„The Novelist“: Ein Familienschicksal in eurer Hand

The Novelist
Ein Autor, seine Frau und sein Kind versuchen in The Novelist zusammen zu finden

Dan Kaplan ist Autor. Und Ehemann. Und Vater. Und an allen drei „Fronten“ seines Lebens kriselt es gewaltig, als er sich mit seiner Familie für drei Monate in ein abgelegenes Ferienhaus zurückzieht. Dort soll er alles auf die Reihe kriegen: Die Ehe mit Linda retten, endlich an diesem Buch weiterkommen und die Beziehung zu seinem Sohn Tommy pflegen. Das sind viele Pläne für einen vollgestopften Tag, und nicht alles geht sich aus. Und da betretet in The Novelist ihr als Spieler die Bühne.

Entwickler Kent Hudson lässt euch in seinem experimentellen Adventure die Rolle eines Poltergeistes schlüpfen. In der Ego-Perspektive der reduzierten 3D-Cel-Shading-Grafik flüstert ihr dem entscheidungsschwachen Dan im Schlaf die Handlungen ein, die er tätigen soll. Um welchen Teil seines Lebens soll er sich kümmern? Je mehr Hinweise ihr tagsüber sammelt – durch das Lesen von Briefen, Notizen oder das Durchstöbern von Erinnerungen im Kopf der Figuren – desto mehr Entscheidungen stehen euch offen. Der Clou dabei: Ihr dürft von den Spielfiguren beim Herumschnüffeln nicht entdeckt werden, sonst schwinden die Handlungsotionen. Mit Fortdauer des Spiels gibt es immer weniger Verstecke. Wer mag, kann auch einen Modus spielen, in dem man immer unentdeckt bleibt.

Ein modernes Spiel

The Novelist ist ein Versuch sogenanntes player-driven Storytelling weiterzubringen. Freilich bleibt auch in diesem Spiel im Endeffekt die Geschichte eigentlich vorgegeben, aber durch die bedeutenden Entscheidungen des Spielers beeinflusst man sie merkbar. Die Story ist dabei wie eingangs geschildert alltäglich, aber nicht banal. Denn die gestellte Frage ist eine unserer Zeit: Wie soll man nur all diese Dinge unter einen Hut bringen? Dieses eigene Leben als Individuum, dieses berufliche Leben und dieses familiäre Leben?

Während man sich die Strategie überlegt, um Dan durch den Tag zu bringen, gibt man auch etwas von sich selbst preis. Nämlich die eigene Antwort auf diese Frage der Lebenskunst: Wie kann es funktionieren? Indem man zuerst sich selbst beglückt und daraus Kraft für andere schöpft? Oder in dem man sich vor allem um andere kümmert und daraus selbst Glück zieht? Oder hilft überhaupt nur der Versuch, es immer allen recht ein bisschen und niemandem ganz zu machen?

Ich liebe Spiele, die meine Entscheidung in den Mittelpunkt rücken. The Novelist tut das auf eine sehr ruhige, unaufgeregte Art ohne Effektheischerei. Deshalb ist es ein spannendes Spiel. Wie das in der Praxis so aussieht, haben wir für euch in einem Let’s Play-Video zusammengefasst. Es ist unser erstes Video dieser Art, deshalb entschuldigt bitte die technischen Fehler und die zu niedrige Auflösung.

The Novelist ist seit kurzem auf Windows und Mac erhältlich. Derzeit bekommt ihr es auf der offiziellen Webseite (mit Steam-Key) für 15$ (~11€), regulär kostet es 20$ (~15€).

Test: „Stick It To The Man!“ ist ein schräges Comedy-Abenteuer

Stick It To The Man!
Stick It To The Man!“ erinnert an eine Mischung aus Psychonauts und The Cave.

Wenn man schon als Helmtester arbeitet, sollte man eigentlich darauf vorbereitet sein, dass einem früher oder später etwas auf den Kopf knallt. Ray wird allerdings davon überrascht, dass es ein intergalaktischer Gedankenlese-Greifarm ist, der sich in seiner Birne einnistet. Dass ein intergalaktischer Bösewicht dieses Dinge gerne wiederhaben würde, klingt da fast logisch. Davon überzeugt, dass er einfach nur einen gewissen Knall hat, rutscht Ray in ein besonders schräges Abenteuer, das die Entwickler von Zoink! Stick It To The Man! genannt haben.

Das ist ein hübscher und einzigartig gestylter 2D/3D-Hybride, der auch spielerisch eine Kombination aus Jump & Run und Adventure ist. Der Name des Spiels ist ein Wortspiel, das irgendwas zwischen „Kleb es an den Mann!“ und „Zeig es dem Establishment!“ bedeuten kann. Als solches ist es auch ein Hinweis darauf, dass man einigermaßen fortgeschrittenes Englisch verstehen sollte, um die Gags zu verstehen, die Ray in seiner komplett abgedrehten Welt zwischen Irrenhaus, Draumlevels und Raumstationen am laufenden Band spricht und zu hören bekommt. Eine Vor- und Zurückspulfunktion für die stets vertonten Aussagen der verrückten Charaktere hilft beim besseren Verstehen oder Überspringen von Passagen. Musikalisch ist das Spiel unauffällig untermalt. Den Trailersong („I Just Dropped In (To See What Condition My Condition Was In)“ – siehe unten) bekommt ihr nur im Startmenü zu hören.

Die Rätsel sind (meist) in ihrer eigenen abgedrehten Art logisch. Sie haben damit zu tun, dass die Gedanken von Menschen als Sticker visualisiert werden und dann an eine passende andere Stelle geklebt werden müssen. Das bleibt in einem überschaubaren Rahmen. Mehr als vier bis fünf Gegenstände hat man selten im Inventar. Wer nicht immer genau zuhört, verpasst vielleicht den ein oder anderen Hinweis. Dann kann es schon einmal passieren, dass man in den mit Fortdauer des Spiels zunehmend großen Level-Abschnitten kurz etwas ratlos umher irrt. Jeder Level auch eine Art Labyrinth ist. Vage Maps helfen zwar, die Übersicht zu wahren, zeigen aber bewusst nicht jeden Weg präzise an. Die Welt muss also erst au eigene Faust erkundet werden.

Gags, Gags, Gags

Für Abwechslung sorgen einige Actionsequenzen, in denen Ray von Agenten des Bösewichts gejagt wird. Auch das erfordert meist ein wenig logische Denkarbeit. Mit seiner Mischung aus Rätseln, Temposequenzen und Humor hält Stick It To The Man! während seiner 4-5 Stunden Spielzeit durchaus bei Laune. Jede Menge Sarkasmus und absurder Humor warten auf Unterhaltungssüchtige. Das Spiel nimmt sich selbst, Spiele im Allgemeinen und andere Themen auf die Schaufel. Die Inspiration bei Double Fine und insbesondere Psychonauts wird Zoink! wohl weder leugnen können noch wollen. Ein viel schöneres Kompliment kann man einem komödiantischen Spiel ja kaum machen.

Zwischendurch hätte Autor Ryan North (der das Comic-Buch zur TV-Serie Adventure Time geschrieben hat) aber ruhig etwas auf die Bremse steigen können. Gerade in der zweiten Spielhälfte ufern die Monologe aus und hätten oft auch ein, zwei Späße und Absurditäten weniger vertragen. Die Klasse der besten Produktionen von Tim Schafer erreicht Stick It To The Man! deshalb nur an wenigen Stellen. Zum Kulthit fehlt der letzte Touch im Skript – da geht das Amusement zu selten über einen anerkennenden Grinser hinaus. Aber es ist ein ziemlich gutes Spiel und hat Momente, in denen man eine inhaltliche Kooperation mit dem Großmeister nicht mit voller Überzeugung ausschließen könnte. Es ist sogar der bessere Rätsel-Plattformer als The Cave – Ron Gilbert verzeih.

Stick It To The Man! ist auf Windows-PC, PlayStation 3 und PS Vita erhältlich. Auf Steam kostet es in den nächsten 40 Stunden 8,4€ – ansonsten 14€.

Playstation 4 im Test: Warten oder jeden Preis zahlen?

Playstation 4
Die Playstation 4 gibt sich hübsch neben eurem TV-Gerät

Seit wenigen Wochen sind die neuen Konsolen im Handel. Auf Ebay & Co machen Spekulanten derzeit Vorweihnachts-Gewinne, denn die Hersteller rühmen sich damit, dass Spätentschlossene wegen der hohen Nachfrage im regulären Handel kaum an ein Gerät kommen. Aber wie sehr müssen sie sich darüber grämen? Wir hatten die Playstation 4 für einen einwöchigen Testlauf im Haus. Alles, was ihr darüber wissen müsst. Playstation 4 im Test: Warten oder jeden Preis zahlen? weiterlesen

The Walking Dead – Trailer zur zweiten Staffel

The Walking Dead: Season 2

Keine ganze Woche mehr, dann erscheint die erste Episode der zweiten Staffel von Telltales Adventure The Walking Dead. Zur Einstimmung vor dem Release am 17. Dezember haben die Entwickler heute einen neuen Trailer veröffentlicht, den wir euch ohne weitere Umschweife hier präsentieren wollen.

Für uns war die erste Staffel ja ein heißer Game of the Year-Kandidat. Wer freut sich schon auf die Fortsetzung?

Staunt, ihr Narren! Neuer Trailer zu The Witcher 3

The Witcher 3
Laut The Witcher 3-Trailer ist das „In-Game Footage“. Nojo.

Ich habe es immer als eine Art Makel an meiner Spielekarriere empfunden, dass ich keinen Teil von The Witcher jemals gespielt habe. Das ist etwas, das ich in einer ruhigen Stunde während meiner Pension wohl nachholen muss. Oder aber ich steige in Teil 3 ein, denn der neueste Trailer zu The Witcher 3: Wild Hunt sieht ziemlich bombastisch aus. Und die Musik dazu machts natürlich auch nicht fader. Auf den Soundtrack will CD Project Red mit autentischen, mittelalterlichen Instrumenten übrigens besonderen Wert legen. Staunt, ihr Narren! Neuer Trailer zu The Witcher 3 weiterlesen

No Man’s Sky ist … Rrrrrrrrrrr!

No Man's Sky
No Man’s Sky – Boah ey!

Noch eine Neuigkeit von der VGX am Wochenende. Hello Games (Joe Danger) hat dort sein neues Spiel No Man’s Sky vorgestellt und hat damit so manchen Jauchzer hervorgerufen. No Man’s Sky wird ein potentiell endloses Universum aus prozedural generierten Planeten beinhalten, die man als Spieler stufenlos in der Ego-Perspektive vom tiefsten Meeresboden bis ins Weltall erforschen kann. Das erste Video gibt einen Eindruck davon, der euch zum Sabbern bringen wird.

Was das Spiel noch beeindruckender macht, ist die Tatsache, dass es von gerade einmal vier Personen entwickelt wird. Bleibt die Frage, in welche Genre-Kategorie wir das Ding stecken: Es ist offensichtlich eine Art First-Person-Action-Adventure-Weltraum-Survival-Sim-Ding mit beständiger Spielwelt und irgendeiner Art von Online-Anbindung. Und dann wäre da natürlich noch zu klären, was man im Spiel so alles machen kann. Aber hey, das ist zweitrangig.

The Division: Video zur eindrucksvollen Grafik

The Division
Tom Clancy’s The Division wird gut aussehen.

Mit der Ankündigung von The Division hat Ubisoft bei derdiesjährigen E3 wieder einmal so manches Gamerherz im Sturm erobert. Nun wartet man sehnsüchtig auf den Release des Coop-Shooter-RPGs, der uns in ein New York während eines Virusausbruchs versetzen soll. Auf der VGX am Wochenende gab es endlich wieder einmal neues Material. Eine kurze Tech-Präsentation lässt die Muskeln der beeindruckenden Grafikengine“Snowdrop“ spielen. Die meisten Orte hat man zwar schon im ersten Gameplayvideo gesehen, allerdings nicht in diesem Detail betrachten können.

Und weil sichs gerade so schön anbietet, hier noch ein kurzes Häppchen von unserer Facebook-Seite, das erklärt, was an The Division so besonders schön ist.

The Division - No Zombies

„The Walking Dead“-Entwickler Telltale macht Spiel zu „Game of Thrones“

Game of Thrones

Die Masterminds des episodischen Adventures Telltale haben am Wochenende am VGX-Event die Entwicklung zweier neuer Serien bekanntgegeben. Tales from the Borderlands soll Fans des schrägen und beliebten RPG-Shooters Borderlands von Gearbox mit einer ausgeweiteten Storyline versorgen. Unterdessen haben sich auch die Gerüchte der letzten Wochen bestätigt, dass Telltale mit Game of Thrones nach The Walking Dead eine weitere Mega-Lizenz betreuen werden.

Beide Spiele werden dem Prinzip episodisch erscheinender Adventures mit harten moralischen Entscheidungen folgen, dass das Entwicklerstudio mittlerweile auf beeindruckende Weise zu seinem Erkennungsmerkmal gemacht hat. Gerade bei Game of Thrones ist das interessant, weil die Geschichte durch die HBO-Fernsehserie und die Originalbücherserie Das Lied von Eis und Feuer ja durchaus bereits gewisse klare Rahmenbedingungen hat.

Während es zu Tales from the Borderlands bereits einen etwas aussagekärftigeren Trailer gibt, soll die Entwicklung von Game of Thrones noch in einem frühen Stadium stecken. Trotzdem soll die Spielestaffel wohl noch 2014 erscheinen.

Damit hat Telltale neben dem neuen The Wolf Among Us (Episode zwei erscheint Anfang 2014, unser Review zur ersten ist in der Mache) und der zweiten Staffel von The Walking Dead (Episode 1 erscheint noch vor Weihnachten) derzeit mindestens vier Spieleserien in Arbeit. Ob das Studio auch die PC-Gaming-Klassiker Monkey Island (siehe Tales of Monkey Island) und Sam & Max irgendwann fortsetzt, ist zumindest mir derzeit unbekannt.

Speedball 2 HD: Spaß von damals für heute?

Speedball 2 HD

Ein Kampf-Ball-Mannschaftssport, den man am PC mit nur einer Taste spielen kann? Jap, wie passionierte Gamer seit 1988 wissen, ist die Rede von Speedball. Jüngst erschien vom zweiten Teil (1990) der Bitmap Brothers-Kultserie ein HD-Remake, das wir uns für euch angesehen haben. Speedball 2 HD: Spaß von damals für heute? weiterlesen

„Eight“ ist ein sehr kleiner Teil aus „The Stanley Parable“ für Android

Die Android-App "Eight"

Es wird euer Leben kaum revolutionieren und euer Telefon nicht viel nützlicher machen, aber für DEN Insidergag eurer nächsten Nerd-Party seid ihr mit der Android-App „Eight“ gerüstet. Diese spielt auf euren Befehl das „Eight„-Spiel aus der Demo von The Stanley Parable (Review) mit euch. Wer die Demo nicht gespielt hat, sollte dies nachholen. Ansonsten wird die App – wie diese Meldung – für immer ein ungeklärtes Mysterium für ihn bleiben. Hier der komplette Walkthrough für „Eight„.

Der Vergleich macht sicher. Hier das Original aus der PC-Version!

Entwickler von „1979 Revolution“ in Heimat zu feindlichen Spionen erklärt

1979 Revolution: Ein Spiel über die Geschichte des Iran wird dort als feindliche Propaganda denunziert
1979 Revolution: Ein Spiel über die Geschichte des Iran wird dort als feindliche Propaganda denunziert

Kürzlich haben wir von 1979 Revolution – Black Friday berichtet. Das Action-Adventure (PC, Android und iOS) über die iranische Revolution tut sich bei kickstarter bisher recht schwer, die angestrebten 395.000 US-Dollar zu sammeln. Interessant ist eine Information im Pitch.

iNK Stories-Gründer Navid Khonsari behauptet da, dass er wegen dieses Spiels von Zeitungen im Iran (und dementsprechend wohl auch vom Regime) zum feindlichen Spion erklärt wurde. „Die Anschuldigung bedeutet, dass ich nicht mehr in den Iran kann“, schreibt Khonsari. Gegenüber Kotaku erklärt er: „Als etwas über das Spiel bekannt wurde, hat eine konservative iranische Zeitung davon Wind bekommen und mich zum Spion erklärt.“ Man werfe ihm vor, Propaganda zu machen. „Das ist wirklich scheisse, weil ich noch Familie im Iran habe.“ Als Ergebnis des Spiels hätte auch der Künstler, der die meisten Konzeptgrafiken gezeichnet habe, aus dem Iran flüchten müssen. „Wir haben noch nicht einmal irgendwas veröffentlicht, aber jeder der mit dem Spiel verbunden ist gilt als schuldig.“

Im Kotaku-Interview findet ihr auch eine Menge Infos darüber, wie sich 1979 Revolution spielen soll. Eine spannende Information ist außerdem, dass es nur der Start einer Serie an Games sein soll, die politische Realitäten und Kämpfe rund um den Globus in den Fokus rücken sollen, von denen Gamer normalerweise nie zu hören bekommen. 1982 El Salvador, 1988 Panama, 1992 Liberia und 1995 Bosnien könnten dabei Themen sein. Geschrieben sollten die Geschichten aber wie 1979 Revolution aber jeweils von Leuten mit persönlichen Bezug werden. Die Software wird mehr als Plattform dargestellt, auf der sich Autoren aus diesen Ländern verwirklichen können.

Wäre schade, wenn dieses ambitionierte Projekt bei den Crowdfundern durchfallen würde.

Papo & Yo derzeit für 74 Cent zu kriegen

Papo & Yo - Indie-Perle mit geglücktem, künstlerischem Anspruch
Papo & Yo – Indie-Perle mit geglücktem, künstlerischem Anspruch

Wie ihr aus unserem Review zu Papo & Yo wisst, war das eines der liebenswertesten Indie-Spiele des Jahres. Deshalb möchten wir auch im Rahmen der ganzen verrückten Vorweihnachts-Abverkäufe beim Humble Store und bei Steam und was weiß ich wo sonst noch besonders auf dieses Angebot hinweisen. Beim IndieGameStand ist das Spiel nämlich derzeit als „Zahl was du willst“-Angebot. Vorgeschlagen wird da zwar ein Preis von 10 Dollar, aber das akzeptierte Mindestgebot liegt bei nur 1 Dollar (also rund 74 Eurocents). Wer da immer noch nicht zuschlägt, verpasst was. Nämlich Papo & Yo, eines der liebenswertesten Indie-Spiele des Jahres.

Review: The Shivah stellt euch eine große Frage

The Shiva
Rabbi Russell Stone gerät vom Regen in die Traufe

Im Krimi-Genre gibt es eine Unterkategorie des „Hard-Boiled“-Detektivs. Das ist einer, der am Weg zur Wahrheit ordentlich Schläge einsteckt. Russell Stone, der Hauptcharakter von The Shivah, ist ein solcher Kerl. Nur dass er eigentlich kein Detektiv ist, sondern ein Rabbi in einer herabgewirtschafteten New Yorker Synagoge. Das Leben hat Stone hart gemacht. Er ist ein grantiger Mann, der – gerade als er den Deckel auf das Rabbi-Dasein hauen will – in einen Mordfall eines ehemaligen Gemeindeangehörigen verwickelt wird. Die Polizei hat ihn im Verdacht, etwas damit zu tun zu haben, denn das Opfer hat Stones Gemeinde unerwartet eine Menge Geld hinterlassen. Er sieht keinen anderen Weg, als die Ermittlungen selbst in die Hand zu nehmen.

Die Geschichte von The Shivah glänzt an zwei Ecken: Erstens spielt sie durch den jüdischen Touch in einem recht unverbrauchten Szenario. Zweitens wird der rauhe Tone schön durch das Spiel gezogen. Atmosphärisch ist das Erstlingswerk von Dave Gilbert (wie jedes seiner folgenden Spiele mit Wadjet Eye Games) erstklassig. Mehr Politur hätte er aber auf erzählerischer Ebene brauchen können. Man huscht etwas flott durch die grundsätzlich so spannende Geschiche. Mehrere Charaktere kommen nur enorm kurz vor, manche reden gar nicht mit euch und die meisten Locations laden nur zum mehrmaligen Besuchen ein, wenn ihr beim ersten Mal einen Hinweis übersehen habt. The Shivah hätte mit den vorhandenen Art-Assetts viel länger gestreckt werden können (und dabei zuerst mal an Qualität gewinnen können).

Wollt ihr Gegenstände oder Rätsel?

The Shivah setzt kaum auf die Gameplay-Elemente, die ihm mitgegeben werden: Das System, mit dem man erhaltene Hinweise zu einem neuen Gedankengang kombinieren soll, wäre zum Beispiel eine spannende Sache. Es findet über die rund 2-4 Stunden Spielzeit aber keine fünf Mal Verwendung. Noch spärlicher wird das Inventar eingesetzt. Gerade einmal ein Gegenstand kommt im Spielverlauf hinzu. Das kann man aber auch als interessante Abwechslung begreifen: Pixelhunting und Trial & Error-Kombinationen bleiben außen vor.

Um die vorhandenen Rätsel zu lösen, müsst ihr euren Gesprächspartnern zuhören und logisch und sinnvoll agieren. Das Dialogsystem gibt euch dabei kontextabhängig in entscheidenden Szenen keine fertigen Sätze zur Auswahl, sondern eine Gemütshaltung. Soll Stone aggressiv, verständnisvoll, ablehnend oder entschuldigend auftreten? Oder soll ganz der Rabbi durchscheinen, der Fragen nur mit Fragen beantwortet? An einigen Stellen könnt ihr auch Story-beeinflussende Entscheidungen treffen und es gibt folglich verschiedenste Arten, wie das Spiel enden kann. Die Geschichte kann zum Beispiel sehr schnell vorbei sein, wenn ihr einer trauernden Witwe falsch gegenübertretet und diese die Polizei ruft.

Was hab ich übersehen?

Anders als andere Adventure-Helden, zählt der Rabbi nicht selbst die Hinweise zusammen, die er findet. Das bleibt euch und eurer eigenen Kombinationsgabe überlassen. Wenn ihr nicht die richtigen Worte für die Suchmaschine auf Stones Computer findet, kommt ihr an einigen Stellen nicht weiter. Diese völlig selbstständige Art zu spielen ist ungewohnt und deshalb nicht ganz einfach. Es ist beinahe frustrierend, aber eben nur beinahe. Denn im Endeffekt ist es schaffbar und erinnert daran, dass es auch Spaß machen kann, nicht alles vorgekaut zu bekommen. Dass Spiele auch anders sein können, als vorgefertigte, offensichtliche Optionen durchzuklicken.

Das macht The Shivah heute vielleicht aktueller als es bei seinem Originalrelase 2006 noch gewesen ist. Während es sich inhaltlich zu wenig mit den angedeuteten, großen philosophischen Fragen auseinandersetzt, ist es selbst auf einer Meta-Ebene eine Auseinandersetzung mit einer Frage, die ihr euch selbst stellen müsst. The Shivah ist an sich ein kurzes, nettes Spiel, das als kleines Indie-Projekt viel gößeres Potential verschenkt. Aber abhängig von eurer Antwort auf die Frage könntet ihr es wie ich auch sehr liebgewinnen: Wollt ihr beim Spielen Lösungen suchen oder Lösungen finden? Da besteht ein Unterschied, nicht wahr?

The Shivah ist in einer Kosher Edition mit überarbeiteter Optik und neuem Sound kürzlich erschienen. Ihr könnt diese auf iOS oder Windows-PC (Humble Store, Steam, offizielle Webseite) spielen, sie kostet ungefähr 3,5€. Integriert ist auch ein Developer’s Cut mit begleitendem Audiokommentar.