Tim Schafer galt bei vielen Adventure-Fans als Genie, doch auf dem Höhepunkt seiner Karriere tauchte er – wie schon Ron Gilbert vor ihm – plötzlich ab. Sieben Jahre mussten treue Fans auf sein neues Spiel warten, doch das Warten auf ‚Psychonauts‘ hatte sich gelohnt. Wir sprachen mit Schafer unter anderem über den Europa-Launch und das Feedback der Fans.
Tim, du hast den Europa-Launch von Psychonauts in den letzten Wochen ja schon auf deiner Website verfolgt. Wie zufrieden bist du damit, wie sich Psychonauts hier schlägt?
Wie haben so tolles Feedback von den europäischen Fans bekommen, das war wirklich sehr aufmunternd. Sie haben so geduldig darauf gewartet, dass eine PAL-Version des Spiels erscheint. (Naja, überwiegend geduldig. Zugegeben, es gab da ein paar ungeduldige Briefe. Aber gut, das war auf seine eigene Weise schön.) Und jetzt, da die PAL-Version erhältlich ist, haben sie uns wie verrückt Bilder und E-Mails geschickt. Ich liebe es.
Obwohl Psychonauts etliche GOTY-Awards gewonnen und gute Reviews bekommen hat, hat es sich zumindest in Nordamerika wohl nicht so gut verkauft. Wie erklärst du dir das? Wurde es falsch beworben oder ist es einfach zu „anders“?
Wir haben wirklich großartige Reviews bekommen und auch viel positive Stimmung von den Spielern aus den Foren. Die Verkäufe sind ein bisschen ein Mysterium, aber wir haben es geschafft, eine engagierte und passionierte Fan-Community zu erreichen, die sehr unterstützend und lautstark war. Ich bekomme noch immer E-Mails von Leuten, die das Spiel jetzt erst entdecken – sogar hier in den Staaten –, und es ist schön, von ihnen zu hören.
Majesco, euer nordamerikanischer Publisher, musste einen Teil seines Geschäfts vor ein paar Wochen dichtmachen. Kann ein Unternehmen, das vorwiegend Titel wie Psychonauts veröffentlicht, auf dem heutigen Markt nicht überleben? Wenn ja, wie ergeht es Double Fine?
Oh, klar, es ist möglich, mit Spielen wie Psychonauts Geld zu verdienen. Es ist nur viel einfacher, etwas anderes zu machen, und deshalb bleiben viele Publisher bei ihren sicheren Nummern. „Warum sollen wir es riskieren?“ ist für sie eine natürliche Frage. Ich verurteile sie eigentlich nicht dafür, denn für Double Fine kennen wir die Antwort darauf. Warum riskieren wir es? Weil das unser Ding ist, originelle und einzigartige Spiele zu machen. Es ist es nicht wert für mich, weniger als das zu machen.
Was glaubst du, hat sich in den letzten Jahren verändert? Warum haben sich Spiele wie Day of the Tentacle oder Full Throttle vor ungefähr zehn Jahren gut verkauft, aber heute würde sich keiner mehr für sowas interessieren?
Ihr solltet beizeiten mal einen Blick auf die Adventure-Community werfen. Es gibt haufenweise Fans, die sich sehr für Adventures interessieren. Ich glaube, es gibt sogar mehr passionierte und enthuasiastische Fans als wir in den alten Zeiten hatten. Aber der Rest der Industrie ist inzwischen einfach so viel größer. Andere Spiele sorgen einfach für viel mehr Aufsehen. Aber natürlich ist keiner von uns Jahr für Jahr an dem Gleichen interessiert. Ich mag nicht die gleiche Musik wie in den frühen 90ern, also warum sollte ich die gleichen Spiele mögen? Andererseits mag ich viel von der Musik, die ich Mitte der 80er gehört habe, also laufen diese Dinge vielleicht in 20-Jahres-Zyklen ab.
Wäre das Gameplay von Psychonauts in einem anderen Setting bzw. einer anderen Story möglich gewesen? Oder siehst du das als untrennbar an?
Ich denke, die beiden sind definitiv miteinander verflochten, aber ich glaube auch, dass man jede beliebige Story mit mehreren verschiedenen Spielarten erzählen kann. Aber wenn sie sich nicht gegenseitig unterstützen, dann funktioniert die ganze Sache natürlich nicht.
Woher holst du überhaupt deine ganzen verrückten Einfälle? Was ist deine Inspiration?
Ich weiß nie, wie ich diese Frage beantworten soll, weil ich selbst die Ideen gar nicht so verrückt finde. :)
Gibt es etwas, das du bei der Entwicklung von Psychonauts lieber anders gemacht hättest?
Nun, wenn ich es noch einmal machen müsste, dann gäbe es natürlich etliche Sachen, die ich anders gemacht hätte – aber das weiß ich nur, weil wir schon einmal den Entwicklungsprozess durchlaufen haben. Man kann eine Lehrphase nicht bereuen, nicht wahr? Ich bin glücklich, dass wir diesen Teil überlebt haben.
Was macht Double Fine im Moment? Habt ihr schon mit der Entwicklung eines neuen Spiels begonnen?
Ja, wir arbeiten derzeit an etwas Brandneuem. Es ist sehr aufregend, aber noch ist nichts angekündigt, darum kann ich leider nicht mehr sagen als das.
Bist du von den Next-Generation-Konsolen beeindruckt?
Ich habe endlich eine Xbox 360 ergattert und ich muss sagen: Ja. Ich meine, bessere Grafik, das ist klar. Aber was mich wirklich beeindruckt hat, ist eher die Connectivity der Konsole. Ich hätte nicht gedacht, dass es mir so Spaß macht, Spiele herunterzuladen, meine eigene Musik abzuspielen und die Scores meiner Freunde in ‚Geometry Wars‘ nachzugucken. Aber es macht mir so viel Spaß! Ich denke, das eröffnet viele spannende Möglichkeiten.
Eine Frage zum Schluss: Ron Gilbert soll sich ab und zu bei Double Fine aufhalten. Besteht die Chance, dass ihr irgendwann zusammen an einem Projekt arbeitet?
Klar! Ich meine, man weiß nie. Ron und ich denken oft zusammen über Spiele nach. Wenn sich eine Möglichkeit für uns auftun würde, zusammen an einem Spiel zu arbeiten, dann wäre das sicher ein großer Spaß. Jetzt müssen wir nur noch einen ‚Monkey Island‘-Fan mit ein paar Millionen Dollar finden und es geht los! :)
Tim, vielen Dank für das Gespräch!