Die Römer: Jahrhundertelang, ja fast ein ganzes Jahrtausend, hatten sie Europa unter ihrer Fuchtel. Nichts und niemand konnte gegen ihre knallharten, perfekt ausgebildeten und disziplinierten Legionen etwas ausrichten. Oft in gewaltiger Unterzahl gelang es ihnen trotzdem fast immer, die untrainierten Barbarenhorden zu zerquetschen, wie einen Wurm unter Bauer Friedrich’s Gummistiefel. Ca. 400 nach Christus passierte dann aber etwas, was das ohnehin schon durch interne Intrigen und Streit geplagte Imperium in den Abgrund riss. Die Hunnen kamen nach Europa und zermalmten ganze Völker mit ihrer brutalen Kriegsmaschinerie. Schnell eilte ihnen ihr Ruf voraus und sie waren in ganz Europa als furchtlose Bestien, die sogar Köpfe von Kleinkindern auf ihre Speere spießten, bekannt. Daraus resultierte eine gewaltige Flucht der germanischen und keltischen Stämme. Und da es kein unbewohntes Territorium mehr gab, flüchteten sie sich in römisches Territorium. In ihrer Panik nahmen es die germanischen Barbaren sogar mit den einst gefürchteten römischen Legionen auf – wohl das kleinere Übel im Vergleich zu den grausamen Hunnen. Diese Geschehnisse sind allgemein als Die Völkerwanderung bekannt und begründeten den Untergang des römischen Imperiums.
Independent Arts hat sofort erkannt, dass dieser geschichtliche Hintergrund ordendlich Stoff für ein PC Spiel hergibt und da es schon genug Römerspiele gibt ist es auf jeden Fall mal interessant das ganze aus der anderen Perspektive spielen zu können.
Against Rome bietet die RTS-üblichen Spielmodi. In der Kampagne könnt ihr euch mit Germanen, Hunnen und Kelten durch Europa schlachten und erlebt immer wieder ein paar nette Überraschungen. Ein seltenes Feature: Es gibt gewisse Punkte, an denen man selbst entscheiden kann welchen Weg man gehen will. Will man nun den heuchlerischen Anführer wählen, der den Römern die Stiefel leckt oder lieber doch den rebellischen, mordlustigen Anführer, welcher nur darauf wartet ‚die Kurzen‘ in Stücke zu hacken? Ein für meinen Geschmack viel zu seltenes Feature, welches ruhig auch mal von anderen Genregrößen eingebaut werden dürfte. Damit erhöht sich natürlich auch der Wiederspielwert um einiges. Die Singleplayermissionen sind generell sehr gut gelungen, auch wenn es sich anfangs nur um hau-bloß-ab-die-Römer-sind-viel-zu-stark dreht. Mit der Zeit ändert sich das und man darf nach den anfänglichen Missionen den Römern auch mal richtig schön auf’s Maul hauen.
Das Endlosspiel ist in etwa mit den bereits bekannten Skirmish Modi des Mitbewerbs gleichzusetzen, mit dem Unterschied, dass es halt einfach kein Ende nehmen will. Solltet ihr also einen Barbarenstamm dem Erdboden gleichgemacht haben, könnt ihr euch sicher sein daß sich kurz darauf wieder ein neuer Haufen ansiedeln will. Ausserdem gibt es noch ein paar nette Begegnungen mit Plünderern, Mordbrennern (wow – Mordbrenner klingt blutig) und natürlich wollen auch die Römer immer ihre Feldlager in unserer Gegend aufstellen.
Historische Schlachten könnt ihr auch nachspielen. Der Einfall der Hunnen in Europa ist genauso spielbar wie die Plünderung Roms durch die Goten. Prinzipiell ist Against Rome, bis auf einige Ausnahmen, recht authentisch gestaltet und geschichtlich interessierte Leute werden einige interessante Begegnungen haben.
Ein Multiplayerpart ist ebenfalls integriert, hebt sich aber nicht sonderlich vom Mitbewerb ab. In Against Rome wurde das Hauptaugenmerk auf Kampf und Taktik gelegt. Der Aufbaupart bleibt ein wenig auf der Strecke. Ressourcen muss man nicht abbauen – wer Holz braucht muss einfach einen Schreiner bauen. Der macht dann Holz aus.. hmm aus nichts glaube ich. Zumindest habe ich ihn nie mit der Motorsäge im nahegelegenen Wald gesehen um Bäume für seine Werkstatt zu fällen. Ebenso ist es mit allen anderen Ressourcen wie Gold, Gestein und Nahrung. Die Arbeiter bringen die Ressourcen automatisch ins Haupthaus und von dort holen sie sich auch die benötigten Ressourcen um weiteres Material herzustellen. Waffen bestehen komischerweise aus einem Stück Holz und einem Stück Gestein. Das Holz ist ja noch verständlich (braucht man zum Befeuern der Esse) aber Schwerter für die Kelten aus Stein? Nun ja, hier wurde zwar ein wenig gepatzt, aber es ist eher amüsant als nervend.
Dunkle Zauberkräfte unter den Barbarenhorden dürfen natürlich auch nicht fehlen. Jedes Volk kann einen zauberkundigen Mitmenschen ins Leben rufen, der seine Magie aus Menschenopfern bezieht. Wenn eurem Druiden also mal wieder der Saft ausgeht, einfach ein paar Arbeiter am Altar verheizen und er kann sofort wieder ein paar gnadenlose Sprüche auf seine Gegner loslassen (Die allerdings in meiner Version gegen die Mordbrenner im Endlosspiel nie gewirkt haben – aber ist ja egal, Bevölkerung kann man endlos aus den Häusern jagen und somit auch endlos viele am Altar opfern)
Ein weiteres Interessantes Gameplayfeature ist das Ruhmpunktesystem. In jeder Mission habt ihr einen Anführer. Mit jeder gewonnenen Schlacht bekommt er Ruhmpunkte, die man für diverse Upgrades nutzen kann. So werden mit der Zeit die Gebäude leistungsfähiger und man kann neue Einheiten bauen. Sollte man jedoch aus der Schlacht feige fliehen, verliert man sämtliche bis dato gesammelten Ruhmpunkte.
Moral ist natürlich auch eine wichtige Sache. Je nach Rasse ist, zumindest in der Kampagne, der Moralwert unterschiedlich. Einheiten der Hunnen haben z.B. anfangs einen Moralwert von null. Sollte man mit diesem Wert in eine Schlacht ziehen wird man sein blaues Wunder erleben, da die Kerle einfach abhauen sobald sie nur schief angeschaut werden. Ein wenig Gold schafft natürlich sofortige Abhilfe. Je mehr man den Kampfverbänden spendet, umso höher die Moral. Dies bestätigt mal wieder den alten Spruch ‚Jeder Hunne ist käuflich‘.
Grafisch ist Against Rome stark angestaubt, aber trotzdem sieht’s irgendwie ganz gut aus. Vollwertiges 3D bekommt man zwar nicht präsentiert, aber immerhin sieht man z.B. wie sich die Bäume im Wind bewegen und sich die Tageszeit ändert. Die Einheiten sehen ehrlich gesagt scheiße aus (darf man scheiße in einem Review schreiben?). Wenn man in einer Auflösung von 1024×768 spielt ist noch alles ganz okay und erkennbar. Sobald man aber höher hinaus will, sieht man nur mehr einen sich bewegenden Brei. Sowas ist für die heutige Zeit eigentlich schon untragbar. Dies ist auch der Punkt an dem Against Rome mit Abstand am schlechtesten abschneidet.
Was bei der Grafik fehlt, wird von Musik, Soundeffekten und Sprache wieder wettgemacht. Ein klasse Soundtrack und eine professionelle Sprachausgabe machen große Schlachten zu einem Erlebnis. Hier wurde nichts ausgelassen, um ordendliche Mord- und Totschlagatmosphäre aufkommen zu lassen.
Haben wir nicht alle schon darauf gewartet, mit einer Armee nach Rom aufzubrechen, die den Boden in den Vorstädten schon aus zehn Kilometer erzittern lässt? Ich finde es eine gute Idee, nach Praetorians, Caesar und dergleichen, mal die Gegenseite zu spielen. Die Umsetzung dieses Konzepts ist eigentlich auch sehr gut gelungen – ein Griff ins Klo ist nur die grafische Aufmachung. Vielleicht hätte Independent Arts keine Dune II oder Command & Conquer Artworks studieren sollen? Dort sehen die Einheiten nämlich ähnlich schlecht aus.
Genug gejammert – wenn man alles zusammen nimmt bekommt man mit Against Rome einen wirklich guten RTS Titel, der einen lange zu beschäftigen weiß. Und das ist ja die Hauptsache, oder?