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Magnus Bergssons Geheimtipp

Wir schreiben das Jahr 2006. Die ganze Welt wird von ’World of WarCraft’ dominiert … die ganze Welt? Nein! Eine stetig steigende Zahl von Spielern wird von ’Eve Online’ magisch angezogen und das Spiel verfügt über ein gesundes Wachstum – nach über drei Jahren seit dem Release. Deshalb sprachen wir mit Magnus Bergsson von Entwickler CCP über das Spiel, was die nahe Zukunft bringen wird sowie über die Expansion des ’Eve’-Universums nach Asien.

Hallo Magnus! Mittlerweile spielen über 130.000 Menschen ‘Eve Online’; ein Spiel, das eigentlich nie wie ein Mainstream-Titel aussah. Habt ihr damit gerechnet?

Eigentlich haben wir das schon und unsere Pläne waren immer dafür ausgelegt. Obwohl ’Eve Online’ verglichen mit anderen MMOGs unterschiedlich ist und wohl nie Millionen von Abonnenten vorweisen werden kann, ist es dennoch ein Spiel gerade für den normalen MMOG-Spieler. Es ist Geschmackssache und es kommt darauf an, wonach der Spieler sucht. Man braucht kein Hardcore-Spieler zu sein – wie auch immer man diesen Begriff auslegen mag – und nicht einmal ein Science Fiction-Fan. Wenn ein Spieler nach einer geistigen Herausforderung in einer Welt sucht, auf die er tatsächlich seinen Einfluss nehmen kann, dann ist ’Eve Online’ etwas für ihn.

Sogar in Zeiten, in denen brandneue MMOGs ums Überleben und Spieler kämpfen, kann das drei Jahre alte ‘Eve Online’ ein stabiles Wachstum voweisen. Ein stetiger Reifeprozess des Spiels scheint den Spielern offensichtlich sehr wichtig zu sein?

’Eve Online’ ist wirklich kein Spiel im traditionellen Sinn. ’Eve Online’ ist eine virtuelle Welt, in der du dich entwickeln kannst. Und je mehr du es spielst, desto lohnender wird es für dich. Eine stärkere Mundpropaganda für den Titel entsteht natürlich auch mit jedem neuen Spieler. Neben der Werbung sind vor allem unsere Spieler unsere stärksten Verbündeten. Das Spiel würde mit sinkenden Spielerzahlen nicht unbedingt schlechter werden. Zur Zeit sehen wir aber sowieso nicht, dass dies demnächst geschehen könnte. CCP investiert sehr viel in die Entwicklung von ’Eve Online’, da die Spieler dies verlangen. Sie möchten sicher gehen, dass es die Zeit wert ist, die sie in diesem Spiel verbringen. MMOG-Spieler tendieren ja dazu, MMOGs viel länger treu zu bleiben als traditionellen Spielen. Eine weitere wichtige Tatsache für das Wachstum von ’Eve Online’ ist, dass es niemals zu spät ist, in das Spiel einzusteigen. Neue Spieler werden sehr schnell ihre Rolle innerhalb des eingebundenen Konzepts der Konzerne im Spiel finden. Es liegt nicht am einzelnen Spieler, sondern an der Macht des Konzerns, auf die es ankommt. Und jeder neue Spieler verstärkt diese Gegebenheit.

Ein einfacher Einstieg? Gerade das hört sich aber paradox an, da gerade neue Spieler damit zu kämpfen haben, in absehbarer Zeit Zugang zum Spiel zu finden. Um das Training und all die Tutorial-Aufgaben erledigen zu können, benötigt man gut einen ganzen Tag; vom Lesen der zahlreichen Spielanleitungen ganz zu schweigen. Das wirkt doch eher abschreckend?

Gut Ding will Weile haben. (lacht) Trotzdem haben wir das Tutorial stärker vereinfacht und werden daran in Zukunft weiter arbeiten. Wir können ja auch nicht das Spiel verwässern, um neuen Spielern entgegenzukommen. Persönlich bin ich der Meinung, dass man um einiges mehr als nur einen Tag braucht, um sich im Spiel heimisch zu fühlen. Gerade die Tiefe ist es, die von den ’Eve’-Spielern so geschätzt wird. Dafür versprechen wir aber eine Erfahrung, wie man sie sonst nicht finden wird.

Welche Typen von Spielern werden eigentlich von ‘Eve Online’ angesprochen?

Es gibt so viele Wege, die ein Spieler innerhalb von ’Eve Online’ einschlagen kann, so dass es unterschiedliche Spielernaturen ansprechen kann. Es gibt Fabrikanten, Piraten, Söldner, Rohstoffproduzenten, Händler, Unternehmensführer usw. Das einzige, was alle ’Eve’-Spieler gemeinsam haben, ist die geistige Herausforderung und die Kontrolle über ihr eigenes Schicksal. Nebenbei müssen sie noch in einer Welt überleben, die sehr feindlich sein kann. (lacht)

Es gibt sogar noch ein Paradoxon: Euer Spiel sammelt einen Kritikerpreis nach dem anderen ein und ist trotzdem kommerziell erfolgreich – das ist selten.

Das haben wir tatsächlich vorher nicht erwartet, obwohl ich glaube, dass dies gewissermaßen schon zutrifft. Wir haben großes Glück mit der Presse und den Spielern. Wir tun unser Bestes, um diese gute Beziehung mit allen aufrechtzuerhalten, und das hat hoffentlich ein paar positive Effekte.

Derzeit bereitet ihr euch auf den Release in China vor. Es scheint auch dort ein großes Interesse an ’Eve Online’ vorhanden zu sein. Besser gesagt am Betatest, für den sich über 500.000 Spieler registriert haben.

Diese Zahl hat mittlerweile die Million erreicht. Aber das ist ja eigentlich für Open-Betas in China nicht ungewöhnlich. Deshalb sollte man aus diesen Zahlen nicht zuviel herauslesen. Wie sich das Spiel nun entwickelt, nachdem wir den Betatest beendet haben, ist es, worauf es jetzt ankommt. Für das Spiel wäre es sicherlich das beste, wenn es in China dasselbe sukzessive Wachstum entwickeln würde wie hier im Westen. Das würde es den Firmen, Allianzen und der Community erlauben, mit einem überschaubaren Grad zu wachsen, um die stabile Grundlage zu erschaffen, die für so ein Spiel nötig ist.

Wie stehen denn trotzdem die Chancen in China, nach dem Release das Interesse an der Open-Beta in zahlende Abonnenten umzuwandeln? Eine mögliche Diskrepanz zeigte uns zuletzt das riesige Interesse am ’D&D Online’-Betatest und den danach folgenden Abschwung. Hinzu kommt in eurem Beispiel noch der riskante asiatische Markt mit seinen beträchtlichen Unterschieden vor allem in kultureller Hinsicht wie beispielsweise der Hang zu leicht zugänglichen Online-Fantasy-Spielen.

Wie ich schon sagte, sind solche Zahlen für Beta-Tests in China vollkommen normal. Die Risiken sind gewiss sehr hoch. ’Eve Online’ würde zudem das einzige Science-Fiction-MMOG in einem Markt sein, der sehr stark von Fantasy-Spielen beherrscht wird. Wir sind jedoch noch nie den Regeln gefolgt und werden das auch jetzt nicht ändern. Wir versuchen in China unser Bestes und kooperieren dort mit unserem Partner Optic. Die Zukunft wird es schon zeigen, ob wir wirklich verrückt sind oder nicht.

Wird die chinesische Version von New Eden dieselbe bewährte Server-Technologie verwenden? Werden dort also auch alle Spieler in derselben Welt miteinander spielen?

Beide Cluster laufen mit denselben Versionen. Und wenn du fragst, ob diese einmal zu einer einzigen Welt zusammengefasst werden könnten, dann ist die Antwort möglicherweise ja. (lacht)

Als nächstes wollt ihr das Add-on ‘The Path of Kali’ veröffentlichen. Es soll neben einer neuen Grafik-Engine das geheimnisvoll klingende ’Advanced Reactive Content System’ (ARCS) mit sich bringen. Was für Möglichkeiten gibt denn ARCS den Spielern und wie wird das Online-Universum davon beeinflusst werden?

ARCS klingt wirklich ein bisschen so. Es ist aber einfach nur ein Überbegriff für eine neue Art Features, auf die wir uns jetzt verstärkt konzentrieren möchten. Es handelt sich dabei um Gameplay-Features, die viel stärker auf das reagieren, was der Spieler anstellt, als das früher der Fall war. Unser erstes großes Feature wird ’Factional Warfare’ sein, mit welchem man das Verhalten jeder Rasse im Spiel steuern kann. Da wir viele Features planen wollen, müssen wir trotzdem erst sehen, wie wir diese am besten einbauen. Es ist für uns um einiges schwieriger, diese Features einzubauen. Allein schon wegen der Tatsache, dass sich alle Spieler im selben Universum befinden und die kleinste Unausgewogenheit sehr schnell drastische Auswirkungen haben kann.

Was können die Spieler außerdem mit ‘The Path of Kali’ erwarten?

Es gibt das so genannte Player-Contract-System, welches komplexere, durchsetzbarere Beziehungen zwischen den Spielern erlaubt. Erkundungen werden mehr belohnt, die Erfindung neuer Technologien, Kampfverstärker, das Wiederverwerten von Schiffswracks, neue Schiffs-Upgrades, genannt Rigs, vier neue Schlachtschiffe und vier neue Schlachtkreuzer. Außerdem werden acht neue Regionen zugänglich. Darüber hinaus verbessern wir auch noch die gegenwärtige Funktionalität wie das Scannen von Sternensystemen, neue Spielererfahrung, Gameplay-Verbesserungen hinsichtlich der Weltraumsektoren sowie die Verbesserungen am Spiel-Client und dem Server.

Mit ’Factional Warfare’ werden wir außerdem generell die Kriegsführung, die Spielerinfrastruktur sowie die Oberhoheit über das Sonnensystem erweitern. ’Factional Warfare’ ist dazu gedacht, die Spieler in die Kriegsführung der Außenbezirke einzuführen und überhaupt einige evolutionäre Schritte an allen Fronten und der Infrastruktur zu entwickeln.

Das Tüpfelchen auf dem i wird das Upgrade der Grafik-Engine sein, die nicht nur die Leistung verbessern sollte und neue visuelle Features einführen, sondern auch eine Überholung aller Schiffsmodelle mit sich bringen wird. Wir werden vielleicht eine gesonderte Version des Clients veröffentlichen, welcher die neuen Features und Verbesserungen von Windows Vista und DirectX 10 ausnutzen könnte. Der Vista-Client würde dann mit denselben Inhalten ausgestattet werden und sich im gleichen Spiel-Universum wie der klassische ’Eve’-Client befinden.

Erlaube uns eine abschließende Frage. Was kommt nach ’The Path of Kali’ und den Herausforderungen in China? Was will CCP in der Zukunft anstellen – eine Zukunft möglicherweise neben ’Eve Online’?

Es gibt noch so viel, was wir mit ’Eve’ anstellen wollen, so dass wir damit weitermachen werden, die Dinge einzubauen, von denen wir seit langem träumen. Planeten- und Bodenkämpfe, Erkundung und Industrie und es den Spielern erlauben, ihre Raumschiffe zu verlassen sind nur einige Beispiele von den Inhalten, die wir noch hinzufügen müssen.

CCP hat nicht vor, eine Ein-Spiel-Firma zu sein. Und ich glaube, unsere Community will das auch nicht. Wir sind alle Spieler, die auch in Zukunft vorhaben, Spiele zu entwickeln. Natürlich brauchen wir deswegen mehr Spiele in der Tasche, um die Welt zu erobern. Unser Fokus liegt auf ’Eve’. Deswegen fühlen wir uns verpflichtet, ’Eve’ so lange weiterzuentwickeln, solange die Spieler ihren Spaß daran haben. Es wird nie ein ’Eve 2’ geben, sondern einfach nur sich konstant entwickelndes ’Eve’.

Vielen Dank für das Gespräch!

Rayk Kerstan über das Rollenspiel

Schon seit einiger Zeit verfolgen Spieler und die Fachpresse gespannt die Entwicklung des deutschen Rollenspiels ’Grotesque: Heroes Hunted’ von Silent Dreams. Mittlerweile hat sich die einst als Hobbyprojekt begonnene Entwicklung soweit professionalisiert, dass ein kommerzieller Erfolg angepeilt wird. Höchste Zeit also, dass wir uns einmal ausführlich mit dem Lead Producer Rayk Kerstan über ’Grotesque’ unterhielten. Worum es geht und warum das Spiel sogar verstärkt die holde Weiblichkeit anziehen könnte, lest ihr im folgenden Interview.

Hallo Rayk! Mit eurem ungewöhnlichen Rollenspielprojekt ’Grotesque’ habt ihr das Interesse von Spielern wie der Fachpresse gleichermaßen gehörig geweckt. Wie sieht denn euer Konzept aus und wer ist Silent Dreams?

Hinter Silent Dreams stecken sehr talentierte Personen, die noch ein Fünkchen Idealismus in die Branche bringen wollen, während der Entwicklung aber auch gelernt haben, produktiv und wirtschaftlich zu denken. Irgendwo findet ihr in Düsseldorf einen Geheimgang, der euch zu unserem mysteriösen Büro führen lässt.

Der Erfahrenste unserer engsten Mitarbeiter war damals maßgeblich beteiligt an Spielen wie Siedler 3 und diesem kultigen Alien-Taktik-Spiel Incubation von Bluebyte, die ja ihren Sitz auch in Düsseldorf haben.

Das Entwicklungskonzept besitzt eine utopische Seitenanzahl, aber ich versuche mal für die Nicht–Grotesque-Wissenden zusammenzufassen, dass Grotesque: Heroes Hunted ein episches, klassisches Fantasy-RPG ist mit spielerischen Anleihen zu World of Warcraft und Gothic, mit künstlerischem Esprit eines Final Fantasy. Der kleine Unterschied sind jedoch vor allem groteske Elemente, die gelangweilte Spieler schnell aufhorchen lassen werden.

Kreative Spiele kämpfen nicht selten um den kommerziellen Erfolg. Oder anders gefragt: Will ’Grotesque’ ein kommerzielles Spiel auf dem Markt sein?

Absolut. Nicht umsonst gibt es einige Parallelen zu den weltweit bekanntesten RPGs. Jedoch wollen wir unseren eigenen Weg gehen und es gibt auch ein weiteres interessantes Ziel: Ein kreatives Spiel zu entwickeln, das, kommerziell gesehen, durchaus Erfolg hat.

Vielleicht können wir dazu beitragen, dass die Publisher umdenken und in Zukunft mehr Risiko für neue Ideen eingehen werden. Ich bin absolut fest davon überzeugt, dass Grotesque sich – gemessen an unserem geplanten Budget – absolut gewinnbringend verkaufen wird. Denn diese Mischung aus anerkannten klassischen Game-Elementen und dem eigenen Spielwitz ist eine wirtschaftlich sichere Mischung.

Soll das Rollenspiel über einen Publisher finanziert und vertrieben werden?

Definitiv. Um qualitativ mit den Großen mitzuhalten, aber auch zeitlich irgendwann fertig zu werden. Aktuell ist die Arbeit ohne Publisher nicht gerade einfach. Inzwischen arbeiten wir mit der Firma Schanz International Consultants zusammen, sie übernehmen die Vermittlung und Verhandlung mit den Publishern. Durch ihre große Erfahrung und ihren vielen Kontakten aus aller Welt haben wir es nun sehr viel leichter. Und natürlich auch den Beweis, dass unser Spiel marktauglich ist. Wenn sie überzeugt sind, werden es auch viele Publisher sein.

Verrätst du uns an dieser Stelle, von was die Hintergrundstory handelt?

Der Clue von Grotesque ist, dass ihr als Rollenspieler in einer Fantasy-Welt landet. Besser gesagt Roger Sun tut es, der Hauptcharakter des Spiels. Er ist ein Metal Fan, liebt seine Gitarre, ein Rollenspieler wie du und ich, und er ist genervt von den immer gleichen Geschichten, die sich die RPGs so ausdenken.

Dann spielt er das neue Rollenspiel Grotesque erfährt etwas von den Heeren des Lichts und den Schergen des Bösen. Eine alles entscheidende monumentale Schlacht im Jahre 1333, bla bla…

Eine Geschichte also, wie sie zumeist als unglaublich innovativ angepriesen und von weltberühmten Hollywood-Regisseuren geschrieben wurde. Gerade als Roger sein Meckergesicht aufzieht, um schon einmal komplexe Kritiken für die RPG-Community vorzubereiten, wird er von einer unbekannten Macht in den Schlund des Computers gezogen. Plötzlich befindet er sich in diese Welt und das ohne eine schlecht funktionierende 3D-Brille. Jetzt überschlagen sich die Ereignisse. Er lernt eine zuvor noch nie gesehene, asiatische Priesterin namens Aiko kennen. Diese jedoch sagt, dass sie seine Frau sei und Roger denkt schon über evtl. Alimente nach.

Dann greifen Goblins an. Doch kurz vor dem Ende von Roger und Aiko werden sie von zwei Gothics gerettet. Diese höflichen Personen mit französischen Akzent entpuppen sich aber als Vampire mit Hang zum spielerischen Sadismus. Aiko teleportiert Roger mit letzter Kraft weg. Als Roger wieder zu sich kommt, scheint Aiko verloren. Und dann sprechen plötzlich mysteriöse, weibliche, irgendwie ziemlich erotische Stimmen zu ihm und geben ihm eine wichtige Quest.

Tja…er leidet also unter Amnesie, ist plötzlich ziemlich muskulös und erhält von wildfremden Kreaturen Quests, ohne dass er das überhaupt wollte. Schon jetzt ist Roger klar, er muss ein Auserwählter sein, der irgendwas retten muss. Zum Glück hat er nicht alles in seinem Leben vergessen, die Erfahrungen aus Rollenspielen und Filmen ist mysteriöser Weise geblieben und mit diesen wichtigen Weisheiten versucht er nun zu überleben.

Mittlerweile ist ja bekannt, dass euer Rollenspiel eine große Portion Humor und Ironie mit sich bringen wird. Ist der klassische Rollenspieler eigentlich dazu aufnahmebereit, wenn bekannte und bierernste Titel auf die Schippe genommen werden?

Ich denke, daß gerade die Rollenspieler für Humor offen sind. Nicht umsonst sind Charaktere wie Mud aus ’Gothic’ oder Minsc mit seinem Hamster aus ’Baldur’s Gate’ heutzutage Kult, und das weltweit. Rollenspieler lieben Phantasie und dazu gehören außergewöhnliche Dinge. Rollenspieler sind auch von Natur aus meist etwas anders gestrickt als andere Spielertypen.

Klar wir haben keine Millionenschwere Analyse in Auftrag gegeben, um das zu testen. Aber auch aus der Erfahrung heraus, weil wir alle Rollenspiel Fans sind, wissen wir ungefähr, was RPGler mögen , was sie langweilt und was sie kalt läßt.

Wir wissen schon jetzt, dass es immer Mißtrauen gegenüber Humor geben wird. Aber wenn wir einmal diesen eigenen Weg gegangen sind, dann wird sich später keiner mehr fragen:

“Rollenspieler und Humor, klappt das wirklich?“ Dann werden sie sagen: „…klar klappt das. Da gibt’s doch dieses Grotesque, das Spiel hat das doch gezeigt.“ Vor allem aber auch, weil wir ja eine durchaus ernsthafte Storyline hineinbringen. Das ist vielleicht der Fehler, den man machen könnte, wenn ein humorvolles Spiel entwickelt wird: Die Glaubhaftigkeit geht bei zu viel Albernheit verloren. Aber genau das ist bei uns nicht der Fall. Schon allein deshalb ist unser Grafikstil auch erwachsen.

Im Übrigen glaube ich , daß wir auch viele weibliche Rollenspieler ansprechen, gerade weil ’Grotesque’ nicht nur aus Metzelei besteht. Und unsere niedlichen getigerten Wildhasen werden bestimmt tolle Merchandising Artikel (lacht).

Kommen wir einmal zum Gameplay von ’Grotesque’. Besonders das Kampfsystem erwähnt ihr gerne als in der Form noch nie gesehen. Anleihen an ’World of WarCraft’ oder ’Guild Wars’ gebt ihr bei diesem Thema im gleichen Atemzug zu. Wie dürfen wir uns das denn vorstellen?

Wir wollen nicht mit den üblichen Schlagworten, wie revolutionär etc um uns werfen, aber das Kampfsystem hat, wie eigentlich alles an dem Spiel, einen gewissen eigenen, charmanten Stil. Auf den ersten Blick sieht es dem Kampfsystem von ’World of Warcraft’ verdächtig ähnlich. So als wenn wir auf die glorreiche Idee gekommen wären, ein armes, berühmtes Spiel brutal zu kopieren, daß selbst andere wehrlose Spiele kopiert hat, um damit nun Geld zu machen. Ts ts…

Aber nur mal um ein paar Beispiele zu nennen: Als Roger auf eine Horde Goblins trifft, zückt er sein Schwert und wählt aus seinen Spezialmanövern aus. Hey und da finden sich einige spektakuläre Animationen, wie ein luftiger Sprungschlag mit Doppelschraube im Matrix Style. Solche spektakulären Skills werden mit noch spektakuläreren Kamerafahrten aufgepeppt.

Einer von den Goblins verliert daraufhin sein Leben. Goblins sind ja von Natur aus etwas feige. Und plötzlich flüchtet die ganze Bande. Und da reagiert Roger und meckert: „Ihr dämlichen, feigen Viecher!“ Es kann häufiger vorkommen, dass NPCs oder auch der Spielcharaktere im Kampf Kommentare geben. Also rennt der Spieler den flüchtenden Goblins hinterher und diese schlagen einen Haken an einem großen Felsen vorbei. Als der hinterher preschende Spieler alias Roger ankommt, stehen die Goblins in einer Gruppe da und machen provokante Witze über den dummen Menschen. Was folgt ist ein riesiger Oger mit einer gigantischen Keule, der von den Goblins kommandiert wird. Jetzt wird’s brenzlig…

Das ist nur ein Beispiel von vielen. Wir wollen einfach den Monstern ebenfalls eine gewisse Persönlichkeit geben. In Grotesque hackt und slayed sich der Spieler nicht nur einfach durch Monsterhorden durch. Die Kämpfe werden häufig aufgelockert durch Storyereignisse, oder irgendwelchen Ideen, die den Kampf nicht nur strategisch, taktisch erscheinen läßt, sondern auch ganz schön spannend.

Wie sieht es mit der Charakter-Entwicklung aus? Was kann der angehende Held werden?

’Grotesque: Heroes Hunted’ bietet drei Berufskarrieren. Also eine kleine Anleihe zu ’Gothic’…

Schon relativ am Anfang des Spiels lernt ihr Personen kennen, die euch gerne als Lehrling aufnehmen. Da gibt es z.B. den etwas arroganten Elf Lego-Lars. Er befindet sich gerade in Wishes Wind auf Durchreise und hat seine Waffenträger irgendwie verloren und läßt Roger auf die Suche gehen. Später stellt sich heraus, dass ziemlich niedliche, aber furchtbar gefräßige Wildhasen die Waffenträger verschlungen haben. Roger würde natürlich liebend gerne ein Held werden und nimmt die Aufgabe als Waffenträger an. Tja, das Dumme ist nur: er muss dann tatsächlich einen ganzen Haufen Waffen durch die Gegend schleppen. Was jedoch noch schlimmer ist: listige Goblin Gauner haben diesen riesigen Waffenstapel schon aus der Ferne bemerkt und jetzt erst beginnt das Problem. Entscheidet sich der Spieler jedoch für einen anderen Beruf, verläuft die Story teilweise anders. Dann kann es sein, daß Personen, die eigentlich auf der Seite Rogers waren, durch seine Taten nicht mehr so gut auf Ihn zu sprechen sind. Denn es gibt diverse Fraktionen die sich gegenseitig bekämpfen und Roger platzt mitten in diesem Geflecht aus Intrigen hinein.

Letztendlich kann sich Roger vom Waffenträger, zur Stadtwache bis zu einem kriegerischen Helden entwickeln. Oder ein wendiger akrobatischer Samurai oder aber ein Metal-Magier, der die gefürchteten E-Gitarren trägt, die groteske Form des Zauberstabes. In diesen Berufskarrieren erlernt Roger neue Skills, die er bei Trainern erlernen kann.

Außerdem lassen sich die Attribute nach einem Level-Up selbstständig steigern und so dem persönlichen Geschmack anpassen. Ich denke also, selbst dem Hardcore-Skill-RPGler wird dies genügen, um sich heimisch zu fühlen.

Ihr plant außerdem, Berufe ins Spiel zu bringen. In welchen Berufen darf der Spieler in Zukunft schuften?

Neben diesen Berufskarrieren gibt es noch eine Reihe an Nebenberufen und Minijobs. Da wären klassische Berufe wie Schmied, Lederverarbeiter oder Kräuterkundler, aber auch originelle Jobs wie Türsteher oder Tabledancer. Dem Spieler bleibt es dabei überlassen, ob er einen Job erfüllen will oder sich lieber auf bodenständiges Monster schnetzeln konzentriert. Letztendlich gibt es Bereiche, in denen der angehende Held viel Gold oder zusätzliche Kräfte benötigt. Aber dem Spieler bleibt die Freiheit, zu entscheiden, wie er letztendlich vorgehen will, um diese Dinge zu erlangen. Freiheiten sind ja immer ein beliebtes Thema bei den Rollenspielen. Es hat aber auch seine Nachteile, nämlich daß die Story meistens darunter leidet. Ich möchte jetzt gar nicht über andere RPG’s anfangen zu meckern, aber ihr kennt ja die Schwächen von Rollenspielen mit vielen Freiheiten. Das ist bei uns anders, weil wir einen Kompromiß zwischen Freiheiten und linearen Abläufen durchziehen.

Sogar Adventure-Elemente soll es in ’Grotesque’ geben. Müssen wir uns daher vor unlösbaren Rätseln fürchten?

Fürchten solltet Ihr euch eher vor einigen weiblichen Personen in Grotesque (lacht). m Grunde genommen sind wir das erste Rollenspiel mit unterhaltsamen Adventure-Rtseln. Das ist einer unserer ominösen USP-Faktoren. Wir haben uns sehr wohl überlegt, was der Spaßfaktor in alten Lucas Arts-Adventures war. Absolut unlogische Rätsel, die den Spielspaß hemmen, sind deshalb nicht vorgesehen. Die Rätsel dienen eher der Abwechslung, so dass der Spieler einfach mehr machen kann, als herumzurennen und Monster platt zu machen. Das Coole an dieser Idee ist, daß diese Rätsel zumeist zu Nebenquests gehören. Sollte tatsächlich einmal der Fall eintreten, daß Ihr bei einem Rätsel nicht weiterkommt, ist das gar nicht schlimm. Es gibt genug andere Quests zu lösen, ihr müßt dann lediglich auf Gold oder interessante Items verzichten.

Unverschämt motivierend dabei ist auch das Faktum, daß gelöste Rätsel Erfahrungspunkte bieten. Das müssen eben nicht nur Quests sein, sondern können auch Aktionen sein, die ein kleines verstecktes Rätsel irgendwo in ’Grotesque’ darstellen.

Mal ehrlich, je länger ich über dieses Thema rede , desto klarer wird mir, dass diese Ideen etwas revolutionär gutes an sich haben, das schon bald von Anderen kopiert werden wird (lacht).

Was hat es mit dem Feature der Liebschaften auf sich? Wird doch nicht etwa Heiraten, Kinder kriegen und Sesshaft werden ein Spielziel sein?

Ganz so weit wird es nicht gehen. Aber als Rollenspieler haben wir uns vor allem zwei Spiele zu diesem Feature inspiriert. Das war zum einen das kultige Konsolenspiel ’Harvest Moon’ und natürlich ’Baldur’s Gate 2’. Wie viele Spieler haben stundenlang im Forum über diese Beziehungskisten geredet? Es waren erstaunlich viele und ich fand es schön, wie lebendig die NPCs dadurch wurden. NPCs mit Persönlichkeit sind eines der wichtigsten Elemente in ’Grotesque’ und die Liebschaften führen diese heroische Stärke weiter fort. Ja so ist das, nun wollt Ihr vielleicht auch noch wissen, wie sich denn die Liebschaften zu z.B. ’Baldurs Gate’ unterscheiden. So sind die Gespräche unterhaltsamer, weil es mehr Möglichkeiten gibt.

Außerdem können die Damen durch Items bezirzt werden. Selbst in der Realität soll das ja manchmal funktionieren.

Die Schwierigkeit ist jedoch, dass jede Frau einen unterschiedlichen Charakter besitzt, und auch eine andere Art des Flirtens bevorzugt. So liebt Alina z.B. Tiere und mag es nicht unbedingt gerne, wenn man diese schlachtet oder damit prahlt einen zweiköpfigen Wildhasen erschlagen zu haben. Dafür mag sie tiefsinnige Gespräche oder auch, wenn Roger die Schönheit der Natur erkennt. Der Engel Angel wiederum mag keine sensiblen Weicheier und steht auf Machosprüche, ist also mehr was für grobschlächtige Krieger, die grundsätzlich keiner Frau die Dungeon-Tür aufhalten (lacht).

Natürlich interessiert uns Technikbegeisterte auch die angewendete Technologie in ’Grotesque’. Bisher veröffentlichte Eindrücke zeugen ja durchaus von einem sehr hohen technischen Entwicklungsstand, der keinen Vergleich zu scheuen braucht.

Ja, das Lustige ist eigentlich, dass es anfangs nie wirklich unser Bestreben war, die tollste Technik zu haben. Vielmehr wollten wir uns um innere Werte kümmern. Irgendwie ist es aber dann doch dazu gekommen, dass wir eigentlich alle grafischen Features eingebaut haben, die z.B. ein Oblivion auch hat. Das ist wohl so ein gewisser Ehrgeiz unbedingt Komplimente von Spielern zu bekommen. Ich kann euch jetzt gerne noch mit technischen Details langweilen. So gibt es einen sehr hübschen dynamischen Schatten, Normal Maps sind natürlich immer gerne gesehen, genauso wie Parallax Mapping, die z.B. Mauern plastischer darstellen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie Männer daran Freude haben können (lacht).

Bloom war früher schon ein beliebtes Thema bei uns und unser Shader-Spezialist denkt sich immer wieder ein paar neue Shader aus, die uns weiterbringen können oder sogar die Arbeit erleichtern.

Unsere Charakter-Modelle haben ne Menge Polygone, um sie detaillierter zu machen als bei vielen Konkurrenzspielen. Vor allem werden sie auch dieses gewisse Charisma versprühen, das es braucht, um im Gedächtnis bleiben zu können. Dann kennt Ihr sicherlich schon das Speedtree-Tool. Damit lassen sich sehr realistische Vegetationen erstellen, allerdings doch sehr individuell von uns gestaltet. Die Ageia Physx-Engine lässt außerdem einige sehr nette physikalische Effekte zu. Ich muß noch mal schnell prahlen, dass die Engine u.a. von Unreal Tournament 2007 benutzt wird. Wir testen jedoch noch, welche Features wir mit der Physik letztendlich einbauen wollen. Klar ist aber, dass Todesanimationen dadurch realistischer werden und z.B. getötete Figuren einen Abhang runterkullern oder wunderschön künstlerisch eine tiefe Schlucht herunterfallen. Wer kennt nicht dieses Bedürfnis solchem romantischen Treiben gerne zuzusehen?

Als Basis dient uns die Vision Engine von der schwäbischen Firma Trinigy. Viele Neulinge beginnen immer erst einmal eine eigene Engine zu entwickeln, aber bestimmte Middleware Engines haben doch einige Vorteile und natürlich viel Support für unsere Programmierer. So haben wir jetzt durch die Weiterentwicklung der Vision einen tollen Echtzeit-Editor, in dem du spielen und editieren kannst. Es gibt Engines, die wesentlich teurer sind, aber so etwas nicht können. Ich glaub ich hab jetzt etwas unterschwellige Werbung für Trinigy gemacht, aber bevor ihr das bemerkt, kommen wir mal lieber zur nächsten Frage.

Wie ihr wollt: Kann euer Projekt damit in Konkurrenz zu Blockbustern mit entsprechend hohen Budgets wie ’The Elder Scrolls 4: Oblivion’ oder das kommende ’Gothic 3’ treten? Will es das überhaupt?

In Konkurrenz werden wir automatisch treten, weil wir logischer Weise mit den Blockbustern verglichen werden, aber auch wollen. Denn sonst beschäftigen sich viele Spieler nicht mit uns (lacht). Technisch müssen wir uns ja auch gar nicht mehr verstecken, wie wir ja gerade schon gemeinsam festgestellt haben. Das Budget ist natürlich niedriger, das ist klar. Im Vergleich zu diesen Titeln geben wir unser Debüt und somit bringen wir neue Ideen ein. Ich persönlich bin übrigens ein absoluter ’Gothic’-Fan und es ist schon komisch, jetzt mit Ihnen in Konkurrenz zu treten. Wobei man bei der geringen Anzahl an tiefgründigen RPGs nicht wirklich von Konkurrenz reden kann. Pyranha Bytes muss ja auch mal ein anderes gutes RPG spielen, was sie noch nicht kennen (lacht).

Gute, erfolgreiche Spiele haben häufig ihre eigene Vision. Wir setzen unseren Schwerpunkt darauf, den Spielern eine der interessantesten Storylines, die je in einem RPG erschaffen wurde, zu verwirklichen. Tiefgründige Charaktere mit Persönlichkeit und auch einen ganz eigenen Spielwitz zu kreieren. Auch der grafische Stil soll dieses spezielle ’Grotesque’-Feeling versprühen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in den nächsten Jahren noch häufiger von ’Grotesque’ hören werden. Denn wir sind wirklich hartnäckige

In welcher Phase der Entwicklung befindet sich ’Grotesque’ derzeit? Gibt es Neuigkeiten zum geplanten Beta-Test und könnt ihr schon einen ersten Releasetermin nennen?

Noch steht das Thema „Publisher Suche“ ganz oben. Es sieht gut für uns aus. Es gibt eine Reihe an Publishern, die sehr interessiert sind. Wir haben auch schon sehr viel Vorarbeit geleistet. Aber erst danach wissen wir genau, wie unsere Planung aussehen wird. Ein aktueller Releasetermin wäre Spekulation.

Möchtest du abschließend an unsere Leser noch etwas loswerden?

Es gibt immer wieder die Diskussionen, ob Fantasy-Spiele inzwischen ausgelutscht sind; dass den Publisher nix neues mehr einfällt, die meisten Spiele nur noch Langweile bieten und und und. Wir machen nun etwas erfrischend anderes, auch wenn wir es mit bekannten Elementen kombinieren, um für den Massenmarkt tauglich zu bleiben. Aber wenn Euch dieses neuartige Gefühl in Rollenspielen interessiert, dann laßt uns das gerne wissen und unterstützt uns. Nur so können wir es der Welt auch mal so richtig zeigen.Ihr könnt gerne mit uns in unserem Forum in Kontakt treten, da wir gerne ein Entwickler-Spieler-Schwätzchen halten.

Rayk, vielen Dank für das Gespräch.

Neue Ideen, schlechte Umsetzung?

’Rise & Fall’ bedeutete buchstäblich die Nachzeichnung der Entwicklung der Stainless Steel Studios. Vom Aufstieg mit Spielen wie ’Empire Earth’ bis zum finalen Untergang, bedingt durch Midways Erlass zu Schließung des Entwicklerstudios. Zwar wurde das Echtzeitstrategie-Spiel mit dem ambitionierten Ansatz, Strategie mit Action zu verknüpfen, doch noch fertig produiert. Jedoch stellt sich ’Rise & Fall: Civilizations at War’ gerade damit selbst ein Bein und beleidigt mich als pingeligen Althistoriker zudem.

Geschichtsstunde
Die Erwartungen an ’Rise & Fall’ waren hoch, rekapituliert man an dieser Stelle noch einmal die Historie dieses Spiels: Die Stainless Steel Studios wurden im Jahre 1997 von Rick Goodman gegründet, der zuvor unter anderem an der Entwicklung von ‚Age of Empires‘ beteiligt war. Unter der Anleitung eines solchen Strategen durfte also Beeindruckendes erwartet werden. Tatsächlich entwickelte sich ’Empire Earth’, innovativ hin oder her, weltweit zu einem Verkaufserfolg. Nach einigen Rückschlägen sollte ’Rise & Fall’ endlich wieder ein Knaller Studios werden. Bekanntlich machte Publisher Midway dem mit der Schließung der Spieleschmiede einen Strich durch die Rechnung, drehte den Geldhahn zu, produzierte das Spiel trotzdem aber selbst fertig.

Kleopatra trug Doppel-D?
Was dabei rausgekommen ist, lässt sich schnell aufzählen: Ein insgesamt zwei Kampagnen umfassender Singleplayer-Modus, der zum einen den Feldzug des Makedonenkönigs Alexander des Großen behandelt und zum anderen die Landesverteidigung seiner später in Ägypten herrschenden Landsfrau Kleopatra. Übrigens ließen es sich die Entwickler bei der Gelegenheit nicht nehmen, den unzähligen Klischees über die gute Frau sogar noch ein weiteres hinzuzudichten: mit einer antiken operativen Brustvergrößerung. Ansonsten erwarten den Spieler die typischen Missionsszenarien und die ebenso typischen RTS-Aufbauelemente, zuzüglich des neuartigen Heldenmodus. Zwei weitere Völker bereichern die Schlachten gegen die KI oder menschliche Gegner. ’Rise & Fall’ legt offenbar keinen großen Wert darauf, im Mulitplayer-Modus gespielt zu werden. Wie hätte man sich sonst, mal wieder, für Gamespy entschieden? Schade eigentlich.

Action trifft RTS
Zurück zur Kampagne. Hier kommt der Heldenmodus als spektakulärstes neuartiges Gameplay-Feature unter anderem während des Verlaufs der Missionen hin und wieder zum Einsatz. Versetzt in die Ego-Perspektive steht man plötzlich in Person des jeweiligen Helden mitten auf dem Schlachtfeld. Endlich werden die Möglichkeiten für ein Strategiespiel, die sich aus dieser Sichtweise ergeben, zum Einsatz gebracht. Der Anblick ist denn auch wirklich beeindruckend, erblickt man so hautnah seine komplett aufgestellte Streitmacht. Der Testosteronpegel schwillt an, man brüllt den Marschbefehl und bekommt endlich mal den Hauch eines Eindrucks vermittelt, wie es sich früher in der Antike so gekämpft hat in der geschlossenen Schlachtenreihe. Mutig stampft man dem Gegner entgegen und erfreut sich mit Hilfe von Schwert und Bogen an den wohl ersten richtigen Action-Einlagen in einem Strategiespiel. Wenn da nicht die speziellen Heldenmissionen der Kampagne wären.

Feinschliff fehl am Platz?<br />
Zwingt eine Mission den Spieler, ausschließlich die Aufgaben im Heldenmodus zu meistern, ergibt sich zu oft eine Konsequenz daraus: Der Spieler wird durch Überforderung und Schwierigkeit zu oft frustriert. Darüber hinaus achtete man peinlichst genau darauf, dabei möglichst so viele Zwischenziele einzubauen, damit auch geübten Spielern möglichst viele Steine in den Weg gelegt werden. Nicht selten entsteht sogar das Gefühl, dass bei einigen dieser Missionen schlicht vergessen wurde, auf ein geregeltes Verhältnis zwischen Schwierigkeit und Machbarkeit zu überprüfen. Der fehlende finale Feinschliff macht sich dann auch bei weiteren Aspekten von ’Rise & Fall’ bemerkbar. Da wären die unglaublich lieblos und grob wirkende Menüs. Dann die furchtbar verpixelten Einheiten-Formationen, die es nahezu unmöglich machen, Truppengattungen auf Anhieb unterscheiden zu können. Ebenso wirkt das sehr wenig detaillierte Terrain auf Dauer langweilig, genauso die Zwischensequenzen in schlecht präsentierter Qualität.

Endlich richtige Seeschlachten!
Was bleibt einem da noch übrig, außer sich an den Massenaufmärschen mit unzähligen Einheiten zu ergötzen? Besonders die Seeschlachten, die in nahezu jedem Strategiespiel regelmäßig vernachlässigt oder gleich ganz weggelassen werden. Der Kampf zur See besitzt in ’Rise & Fall’ wegen der zahlreichen Details durchaus seinen Reiz. Matrosen können endlich während der Fahrt die durch Gefechte und von Holzwürmern durchbohrten verschimmelten Kähne auf See wieder flott machen. Das zu erleben, beinahe hätte ich es aufgegeben. Per Enterhaken werden feindliche Boote herangezogen, um sie zu entern oder sie in Stücke zu rammen. Schlussendlich lassen sich außerdem noch ganze Armeen per Schiff zu den Ufern des Feindes transportieren. Besonders die Altphilologen unter uns können so die Eroberung von Troja getreu der Ilias immer wieder nachspielen. Denn sogar der Truppennachschub bei einer Seeinvasion funktioniert direkt von den Landungsschiffen aus, da hier Soldaten nachproduziert werden können.

Starke Ansätze – Schlamperein in der Zielgeraden
Es ist ein Kreuz. Da traut sich ’Rise & Fall: Civilizations at War’ einerseits zu, tatsächlich spürbar neue Gameplay-Elemente, wie den Heldenmodus aus der Egoperspektive oder ausgefeilte Seegefechte in ein Echtzeitstrategie-Spiel, einzuführen. Die Seeschlachten waren meines Wissens nach bisher in keinem Titel mit so vielen Details und Möglichkeiten zu sehen. Andererseits merkt man dem Spiel die offensichtlich fehlende Arbeit hinsichtlich des Feintunings an. Möglicherweise entstanden hier die Defizite durch die unerwartete Schließung der Stainless Steels Studios. Zwar ist es beeindruckend, wenn unzählige Soldaten aufeinander prallen, durch fehlende Detailarbeit hat man jedoch so gut wie keinen Überblick über seine verschiedenen Truppenteile in der Schlacht. Und das nach einer langwierigen und harten Aufbauphase. Besonders in der Kampagne mutieren die Missionen, die im Heldenmodus zu absolvieren sind, aufgrund der Hektik und des hohen Schwierigkeitsgrads zu echten Spielspaßhemmern. So hat ’Rise & Fall’ sehr gute Ansätze für ein klassisches RTS, die aber durch fehlende Detailarbeit an einigen Stellen wieder zunichte gemacht wurden.

Lars Martensen von 4Head über sein Spiel.

Derzeit werkelt 4HEAD fleißig an der Fertigstellung des Nachfolgers der seinerzeit populären mittelalterlichen Wirtschaftssimulation ’Die Gilde’. Laut Eigenwerbung soll ’Die Gilde 2’ aber nicht eine weitere WiSim werden, sondern nichts weniger als die erste Lebenssimulation im packenden Ambiente des europäischen Mittelalters gepaart mit waschechten Rollenspiel-Elementen. Grund genug für uns also, einmal genauer bei Lars Martensen von 4HEAD nachzufragen, was da auf uns zukommt.

Hallo Lars! Dieses Jahr werden die dürstenden Fans mit einem ’Die Gilde’-Nachfolger beglückt. Geht das Konzept von ’Die Gilde 2’ in eine andere Richtung oder wollt ihr euch damit an den beachtlichen Erfolg des Vorgänger halten?

Hallo Stephan! Nun, das grundlegende Konzept geht in keine andere Richtung als dies im Ursprungsspiel der Fall war. Das heißt, Die Gilde 2 ist erneut ein Spiel, das seine Motivation für den Spieler aus der Bündelung der verschiedenen Spielelemente gewinnt: Handel, Intrigen, Politik, Rollenspiel und Lebenssimulation. Dieser Mix hat bei Die Gilde 1 gut funktioniert; warum also sollten wir uns nicht den Gefallen tun, bei Gilde 2 die gleichen Zutaten zu mixen?

Gleichwohl gibt es natürlich einige markante Veränderungen – nicht so sehr hinsichtlich der Gameplay-Elemente, sehr wohl aber in Bezug auf die Spielmechanik. Hier sind mit „kompletter“ Echtzeit im Gegensatz zum Runden-/Echtzeitkonzept des Vorgängers deutliche Fortschritte erzielt, was sich speziell im flüssigeren Multiplayerspiel zeigt.

Apropos Spielkonzept: Nicht wenige Nachfolger von einst sehr erfolgreichen Titeln aus Deutschland der jüngeren Vergangenheit wurden der internationalen Vermarktbarkeit wegen auf mehr Massentauglichkeit hin ausgerichtet. In der Regel zu Lasten der Originalität und Kreativität. Müssen wir diese Tendenz auch bei ’Die Gilde 2’ befürchten?

Es ist nun einmal so, dass die Entwicklung hochwertiger Titel heute das zwei- bis vierfache dessen kostet, was vor fünf Jahren investiert werden musste. Man kann sich der betriebswirtschaftlichen Wirklichkeit nicht verschließen und glauben, ein Titel, der eine siebenstellige Entwicklungssumme kostet und noch dazu nicht auf mehreren Plattformen entwickelt wird, würde seine Entwicklungskosten einspielen, wenn er, übertrieben gesagt, seinen Fokus zu sehr auf die Vorlieben (oder auch Leidensfähigkeit, Stichwort Interface [lacht] ) innerhalb der deutschsprachigen Territorien legt.

Damit meine ich, dass Gilde 1 hinsichtlich der Steuerung und der lediglich textlichen Visualisierung vieler Ereignisse durchaus noch sehr „deutsch“ war. Diese beiden Aspekte haben wir, neben einigen anderen, in der Tat für Gilde 2 nachhaltig überarbeitet. Insofern ist das Spiel nun „massentauglicher“. Aber ich kann gut damit leben, wenn jemand auf Anhieb mit der Steuerung zurecht kommt, weil diese üblichen Strategiespielen nunmehr recht ähnlich ist.

Wie können wir uns ’Die Gilde 2’ als Lebenssimulation vorstellen? Als eine Art ’Sims’ des Mittelalters? War das Arbeitsleben damals wirklich so aufregend?

Vielleicht kann man Gilde 2 ein wenig als Sims im Mittelalter beschreiben, wenn man jemandem das Spiel erklärt, der den Vorgänger nicht kennt. Tatsächlich ist es jedoch ein recht einzigartiges Spielkonzept mit Elementen von Lebenssimulation, aber natürlich ebenso RPG, Handel, Politik und Strategie – ganz wie der Vorgänger eben. Ein Beispiel mag das verdeutlichen:

Bei Gilde 2 liest man kein Buch aus reinem Selbstzweck, sondern, um beispielsweise seine rhetorischen Fähigkeiten zu steigern und dann seinen Gegner vor Gericht leichter zu einer Kerkerstrafe verurteilen zu können. Ist der Gegner dann im Kerker dahingeschieden, wirbt man vielleicht sogar um die reiche Witwe seines Opponenten und führt sie im Jahr darauf zum Altar.

Ob das Arbeitsleben aufregend war, kann ich nicht beantworten. Vermutlich eher anstrengend. Aber es macht (im Spiel) schon Spaß, seinen Bauern bei Aussaht oder Ernte zuzuschauen und seine Besitztümer zu hegen und zu pflegen. Und für den Spaß hat man ja immer noch seine Schergen, Diebe und Räuber…

In welchen Punkten unterscheidet sich denn der Nachfolger hinsichtlich des Broterwerbs? Gibt es bisher noch nicht behandelte Berufe des Mittelalters im Spiel?

Broterwerb trifft es in der Tat. Wir haben den Wirtschaftszweig der Lebensmittelversorgung mit Bauernhöfen und Bäckereien eingeführt. Einige Berufe aus Gilde 1 sind zusammengelegt worden wie etwa Alchimist und Parfumeur, andere gestrichen worden, da sie weniger unterhaltsam waren, etwa der Steinmetz. Wieder andere wie das Bankhaus sind nun städtische Gebäude. Es werden zunächst insgesamt zehn Berufe spielbar sein.

Bezugnehmend auf die Erfahrungen, die ihr und die Spieler mit dem ersten Teil gemacht haben: Flossen dadurch angeregt Veränderungen und Anpassungen an das allgemeine Gameplay des Sequels in die Entwicklung mit ein?

Natürlich haben wir die Reaktionen und Erfahrungen sowohl innerhalb des Teams als auch diejenigen der Community verfolgt. Wenn die Entwicklung eines so komplexen Titel wie Gilde 2 ein Wunschkonzert wäre, hätten wir gerne zum Beispiel 25 Berufe eingebaut, wären dann aber vermutlich erst Ende 2008 mit der Entwicklung fertig. Ich denke, die wichtigsten Anregungen, die wir uns zu Herzen genommen haben, beziehen sich auf die Bugfreiheit und die Lauffähigkeit im Multiplayermodus. Denn hier hatte Gilde 1 ja bekanntlich seine Schwächen.

Früher wurde der Nachwuchs einer Dynastie oft auch bis ins Erwachsenenalter einfach solange ins Abseits gestellt, bis der Hauptcharakter das Zeitliche segnete. Ihr sprecht bei ’Die Gilde 2’ von bis zu drei gleichzeitig spielbaren Charakteren einer Familie. Wie helft ihr dem Spieler, dabei nicht den Überblick zu verlieren?

Maßgeblich helfen wir durch das neu gestaltete User-Interface. Aber wer es nicht mag, mit drei Charakteren in seiner Party zu spielen, lässt einen oder gar zwei Slots einfach frei. Der Spieler kann dann sogar alle gewonnenen Erfahrungspunkte in die Entwicklung seines Lieblingscharakters stecken.

Gilde 2 macht allerdings nicht viel Federlesen, wenn es darum geht, jemanden aus dem Weg zu räumen. Eine Hinrichtung, ein tödliches Duell, all das kann in Gilde 2 deutlich schneller geschehen als es in Gilde 1 der Fall war. Im Vorgänger gab es so viele gemeine Möglichkeiten, da man aber nur einen Charakter gespielt hat, mussten wir das Spiel so ballancen, dass es nur sehr schwer möglich war, einen Gegner „nachhaltig“ aus dem Weg zu schaffen. Dies wollten wir in Gilde 2 ändern. Daher gibt es nun eine Party, die sich aus den Mitgliedern der eigenen Dynastie rekrutiert. Ein weiterer Grund für die Party wird aus der nächsten Antwort ersichtlich.

Ihr sprecht ja auch von Rollenspiel-Elementen. Welche sind das denn? Gibt es etwa daneben noch eine vom Spieler zu durchlebende Hintergrundgeschichte?

RPG-Elemente sind in Form von Charakterklassen, Talenten und Spezialfähigkeiten (Perks) vorhanden. Im Vorgänger gab es ja lediglich Berufe; in Gilde 2 wählt man für jeden Charakter eine von vier möglichen Charakterklassen. Jede Klasse erlaubt es dann, einige Berufe auszuüben. Außerdem bestimmt die Wahl der Klasse, welche der zehn Talente sich leichter (für weniger Erfahrungspunkte), normal oder schwerer steigern lassen.

Hat man sich beispielsweise für die Patron-Klasse entschieden, so kann man Bauernhöfe, Bäckereien und Wirtshäuser spielen. (Hier macht es dann Sinn, mehrere Mitglieder in der Party zu haben, damit man auch andere Wirtschaftszweige in derselben Partie spielen kann.) Da ein Patron aber in der Regel kein Wissenschaftler ist, gilt etwa für das Talent „Geheimwissen“, dass es schwer zu steigern ist. Die „Konstitution“ dagegen kann der Patron dank harter Arbeit und frischer Luft (zumindest auf den Feldern) leicht steigern.

Beim Aufstieg in bestimmte Stufen – ein Charakter kann maximal Stufe zehn erreichen – darf sich der Spieler Spezialfähigkeiten aussuchen, die den Charakter weiter individualisieren. So sorgt er etwa als „Mentor“ dafür, dass seine Angestellten schneller Erfahrung sammeln und „leveln“ oder becirct als „Kama Sutra Meister“ das andere Geschlecht nachhaltiger.

Bekanntlich sollen ja jetzt wirklich existierende Nachbarstädte den Handel sowie Angebot und Nachfrage authentischer simulieren. Welche neuen Möglichkeiten hat der Spieler, wenn er bei seinen Geschäften und Betrieben nicht mehr nur auf die Heimatstadt festgelegt wird?

Der Spieler kann im- und exportieren und in verschiedenen Ortschaften können unterschiedliche Steuersätze gelten. Preise bilden sich nach der tatsächlichen Verfügbarkeit und Nachfrage von Gütern. Exportiert man Brote in ein armes Dorf in einer Gegend, in welcher es keine Landwirtschaft gibt, so wird man gute Gewinne machen. Auf seinem teuren Rinderbraten wird man dort hingegen vermutlich sitzen bleiben, den sollte man besser in einer reichen Stadt verkaufen, denn dort geben sich die Bürger mit einfachem Brot nicht zufrieden. Für den Spieler gilt es also, die Bedürfnisse der Einwohner zu befriedigen. Dazu muss er Güter-Angebot, -Nachfrage, Steuersätze, geografische Lage sowie den Reichtum von Dörfern und Städten berücksichtigen.

Darf der Bauherr endlich nach eigenen Wünschen sein Domizil oder Produktionsstätten in der Stadt platzieren?

Grundsätzlich ja. In Gilde 1 gab es fest definierte Bauplätze, was etwas unflexibel war. In Gilde 2 gibt es Baugebiete. Das sind große Flächen, auf die mehrere Gebäude passen. Innerhalb eines solchen Baugebiets kann der Spieler frei entscheiden, wo er bauen möchte. Lediglich die Front eines Gebäudes muss sich an einer „Kante“ des Bausgebiets ausrichten. Dies bietet in der Praxis jedoch eine deutlich höhere Flexibilität als es in Gilde 1 der Fall war.

Gerade für eine Handelssimulation des Mittelalters wäre der Seehandel und die Hanse eine authentische Bereicherung. Jedoch ist der Handel zur See bisher nicht für ’Die Gilde 2’ geplant. Aber dürfen wir für diese Möglichkeit vielleicht auf ein Add-on hoffen?

Ja, hoffen dürft Ihr. Im Ernst, ich kann dazu noch nichts sagen.

Vor allem der Online-Multiplayer-Modus des Vorgängers war wohl mit Abstand eines der schwierigsten in den Griff zu bekommenden Spielelemente. Das war angesichts der sich sehr interessanten bietenden Möglichkeiten eigentlich sehr schade. Was hat man daraus für die ’Gilde 2’ gelernt?

Eine ganze Menge. Der MP-Modus läuft bereits seit Monaten stabiler als dies in Gilde 1 je der Fall war. Wir arbeiten außerdem mit einer externen Lösung, so dass es dieses Mal sicher keine tour de force wird, eine Multiplayerpartie zu spielen.

Möchtet ihr unseren Lesern abschließend noch etwas zum Entwicklungsstand und Release von ’Die Gilde 2’ mitteilen?

Wollen schon, aber… Also, Gilde 2 gedeiht prima, wir befinden uns sozusagen in der Endphase. Das Spiel wird im dritten Quartal veröffentlicht, sollte zwischendurch nicht die Welt untergehen. Und um gar keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Gemeint ist das dritte Quartal 2006. ;-)

Lars, vielen Dank für dieses Gespräch.

Games-on-Demand

Der ständig steigenden Verbreitung von Breitband-Anschlüssen sei Dank ergibt sich besonders über das Internet für die Spieleindustrie neben Einzel- und Versandhandel ein neuartiger und vor allem kostensparender Vertriebsweg. Neben der klassischen Online-Distribution für einzelne Spiele gibt es sogar noch weitere Bezugsmodelle, wie sich bei unserem Besuch bei Metaboli herausstellte, einem Anbieter von Games on Demand. Warum die neuen Vertriebswege aber allgemein noch immer in den Kinderschuhen stecken, dieser Frage wollen wir in diesem Artikel nachgehen.

Welches Packerl hätten’s denn gern?
Dem neugierigen Besucher des Metaboli-Portals werden wohl als erstes die Spiele-Sammelpackungen im Angebot auffallen. Der im August 2001 mit bisher 30.000 zahlenden Kunden in Frankreich gestartete Dienst setzt voll auf die so genannten Game-Flatrates. Im Gegenzug für den Abschluss eines monatlichen Abonnements erhält der Kunde Zugriff auf zwei unterschiedliche Packs. Wer sich zum Beispiel sein Spielvergnügen monatlich knapp zehn Euro kosten lassen möchte, der erhält dafür im Rahmen des Basisangebots Zugriff auf 61 Titel.

Der Unterschied zu den klassischen Vertriebswegen dürfte also klar sein: Metaboli setzt voll auf Spielesammlungen, die sich seit jeher auch im Einzelhandel aufgrund ihres Umfang und Budget-Preises großer Beliebtheit erfreuen. Neu daran ist, dass sich der Spieler zu Hause nach Lust und Laune spontan entscheiden kann, was er sich umgehend auf die Festplatte laden möchte. Bevor wir zum Angebot an Titeln kommen, werfen wir zunächst einen Blick auf die Technik, die hinter dem Dienst steht.

Per Stream zum vorzeitigen Spielvergnügen
Obwohl man sich schon den mühsamen Weg ins nächste Geschäft generell spart, steht vor dem Spielgenuss die Downloadzeit. Während unseres Schaufensterbummels auf den Seiten und via des hauseigenen Metaboli-Players konnten wir uns jedenfalls nicht über lahme Ladegeschwindigkeiten beschweren.

Die Leitung glühte förmlich und wurde bis zum technisch Möglichen ausgereizt. Darüber hinaus verkürzt die eingesetzte Streaming-Technologie die Wartezeit, da damit noch vor dem Ende des gesamten Downloads mit dem Spielen begonnen werden kann. Patches werden übrigens bei Erscheinen nach Angaben Metabolis sofort in die Titel integriert. Die Kundschaft soll bei eventuell späteren Updates bequeme Hinweise für die Bezugsmöglichkeiten erhalten.

Auch auf der finanziellen Seite zeigt sich Metaboli durchaus fortschrittlich. Das Abo kann neben dem Einsatz von gängigen Kreditkarten auch durch das elektronische Lastschriftverfahren bezahlt werden. Die Kündigungsfristen sind ebenfalls verbraucherfreundlich: Ähnlich wie in Online-Rollenspielen erlischt der Zugang zum Service nach der Kündigung mit Ablauf der letzten im Voraus bezahlten Abonnementszeit automatisch.

Virtuelle Software-Pyramide?
Ein mehr oder weniger böses Erwachen wird manchem beim Stöbern durch das Angebot eintreten. Wer hier für die monatlichen Preise von bis zu 20 Euro die aktuellsten Titel erwartet, wird enttäuscht werden. Dies kann bei einer Spiele-Flatrate zu dem Preis natürlich auch nicht ernsthaft erwartet werden. Aber deswegen wird Ramschware, deren einzelne Vertreter in jeder gut sortierten Software-Pyramide oder Spielesammlung ebenfalls zu finden sind, nicht unbedingt verlockender. Derzeit werden bei Metaboli als Top-Angebote Spiele wie ’The Bard’s Tale’, ’Driv3r’ oder ’Die Siedler 5: Das Erbe der Könige’ im Premium-Pack zu monatlich 20 Euro angeboten. Inhaber des Starter-Packs müssen da unter anderem mit ’Act of War’, ’Age of Empires 2: Gold Edition’ sowie ’Dungeon Siege 1’ noch einen weiteren Schritt zurück in die Vergangenheit gehen.

Konfliktpotential
Auf der anderen Seite tut sich selbst der direkte deutsche und potente Konkurrent Gamesload mit T-Online im Rücken schwer, die neuesten Vollpreisspiele immer zeitnah zum bequemen Download anzubieten. Zwar wird schon seit einigen Jahren besonders von Seiten der Entwicklerstudios der digitale Distributionsweg via Internet gepriesen, doch bei den Publishern, die über den Vertrieb das letzte Wort haben, ist dies immer noch nicht wirklich auf Zuspruch gestoßen. Wenn man spekulieren darf, dürften hier mit Sicherheit mögliche Konflikte mit dem mächtigen Einzel- und Versandhandel befürchtet werden, der diesem Vertriebsweg naturgemäß nicht positiv gegenüber steht. Zumindest für die Budget-Titel der Hersteller fand sich so über Metaboli ein neuer alternativer Absatzweg.

Eine sich immer wieder neu erfindende Spielesammlung
Wer sich mit der derzeitigen Situation abfinden kann, dass der digitale Bezug von Spielen wohl noch sehr lange stiefmütterlich von der Industrie und den Verantwortlichen behandelt wird, findet bei Metabolis Games on Demand-Service vor allem eins: Eine sich ständig neu erfindende Spielesammlung von einst mehr oder weniger qualitativen Titeln – bislang leider nur von Atari, Microsoft, THQ und Ubisoft. Dies hat gegenüber den klassischen Budget-Releases aber sogar einen großen Vorteil, da sogar diese in der Summe mit der Abo-Flatrate bei Metaboli niemals mithalten können. Diejenigen, die aber immer noch davon träumen, ihre Spiele zum Releasetermin bequem über das Internet zu bezahlen und anschließend herunterzuladen, sind hier falsch am Platz und müssen sich noch länger in Geduld üben.<br /><br />

Altes Spiel in neuem Gewand.

Endlich kommt wieder ein Sequel auf dem Markt, bei dem unter den etwas reiferen Spielern wahre Kindheitserinnerungen aufkommen dürften. Nach einem umstrittenen vierten Teil kehrt ’Heroes of Might & Magic 5’ wieder stärker zu den verdienten Wurzeln des Vor-Vorgängers zurück. Es stellt sich also die Frage, ob die ’Etherlords’-Schöpfer Nival Interactive uns einen würdigen Nachfolger von 3DOs / New World Computings Suchtspiel bescheren.

Endlich wieder zu Hause
Eine wunderschön bunte Märchenlandschaft wie gemalt, ruhiger und abwechslungsreicher Fantasy-Sound düdelt aus den Lautsprechern, überall kleine zu erforschende Örtlichkeiten sowie Geheimnisse. Und da steht er wieder: Der Held zu Pferd, Traum meiner früheren schlaflosen Nächte, wartend auf Befehle. Auf den ersten Blick und auch nach einigen Spielzügen des Runden-Strategiespiels wird zum einen klar, dass Nival (’Etherlords’, ’Silent Storm’) zwar nicht das Rad von ’Heroes of Might & Magic’ neu erfunden hat, doch die Entwickler scheinen das Flair der Serie genau studiert zu haben und schaffen es durchaus, diesen für den fünften Teil zu erhalten. Darüber hinaus ermöglichen sie es durch eine stimmig aufeinander abgestimmte Kampagne neben einer jeweils eigenen Handlung der Kapitel vor allem auf sinnvolle Weise alle sechs spielbaren Völker miteinander zu verbinden und dem Spieler vorzustellen.

Da war doch noch etwas
Neben der Singleplayer-Kampagne, die an sich sehr viele Stunden Spielzeit verspricht, sind leider nur sehr wenige Szenarien im Umfang enthalten. Ein Editor zur Erstellung der stets unglaublich beliebten Karten ist ebenfalls noch nicht mit dabei. Schade eigentlich; das kann es doch noch nicht gewesen sein. Denn der größte Langzeitmotivationsfaktor der ’Heroes of Might & Magic’-Spiele beruhte nicht auf den Kampagnen, sondern eben auf Szenarios und den eigenständig oder zufällig generierten Maps. Auf alle Fälle ist es wünschenswert, dass diese Features noch nachgereicht oder wenigstens für ein mögliches Add-on in Betracht gezogen werden.

Es bleibt so nur einstweilen zu hoffen, dass diese Entscheidung nicht aufgrund des allgegenwärtigen Trends zur Schaffung von weltweit massentauglichen Spielen zugrunde lag. Auf den zur Verfügung stehenden Maps bewegt es sich dann aber auch wieder ausgesprochen schön: Minen oder Produktionsstätten wollen von ihren Bewachern gesäubert und gehalten werden. Überall warten Upgrades nur darauf, die Heldenfähigkeiten zu verbessern. Und auch die Schrecksekunden sind wieder da, wenn der Feind das eigene Reich betritt.

Ein guter Käse muss erst reifen?
In Zeiten, in denen immer öfter schon vor Release der erste Patch erscheint, dürfen wohl die folgenden Beobachtungen niemanden mehr erschrecken. Trotzdem nerven sie. Wo im Spiel im Großen und Ganzen immer auf Details geachtet wurde, erscheint das Menu als hätte man es aus dem Beginn der Ära der grafisch darstellbaren Möglichkeiten importiert. Texte und Kampagnenerklärungen wirken viel zu grob. Fast noch schlimmer ist die Umsetzung des Bau-Menus. Dank viel zu kleiner Icons fehlt hier jede Übersicht. Ebenso scheinen die Zwischensequenzen technisch aus demselben Zeitalter zu stammen. Wo andernorts penibel auf die Qualität der Lippensynchronität geachtet wird, gibt es im vorliegen Beispiel gleich überhaupt keine. Die immer wiederkehrenden Animationen lassen die Augen sehr früh lieber auf den Text der Erzählung der durchaus gelungenen Hintergrundstory wandern. Die Kampagne selbst lässt hin und wieder aussagekräftigere Ziele vermissen, weshalb man beim Lösen der Aufgaben manchmal in der Luft hängt.

Im zu erwartenden Patch soll übrigens der Schwierigkeitsgrad entschärft werden, was nur zu begrüßen ist. Zur Zeit beißt man sich bei einigen Missionen aufgrund der unfairen KI schon auf mittlerem Niveau nämlich die Zähne aus. Einige Einheiten scheinen zudem von einem wirklichen Balancing verschont geblieben zu sein.

Helden in 3D
Wie schon bemerkt halten sich Neuerungen, ob sie nun sinnvoll wären oder nicht, im Sequel sehr in Grenzen. Trotzdem ist der Einsatz von 3D-Grafik natürlich die Auffälligste.

Zwar macht es keinen großen Unterschied im Gameplay, ob Held und Reittier über eine 2D- oder 3D-Karte zuckeln. Doch dank schwenk- und zoombarer 3D-Kamera lässt sich das Geschehen so nun von allen Blickwinkeln verfolgen. Würde man in den Rundenkämpfen die Maus nicht berühren, würde man die 3D-Grafik wohl gar nicht bemerken. Wie in den zahlreichen Vorgängern üblich stellen sich bei einer Schlacht oder Stadtbelagerung die mitgeführten Einheiten brav an den Rändern des Schlachtfelds auf und erwarten die Befehle des Spielers. Insgesamt sind die Kämpfe wieder ausgesprochen spannend und die starke Reduktion ausführbarer Zauber erweist sich tatsächlich als sinnvoller und übersichtlicher. Absolut gelungen präsentieren sich auch die verschiedenen Baustile der verschiedenen Völker. Besonders hier zeigen sich die Stärken der verwendeten 3D-Grafik, die so die liebevoll gestalteten Bauwerke aus jedem Winkel betrachten lassen.

Wunderbares Spiel trotz uraltem Prinzip und Macken
Wie würde man normalerweise einen Titel bewerten, bei dem Innovationen oder kreative Ansätze nicht zu erkennen sind? Trotzdem würde man ’Heroes of Might & Magic 5’ Unrecht tun, würde man es einfach abkanzeln. Vor allem, wenn man davon wieder hoffnungslos süchtig geworden ist. Alle geliebten Elemente sind wiederzuerkennen, jede Ecke der liebevoll ausgeschmückten Karten will erkundet werden. Wäre da nicht die stellenweise einfach unfair handelnde KI in der Kampagne, die mehr durch Übervorteilung denn mit einem ausgeklügelten Verhalten spielt und den Gesamteindruck wieder etwas trübt. Außerdem schmerzt das Fehlen der beliebten Zufallskarten, die bei den Vorgängern unendliches Spielen ermöglichten. Ubisoft sollte der Ankündigung möglichst bald Taten folgen lassen, wenigstens einen Editor nachzureichen sowie den Schwierigkeitsgrad zu verfeinern. Nivals ’Heroes of Might & Magic 5’ erfindet weder das Rad der Rundenstrategie noch der Serie selbst neu – es ist trotzdem ein absolut empfehlenswerter und würdiger Nachfolger der Serie.

Rollenspiel + Strategie zum Zweiten.

Wer ein Spiel wie ’Spellforce’ entwickelt, der muss eigentlich sehr schlau sein. Denn wenn ein Titel gleich zwei an sich sehr unterschiedliche Genres vereint, dann spricht er doch praktisch zwei Zielgruppen an. Irgendwie hat das damals bei dem ersten Teil aber nicht so recht klappen wollen. Ob das jetzt ’Spellforce 2: Shadow Wars’ besser macht?

Derzeit bin ich im Hinblick auf meine Genrevorlieben ein sehr glücklicher Spieler – ganz im Gegensatz zum vergangenen Jahr. Eigentlich bin ich gerade noch immer dabei, die ’Obllivion’-Welt von allen Bösewichten zu befreien, da brennt es schon wieder in einem anderen Land an allen Ecken und Enden. Ein unheiliges Bündnis der Schatten und Dunkelelfen bedroht diesmal das Märchenreich in ’Spellforce 2: Shadow Wars’ – und der Spieler soll es wieder richten. Entwickler Phenomic schickt uns also im Sequel erneut in einen Mix aus Action-Rollenspiel und Echtzeitstrategie. Wie das in der Praxis funktioniert? Nun als Grundlage dienen dazu die aus dem Strategiebereich gemeinhin bekannten Karten; im Falle von ’Spellforce 2’ zusätzlich gespickt mit NPCs, Quests und Schätzen. Abwechselnd hangelt man sich entweder mit seiner Heldentruppe über Aufträge durch die insgesamt durchaus spannend erzählte und üppige Hintergrundgeschichte oder stellt eine Streitmacht gegen die anderen Völker oder sonstige Monsterbrut im Strategiepart auf.

Das ist Rollenspiel
Nehmen wir uns zuerst einmal die Rollenspielseite vor: Wer sich schon ein wenig in der Landschaft herumgetrieben hat oder gerne unterwegs NPCs nach lukrativen Aufträgen ausfragt, bekommt beim Aufschlagen des Abenteurerhandbuchs gleich den ersten Schock versetzt. Die Entwickler glaubten wohl, dass der Durchschnittsmensch sich nicht den drei Meter langen Weg von einer Person zur nächsten merken kann. Deshalb werden für solche „Aufgaben“ bei unzähligen weiteren Gelegenheiten glatt eigene Questes eröffnet und nach drei Sekunden als erledigt signalisiert. Das Buch ist dementsprechend bis zum Platzen mit sinnlosen Einträgen gefüllt. Ebenso trägt die Unterteilung in Akte, Kapitel und was weiß ich noch alles bis ins kleinste Detail der Hintergrundstory zu einem Verlorenheitsgefühl bei, das Seinesgleichen sucht. Sorry, aber so viele kleine Erfolgserlebnisse müssen dann auch nicht sein.

Ansonsten bietet der Rollenspielteil im Prinzip genau das, was man sich von einem herkömmlichen Action-Rollenspiel erwartet: Schnell ablaufende und mit diversen grafischen Effekten verzierte Kämpfe. Das ermöglicht ein erfreulich einfach gehaltenes Fertigkeitensystem, mit dem auch ein Anfänger überhaupt nicht viel falsch machen kann. Die zur Party stoßenden Mitglieder geben grundsätzlich vor, ob sie den Weg des Kampfes oder der Magie einzuschlagen gedenken und der Spieler verhilft ihnen auf Wunsch bei der Verfeinerung ihrer Karriere. Auch der dritte Punkt beliebter Action-Rollenspiele ist durch die zahlreichen vorkommenden Gegenstände im Spiel in durchaus angemessener Weise vertreten: Die Befriedigung des gemeinen Jäger- und Sammlertriebs.

Auf der anderen Seite wird man jedoch keine bahnbrechenden neuen Elemente für dieses Genre finden und ausbrechen aus dem vorgezeichneten Charakterschicksal kann man schon gar nicht. Verfechter klassischer Rollenspiele werden unabhängig von der mittelprächtigen Qualität des hier gebotenen Action-Rollenspiels mit ‚Spellforce 2‘ wenig anfangen können. Da hilft auch die kosmetische Option der Schulterperspektive, mit Hilfe derer man sich von einer Schrägansicht in die Ego-Perspektive schalten kann.

Das ist Strategie
An manchen Stellen der Story reicht einfach der heldenhafte Einsatz einiger weniger nicht mehr aus, um der Bedrohung der Schatten Herr zu werden. Dann sind ausgewachsene Streitmächte gefragt. Im Gegensatz zum durchschnittlich gut ausgefallenen Rollenspielteil, muss man bei den Echtzeitstrategie-Missionen schon erhebliche Abstriche im Vergleich zu den Genrevorreitern hinnehmen: Das Spektrum der unterscheidbaren Einheiten ist ziemlich dürftig, langweilig gestaltete Gebäude, keine Formationen, kein Einsatz von Physik-Effekten, ein heilloses Durcheinander der Truppen in der Schlacht. Was den Strategiepart von anno dazumal jedoch wieder interessanter macht, ist, wenn sich Missionen mit kleinen Nebenquests auf der gespielten Karte vermischen. Dennoch ist das Strategiegameplay im Großen und Ganzen nicht mehr zeitgemäß.

Immerhin trifft das nicht auf die Technik zu. Während die schöne Optik der Spielwelt den Spieler glaubhaft vergessen lässt, dass er sich eigentlich „nur“ auf auswechselbaren Karten fortbewegt, weckt die Musik aber stellenweise Abwehrreaktionen in mir. Langsam kann ich die so typischen Geigenmelodien einer ’Der Herr der Ringe’-Interpretation eines Peter Jacksons nicht mehr hören. Nichtsdestotrotz wäre es ungerecht, zu behaupten, der komplette Soundtrack von ’Spellforce 2’ wäre schlecht. Das ist er wahrlich nicht, denn der Rest zeugt von gelungenen Kompositionen.

Und was bringt der ganze Brei?
Um die Frage von vorhin zu beantworten, ob der Genre-Mix von ’Spellforce 2: Shadow Wars’ als gelungen zu bezeichnen ist, beschreibe ich hier einmal das Endprodukt: Wer sich ’Spellforce 2’ zulegt, der bekommt einen mittelmäßig schmeckenden Brei aus zwei höchstens durchschnittlich schmackhaften Einzelzutaten. Erfahrene Spieler, die mit diesem Spiel nicht schon wieder das sehen wollen, was sie schon in zig anderen Action-Rollenspielen und Strategiespielen sowieso schon weitaus besser gesehen haben, sollten sich den Kauf des Titels mindestens dreimal überlegen. Punkten können vor allem die Präsentation und die Story, die eine lange Beschäftigung garantiert. Jemand, der nicht die allerhöchsten Ansprüche stellen muss, bekommt mit ’Spellforce 2: Shadow Wars’ jedoch zwei Spiele zum Preis von einem inklusive eines schnell zu überschauenden Gameplay und wird sicher seinen Spaß daran haben.

MMOG nur für Erwachsene?

Ein knatterndes kleines Vehikel. Maschinengewehr- und Flammenwerfersalven auf Knopfdruck, die von der Umgebung nichts übrig lassen. Eine giftsprühende Fauna, alle paar Meter ein durchgeknallter Mutant – und kein Elf weit und breit. Das postapokalyptische Setting von ’Auto Assault’ in bester Tradition eines ’Mad Max’ verspricht dem verwöhnten Spieler von Fantasy-Online-Spielen wieder ein düsteres Weltbild unserer Zukunft. Doch was will das Spiel eigentlich von uns?

Ich trete also auf das Gaspedal und lerne gleich zu Beginn, was es heißt, wenn das Fahrzeug nicht einen Hauch von realen Fahreigenschaften besitzt. Ziemlich unbeholfen kurve und gleite ich also durch die von zahllosen Kriegen gezeichnete Landschaft. Es scheint, als würde alles, was auf mindestens zwei Beinen oder Rädern ist, hinter mir her sein, um mich zu fressen. Untermalt von stimmigen dunklen SF-Klängen ignoriere ich den dämlich klingenden Motorensound und nehme gespannt den ersten Gegner ins Visier. Das dann folgende eher komisch wirkende Rattern des Maschinengewehrs holt mich spätestens jetzt wieder in den Alltag zurück.

Zu Fuß oder auf vier Rädern
Das Gameplay von ’Auto Assault’ ist zweigeteilt. Brettert man nicht gerade per Vehikel durch die Landschaft, geht das Abbild des Spielers in den Städten und Siedlungen in körperlicher Form seinen Geschäften nach. Hauptsächlich, um einfach die zahllosen Gegenstände beim örtlichen Schrotthändler gegen Bares einzutauschen oder um aus Einzelteilen wie kaputten Waffen, Panzerungen, Motoren usw. wieder etwas Brauchbares herzustellen. Leider werden bei der derzeitigen Präsentation des Interfaces auch Spieler ohne Sehschwäche ziemliche Schwierigkeiten damit haben, die oft nur pixelgroßen Gegenstände im Inventar überhaupt voneinander unterscheiden zu können. Wer gerne einem Handwerk nachgehen möchte, sollte also unbedingt eine Lupe vor dem Monitor spannen. Schade auch, dass nur Gegenstände repariert und verbessert, nicht aber selbst aus einzelnen Zutaten hergestellt werden können.

Gewöhnungsbedürftig
Generell ist die Präsentation des abgedrehten MMOGs beim aktuellen Stand der Dinge äußerst dürftig. Sieht das eigene Fahrzeug noch ganz ordentlich aus, hatte ich ganz besonders bei der Ausstattung der Spielwelt den Eindruck, mich um Jahre in der technischen Entwicklung zurückversetzt zu fühlen. Vielleicht wollte man ja auch nur des rauen Szenarios wegen nicht mit filigran realisierten Grafiken der Umgebung den allgemeinen Eindruck zerstören. Jedenfalls ist die Optik ziemlich gewöhnungsbedürftig und verlangt dem Spieler ein gehöriges Maß an Kompromissbereitschaft ab. Und das vor dem Hintergrund, dass der Release von ’Auto Assault’ in der Vergangenheit zwecks Optimierungen doch eigentlich stark nach hinten verschoben wurde.

Du bist da draußen ein kleines Würstchen
Hinsichtlich der Zerstörbarkeit der Umwelt hat Entwickler NetDevil den Mund nicht zu voll genommen. Nahezu alles, was vor der Knarre des Fahrzeugs auftaucht, kann zerstört werden. Apropos Knarre: Hier werden der sadistischen Fantasie des Spielers fast keine Grenzen gesetzt. Das Fahrzeug besitzt an der Front, dem Heck und dem Dach Einbauplätze für herkömmliche Waffen, Flammenwerfer, Laser oder Granatwerfer. Besonders Gnadenlose können sich zudem Kreissägeblätter an den Kühlergrill montieren. Das Waffenarsenal hört sich mächtig an. In der Praxis der Outlands relativieren die offensichtlich noch nicht von einem ausgewogenen Balancing betroffenen Gegnerscharen die Waffengewalt jedoch auf ein bescheidenes Maß. Überhaupt zeigt sich die Stärke der Angreifer zu oft als unfair und frustriert den Charakter während der Erfüllung seiner Pflichten.

Erinnerungen werden wach
Pflichten? Ja auch Quests gibt es in ’Auto Assault’. Und dafür sollte man froh sein. Denn ohne Aufgaben wäre das Spiel aufgrund der Seltenheit, mit der man auf der Autobahn anderen Spielern begegnet, noch langweiliger, als es eigentlich schon ist. Hier sollte man sich schon in einer der Städte mit anderen Spielern zu Konvois (Gruppen) zusammenschließen, um draußen nicht vor Einsamkeit zu sterben.

Bei den an jeder Ecke verfügbaren Quests fühlte ich mich dann aber schon wieder fast wie bei so vielen anderen MMORPGs zu Hause: Suche Ort X auf, töte Bösewicht Y und erzähle davon Z. Punkt Y kann der Abwechslung zuliebe auch erweitert werden: Nimm ihm oder ihr Gegenstand 08/15 ab. Die Hintergrundstory um den Konflikt der drei Völker, ist höchstens eine Randnotiz wert.

Gewohnte Standards
Apropos Rassen: Menschen, Mutanten und Biomeks hatten wohl gemeinsame Vorfahren. Jedenfalls entsteht dieser Eindruck, da sich die jeweils vier verfügbaren Klassen kaum von denen der anderen Völker unterscheiden. Bestehende Unterschiede rühren höchstens von einer Spezialeigenschaft des Volkes her. Generell findet sich auch in ’Auto Assault’ das bekannte Klassen-Schema aus anderen MMOGs. Eigentlich sollte der sogenannte Gefahren-Modus für zusätzlichen Aha-Effekt sorgen. Doch als ich die dazu zu füllende Anzeige nach tagelangen Spielens endlich voll hatte, wurde mir in einer höchst bedrohlichen Situation nach Betätigung des Auslösers schonungslos mitgeteilt, dass ich irgendein Bauteil dafür noch nicht besorgt hatte.

Was will das Spiel?
Es liegt auf der Hand, dass ’Auto Assault’ nicht mit Rennspielen, die auf einer realistischen Fahrsimulation beruhen, konkurrieren will. Und das muss es auch nicht. Jedoch frage ich mich, was ’Auto Assault’ eigentlich will bzw. wen von uns ansprechen will? Nahezu jedes Feature des MMOGs präsentiert sich aktuell als unbefriedigend oder höchstens mittelmäßig. Wenn schon nicht eine zeitgemäße Optik angestrebt wird, dann sollten wenigstens die Inhalte stimmen. Trotzdem zeigen die Quests nach nicht allzu langer Zeit Wiederholungstendenzen und tragen so nicht gerade zum Spielspaß bei. Handwerker werden sich aufgrund der wenigen Möglichkeiten in ihrem jeweiligen Fach ebenfalls unterfordert fühlen. Was aber zu noch viel mehr Frustration beiträgt, ist das aktuelle Balancing der Gegnerschaft von ’Auto Assault’. Das ist streckenweise einfach nur unfair und sollte möglichst schnell in Angriff genommen werden.

Wir beteiligen uns an dem Hype

Letztes Jahr sah es beinahe danach aus, als sei das Rollenspiel-Genre in ein ’Oblivion’-Loch gefallen und hoffnungslos der Bedeutungslosigkeit ausgeliefert. Zu viele missratene Gurken machten es den Fans reichlich schwer. Als Krönung dazu die erst nach mehrmonatigen Patch-Orgien gereiften Titel und die ziemlich dünne Auswahl wirklich zu empfehlender Rollenspiele. Dank des Erscheinens von Bethesdas grandiosem ’The Elder Scrolls 4: Oblivion’ wird diese schlechte Zeit nur noch einen Hauch der Erinnerung im Gedächtnis hinterlassen. Vorweg: Ich beziehe mich im folgenden ausschließlich auf die PC-Version. Mit der zickigen Xbox 360 muss sich bekanntlich Frl. Maertens abmühen.

Gigantischer Umfang
’The Elder Scrolls 4: Oblivion’ ist groß. Sehr groß. Doch im Gegensatz zum Vorgänger ’Morrowind’ bezieht sich hier Größe nicht nur auf die Spielwelt, sondern auch auf die verschiedenen, gehaltvollen Inhalte des Rollenspiels. Sage und schreibe 10 Rassen, 21 vorbestimmte und 7 selbstdefinierte Klassen geben darauf einen Vorgeschmack. Und dabei handelt es sich nicht um ein MMORPG, bei dem sich die Teilnehmer unterscheiden wollen. An den sich dadurch bietenden Individualisierungsmöglichkeiten darf sich so mancher Vertreter dieses Genres ein Beispiel nehmen. Hinzu kommt eine neue Ausgabe der ’The Elder Scrolls’-Welt, in welcher sich der Spieler wieder grenzenlos austoben kann. Unzählige Variationsmöglichkeiten der Charaktererstellung, eine packende Hauptstory, Nebenhandlungen und das unterschiedliche Gameplay verschiedener Klassen bieten unzählige Möglichkeiten. Vor allem aber gibt es eine Eigenschaft, die modernen Spielen beinahe schon gar nicht mehr zugetraut werden konnte: Wiederspielbarkeit.

Endlich bin ich Teil der Handlung
Glaubwürdige Charaktere tragen die Story von der Verschwörung gegen das Königreich, in die der Spieler exzellent eingebunden wird. Überall tauchen Oblivion-Tore auf, aus dessen Parallelwelt schreckliche Kreaturen hervortreten. Wer hat da seine Hände im Spiel? Die Normalsterblichen sind ziemlich aufgeschmissen, sich dagegen zu verteidigen.

Nur der Held kann gegen den drohenden Untergang wirklich etwas ausrichten. Das sind keine Phrasen aus der Hintergrundgeschichte, sondern entsprechen dem tatsächlichen Stellenwert des eigenen Avatars in der Welt und den Handlungsabläufen während der Quests. Dank eines vorbildlich automatisch geführten Tagebuchs sind einzelne Schritte der Aufträge ausnahmslos verständlich gehalten. Hinzu kommt ein tadellos umgesetztes Auto-Mapping-System, welches den Spieler durch die Markierung der Schlüsselörtlichkeiten niemals im Stich lässt. Sehr komfortabel ist das neue Reisesystem: Einmal entdeckte Orte lassen sich danach bequem per Mausklick auf der Übersichtskarte erreichen.

Die NPCs gehen in ’Oblivion’ endlich einer Beschäftigung nach. Im Gegensatz zu ’Morrowind’ stehen sie nicht einfach nur herum, sondern haben einen geregelten Tagesablauf und eine Beschäftigung. Deswegen sollte man sich nicht wundern, wenn man um Mitternacht vor den verschlossenen Türen der Händler steht oder die Gräfin schon in ihren Gemächern schlummert. Während die deutsche Version von ’The Elder Scrolls 4’ wie üblich etwas hölzern wirkt, ist die Sprachausgabe der US-Version zweifellos gelungen. Der gewohnten Interaktion mit den NPCs wurde das umständliche Einstellungs-Minigame hinzugefügt, mit Hilfe dessen man sich auf Wunsch bei der jeweiligen Person beliebter machen kann.

Probieren geht über Studieren
Das gesamte Fertigkeitensystem beugt sich realen Vorgaben, die auch in unserer Welt nicht anders sind. Nur durch Übung und Wiederholung erhöht sich der Wert eines Talents bzw. werden höhere Stufen erreicht. Ein Schwertkämpfer kann nicht mit der Klinge besser werden, wenn er nur Keulen einsetzt. Ein angelegter Schild wird niemals so gekonnt zum Einsatz kommen, wenn man ihn nicht wirklich benutzt. Gleiches gilt für Zauber ebenso wie für die jeweiligen Sekundärskills der verschiedenen Klassen. Dazu passt wunderbar, dass jede der drei Hauptrichtungen Kampf, Magie und Schleichen im Prinzip alle zur Verfügung stehenden Fertigkeiten anwenden kann – die Frage ist nur, wie gut.

Technikmaßstäbe
Natürlich wurde im Vorfeld sehr viel über die Optik und Technik spekuliert. Der grafische Eindruck stellt in der Praxis neben den eigentlich schon so zahlreichen Highlights ein weiteres dar.

Die Umgebung und ganz besonders die zahllosen Dungeons mit ihren jeweiligen Settings und Beleuchtungsmethoden wirken sehr plastisch und fesselnd. Berge bieten einen wunderbaren Überblick über verspielt gestaltete Landschaften. Raschelnde Blätter an Bäumen und sich durch den Wind bewegendes Gras lassen wegen der allgemeinen Detailverliebtheit nicht selten an Wahnsinnige in Bethesdas Grafikabteilung denken. Bis auf die Wachen ist jeder NPC einzigartig in der Spielwelt. Zwar kann ’Oblivion’ hinsichtlich der hölzernen Gesprächsanimation nicht den ersten Preis gewinnen. Dafür bietet die Einzigartigkeit der künstlichen Bevölkerung immer wieder einen Anreiz, diese anzusprechen. Eine lohnende Nebenquest könnte nach einem kleinen Smalltalk durchaus drin sein.

Verbeulte Schilde
Bethesda hat auch bei der Gestaltung der Kämpfe den Mund nicht zu voll genommen. Verschiedene Angriffsarten unter Einbeziehung erweiterter Techniken durch die Meisterung von Waffen und Zaubern, das Blocken oder tödliche Schleichangriffe lassen die Kämpfe plastisch erscheinen. Das geschickte Wechselspiel von Angriffsbewegungen und Abblocken bereitet grenzenlosen Spaß. Darüber hinaus sorgen Physik-Engine und Soundeffekte als Abrundung für ein fast reales Kampferlebnis, wie ich es zuvor noch nicht erlebt habe.

Fantasy ist wieder in!
Die Zeiten sind vorbei, in denen ich mich über die nächste schlechte Fantasy-Umsetzung aufregen konnte. ’The Elder Scrolls 4’ setzt unter den Rollenspielen hinsichtlich Ideen und Technik neue Maßstäbe, und schafft es sogar, dass Fantasy ab sofort wieder angesagt sein dürfte. Die gebotene grenzenlose Freiheit, eine glaubwürdig präsentierte Haupthandlung, das durchdachte Skillsystem und nicht zuletzt die grandiose Optik machen ’Oblivion’ zum Spielerlebnis der besonderen Art. Mit jedem weiteren verbrachten Tag in Cyrodiil entdeckt der Spieler neue Geheimnisse und lernt ein Stück mehr des Gameplays und der Möglichkeiten kennen, die ihm das Spiel bieten. Die Wiederspielbarkeit gibt es somit noch als i-Tüpfelchen oben drauf. Die Zeit bis zum Release von ’Gothic 3’ kann dank ’The Elder Scrolls 4’ nun eigentlich gar nicht lang genug sein. Wer sich dieses Rollenspiel nicht gönnt, gehört in ein Oblivion-Tor geschmissen.

Von Moorhuhn, Zuma und Sven.

Vollpreisspiele der herkömmlichen Art erreichen in der Regel einen Bekanntheitsgrad, der mittlerweile über das heimische Domizil eines Jugendlichen oder gereiften Spielers hinausgeht. Weitaus größere Dimensionen der Verbreitung und des Wiedererkennungswerts bleiben jedoch anderen Spielen vorbehalten: ’Moorhuhn’, ’Zuma’ oder ’Sven’ zum Beispiel. Dabei handelt es sich um sogenannte Casual Games, die im Gegensatz zu Vollpreisspielen besonders untypische Zielgruppen stark anzusprechen scheinen: Frauen und ältere Menschen.

Casual Games zeichnen Merkmale aus, die kein stärkerer Kontrast zur Core-Games-Verwandschaft sein könnten: Sie haben einen überschaubaren Umfang, ein einfach und schnell zu erreichendes Spielziel, Spielfortschritte sind selbst in Mittagspausen zu erreichen, sie sind entweder umsonst oder für unter 20 Euro zu haben und sie nötigen den PC-Spieler zu keiner Investition in High-End-Hardware. Viele dieser Punkte vergraulen einen verwöhnten Liebhaber von Vollpreisspielen. Und doch ziehen gerade Casual Games gegenüber den mit Awards verwöhnten Blockbustern von Publisher-Giganten wie Electronic Arts, Activision oder Ubisoft Massen von Menschen in ihren Bann. Ein Grund für die beachtliche Verbreitung dieser Spiele liegt, neben den eben erwähnten Merkmalen, schon in der plattformübergreifenden Anpassungsfähigkeit dieser Spiele begründet. Ist die Produktion von Multiplattformtiteln für PC und Konsolen oft nur mit hohem Aufwand zu erreichen, sieht man in der Regel ein Casual Game wie selbstverständlich gleich auf drei oder mehr Plattformen vertreten.

Frauen und Senioren mögen Gelegenheitsspiele
Die technische Weiterentwicklung trug zudem nicht unerheblich zur Popularität der Casual Games bei – denn inzwischen besitzt beinahe jedes Familienmitglied eine passende Plattform wie PC, Konsole, PDA oder Handy, auf denen die Spiele für zwischendurch zu finden sind.

Darüber hinaus werden aber noch ganz andere Zielgruppen angesprochen, wovon derzeit Publisher und Entwickler von „Normalspielen“ nur träumen können: Frauen und ältere Menschen. So sprechen „vor allem die großen Spieleportale hauptsächlich die weibliche Zielgruppe und auch ältere Menschen an, die bisher nur wenig mit Computern gemacht haben“, wie Jochen Heizmann von Entwickler Intermediaware (’Absolute Blue’, ’Dr. Germ’) bemerkt. Solche Portale wie beispielsweise Deutschland-spielt, RealNetworks in den USA oder Zylon im europäischen Raum, die Nachschub an Spielen liefern, sind dementsprechend ausgesprochen gut besucht.

Vertriebswege mit hoher Reichweite
Die unkomplizierten Vertriebswege von Casual Games machen es zudem interessierten Spielern sehr einfach, an diese zu kommen. Während große Publisher noch immer krampfhaft am Einzelhandelsmodell festhalten und Online-Vertriebswegen eher Steine in den Weg legen, gehört der Download dieser Kategorie von Spielen neben dem Erwerb im Geschäft zum Alltag: Große Portale und auch die Entwickler selber nutzen wie selbstverständlich diese Absatzmöglichkeit. Zu einer festen Einrichtung hat sich außerdem das zeitlich limitierte Ausprobieren eines Titels etabliert. So wird beispielsweise erst nach einer Stunde des Ausprobierens der Kaufpreis fällig. Eben dann, wenn der Spieler weiß, ob ihm dieses Spiel zusagt. Aber auch der Preis selbst bleibt nach einem ungeschriebenen Gesetz der Branche verbraucherfreundlich und mit unter 20 Euro erschwinglich.

Casual Gamer sind gar keine Spieler?
Gelegenheitsspiele wie ’Moorhuhn’ oder ’Zuma’ richten sich also vor allen an eine Zielgruppe, die sich nicht länger als 30 Minuten vom Alltag ablenken lassen möchten. Noch krasser wirkt jedoch der Umstand, dass sich gerade diese Menschen eben selbst nicht als Spieler bezeichnen würden. Ein Widerspruch?

Nach Meinung von Konstantin Nikulin, dem Betreiber von Deutschland-spielt, nicht unbedingt: „Casual Games werden hauptsächlich von Erwachsenen gespielt, die alles andere als Computerfreaks sind. Solche Nutzer wurden von der Games-Industrie immer sehr stark vernachlässigt.“ Verschenken hier die Publisher von Vollpreisspieler also ein riesiges Potential einer kaufkräftigen Gruppe? Dabei sind doch viele der gerade erwachsen gewordenen Menschen in ihrer Biographie mindestens schon einmal mit einem ’Tetris’ oder ’Pac-Man’ in Kontakt gekommen. Doch irgendwann scheinen sie auf ihrem Lebensweg von der Spiele-Industrie vergessen worden zu sein.

Gelegenheitsspiel + Vollpreisspiel = Das perfekte Spiel?
Die große Frage, die sich bei diesem Thema stellt, ist, ob beide Arten von Spielgattungen voneinander lernen können. Nicht selten klagen zum Beispiel Spieler, die sich eigentlich sehr gerne Vollpreistitel zulegen, darüber, vom Schwierigkeitsgrad überfordert zu sein. Derzeit jagt ein anspruchsloses Sequel einer erfolgreichen Serie das nächste. Klassische Online-Rollenspiele wiederum erwarten, dass sich die Teilnehmer von ihren realen Existenzen verabschieden, um endlich sichtbaren Erfolg im Spiel zu haben. Demgegenüber stehen die Casual Games mit ihren überschaubaren Spielwelten, die jedoch genau die Menschen abstoßen, die sich selbst als leidenschaftliche Spieler bezeichnen. Ein unlösbares Problem also? Man halte sich nur das Konzept von ’Sims’ vor Augen, dem erfolgreichsten PC-Spiel aller Zeiten. Hier scheint der Schöpfer Will Wright, ob beabsichtigt oder nicht, Gelegenheitsspieler wie Hardcore-Spieler gleichermaßen befriedigt zu haben. Würde also aus der Symbiose von Gelegenheitsspiel und Hardcore-Game endlich das perfekte Spiel herauskommen, nach dem wir alle suchen?

Question and Answer Bruce Shelley (en)

Bruce Shelley is considered one of the world’s best game designers and, of course, everybody knows him for the ‚Age of Empires‘ series. We had a chance to talk to him about his career, the latest iteration of ‚Age of Empires‘ and Ensemble Studios‘ future projects.

Hi Bruce! Your biography as a game designer reaches far back to the 70s. At the beginning you made many strategy board games. Did you see a relation later between the flair of oldschool board games and the new possibilities of the first homecomputers that let to your change as a game designer?

I believe that the principles of game design are constant across platforms and for strategy games in particular. Those were my favorite board games and became my favorite computer games. In a basic sense the change is just one of the type of canvass on which we paint, but computers allow a much more immersive and gripping experience. It is one thing to push wooden blocks or card board pieces on a board and another to see hundreds of soldiers marching and hear the gunfire. I made the change because I thought the opportunity was better with computers.

At MicroProse you worked together with Sid Meier amongst others on titles like ‘Civilization’ and ‘Railroad Tycoon’. But it seems that your vein for strategical war games in realtime was stronger and you left MicroProse after five years?

I loved working at Microprose, especially those years as Sid’s assistant designer. I left because my wife got a job offer that paid her three times my salary. At the time I was the lowest paid of the eight or so designers at Microprose and the VP of development refused to do anything about it. Being willing to leave worked out for me in the end.

I have had a long and abiding interest in history. My parents were both teachers and I was being educated all the time as a child. We were always visiting historic places and museums. I found I enjoyed games that made me think and those were often strategy games. That remains true today.

How did you meet Tony and Rick Goodman and what circumstances led to the foundation of Ensemble Studios?

I met Tony and Rick Goodman back in the 1970s at a game club associated with the University of Virginia. Tony’s father was teaching there and I was a graduate student. I lost track of the Goodmans when their dad took a job at SMU in Dallas. Meanwhile I helped start a game company in Virginia and went on to other companies. When Tony and Rick began talking about a game studio many years later, Tony found me and we got re-acquainted. He eventually asked me to join the studio and I became employee #4. Brian was a longtime friend of the Goodmans and I had actually met him once in Virginia also. He joined ES not long after I did. All of us shared an interest in strategy games and we found a good topic to launch the studio: ‘Age of Empires’.

Let’s talk about Ensemble Studio’s latest release ‘Age of Empires 3’. Isn’t it a little bit far anticipated at the release of part three to simultaneously reference with artworks on a possible ‘AoE 4’ or even a ‘AoE 5’?

Yes, it is a little premature to suggest what AoE 4 or AoE 5 could be about. We thought it was cool to get people thinking about what the entire series could cover. At this point, however, we are not thinking about those games at all.

By the way, this step could contribute to the actual phenomen of forgetting even actual blockbuster games after a relatively short time of its release compared to the past, couldn’t it?

I am not aware of many blockbuster games being forgotten after a short period of time. Most publishers would want to follow up a success very quickly. We want people to keep ‘Age of Empires’ at least in the back of their minds because sooner or later there is likely to be a successor. We want the market to be ready and anticipating it. Right now the team is focused on the creation of the new expansion pack [of ‘AoE 3’], but we don’t have further details to discuss on future titles.

At the german launch event of ‘AoE 3’ in Hamburg, I heard Greg Street speaking of an ‘Age of’-MMORPG. What is it about this game?

I doubt Greg spoke of an ‘Age of’ MMORPG being in development. He may have said that is an idea that has been considered or it is something people have asked for. All I want to say today is that we have some small teams of our best people building prototypes of their dream games. These could be anything, with the caveats that they have to be doable and make business sense. Any topic or genre or platform is possible at this point.

Innovation in general of the current generation of real time strategy is the introduction of physic engines and graphical high-end effects. What do you think: Will we see changes in gameplay in future RTS games or changes in other elements of RTS?

We put a lot of effort into the physics and graphic effects of ‘Age 3’, but that was not done at the expense of game play and game play innovation. We believe strongly that games must be different at both the high level (new topic, new look) and game play level (innovation). You can’t successfully sell the same game twice. People want new experiences. RTS has now caught up with other genres in technology and will probably keep pace in that area. Future RTS games have to innovate in game play, however, to continue being successful.

Bruce, thank you for the talk.

Thank you. We have enjoyed making these games over the years and hope to continue for many more years to come. We’ll keep you posted on what we are doing when we can.

Kreativen Geist hinter Age of Empires

Bruce Shelley gilt als Legende unter den Entwicklern von Echtzeit-Strategietiteln und war maßgeblich an der Entstehung einer der erfolgreichsten Spielereihen dieses Genres beteiligt: ’Age of Empires’. Wir hatten die Gelegenheit, uns mit ihm vor allem einmal über seine zweifellos langjährige Erfahrung als Spielentwickler und über die Entstehung der Ensemble Studios unterhalten. Was es mit der geheimnisvollen Ankündigung weiterer ’Age of Empires’-Spiele auf sich hat, erfahrt ihr außerdem in diesem Interview.

Hi Bruce! Deine Biographie als Spieleentwickler reicht bis in die 70er-Jahre zurück. Am Anfang hast du viele Strategie-Brettspiele entwickelt. Lagen die Gründe für deinen Wechsel zu den Computerspielen irgendwo zwischen dem Flair der guten alter Brettspiele und den neuen Möglichkeiten der damals aufkommenden ersten Heimcomputer?

Ich glaube, dass die Grundlagen der Spieleentwicklung plattformübergreifend dieselben sind; besonders bei Strategiespielen. Das waren nämlich meine Lieblingsbrettspiele und wurden später meine bevorzugten Computerspiele. Grundsätzlich wechseln wir ja nur eine der unterschiedlichen Arten von Leinwänden aus, auf denen wir etwas malen. Computer aber erlauben ein eindringlicheres und fesselnderes Erlebnis. Es ist eine Sache, nur Holzklötzchen oder Gegenstände bei Kartenspielen auf einem Brett zu ziehen, und auf der anderen Seite hunderte marschierende Soldaten zu sehen oder Kanonenfeuer zu hören. Ich habe mich umorientiert, weil ich dachte, dass Computer mehr Möglichkeiten bieten können.

Bei Microprose hast du mit Sid Meier unter anderen an Titeln wie ’Civilization’ und ’Railroad Tycoon’ gearbeitet. Es scheint aber, dass deine Ader für Echtzeit-Strategiespiele stärker war? Hast du aus diesem Grund MicroProse nach fünf Jahren verlassen?

Ich mochte die Arbeit bei Microprose und besonders die Jahre als Sids Assistent-Designer. Gekündigt habe ich dort, weil meine Frau einen Job angeboten bekam, bei dem sie drei mal soviel wie ich verdiente. Zu diesem Zeitpunkt war ich unter den ungefähr acht Designern bei Microprose der am schlechtesten Bezahlte. Der Vizepräsident der Entwicklungsabteilung wollte daran auch nichts ändern. Das hat mich letztendlich veranlasst, das Studio zu verlassen.

Woher kommt eigentlich generell deine Faszination für strategische Kriegsspiele?

Ich hatte schon immer ein großes Interesse an Geschichte. Meine Eltern waren beide Lehrer und so befand ich mich als Kind praktisch ständig im Unterricht. Wir haben oft historische Orte und Museen besucht. Ich habe dann herausgefunden, dass ich die Spiele mochte, die mich zum Denken anregten – und das waren oft Strategiesiele. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Ich traf Tony und Rick Goodman damals in den 70ern in einem Spiele-Club, der zur Universität von Virginia gehörte. Dort lehrte Tonys Vater und ich machte gerade meinen Abschluss. Als ihr Vater einen Lehrauftrag an der Southern Methodist University in Dallas annahm, verlor ich den Kontakt mit den Goodmans. In der Zwischenzeit half ich bei der Gründung eines Entwicklerstudios in Virginia und wechselte öfters zu anderen Studios. Als Tony und Rick viele Jahre später über ein eigenes Entwicklerstudio sprachen, war es Tony, der mir davon erzählte. Schließlich bat er mich darum, ob ich mitmachen würde. So wurde ich Mitarbeiter Nr. 4. Brian war ein alter Kumpel der Goodmans und ich lernte ihn schon damals in Virginia kennen. Er stieß dann zu Ensemble Studio kurz nach mir. Jeder von uns teilte das Interesse an Strategiespielen, was zum ersten Projekt des Studios führte: ’Age of Empires’.

Lass uns ein bisschen über Ensemble Studios’ aktuelles Werk ‘Age of Empires 3’ sprechen. Ist es nicht etwas sehr weit vorgegriffen, wenn im Verkaufsumfang vom dritten Teil schon Hinweise in Form von Artworks auf ein mögliches ’AoE 4’ oder sogar ’AoE 5’auftauchen?

Ja, es war schon ein wenig voreilig anzudeuten, von was ’AoE 4’ oder ’AoE 5’ handeln könnten. Wir dachten uns dabei, es wäre halt cool, wenn wir die Leute zum Überlegen anregen, vor welchen Hintergründen die komplette Serie noch spielen könnte. Zur Zeit denken wir über diese Spiele jedoch überhaupt noch nicht weiter nach.

Glaubst du nicht, dass solche Aktionen dazu beitragen, dass sogar Blockbuster-Titel schon wieder nach relativ kurzer Zeit in Vergessenheit geraten?

Mir ist nicht bewusst, dass viele Blockbuster-Spiele schon nach kurzer Zeit in die Vergessenheit gerieten. Viele Publisher fordern bei einem Erfolg sehr schnell nach einem Nachfolger. Wir möchten aber, dass ’Age of Empires’ zumindest in den Hinterköpfen der Leute hängen bleibt, weil früher oder später sehr wahrscheinlich ein Nachfolger kommen könnte. Deshalb ist es uns wichtig, dass der Markt dafür bereit ist und auf dieses Spiel wartet. Im Moment konzentriert sich das Team auf die Entwicklung des Add-ons [von ’Age of Empires 3’]. Mit Infos zu zukünftigen Titeln kann ich derzeit nicht dienen.

Beim deutschen Launch-Event von ‘AoE 3’ in Hamburg hörte ich Greg Street von einem ‘Age of’-MMORPG sprechen. Was hat es damit auf sich?

Ich bezweifle, dass Greg über ein sich schon in der Entwicklung befindendes ’Age of’-MMORPG sprach. Er sprach möglicherweise davon, dass es sich dabei um eine Idee handle, die einmal in Betracht gezogen werden könnte. Oder die Leute haben vielleicht danach gefragt. Was ich dazu nur sagen möchte, ist, dass bei uns kleinere Teams an Spiele-Prototypen eigener Wunschvorstellungen ihrer Mitglieder arbeiten. Jede Thematik oder Genre oder Plattform liegt dabei im Bereich der Möglichkeiten.

Derzeit zeigt sich hinsichtlich Innovationen im Genre der Echtzeit-Strategiespiele vor allem der Einsatz von Physik-Engines sowie aktueller High-End-Grafik. Glaubst du, dass wir irgendwann noch spürbare Veränderungen im Gameplay oder anderer Elemente dieses Genres bei zukünftigen Spielen sehen werden?

Wir haben für die Physik- und Grafikeffekte bei ’Age 3’ einen hohen Aufwand betrieben. Das geschah aber nicht auf Kosten von Gameplay-Innovationen. Wir glauben, dass Spiele nicht nur ein hohes technisches Niveau (Thema, Optik) haben, sondern auch hinsichtlich Gameplay (Innovationen) bei diesen beiden Aspekten unterscheidbar sein müssen. Man kann nicht ein und dasselbe Spiel zweimal erfolgreich verkaufen; die Leute verlangen nach einer neuen Erfahrung. RTS ist bei der Technik mittlerweile mit anderen Genres gleichgezogen und wird sich auf diesem Niveau wohl behaupten können. Zukünftige Strategiespiele müssen jedoch auch im Gameplay Neuerungen einführen, um weiterhin populär zu bleiben.

Bruce, danke für das Gespräch!

Bitte. Wir haben es über die vielen Jahre genossen, diese Spiele zu machen. Und wir hoffen, das noch viele Jahre fortzusetzen. Wir halten euch auf dem Laufenden!

Sauron will es noch einmal wissen.

Es grunzt, es schmatzt, Chaos überzieht das Land. Geschwollene Durchhalteparolen schallen von Helden auf ihren stolzen Rössern auf die dem baldigen Untergang geweihten Otto-Normal-Soldaten herab: Herzlich willkommen in ’Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde 2’. Oberschurke Sauron leidet offensichtlich unter Gedächtnisverlust und zieht schon wieder mit seiner rotzenden Ekeltruppe in die ’Schlacht um Mittelerde’. Mit welchem teuflischen Zauber belegte Electronic Arts die Tolkien-Protagonisten oder warum haben sie kein Déjà vu?

Soll Tolkien doch selbst erzählen
’Der Herr der Ringe’ verzückt beileibe nicht nur realitätsvergessende Fans; das Epos darf sich mit gutem Recht zur Weltliteratur zählen. Deswegen ließ man wohl aus Respekt davor lieber gleich das Erzählen einer interessanten neuen Geschichten innerhalb dieses Fantasy-Universums sein und präsentiert in der Kampagne von ’Die Schlacht um Mittelerde 2’ eine ungezogen dünne Hintergrundgeschichte. Der Plot lässt sich denn auch in Kürze beschreiben oder an drei Finger abzählen, denn die kreative Eigenleistung beschränkte sich höchstens auf einen kurzen Blick auf die alten Karten von Mittelerde. Der Nordwesten wird von Saurons Armeen bedroht, die alliierten Elben und Zwerge geraten in den Würgegriff Mordors. Punkt. Warum eigentlich? Hatten Goblins, Orks und Trolle nach dem ersten Teil des Strategiespiels schon wieder Langeweile? Wir erfahren es nicht. Man muss nicht unbedingt auf ein gutes Buch oder ein Rollenspiel zurückgreifen, um eine glaubwürdig erzählte Geschichte erwarten zu können. Aber höchstens ein paar Infos zur nächsten Schlacht und was den Unterlegenen danach blüht filmisch darzubieten, das ist keine Hintergrundstory.

Mehr Lebensraum für’s Volk
Kämpfen auf der Seite der dunklen Mächte die Fraktionen Mordor, Isengart und die Goblins, stellen sich diesen die Heere der Elben, Zwerge und Menschen entgegen. Die Unterschiede im Gameplay erscheinen marginal, über neue Ansätze brauchen wir hier erst gar nicht zu sprechen. Trotzdem erzwingen diese aber – verglichen mit den aus anderen klassischen Echtzeit-Strategiespielen bekannten Spielweisen – einige Umstellungen. Egal ob Elfen, Zwerge oder Orks: Jede Partei benötigt auf gewohnte Weise Ressourcen, um ihre Armeen zu unterhalten und die üblichen Upgrades freizuschalten. Aber genau bei der Ressourcengewinnung zeigt sich: Die Effektivität einzelner Rohstoffquellen wie Farmen, Erdlöcher oder Minen erhöht sich mit deren Abstand. In der Konsequenz ergibt sich nicht eine in sich abgeschottete und überschaubar zu verteidigende Basis, sondern sie erstreckt sich somit auf große Teile der gespielten Karte.

Perfekte Präsentation
Während man auf der für beide Seiten jeweils acht Missionen umfassenden Kampagne sich eine spannende Story selbst ausdenken darf, lässt Electronic Arts den Spieler zumindest bei der Optik und Akustik nicht im Stich. Die einzelnen Maps wurden zweifellos wunderschön inklusive hohen Detailgrads sowie Blickfängern gestaltet. Vor allem die verschiedenen Einheitentypen der vereinten Armeen der Finsternis, die immer in kompletten Regimentern antreten, geben mit ihren Bannerträgern eine gute Vorstellung von ihrer Schrecklichkeit. Selbstverständlich kommt die mittlerweile auch für das Strategiegenre obligatorische Physik-Engine zum Einsatz. Meiner Meinung nach gäbe es zur Zeit kein besseres Spiel als ’Die Schlacht um Mittelerde 2’, um die technischen Möglichkeiten so einer Engine besser zu präsentieren. Es geht einfach nichts über einen riesigen Troll, der eine Zwergenbande mit einem Fußtritt oder Handstreich über das halbe Schlachtfeld fegt.

Garniert wird die Szene vom grandiosen originalen Filmsoundtrack. Brüllen die Mannen dem Heerführer entgegen, ertappt man sich nicht selten dabei, sich als richtiger General einer Fantasy-Streitmacht zu fühlen. Die englische Sprachausgabe jedenfalls ist fantastisch. Der Himmel über dem Schlachtfeld verfinstert sich jedoch zunehmend, sobald die KI ins Spiel kommt. Zwar verhält sich diese auf den Skirmish-Maps ordentlich und lässt zumindest mir Dilettanten schon auf mittlerer Stufe fast keine Chance, erscheint das Verhalten der Kampagnen-Gegner so vorhersehbar wie die Gewissheit, dass nach dem Winter der Frühling kommt. So hält man anfangs die an den immer gleichen Stellen angreifenden Feinde in Schach, bis die Basis und alle Upgrades ausgebaut sind. Das Finale endet im Sturm der Massen auf die Missionsziele, beschränkt nur durch das Einheitenlimit.

In Mittelerde nichts Neues
Ich könnte mich bei ’Der Herr der Ringe: Schlacht um Mittlerede 2’ wieder maßlos ärgern. Mit diesem Spiel wird – auf eine zugegeben optisch sehr beeindruckende Weise – über die allgemeine Lustlosigkeit hinweggetäuscht, sich ein paar Gedanken über den Stand des Genres zu machen. Es soll nicht falsch verstanden werden, dass es sich bei ’Schlacht um Mittelerde 2’ nur um eine weitere schlechte Umsetzung einer Filmlizenz handelt. Dafür ist es handwerklich außerordentlich gut gelungen, nur hat man alles schon zu oft gesehen. Das mag Fans der Filme sowie urklassischer Echtzeit-Strategiespiele vielleicht nicht weiter stören. Aber die gebotenen Missionen werden ihnen darüber hinaus eine nur unzufrieden präsentierte Kampagne sowie ein mit wenigen Ausnahmen einfallsloses Missionsdesign bieten. Wer ’Schlacht um Mittelerde 2’ innovativer als das beispielsweise im vergleichbaren Zeitraum bereits erschienene ’Empire at War’ einschätzt, gehört auf Sarumans Turm verbannt.