E3, Tag 2: Für Nintendo versammelten sich die interessierten Fachbesucher einmal mehr im altehrwürdigen Kodak Theatre, wo Reggie & Friends mit Innovationen gegen die Technikschlacht von Sony und Microsoft ankämpfen wollten.
Wii im Einsatz
„Change is good“ – unter diesem Motto stand Nintendos E3 Press Briefing in diesem Jahr. Dabei ging es natürlich vor allem um die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten des Wii-Controllers, der in aller Ausführlichkeit vorgestellt wurde. Und die sind tatsächlich enorm vielfältig: Tennis, Golf, Bogenschießen, Schwerter schwingen… Nintendo gab sich reichlich Mühe, zu vermitteln, warum man sich für diesen ungewöhnlichen Controller entschieden hat und wo die Vorzüge liegen. Die in jeder Präsentation sehr intuitiv wirkende Steuerung hinterließ dann auch einen sehr guten Eindruck, doch davon abgesehen blieb Wii hinter den Erwartungen zurück.
Der Grund dafür? Das erstaunlich – oder vielmehr: enttäuschend – dünne Spieleaufgebot, das Nintendo während seines Press Briefings zeigte. Abgesehen von ‚The Legend of Zelda: Twilight Princess‘, das zum Launch des Wii (aber auch weiterhin für GameCube) erscheinen soll, zeigte man nur ein paar kurze Ausschnitte des Jump’n’Runs ‚Super Mario Galaxy‘, des Ego-Shooters ‚Metroid Prime 3‘ sowie Videos von drei neuen Nintendo-Franchises. Im Gegensatz zu Sony war das Gezeigte zwar ohne Frage alles In-Game-Material, aber ein echter Eindruck war kaum möglich. ‚Excite Truck‘ etwa sah wie ein ganz gewöhnliches Rennspiel aus, bei dem die Fahrzeuge eben durch das Drehen des Controllers gelenkt werden, ‚Project H.A.M.M.E.R.‘ wie ein 08/15-Hack’n’Slay, das den Controller zum Schlagen der Gegner verwendet. Es war zwar schön zu sehen, dass Nintendo eben doch mehr kann als ‚Mario‘ und ‚Zelda‘, ein bisschen mehr hätte es aber schon sein dürfen.
Red Steel, mal wieder
Wie es um den Third-Party-Support bestellt ist, ließ Nintendo ebenfalls noch offen: Spielbares gab es nur von Ubisofts Shooter ‚Red Steel‘ zu sehen, das bereits vor einigen Wochen enthüllt worden war. Ein neues ‚Final Fantasy: Crystal Chronicles‘ befindet sich in Entwicklung, EA arbeitet an einer eigenen Wii-Version von ‚Madden 07‘, Activision bringt ‚Tony Hawk‘ – das wussten wir alles schon. Überraschungen blieben aus. Beruhigen konnte man aber die Spieler, die befürchteten, dass Wii-Spiele durch die Bank hässlich aussehen würden. ‚Super Mario Galaxy‘ wirkte erfreulich bunt und farbenfroh, ‚Red Steel‘ punktete mit schönen Lichteffekten, nur ‚Metroid Prime 3‘ sah für mich genauso aus wie der GameCube-Vorgänger.
Online? Geheim!
Erstaunlich wenig sprach Nintendo auch über die Virtual Console, über die NES-, SNES- und N64-Spiele zum Download angeboten werden sollen. Mehrmals betonte man (nicht nur in diesem Zusammenhang) die Konzentration auf den Massenmarkt, aber konkrete Beispiele blieben aus. Auch zum Launch und Preis des Wii wollte Nintendo noch keine genauen Angaben machen, im 4. Quartal 2006 könne man aber spielen, hieß es. Ob das auch für Europa gilt, bleibt abzuwarten.
Wer sich Hoffnungen darauf gemacht hatte, Nintendo habe noch mehr Geheimnisse rund um die Konsole für die E3 aufgehoben, sah sich getäuscht: Die einzige nennenswerte Enthüllung war, dass der Contoller einen eingebauten Lautsprecher enthält, mit dem etwa das Abschießen von Pfeilen akustisch verdeutlicht werden soll. Details zu den Onlineplänen behielt Nintendo hingegen für sich, es hieß lediglich, die Konsole solle 24 Stunden am Tag erreichbar sein – also auch, wenn sie eigentlich ausgeschaltet ist. So könnten zum Beispiel Freunde die eigene ‚Animal Crossing‘-Stadt auch dann besuchen, wenn man selbst gar nicht spielt. Klingt ziemlich unsinnig: Der GameCube blieb komplett offline, der Wii soll dafür nun rund um die Uhr online sein?
DS: Stark wie immer
Überraschend kurz beschäftigte sich Nintendo mit seinem DS: Der DS Lite solle bald in Nordamerika erscheinen, hieß es, aber einen konkreten Termin blieb man auch hier schuldig. Dafür konnte sich das Line-Up im Vergleich zum Wii doch sehr sehen lassen: ‚The Legend of Zelda: The Phantom Hourglass‘, ‚Yoshi’s Island 2‘, ‚Diddy Kong Racing‘, ein neues ‚Star Fox‘, ‚Final Fantasy III‘, ‚Mario vs. Donkey Kong 2‘, und, und, und. Insgesamt sollen in diesem Jahr noch über 100 Spiele für den DS auf den Markt kommen – eine starke Zahl.
Die interessanteste Demonstration kam zum Schluss: Der von uns geradezu verehrte Reggie, Shigeru Miyamoto, Satoru Iwata sowie ein „Fan“ spielten auf der Bühne Tennis, ein Teil des Spiels ‚Wii Sports‘, das zum Launch der Konsole erhältlich sein wird. Ob Aufschlag, Vorhand oder Rückhand: Sämtliche Schläge werden mit dem Wii-Controller nachgestellt, was sehr dynamisch und realitätsnah wirkt, aber auch entsprechend Platz benötigt und zweifellos anstrengt. Wie gut das in einem kleinen Wohnzimmer vor dem Fernseher funktioniert, muss sich noch herausstellen – ein spannender Versuch ist es jedoch allemal.
Das Fazit
So einfallsreich und innovativ der Wii-Controller und seine Einsatzmöglichkeiten auch sind, so gut das DS Line-Up auch in diesem Jahr war: Nintendo hat den ganz großen Schritt in die richtige Richtung, den ganz großen Schlag gegen Sony verpasst. Das lag seltsamerweise aber eben nicht an der vergleichsweise schwachen Hardware, sondern an den Spielen; das Gezeigte war einfach ein bisschen zu dünn, um wirklich vom Hocker reißen zu können. So könnte Microsoft als der große Gewinner der Press Briefings nach Hause gehen. Wer hätte das vor ein paar Tagen gedacht?