euch lange mit der problematischen Kamera herum, was das Spielen mitunter zur Qual macht, weil ihr Gegner überseht oder die Kamera nicht schnell genug in den richtigen Winkel drehen könnt, um den Überblick zu behalten.

Noch schlimmer ist, dass es als Alternative zur isometrischen Ansicht nun eine Schulterperspektive gibt, welche euch die Charaktere wie in einem Stealth-Shooter steuern lässt – nur erreicht ‚Desperados 2‘ mit diesem „Bonus-Feature“ logischerweise nicht die Qualität eines ‚Splinter Cell‘, es macht das Spiel damit sogar eher kaputt. Denn im Prinzip könnt ihr häufig mit einem einzigen Helden durch das Level rennen, einen Gegner nach dem anderen auf’s Kreuz legen und dann die anderen nachholen. Taktisches Vorgehen? Zeitverschwendung! Jetzt könnte man natürlich sagen, man müsse die Schulterperspektive ja nicht benutzen, wenn man das nicht wolle. Völlig richtig. Aber mal ehrlich: Wenn es die Möglichkeit gibt, dann verwendet man sie auch. Und wenn es nur dazu ist, um an einer einzigen schwierigen Stelle vorbeizukommen.

Zu viele Schwächen
Ich könnte noch viel mehr Negatives über ‚Desperados 2‘ schreiben; dass das Budget offenbar nicht für echte Zwischensequenzen sondern nur für miese Standbilder ausgereicht hat, dass vor allem das Sichtkegel-System inkonsequent und veraltet ist, dass es einige Bugs hat… Aber das würde dem Spiel nicht gerecht werden, dann es hat auch die bereits erwähnten guten Seiten. Die Sache ist einfach, dass Spellbound im Grunde nur eine große Neuerung für ‚Desperados 2‘ entwickelt hat: 3D-Grafik. Und genau die funktioniert eben nicht so, wie man es sich vielleicht vorgestellt und gewünscht hat. Kann das Spiel dennoch Spaß machen? Ja, zweifellos: Wenn man auf die Schulterperspektive verzichtet, sich an die Kamera gewöhnen und über eine schwache KI hinwegsehen kann, dann ist ‚Desperados 2‘ nicht so viel schlechter als sein Vorgänger. Aber eine Enttäuschung ist es allemal.

Wie alt ist dein Gehirn?

Denksportaufgaben, mathematische Rätsel und IQ-Tests haben schon immer eine seltsame Faszination auf mich ausgeübt, obwohl Mathematik an sich früher nie zu meinen Lieblingsfächern zählte – sofern es überhaupt so etwas wie Lieblingsfächer gab. Jedenfalls konnte ich es mir daher nicht verkneifen, ‚Brain Age‘ für den Nintendo DS gleich zum US-Release zu bestellen, das mit dem Untertitel ‚How old is your brain?‘ verspricht, die geistigen Fähigkeiten des Spielers auf die Probe zu stellen und bei Bedarf zu trainieren. Ob das funktioniert?

Heute mal seitlich
Entwickelt wurde ‚Brain Age‘ auf Basis eines Buches des japanischen Wissenschaftlers Dr. Kawashima (fragt mich nicht nach seinem Vornamen), der sich dann tatsächlich auch im Spiel wiederfindet, euch in die Geheimnisse des Gehirns einweiht und Tipps gibt, wie ihr an die Aufgaben herangehen solltet. Dass ‚Brain Age‘ kein gewöhnliches DS-Spiel ist, fällt schon im Menü auf: Das ist nämlich um 90 Grad gedreht, so dass ihr den DS seitlich halten müsst, um etwas lesen zu können. Klingt ungewohnt, stellt sich aber als äußerst sinnvoll heraus, da ihr beide Bildschirme jederzeit im Blickfeld habt und die Steuerung ohnehin vollständig per Touchstick erfolgt.

‚Brain Age‘ besteht im Grunde aus zwei Teilen: Zum einen den Trainingsübungen, die man am besten täglich wiederholen sollte, um das im Zweifelsfall durchaus angestaubte Gehirn zu reaktivieren, zum anderen aus einem maximal einmal pro Tag zu absolvierendem Test, der das Alter eures Gehirns anhand von mehreren Aufgaben misst. Dabei beantwortet ihr simple Matheaufgaben, ordnet Zahlen nach ihrer Größe, zählt die Zahlen einer Farbe oder die Silben eines Satzes – und das alles natürlich auf Geschwindigkeit.

Black. Black! Black? BLACK!!!
Damit es zu keinen Verzögerungen bei der Messung eurer Werte kommt, schreibt ihr die Antworten einfach auf den Touchscreen. Das funktioniert mit ein wenig Übung problemlos. Gleiches gilt leider nicht für die Spracherkennung, die bei einigen Aufgaben ebenfalls zum Einsatz kommt.

Zum Glück lassen sich diese aber deaktivieren. Als Bonus für die US- und EU-Version von ‚Brain Age‘ hat Nintendo übrigens ein paar dutzend Aufgaben der mittlerweile sehr beliebten ‚Sudokus‘ eingebaut, die allerdings nicht direkt in das Training integriert wurden, sondern eher eine nette Beilage am Rand sind.

Die Herausforderung an ‚Brain Age‘ besteht natürlich darin, eines Tages das bestmögliche Gehirnalter von 20 Jahren zu erreichen. Anhand von Graphen könnt ihr eure Entwicklung über die Zeit hinweg verfolgen und euch ein Bild davon machen, welche Fortschritte ihr gemacht habt. Damit können wir auch die Frage beantworten, ob ‚Brain Age‘ überhaupt ein Spiel ist, damit wir nicht wieder in zig Review lesen müssen, wie schwierig es doch sei, ‚Brain Age‘ zu bewerten. Natürlich ist es ein Spiel. Es gibt ein Ziel, es gibt einen ansteigenden Schwierigkeitsgrad und es gibt sogar High-Score-Listen, über die ihr eure Resultate mit anderen Spielern vergleichen könnt. Nur weil die Aufgaben hier nicht Quests oder Missionen heißen und die Aufgabenstellung nicht das Töten von Gegnern enthält, ist ‚Brain Age‘ kein ‚Non-Game‘.

Wie alt ist dein Gehirn?
Überraschenderweise scheint ‚Brain Age‘ auch Menschen zu begeistern, die sich für gewöhnlich nicht für mathematische Rätsel erwärmen können. Das belegen zumindest meine selbstverständlich höchst empirischen Studien. Und auch ich hatte bislang meinen Spaß, auch wenn nach knapp einer Woche alle Aufgaben gesehen sind und die Zielgruppe wohl 40 Jahre oder noch älter ist. Das Gehirnalter von 20 Jahren hatte ich nämlich schon am zweiten Tag erreicht – nachdem ich dank der miesen Spracherkennung bei erfreulichen 77 Jahren eingestiegen war. Wer in meinem Alter und geistig auch nur halbwegs fit ist, sollte ‚Brain Age‘ daher nicht alleine spielen: Mich bewegt zum Weitermachen vor allem das Bestreben, Frau Maertens zu demütigen und aus allen High-Score-Listen zu werfen.

Zum Budget-Preis, zu dem ‚Brain Age‘ zumindest in Nordamerika und Japan veröffentlicht wurde, ist das Spiel daher sein Geld voll und ganz wert. Vor allem ist ‚Brain Age‘ zur Abwechslung mal ein Titel, den die ganze Familie verstehen und spielen kann. Und wer weiß, vielleicht können wir eines Tages ja doch noch behaupten, dass Videospiele gar nicht so dumm machen, wie gerne behauptet wird.

Das neue Spiel von Steve Ince

Als wir uns vor rund einem halben Jahr mit Steve Ince unterhalten haben, liefen die Arbeiten an ‚Mr. Smoozles Goes Nutso‘ gerade auf Hochtouren. Jetzt nähert sich das Spiel seiner Fertigstellung und wir hatten die Möglichkeit, einen näheren Blick auf den interessanten Mix aus Arcadespiel und Adventure zu werfen.

Ein Kater läuft Amok
‚Mr. Smoozles Goes Nutso‘ basiert auf den Comics von Steve Ince, die er in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen auf seiner Website veröffentlicht. Ähnlich wie beispielsweise bei Penny-Arcade geht es vor allem um Spiele – nur sind die Charaktere bei Steve keine typischen Nerds, sondern Tiere, was den Comics eine etwas andere Note verleiht. Eines dieser Tiere ist der Kater Ed und dem wird in ‚Mr. Smoozles Goes Nutso‘ übel mitgespielt: Die fiesen Garagonen greifen die friedliche Welt an, sperren Eds Freunde ein und verwandeln den eigentlich harmlosen Mr. Smoozles in eine Killermaschine. Und da sag‘ noch einer, Spiele machen nicht aggressiv…

Ein Adventure von oben
Wie aber spielt sich eigentlich ein Arcade-Adventure? Nun, Steves erste Idee war es wohl, eine Art ‚Pacman‘-Klon zu entwickeln, wie er in unserem Interview auch eingestand. Doch dann kamen immer neue Ideen hinzu, so dass sich die aktuelle Version des Spiels tatsächlich so anfühlt wie ein Adventure: Ihr sammelt Gegenstände auf, holt euch in Gesprächen Tipps, müsst verschlossene Türen öffnen, anderen Charakteren Dienste erweisen und so weiter und so fort. Abgesehen davon, dass ihr ‚Mr. Smoozles Goes Nutso‘ direkt mit der Tastatur steuert und statt der Adventure-üblichen Seitenansicht eine klassische Draufsicht verwendet wird, sind die Unterschiede gering. Der Arcadeanteil beschränkt sich darauf, den Schüssen des durchgedrehten Mr. Smoozles auszuweichen und vereinzelt simple Geschicklichkeitspassagen zu bewältigen – etwa, indem ihr sich bewegende Minen umgehen müsst.

Die Entwicklung der Idee von ‚Pacman‘ zu einem Arcade-Adventure ist im Spiel klar erkenntlich: Während ihr in den ersten zwei, drei Räumen tatsächlich vor allem vor Mr. Smoozles flieht und dabei Diamanten als eine Art Währung aufsammelt, wird die Welt danach mit einem Mal erstaunlich groß und die Arcade-Elemente treten in den Hintergrund. Zahlreiche Schauplätze und Räume stehen euch offen, wollen untersucht und erkundet werden. Wenn es nicht vorangeht, bittet ihr eure eingesperrten Kameraden um Hilfe. Sowohl der Schwierigkeitsgrad der Rätsel als auch der Arcadeelemente lässt sich übrigens festlegen, damit auch die trägen Adventurespieler nicht verzweifeln.

Das ist nicht Baphomets Fluch!
‚Mr. Smoozles Goes Nutso‘ lebt nicht zuletzt von seinem Humor und den wirklich großartig geschriebenen Dialogen. Eine Szene, die wahrscheinlich jedem Adventure-Fan ein Lächeln auf die Lippen zaubern wird, findet in einem Raum mit Kisten statt. Ed schaut sich die Kisten an und kann dem spieletypischen Drang nicht widerstehen, sie herumschubsen zu wollen. Doch ein anderer Charakter widerspricht: „Das ist doch hier nicht Baphomets Fluch“ – ein wundervoller Seitenhieb auf die nervtötenden Kistenrätsel des letzten Teils, an dem Steve damals übrigens selbst noch bei Revolution mitgearbeitet hat.

Obwohl unsere Preview-Version technisch bereits einen guten Eindruck machte, sind bis zum Release noch ein paar Details zu verbessern: Die Geschwindigkeit, mit der Ed die bisweilen recht weiten Wege geht, ist ermüdend, die Kollisionsabfrage bei den Arcadeelementen nicht perfekt. Davon abgesehen hat mir ‚Mr. Smoozles Goes Nutso‘ wirklich Spaß gemacht, auch wenn man natürlich merkt, dass kein großes Entwicklerteam dahintersteckt. Für das Casual-Segment, über das wir vor kurzem erst geschrieben haben, könnte es dank des überdurchschnittlichen Anspruchs aber eine echte Bereicherung werden.

Schwierigkeitsgrade: Flexibel wie Beton.

Der dritte Level kostet mich Nerven. Mindestens zwanzig Minuten springe ich schon von Vorsprung zu Vorsprung, hangele mich zitternd an Klippen entlang, räume einen Gegner nach dem anderen aus dem Weg. Und dann das: Die Lebensenergieanzeige beginnt, bedrohlich rot zu blinken, weil ich eine Falle im Boden übersehen habe. Mein Held schleppt sich nur noch mit schweren Schritten voran. Der Ausgang ist nicht mehr fern, doch plötzlich stellt sich mir ein weiterer Feind in den Weg und landet den entscheidenden Treffer. Game over, ich muss von vorne beginnen. Frustriert werfe ich das Gamepad auf den Tisch und schalte die Konsole erst einmal aus. So schnell werde ich das nicht wieder versuchen.

Kein Herz für Anfänger
Situationen wie diese sind keine Ausnahme mehr: Immer häufiger verzweifle ich schon an den ersten Missionen, sterbe zig Tode, wiederhole etliche Passagen ein dutzend Mal. Und dabei halte ich mich mit meinen rund siebzehn Jahren Erfahrung eigentlich für keinen besonders schlechten Spieler. Wie muss es da erst einem Neuling gehen, der noch nicht so geübt, mit den gängigen Spielmechaniken noch nicht so vertraut ist? Denn selbst auf „Easy“, sofern diese Option überhaupt angeboten wird, arten viele Spiele heutzutage in Arbeit aus. Das mag früher nicht ganz anders gewesen sein, aber da war der typische Spieler auch ein anderer; Gelegenheitsspieler gab es kaum. Inzwischen aber versuchen viele Unternehmen gerade diese Gruppe zu erreichen – wäre es da nicht an der Zeit, dem Spieler mehr entgegegen zu kommen?

Flexibel wie Beton
So wenig die Spiele von heute mit den Klassikern von gestern gemein haben, so sehr ähnelt sich die Gestaltung des Schwierigkeitsgrads: Bei Actionspielen lässt sich die Treffsicherheit und Konstitution der Gegner normalerweise in drei bis fünf Stufen variieren, bei Sporttiteln das Geschick der Kontrahenten rauf- und runterschrauben, im Strategiegenre die Aggressivität des feindlichen Befehlshabers verändern. Um das etwaige Versagen des Spielers aufzufangen, gibt es Lebensenergie, Bonus-Leben und entweder Speicherpunkte oder die Möglichkeit des freien Speicherns. Alles keine besonders durchdachten Lösungen: Ständiges Speichern und Laden zerstört den Spielfluss, das manuelle Senken des Schwierigkeitsgrads kommt einer Demütigung gleich. Noch schlimmer sieht es aber bei Adventures aus: Wer da an einem Rätsel hängenbleibt, kann in der Regel nur auf eine Komplettlösung zurückgreifen, wenn er das Spiel nicht vorzeitig in den Schrank stellen oder bei eBay versteigern will. Das ist doch absurd.

Das Ganze gleich nochmal…
Die geringe Einflussnahme des Spielers auf den Schwierigkeitsgrad ist ein Problem, welches den Entwicklern vielmals aber nicht ganz ungelegen kommt: „Künstliche Spielzeitverlängerung“ wird das in Tests meistens genannt, wenn freies Speichern nicht möglich ist und Speicherpunkte geizig verteilt wurden. Indiana Jones und die Legende der Kaisergruft war so ein Fall: Die Arbeit einer halben Stunde konnte in Sekundenschnell bei dem kleinsten Fehler verlorengehen. Aber nicht nur dann, sondern auch wenn dem Spieler irgendwann im Laufe eines Levels die Lust oder Zeit ausging und er es vorzeitig beenden musste. Auf der anderen Seite stehen Beispiele wie Far Cry, bei dem Entwickler Crytek zu Beginn bewusst auf die Shooter-typische Quicksave-Funktion verzichtete, um die Spannung zu erhöhen und vorsichtiges Vorgehen zu fördern. Der Aufschrei der Spieler war so groß, dass schnell ein Patch nachgeschoben wurde, der Quicksave mit sich brachte.

Alternativen
Welche Möglichkeiten gäbe es also, den Schwierigkeitsgrad flexibler zu gestalten? Nun, das ist natürlich vom Genre abhängig. Bei Adventures etwa ist der vom Spieler gesteuerte Hauptcharakter doch sehr selten auf sich allein gestellt. Warum ist es dann nicht möglich, bei einem schwierigen Rätsel einen Begleiter persönlich oder etwa per Handy um Hilfe zu bitten? Oder zusätzliche Hinweise auf die Lösung einzubauen, welche den Spieler vielleicht den ein oder anderen Umweg kosten, ihm dafür aber letztendlich das Gefühl geben, es selbst geschafft zu haben? Verzweifelt man bei einem Action-Adventure oder Jump’n’Run immer wieder an ein und derselben Stelle, warum merkt das Programm das nicht und bietet für diesen Punkt seine Hilfe an? Ist es nicht auch möglich, festzustellen, wie „geschickt“ sich ein Spieler bewegt und unter Umständen zum Beispiel bei knappen Sprüngen ein Auge zuzudrücken, wenn er einen Fehler macht?

Wäre es bei einem Ego-Shooter nicht viel schöner, wenn sich die Gegner auf den Spieler einstellen würden und unterschiedlich agieren könnten? Wenn es nicht mehr „Easy“, „Normal“ und „Hard“ gäbe, sondern „wenig fordernd“, „fordernd“ sowie „sehr fordernd“ und der Grad der Herausforderung von dem Spieler abhinge? Ja, das wäre toll – und es würde Spiele so viel mehr voranbringen als sterbenslangweilige Physik-Effekte oder die x-te Pixel-Shader-Version.

Über den Schöpfer von Psychonauts

Nun, Tim Schafer galt bei vielen Adventure-Fans als Genie: Nach seiner Mitarbeit an The Secret of Monkey Island und Indiana Jones and the Fate of Atlantis hatte er mit Day of the Tentacle und Full Throttle zwei großartige Spiele hervorgebracht, bis ihm 1998 mit Grim Fandango sein Meisterwerk gelang. Doch dann tauchte Schafer plötzlich ab: Wie Monkey Island-Schöpfer Ron Gilbert, der mit dem Ende der goldenen Adventure-Ära in ein tiefes Loch fiel, ließ sich auch Tim Schafer zunächst einmal Zeit. Im Juli 2000 gründete er mit Double Fine Productions zwar seine eigene Spieleschmiede, doch ein erstes Resultat, ‚Psychonauts‘, sollte erst gut fünf Jahre später das Licht der Welt erblicken.

Holprige Entwicklung
Die Entwicklung von Psychonauts war mit zahlreichen Problemen beladen: Einst von Microsoft als Vorzeigetitel für die Xbox präsentiert, stieß das Unternehmen das Projekt mitten in der Entwicklung urplötzlich ab. Über die Gründe wurde viel spekuliert; es hieß, Microsoft sei mit der Qualität unzufrieden, habe etwas anderes erwartet und ohnehin sei Double Fine viel zu langsam vorangekommen, als dass Psychonauts der Xbox noch großartig hätte helfen können. Es rumorte, schon wurde das Ende von Double Fine beschrien, bevor die Geschichte überhaupt richtig angefangen hatte. Doch glücklicherweise fand sich mit Majesco doch noch ein mutiger Publisher und Geldgeber, so dass Psychonauts im vergangenen Jahr dann endlich erscheinen konnte.

Ein großer Erfolg – aber warum?
Überraschenderweise schlug es ein wie eine Bombe – nur ohne die zerstörerische Wirkung natürlich. Mehrfach als Spiel des Jahres ausgezeichnet und mit höchsten Wertungen bedacht, avancierte Psychonauts zu einem echten Hit, zumindest solange man die Verkaufszahlen nicht zu genau betrachtet. Was aber war nun so besonders, so außergewöhnlich an Psychonauts? Nun, von der Spielmechanik her auf den ersten Blick nicht viel: Vor allem zu Beginn ist Psychonauts ein klassisches Action-Adventure. Held Raz bahnt sich laufend und springend seinen Weg durch unwegsame Welten, kämpft gegen garstige Monster und sammelt verschiedenste Gegenstände auf, um Belohnungen freizuschalten oder seine Fähigkeiten zu verbessern.

Ideen für mindestens drei Spiele
Dieser – zugegeben – verhaltene Beginn könnte einer der Gründe sein, warum Psychonauts nicht die große Spielerzahl erreicht hat, die es eigentlich verdient hätte. Denn nach den ersten ein, zwei eher mittelmäßigen Spielstunden geht es auf einmal richtig zur Sache und Tim Schafers einstige Genialität blitzt wieder auf: Von Level zu Level heller und stärker. Held Raz, der als so genannte Psychonaut in die Köpfe der Menschen eindringen kann, ist plötzlich keine gewöhnliche Jump’n’Run-Figur mehr, sondern kämpft wie in alten Rundenstrategiespielen, läuft durch Welten, die kein oben und unten kennen, spielt Godzilla und, und, und. Andere Entwickler hätten aus all diesen Ideen vielleicht wirklich mehrere Spiele gemacht.

Die kleinen Dinge
Doch Psychonauts ist mehr als eine Ansammlung verschiedener Spielideen und -stile: Tim Schafers eigenwilliger Humor und die hochgradige Liebe zum Detail bei der Gestaltung der Charaktere machen mindestens ebenso viel Spaß wie das abwechslungsreiche Gameplay. Sogar Adventure-Fans, die Reaktionsschnelligkeit und Geschick erfordernden Spielen in der Regel sehr skeptisch gegenüberstehen, hatten ihre Freude an Tim Schafers neuestem Werk – und das will schon etwas heißen.

Inzwischen ist Psychonauts dank THQ auch in Deutschland für PC, PlayStation 2 und Xbox erhältlich, so dass es keinen Grund mehr gibt, „the excellent game Psychonauts“, wie Tim Schafer immer so schön schreibt, nicht zu spielen. Wir haben versucht, in einem Interview noch ein bisschen mehr aus dem genialen Schöpfer herauszukitzeln: Wie er selbst die Verkaufszahlen von Psychonauts sieht, wie der europäische Launch verlaufen ist und welche Hoffnungen er für die Zukunft hegt. Seine Antworten können unserem Interview entnommen werden.

Über den Sinn und Unsinn von Prozenten.

Zahlen sind Schall und Rauch, möchte man meinen. Und doch wird über nichts mehr diskutiert. Ob es die Fußballergebnisse vom letzten Wochenende sind, die gestrigen Fernsehquoten oder die aktuellen Preise – Zahlen stellen Gesprächsstoff dar. Auch bei Spielen lässt sich fast alles in Zahlen messen und festhalten. Wie oft wurde ein Titel verkauft, wie alt sind die Spieler im Schnitt, wieviel haben sie dafür bezahlt, wie schnell ist ihr PC? Nur eines kann man nicht mit Zahlen erfassen: Den Spielspaß. Doch ausgerechnet der stellt das Thema Nummer eins dar, wenn Spieler über Zahlen reden.

Der Kampf um die Prozente
Verschiedenste Wertungssystem haben sich schon daran versucht, Spielspaß allgemein und für jeden Spieler gültig in Zahlen zu verpacken. Angefangen hat es mit dem noch heute populärsten Prozentsystem, das theoretisch 101 Abstufungen zulässt, um die Einschätzung eines Spiels wiederzugeben. In der Praxis werden davon aber nur rund 20 Prozent auch tatsächlich genutzt; nämlich der Bereich zwischen 70 und 90 Prozent. Alles was darunter ist, wird gegenwärtig gemeinhin als Schrott bezeichnet, alles was sich darüber befindet, verdient die Umschreibung „Ausnahmetitel“.

Müssen in einen Bereich von 20 Prozentpunkten monatlich im Schnitt plattformübergreifend um die 20 Spiele gequetscht werden, verwundert es nicht, dass es zu Ungereimtheiten kommt: „Warum hat Spiel X zwei Punkte mehr bekommen als Spiel Y?“, das ist die Frage, welche sich ein Redakteur wahrscheinlich am häufigsten anhören muss. In den meisten Fällen kann der sie aber selbst nicht beantworten – weil er Spiel Y unter Umständen gar nicht gespielt hat oder seit dem Release ein Jahr vergangen ist und er sich schlicht nicht mehr genau daran erinnert. Und, wenn Spiel Y tatsächlich schon ein paar Monate auf dem Buckel hat, ist es überhaupt noch zeitgemäß? Altert der Spielspaß mit?

91 weniger
Einfacher machen es sich einige Magazin vor allem in Großbritannien, die nicht 101 sondern nur 10 Abstufungen vornehmen – und vielmals dennoch über ein breiteres Wertungsspektrum verfügen als die meisten „Prozent-Magazine“. Denn bei Edge, EuroGamer & Co. steht eine 5 wirklich für ein durchschnittliches Spiel, während in Deutschland irgendetwas zwischen 75 und 80 als Durchschnitt gilt. Verantwortlich dafür sind aber nicht etwa nur die Redakteure der Spielemagazine sondern gleichermaßen ihre Leser: Die wollen auf den ersten Blick sehen, wie gut ein Titel gegenüber der Konkurrenz abschneidet und ob ihr geliebtes Hypespiel die Erwartungen auch tatsächlich erfüllt.

Die Faulheit ist ein ganz wesentlicher Punkt, warum das uralte Prozentsystem noch immer das Maß der Dinge darstellt: Man stelle sich nur vor, die PC Games würde ihre Wertungssystem umstellen und ‚Star Wars: Empire at War‘ sowie ‚Die Schlacht um Mittelerde 2‘ würden beide eine 8 bekommen. Da müsste man ja den Text lesen, um zu wissen, welches Spiel nun welche Vorzüge hat!

100 Gramm Spielspaß bitte!
Wie weit sich die Magazine von ihren Lesern treiben lassen (müssen), hat die GameStar eindrucksvoll bewiesen: Da werden die Spiele seit einer Weile fein säuberlich in kleine Häppchen zerstückelt, jedes wird einzeln gewogen und dann bewertet. Nachher baut man das Ganze wieder zusammen und, tada, schon hat man die Endwertung. Dass sich mit so einem System der Spielspaß nicht im Geringsten wiedergeben lässt, scheint egal zu sein. Denn letztendlich leiden darunter vor allem die Spiele, die technisch nicht auf der Höhe der Zeit sind oder etwas Neues ausprobieren – und somit sowieso nur einen Bruchteil der Leser interessieren.

Kein Platz für Ausnahmen
Man stelle sich mal vor, ein ganz einfach spaßiges Spiel wie ‚Katamari Damacy‘ würde von der GameStar auseinandergenommen. Grafik? Wenige Details, schlechte Texturen, macht 2 Punkte. Sound? Zu japanisch, wenig Abwechslung, macht 3 Punkte. Story? Zu japanisch, schlecht präsentiert, 2 Punkte. KI? Nicht vorhanden, 0 Punkte. Das Spiel würde wahrscheinlich auf keine 50 Prozent kommen. Und doch macht es vielen mehr Spaß als so mancher vermeindlich „sehr guter“ Titel.

Nur ein Beispiel von vielen, die zeigen, wie unsinnig nicht nur die Wertungssysteme sondern auch die Wertungen an sich sind. Für wen nämlich gilt eine Wertung überhaupt? Um bei dem Beispiel der beiden Echtzeit-Strategiespiele zu bleiben: Mag ‚Die Schlacht um Mittelerde 2‘ auch jemand, der mit Fantasy im Allgemeinen und ‚Der Herr der Ringe‘ im Speziellen überhaupt nichts anfangen kann? Begeistert ‚Star Wars: Empire at War‘ auch einen Strategiespieler, der eigentlich ‚Star Trek‘-Fan ist? Gelten die 90 Prozent von ‚Half-Life 2‘ auch für Adventureliebhaber? Und wenn nicht, warum bekommt ein ‚Still Life‘ dann nicht auch 90 Prozent, wenn es für viele Rätselfreunde doch das beste Adventure des Jahres ist? Objektive und allgemeingültige Wertungen kann und wird es nie geben.

Realität gegen Erwartungshaltung
Magazine verteilen daher die Wertungen, welche die Leser von ihnen erwarten. Man erinnere sich an das Beispiel ‚Black & White‘, dem die GameStar mutigerweise nach einem monatelangem Hype, in dem sie das Spiel in jedem Preview mit Vorschusslorbeeren bedachte, auf einmal nur 84 Prozent gab. Die Leser fühlten sich betrogen, die Welle der Entrüstung war unvergleichbar. Dass ‚Black & White‘ letztendlich tatsächlich nicht das überragende Spiel war, das sich alle erhofft hatten, spielte dabei keine Rolle: Die GameStar hatte ihren Lesern ein Topspiel versprochen, also hätten sie es auch bekommen sollen.

Dass man seine Glaubwürdigkeit auch andersrum verspielen kann, musste unter anderem die GamePro im Falle des Actionrennspiels ‚DRIV3R‘ erfahren. Während der Titel aufgrund seiner vielen Schwächen in den USA zu recht mit niedrigen Wertungen abgestraft wurde, hielt die GamePro an ihrem Kurs aus den Preview fest und gab brav eine Wertung im 80er-Bereich. Die Leser waren zufrieden – bis sie ‚DRIV3R‘ dann schließlich selbst in den Händen hielten und häufig kein gutes Haar an dem Spiel ließen. Gleichzeitig stellte man die Seriösität der Zeitschrift in Frage, zumal in Großbritannien ein Gerücht über eine von Atari gekaufte Wertung die Runde machte.

Sowohl im Falle der GameStar als auch in dem der GamePro waren also lustigerweise jene Artikel an der Verärgerung der Kunden Schuld, in denen eben keine echte Wertung abgegeben wurde. Muss man seine Einschätzung also möglicherweise revidieren? Lesen die Spieler vielleicht doch ganze Artikel und schielen nicht nur auf Wertung sowie Pro & Contra-Kasten? Und sollten die großen Magazine mit ihrer Macht auf den Markt nicht viel vorsichtiger umgehen? Nun, das ist ein anderes Thema.

Erste Versuche
Fest steht hingegen, dass Spielspaß immer subjektiv ist. Die PC Powerplay hat das als einziges mir bekanntes Test-Magazin in Deutschland erkannt und lässt jeden Redakteur eine eigene Wertung für ein Spiel abgeben – nur um daraus dann am Ende doch wieder einen Durchschnitt als Gesamtwertung zu bilden und die eigentlich sehr gute Idee ad absurdum zu führen. Schlussendlich ist die Frage, wohin die Presselandschaft will: Wollen Spiele irgendwann eine ähnliche Bedeutung wie Filme oder Bücher erreichen? Dann sollte schleunigst ein Umdenken stattfinden, weg von vermeindlich objektiven Tests hin zu offen subjektiven Rezensionen. Wenn nicht, dann kann man natürlich so weitermachen wie in den letzten 20 Jahren.

Bone and CSI

With an episode of ‚Bone‘ already released and ‚CSI: 3 Dimensions of Murder‘ as well as a new ‚Sam & Max‘ in the pipeline, Telltale Games looks like a company which could really take adventure gaming one step forward. We talked to the team about its work, how the first episode of ‚Bone‘ was received and their current projects.

Let’s start with a few questions regarding Bone: A few months have passed since the release of the first episode and the reviews range from great to disappointing. How satisfied are you yourself? What was good about the first episode of Bone and what was bad?

In general Telltale, will always make games that people either love or hate. I think that is the result of innovating and trying new things. There is nothing safe or garaunteed about releasing a game like Bone in the current gaming environment. That said, we know that we can improve on Out From Boneville. It is our very first episodic title, and the beginning of an evolving process. The Great Cow Race will allow us to quickly build on the experience from the first episode, and that is part of the master plan. I am very proud of Bone Out From Boneville because it succeeded and pushed the envelope in a few ways including character acting, interactive story telling, and accessibility to a broader market.

Right after the release of Bone, there were many discussions about the game’s length and its price. Don’t you think that 20 $ is a bit too much for a game that can be completed in about two hours by an experienced player?

If you look at the online space, $20 is the norm for games that have much lower production values. Obviously there is an optimal balance between production values, length of experience and price and that is something that varies by gaming segment. Our goal is to hit the right mix with these key factors. If you think about it, there has been a general complaint about the declining quality of adventure games. Part of that results from the economics of a consumer demanded lower price point. Quality isn’t cheap. That being said, our goal is to find a pricing strategy that makes gamers feel good about their purchase.

You’ve just announced a CD version of Bone. Is that kind of a compromise to those player’s who don’t want to download games or had a CD version always been planned?

Its another way to get the product to the consumer, especially those consumers on dial up. We also loaded up the CD with extras including the soundtrack, videos and other fun content.

Has Bone met your expectations so far in terms of sales?

We would like it if it sold more copies, but this is part of the evolution as well. Publishing online is in its infancy. As we continue to sell products online, our distribution channel becomes more robust.

Will future episodes of Bone refer to earlier episodes as a reward to long-time players or does every episode stand on its own?

We are executing the entire epic story one piece at a time. Jeff Smith created it in such as way that you can enter the story at any time, and it all ties together in the end.

One of the projects you are currently working on is CSI: Dimensions of Murder. Since CSI is the most-watched show on TV and expectations are high, how do you deal with that project? How is it different from Bone or Sam & Max?

There is a lot of history behind CSI and there are three games to use as a roadmap. The mechanics for the first games were built to introduce fans of the show to gaming with as little frustration as possible. Since it was also built for mass hardware, it was pre-rendered and has a result lost the immersion that gamers are looking for.

Ubisoft decided now was the time to bring the series into 3D and chose Telltale as the company to do that. It’s been very cool taking the mechanics that have been evolved through the previous games and bringing them to a 3D world. What we have found from focus groups is a much deeper level of immersion that works for both gamers and casual players. Again we are always looking at ways to innovate and improve storytelling in games, interactivity shouldn’t be limited to shooting a gun or jumping up and down.

Interestingly enough, CSI (or almost every crime show for that matter) feels like an adventure: The characters looks for evidence, talk to a bunch of different people, combine items. Nevertheless, most adventures don’t sell while the TV shows do great. How do you explain that? Is the audience so different?

You are exactly right as far as the gameplay is concerned and we agree. As far as sales, CSI sells pretty well relative to other PC games and very well in comparison to other adventure games. The sales curve for CSI games has been much longer than your typical blockbuster game. This speaks to the different mindsets of the audiences. Fans of the show aren’t waiting every day to go get the game, like a fan of Half Life 2 might be, but if they see it on the shelf they will buy it. It’s a similar sales curve to adventure games in general and this is part of the reason adventure games have a hard time holding shelf space. At this point, retailers understand this sales curve for something like Nancy Drew and as a result, they can hold their spot.

Compared to Sam & Max and Bone, CSI aims at a different kind of player, I’d guess – the casual gamer instead of the hardcore gamer. How does that influence the development?

Every publisher of games is looking to hit a larger market then the hard core gamer market.

The hard core gamers are expensive to please, and there is incredible competition for that one segment. We feel the similarities between Bone, Sam and Max and CSI — great characters and stories — will allow us to cultivate an audience that is unique to Telltale and includes the mass audience. We continue to look for licenses that have break out potential and we continue to evolve our gameplay to meet the needs of the audience.

Adventure games in general obviously need a bigger fanbase to become more successful again. What’s your idea of how to get more people playing adventure games?

Evolve adventure games, make them interactive experiences in immersive worlds. The beauty of CSI is it starts with a mystery to solve, your actions are very focused on solving the case and seeing the story unfold. Along the way Telltale creates characters that are fun to interact with. In the Telltale CSI game, you will find yourself really suspecting a character on a personal level and we feel that is a huge accomplishment. Our mantra is create characters that you don’t want to shoot, or at least if you do shoot them, have a good reason! Check out Telltale Texas Hold ’em to see our virtual personality in action.

Finally, what can we expect from Telltale Games this year except the new Bone episode? How far are CSI and Sam & Max into development? And are you working on any other projects besides those?

CSI and The Great Cow Race will be out within the next few months, and you will definitely see Sam and Max before the end of the year. We may slide in some casual virtual personality games as well.

Thanks for the talk!

… von Bone, Preisen und CSI.

Telltale Games ist den meisten Spielern vor allem deshalb ein Begriff, weil es jetzt doch noch Hoffnung auf ein neues ‚Sam & Max‘-Adventure gibt. Doch erst einmal sind eine neue ‚Bone‘-Episode und ‚CSI: 3 Dimensions of Murder‘ an der Reihe. Wir sprachen mit dem Team, das vor anderthalb Jahren von ehemaligen LucasArts-Mitarbeitern gegründet wurde, über seine Spiele, den Onlinevertrieb und Adventures im Allgemeinen.

Lass uns mit ein paar Fragen über ‚Bone‘ anfangen: Ein paar Monate sind inzwischen ja seit dem Release vergangen und die Meinungen reichten von großartig bis enttäuschend. Wie zufrieden seid ihr selbst? Was war an der ersten Episode gut und was war schlecht?

Generell wird Telltale immer Spiele mache, welche die Leute entweder lieben oder hassen. Ich denke, das ist die Konsequenz daraus, innovativ zu sein und neue Sachen auszuprobieren. Ein Spiel wie ‚Bone‘ in der derzeitigen Spieleumgebung zu veröffentlichen, daran ist nichts sicher oder garantiert. Abgesehen davon wissen wir, dass wir mehr können als ‚Out From Boneville‘. Es ist unser allererster Episodentitel und der Anfang eines Entwicklungsprozesses. ‚The Great Cow Race‘ wird es uns erlauben, schnell auf den Erfahrungen von der ersten Episode aufzubauen – und das ist Teil unseres großen Plans. Ich bin sehr stolz auf ‚Out From Boneville‘, weil es erfolgreich war und einiges vorangebracht hat, darunter das Agieren der Charaktere, das interaktive Storytelling und die Zugänglichkeit zu einem breiteren Markt.

Gleich nach dem Release von ‚Bone‘ gab es viele Diskussionen über die Länge des Spiels und seinen Preis. Glaubt ihr nicht, dass 20 US-Dollar ein bisschen zuviel für ein Spiel sind, das in zwei Stunden von einem erfahrenen Spieler bewältigt werden kann?

Wenn du dich online umschaust, dann sind 20 US-Dollar die Norm für Spiele mit weitaus geringerem Herstellungsaufwand. Offensichtlich gibt es eine optimale Balance zwischen Herstellungsaufwand, Länge und Preis, und das ist etwas, das abhängig von der Spielart variiert. Unser Ziel ist es, die richtige Mischung aus diesen Schlüsselfaktoren zu treffen.

Wenn du darüber nachdenkst, dann gab es eine allgemeine Unzufriedenheit über die abnehmende Qualität von Adventures. Ein Teil davon resultiert aus den von den Konsumenten geforderten niedrigeren Preisen. Qualität ist nicht billig. Aber unser Ziel ist es, eine Preisstrategie zu finden, welche die Spieler sich gut über ihren Kauf fühlen lässt.

Ihr habt vor kurzem eine CD-Version von ‚Bone‘ angekündigt. Ist das eine Art Kompromiss für die Spieler, die Spiele nicht herunterladen wollen? Oder war eine CD-Version schon immer geplant?

Es ist ein anderer Weg, das Produkt zu dem Kunden zu bringen, besonders zu den Kunden mit Dial-Up-Internetverbindung. Wir haben die CD außerdem mit Extras vollgepackt, darunter der Soundtrack, Videos und weitere lustige Inhalte.

Hat ‚Bone‘ in Sachen Verkaufszahlen eure Erwartungen erfüllt?

Wir hätten es lieber, es hätte sich öfter verkauft, aber auch das ist Teil der Entwicklung. Der Onlinevertrieb steckt noch in den Kinderschuhen. Aber wenn wir weiterhin Produkte online verkaufen, wird unser Vertriebsweg stärker werden.

Werden zukünftige Episoden von ‚Bone‘ auf vorherige Episoden als Belohnung für Stammspieler zurückgreifen oder steht jede Episode für sich selbst?

Wir führen die gesamte epische Story Stück für Stück aus. Jeff Smith hat sie so entworfen, dass man jederzeit einsteigen kann und am Ende alles zusammenkommt.

Eines der Projekte, an denen ihr derzeit arbeitet, ist ‚CSI: 3 Dimensions of Murder‘. CSI ist die TV-Serie mit den meisten Zuschauern (in den USA), die Erwartungen sind demnach hoch – wie geht ihr mit dem Projekt um? Wie unterscheidet es sich von ‚Bone‘ oder ‚Sam & Max‘?

Es gibt viel Geschichte hinter CSI und auch schon drei Spiele, die man als Wegweiser verwenden kann. Die Spielmechaniken für die ersten Titel waren designt, um Fans der Serie mit möglichst wenige Frustration zum Spielen zu bringen. Weil es außerdem für Durchschnitts-PCs entworfen wurde, war es vorgerendert und hat es als Ergebnis daraus nicht geschafft, die Spieler [in die Welt von CSI] eintauchen zu lassen, worauf sie warteten. Ubisoft hat dann entschieden, dass es jetzt an der Zeit ist, die Serie in 3D zu bringen, und hat Telltale als Entwickler dafür ausgewählt. Es war sehr cool, die Spielmechaniken zu nehmen, die in den vorherigen Titeln entwickelt wurden, und sie in eine 3D-Welt zu bringen. Wie wir von Fokusgruppen gehört haben, tauchen sowohl normale als auch Gelegenheitsspieler viel tiefer in das Spiel ein. Und wiederum suchen wir nach Wegen, das Storytelling in Spielen zu verbessern und zu erneuern; Interaktivität sollte nicht auf Schießen oder Springen limitiert sein.

Interessanterweise fühlt sich ja ‚CSI‘ (oder fast jede Krimiserie) wie ein Adventure an: Die Figuren suchen nach Beweisen, unterhalten sich mit vielen verschiedenen Leuten, kombinieren Gegenstände. Trotzdem verkaufen sich die meisten Adventures nicht, während die TV-Serien so beliebt sind. Wie erklärt ihr das? Ist das Publikum so verschieden?

Du hast vollkommen recht, was das Gameplay angeht und wir stimmen dem zu. Was die Verkaufszahlen angeht, lief ‚CSI‘ aber recht gut im Vergleich zu anderen PC-Spielen und sehr gut im Vergleich zu anderen Adventures. Die Verkaufskurve für ‚CSI‘-Spiele ist viel länger als die eines typischen Blockbusters. Das spricht für die unterschiedliche Mentalität des Publikums. Fans der Serie warten nicht jeden Tag darauf, das Spiel zu kaufen, wie ein Fan von ‚Half-Life 2‘ es vielleicht macht, aber wenn sie es im Laden sehen, dann kaufen sie es. Das ist eine ähnliche Verkaufskurve wie bei Adventures im Allgemeinen und das ist einer der Gründe, weshalb Adventures sich schwertun, in den Regalen der Läden zu bleiben. Derzeit verstehen Händler die Verkaufskurve für etwas wie ‚Nancy Drew‘ und deshalb können diese Spiele ihren Regalplatz halten.

Verglichen mit ‚Sam & Max‘ und ‚Bone‘ zielt ‚CSI‘ auf eine ganz andere Art von Spieler ab – auf den Gelegenheitsspieler an Stelle des Hardcorespielers. Wie beeinflusst das die Entwicklung?

Jeder Spielepublisher versucht, einen größeren Markt als nur den Hardcorespielermarkt zu erreichen. Die Hardcorespieler zufriedenzustellen, ist teuer, und es gibt einen unglaublichen Wettbewerb in diesem einen Segment. Wir denken, die Ähnlichkeiten zwischen ‚Bone‘, ‚Sam & Max‘ und ‚CSI‘ – tolle Charaktere und Storys – werden es uns ermöglichen, ein Publikum zu kultivieren, das einzigartig für Telltale ist und den Massenmarkt enthält. Wir werden weiterhin nach Lizenzen Ausschau halten, die ein hervorstechendes Potential haben, und wir werden weiterhin unser Gameplay verbessern, um die Bedürfnisse des Publikums zu befriedigen.

Adventures brauchen offensichtlich eine größere Fanbasis, um wieder erfolgreicher werden zu können. Was ist eure Idee, wie man wieder mehr Leute zum Adventurespielen bringt?

Adventures voranzubringen, sie interaktive Erfahrungen in eindringlichen Welten zu machen. Das Schöne an ‚CSI‘ ist, dass es damit beginnt, ein Geheimnis zu lösen, deine Aktionen sind sehr auf das Lösen des Falls fokussiert und die Story entfaltet sich. Auf dem Weg kreiert Telltale Charaktere, mit denen es Spaß macht zu interagieren. In Telltales ‚CSI‘-Spiel wirst du einen Charakter wirklich auf einer persönlichen Ebene verdächtigen und wir denken, das ist eine große Leistung. Unser Mantra ist es, Charaktere zu entwerfen, die du nicht erschießen willst – oder wenn du sie schon erschießt, dann zumindest für einen guten Grund! Guck dir Telltales ‚Texas Hold ‚em‘ an, um unsere virtuelle Persönlichkeit in Aktion zu sehen.

Was können wir von Telltale Games schließlich in diesem Jahr abgesehen von der neuen ‚Bone‘-Episode noch erwarten? Wie weit sind ‚CSI‘ und ‚Sam & Max‘ schon fortgeschritten? Und arbeitet ihr an noch anderen Projekten?

‚CSI‘ und ‚The Great Cow Race‘ werden in den nächsten Monaten erscheinen und man wird ‚Sam & Max‘ auf jeden Fall vor dem Ende des Jahres sehen. Wir werden vielleicht auch das ein oder andere Casual-Virtual-Personality-Spiel einschieben.

Vielen Dank für das Gespräch!

Über Dates in Online-Rollenspielen

Kristin und Stefan sind sich an einem verschneiten Tag im Wald über den Weg gelaufen. Kristin brauchte Stefans Hilfe und wie ein Gentleman hat der natürlich alles getan, um der damals noch schwächlichen Frau unter die Arme zu greifen. Sie tauschten erste Worte aus, trafen sich später erneut, um etwas trinken zu gehen und verliebten sich schließlich unsterblich ineinander. Seit knapp acht Monaten sind sie ein Paar. Eine ganz gewöhnliche Geschichte? Nur fast. Denn Kristin war seinerzeit eine Nachtelfe, Stefan ein Zwerg und der zauberhafte Wald, in dem sich die beiden erstmals begegneten, befindet sich auf einem der zahlreichen Server des MMORPGs ‚World of WarCraft‘.

Von heute auf morgen
„Das Spiel hat mein Leben komplett auf den Kopf gestellt“, sagt Kristin deshalb heute. Stephan stimmt ihr zu: „Von einen Tag auf den anderen war das mehr als ein Spiel für mich. Ich wusste, dass ich dieses Mädchen, mit dem ich da Stunde um Stunde verbrachte, auf jeden Fall mal in der Realität kennenlernen wollte.“ Davor galt es allerdings eine Reihe von Hindernissen zu bewältigen: Stefan wohnte in Wien und befand sich gerade mitten in der Ausbildung, Kristin hingegen in Berlin und wollte im Herbst eigentlich ihr Studium beginnen. Keine idealen Voraussetzungen. Das größte Hemmnis war jedoch ein anderes: „Ich hatte einfach Angst, dass er in echt ein komischer Typ ist“, erzählt Kristin lachend.

Dass sich Menschen kennenlernen und miteinander spielen, ist der Grundgedanke von MMOGs: Alleine würden die meisten Spiele, ob ‚World of WarCraft‘, ‚Dark Age of Camelot‘ oder ‚City of Heroes‘, schnell langweilig – da sind sich die meisten Spieler einig. Zu eintönig werden die Quests nach einer Weile; immer wieder gilt es, die nahezu gleichen Aufgaben zu erledigen. Ohne Mitspieler, mit denen man sich versteht, ist der Spaß nur halb so groß. „Für manche Spieler ist ein Online-Rollenspiel einfach nur ein größerer Chatroom“, meint auch Stefan. „Es ist halt ein bisschen lebendiger: Man versteckt sich nicht hinter einem Nickname, sondern verkörpert eine Figur und kann sie ein wenig nach sich selbst gestalten. Oder so wie man vielleicht gerne sein würde.“

Hochzeiten und Flirten aus Prinzip
Seit es MMORPGs gibt, feiert man daher auch immer wieder Hochzeiten zwischen zwei Charakteren: Große, spektakuläre Events, welche die Spieler zusammen und den Server häufig an den Rand eines Zusammensturzes bringen. In den seltensten Fällen sind die virtuell heirateten Spieler dann aber auch in der Realität ein Paar. Kristin hat vor ‚World of WarCraft‘ vor allem ‚Ultima Online‘ gespielt und dort auch geheiratet – mehrfach sogar. Ernst war das aber nie: „Klar habe ich mich mit den Leuten gut verstanden, man albert ein bisschen rum und so. Aber ich war nie der Typ, der das Internet so ernst nehmen würde, um dort einen Freund zu finden.“ Was dann an ‚World of WarCraft‘ anders ist, will ich wissen. Kristin zögert. „Vielleicht ist es realer geworden, weil so viele Leute es spielen. Als es letztes Jahr losging, hat fast jeder in meinem Umfeld darüber geredet. Das war wie so wie Kino oder Musik.“

Was Stefan und Kristin zufällig passiert ist, macht Martin mit Prinzip. Der 25-jährige Jurastudent nutzt ‚World of WarCraft‘ vor allem zum Flirten. Er hat verschiedene Charaktere und grast damit die Server ab, auf der Suche nach Spielerinnen in seinem Alter. Das ist gar nicht so einfach, gesteht er ein: „So viele Typen spielen weibliche Charaktere, dass man da schon gewaltig auf die Schnauze fliegen kann. Ich würde schätzen, dass drei Viertel der Frauen im Spiel eigentlich Männer sind. Meistens kann man das aber mit ein paar Fragen schnell herausfinden.“ Welche Fragen das sind? „Nun, zum Beispiel frage ich nach dem Alter und den Interessen. Frauen reagieren darauf anders als Typen. Oft merkt man dann schon, dass es nur Fakes sind, die es auf sowas anlegen.“

Gute Quote
Auf immerhin sieben Blind Dates ist Martin im letzten Jahr gekommen, einmal hat es sogar gefunkt. Zumindest anfangs. „Oft standen wir im Spiel nur irgendwo rum und haben und unterhalten, anstatt richtig zu spielen. Da spürte ich schon, dass es mehr werden könnte. Wir haben uns dann getroffen, ganz harmlos in einem Café – aber sie war absolut nicht mein Typ und ich ihrer wohl auch nicht. Jedenfalls habe ich sie danach mit dem Charakter kaum noch online gesehen. Naja, kommt vor.“ Für Martin ist ‚World of WarCraft‘ eine Art Experiment: Nachdem er bei echten Dates zu oft enttäuscht wurde, versucht er es eben erstmal online. Da ist die es nicht so schlimm, einen Korb zu kriegen, und man lernt sich vor einem richtigen Treffen schon ein bisschen kennen, achtet nicht mehr so stark auf Äußerlichkeiten. „Der Eindruck zählt doch immer am meisten, sagt man. Nun, im Spiel kann man sich diesen Eindruck machen, ohne auf die Figur, das Gesicht oder die Haarfarbe zu achten. Ist doch viel besser.“

Kristin und Stefan wiederum finden Spieler wie Martin merkwürdig. „Bei uns war das einfach Zufall und so wunderbar romantisch“, erzählt Stefan. „Wenn man das ständig macht, merkt eine Frau das außerdem“, fügt Kristin hinzu. ‚World of WarCraft‘ spielen die beiden übrigens immer noch – laut Stefan aber weniger als früher: „Jetzt kenne ich den liebsten Spieler ja schon. Klingt irgendwie kitschig, oder? Streich das raus!“ Nö, das bleibt.