Endlich kommt wieder ein Sequel auf dem Markt, bei dem unter den etwas reiferen Spielern wahre Kindheitserinnerungen aufkommen dürften. Nach einem umstrittenen vierten Teil kehrt ’Heroes of Might & Magic 5’ wieder stärker zu den verdienten Wurzeln des Vor-Vorgängers zurück. Es stellt sich also die Frage, ob die ’Etherlords’-Schöpfer Nival Interactive uns einen würdigen Nachfolger von 3DOs / New World Computings Suchtspiel bescheren.
Endlich wieder zu Hause
Eine wunderschön bunte Märchenlandschaft wie gemalt, ruhiger und abwechslungsreicher Fantasy-Sound düdelt aus den Lautsprechern, überall kleine zu erforschende Örtlichkeiten sowie Geheimnisse. Und da steht er wieder: Der Held zu Pferd, Traum meiner früheren schlaflosen Nächte, wartend auf Befehle. Auf den ersten Blick und auch nach einigen Spielzügen des Runden-Strategiespiels wird zum einen klar, dass Nival (’Etherlords’, ’Silent Storm’) zwar nicht das Rad von ’Heroes of Might & Magic’ neu erfunden hat, doch die Entwickler scheinen das Flair der Serie genau studiert zu haben und schaffen es durchaus, diesen für den fünften Teil zu erhalten. Darüber hinaus ermöglichen sie es durch eine stimmig aufeinander abgestimmte Kampagne neben einer jeweils eigenen Handlung der Kapitel vor allem auf sinnvolle Weise alle sechs spielbaren Völker miteinander zu verbinden und dem Spieler vorzustellen.
Da war doch noch etwas
Neben der Singleplayer-Kampagne, die an sich sehr viele Stunden Spielzeit verspricht, sind leider nur sehr wenige Szenarien im Umfang enthalten. Ein Editor zur Erstellung der stets unglaublich beliebten Karten ist ebenfalls noch nicht mit dabei. Schade eigentlich; das kann es doch noch nicht gewesen sein. Denn der größte Langzeitmotivationsfaktor der ’Heroes of Might & Magic’-Spiele beruhte nicht auf den Kampagnen, sondern eben auf Szenarios und den eigenständig oder zufällig generierten Maps. Auf alle Fälle ist es wünschenswert, dass diese Features noch nachgereicht oder wenigstens für ein mögliches Add-on in Betracht gezogen werden.
Es bleibt so nur einstweilen zu hoffen, dass diese Entscheidung nicht aufgrund des allgegenwärtigen Trends zur Schaffung von weltweit massentauglichen Spielen zugrunde lag. Auf den zur Verfügung stehenden Maps bewegt es sich dann aber auch wieder ausgesprochen schön: Minen oder Produktionsstätten wollen von ihren Bewachern gesäubert und gehalten werden. Überall warten Upgrades nur darauf, die Heldenfähigkeiten zu verbessern. Und auch die Schrecksekunden sind wieder da, wenn der Feind das eigene Reich betritt.
Ein guter Käse muss erst reifen?
In Zeiten, in denen immer öfter schon vor Release der erste Patch erscheint, dürfen wohl die folgenden Beobachtungen niemanden mehr erschrecken. Trotzdem nerven sie. Wo im Spiel im Großen und Ganzen immer auf Details geachtet wurde, erscheint das Menu als hätte man es aus dem Beginn der Ära der grafisch darstellbaren Möglichkeiten importiert. Texte und Kampagnenerklärungen wirken viel zu grob. Fast noch schlimmer ist die Umsetzung des Bau-Menus. Dank viel zu kleiner Icons fehlt hier jede Übersicht. Ebenso scheinen die Zwischensequenzen technisch aus demselben Zeitalter zu stammen. Wo andernorts penibel auf die Qualität der Lippensynchronität geachtet wird, gibt es im vorliegen Beispiel gleich überhaupt keine. Die immer wiederkehrenden Animationen lassen die Augen sehr früh lieber auf den Text der Erzählung der durchaus gelungenen Hintergrundstory wandern. Die Kampagne selbst lässt hin und wieder aussagekräftigere Ziele vermissen, weshalb man beim Lösen der Aufgaben manchmal in der Luft hängt.
Im zu erwartenden Patch soll übrigens der Schwierigkeitsgrad entschärft werden, was nur zu begrüßen ist. Zur Zeit beißt man sich bei einigen Missionen aufgrund der unfairen KI schon auf mittlerem Niveau nämlich die Zähne aus. Einige Einheiten scheinen zudem von einem wirklichen Balancing verschont geblieben zu sein.
Helden in 3D
Wie schon bemerkt halten sich Neuerungen, ob sie nun sinnvoll wären oder nicht, im Sequel sehr in Grenzen. Trotzdem ist der Einsatz von 3D-Grafik natürlich die Auffälligste.
Zwar macht es keinen großen Unterschied im Gameplay, ob Held und Reittier über eine 2D- oder 3D-Karte zuckeln. Doch dank schwenk- und zoombarer 3D-Kamera lässt sich das Geschehen so nun von allen Blickwinkeln verfolgen. Würde man in den Rundenkämpfen die Maus nicht berühren, würde man die 3D-Grafik wohl gar nicht bemerken. Wie in den zahlreichen Vorgängern üblich stellen sich bei einer Schlacht oder Stadtbelagerung die mitgeführten Einheiten brav an den Rändern des Schlachtfelds auf und erwarten die Befehle des Spielers. Insgesamt sind die Kämpfe wieder ausgesprochen spannend und die starke Reduktion ausführbarer Zauber erweist sich tatsächlich als sinnvoller und übersichtlicher. Absolut gelungen präsentieren sich auch die verschiedenen Baustile der verschiedenen Völker. Besonders hier zeigen sich die Stärken der verwendeten 3D-Grafik, die so die liebevoll gestalteten Bauwerke aus jedem Winkel betrachten lassen.
Wunderbares Spiel trotz uraltem Prinzip und Macken
Wie würde man normalerweise einen Titel bewerten, bei dem Innovationen oder kreative Ansätze nicht zu erkennen sind? Trotzdem würde man ’Heroes of Might & Magic 5’ Unrecht tun, würde man es einfach abkanzeln. Vor allem, wenn man davon wieder hoffnungslos süchtig geworden ist. Alle geliebten Elemente sind wiederzuerkennen, jede Ecke der liebevoll ausgeschmückten Karten will erkundet werden. Wäre da nicht die stellenweise einfach unfair handelnde KI in der Kampagne, die mehr durch Übervorteilung denn mit einem ausgeklügelten Verhalten spielt und den Gesamteindruck wieder etwas trübt. Außerdem schmerzt das Fehlen der beliebten Zufallskarten, die bei den Vorgängern unendliches Spielen ermöglichten. Ubisoft sollte der Ankündigung möglichst bald Taten folgen lassen, wenigstens einen Editor nachzureichen sowie den Schwierigkeitsgrad zu verfeinern. Nivals ’Heroes of Might & Magic 5’ erfindet weder das Rad der Rundenstrategie noch der Serie selbst neu – es ist trotzdem ein absolut empfehlenswerter und würdiger Nachfolger der Serie.