Wir schreiben das Jahr 2004. Seit Jahren rüsten fanatische PC-Freaks ständig ihren PC auf um irgendwann einmal Doom 3 spielen zu können. Das Erste das ein PC Verkäufer hört, wenn ein Spieler einen neuen Rechner will ist erfahrungsgemäß: ‚Kann ich damit dann Doom 3 spielen?‘ Wir alle wussten, dass dieses Spiel uns alle vom Hocker hauen wird und wir alle wussten was John Carmack ca. drei Jahre länger als geplant brauchen würde bis der Release dem Wahn endlich ein Ende setzt und jetzt – ja jetzt ist es soweit!
Die Zukunft: Am Mars hat sich die UAC (United Aerospace Corporation) breit gemacht um dort – weg von allen Menschenrechtsgeschwafel – nette Experimente zu machen und vor allem um massenhaft Kohle zu scheffeln. Ein gewaltiger Komplex wurde dort aufgebaut um Arbeitern Unterkunft und Forschern Raum für ekelhafte Schweinereien zu geben. Doch wie kann sich so etwas überhaupt rentieren, dass man 6 Monate von der Erde entfernt eine Basis um Milliarden Euro aus dem Boden stampft (ja ich gehe davon aus das die Währung der Zukunft der EURO sein wird!) um dort Forschungen zu betreiben? Die Antwort ist simpel: Waffentechnik, seltene Erze und natürlich alles was die Regierungen auf der Erde brauchen um so richtig schöne Vernichtungsfeldzüge gegen unterentwickelte Länder führen zu können (natürlich moralisch alles in Ordnung nachdem es sich immer nur um Kampf gegen den Terror handelt!). Stellt euch das Ganze also in etwa wie das Manhattan Project Version 2.0 vor und ihr kommt in etwa hin. Um die Situation von Doom 3 in einem schönen Satz zu beschreiben bediene ich mich einem Zitat aus Der Herr der Ringe: "Die Minen von Moria… Die Zwerge haben zu tief und zu gierig geschürft". Die John Carmack Version hört sich dann so an: "The devil is real… i’ve built his cage."
Nachdem seit einiger Zeit schon Leute von der Basis verschwinden, wird von der Konzernleitung ein wenig Schutz in Form von Marines bestellt, welcher dann auch prompt von der Erde geschickt wird um nach dem Rechten zu sehen. Natürlich seid ihr bei der Verstärkung dabei und dürft euch der Probleme von UAC annehmen. Leider bleibt es nicht so ganz beim Verschwinden einiger Leute, plötzlich fliegt euch die halbe Basis um die Ohren und kurz darauf verwandeln sich die netten Kerle die vorher noch mit euch Minigolf spielen wollten in sabbernde, stöhnende Zombies die eigentlich nichts Anderes vorhaben als euch nachzulaufen, um euch bei entsprechender Annäherung kräftig Eine zu scheuern. Welch Glücksfall, dass der gemeine Marine immer eine kleine Knarre bei der Hand hat um sich derartiger Übergriffe erwehren zu können.
Kleine Knarren sind natürlich nur Anfangs an der Tagesordnung. Je weiter ihr euch in die Welt von Doom 3 vorkämpft umso mächtigere Wummen dürft ihr natürlich auch benutzen. Im Arsenal findet sich vom Plasmawerfer bis zur Pumpgun so ziemlich alles, was der Hobby-Zombiemetzger benötigt um einen richtig schönen Amoklauf zu machen. Natürlich darf auch die legendäre Kettensäge nicht fehlen, die man bereits aus den Vorgängern kennt. Ich habe mich eine Zeit lang gefragt warum zum Teufel am Mars Kettensägen rumliegen, aber lest einfach die Mails die ihr im Laufe des Spiels über euren PDA bekommt.
Euer PDA ist euer mobiles Informationsbüro. Sämtliche Sicherheitsberechtigungen, Mails und Benutzerdaten, die im Laufe des Spiels irgendwo aufgesammelt werden, könnt ihr über dieses Gerät abrufen. Ebenso dient er als Abspielgerät für UAC Propagandavideos und Briefings. Oft verbergen sich kleine Hinweise auf Zahlenkombinationen für Waffenschränke und dergleichen in diversen Mails oder Audiologs, die ihr irgendwo gefunden habt. Natürlich darf beim Mailverkehr der obligatorische Spam auch nicht fehlen, welcher in Form von Martian Buddy auftritt. Im Gegensatz zum echten Mailverkehr ist es bei Doom 3 aber durchaus sinnvoll sich den Spam ausnahmsweise auch mal durchzulesen.
Die Steuerung funktioniert fast reibungslos. Fast alles lässt sich mit ein paar Tasten steuern und ein Tutorial ist eigentlich nicht einmal notwendig – obwohl man den Anfang des Spiels wohl als Tutorial sehen kann. Das Bedienen von Schaltern geht genauso mit einem Mausklick von statten wie das Reden mit Überlebenden oder das Zersägen von Untoten. Natürlich kann es durch diese Multifunktionsbelegung der linken Maustaste auch mal zu kleinen Unfällen kommen. Wenn ihr mit jemandem sprechen wollt und noch zu weit entfernt seid (oder der davon rennt) schiesst ihr ihn aus Versehen einfach nieder. Durch das exzellente Speichersystem von Doom 3 ist ein derartiger Vorfall aber meist kein Problem. Obwohl die Ladezeiten der Levels relativ heftig sind ist der Speicher- und Ladevorgang in wenigen Sekunden erledigt und man muss nicht, wie bei anderen Titeln, wieder warten bis der komplette Level geladen ist wenn man den Löffel abgeben sollte. Natürlich ist ein derart gutes Speichersystem eine nette Sache für die meisten Spiele aber in diesem Fall wäre vielleicht ein Savepoint System sinnvoller (Anm. des. Chefred.: "Bertl du Ratte!"), da durch ständiges Speichern und Laden einiges an Atmosphäre verloren geht. Wer spielt schon weiter wenn er nur noch 20 Energiepunkte hat, weil er gerade in eine unvorhergesehene Situation gekommen ist, wenn er in fünf Sekunden einfach kurz davor einen Quickload machen kann um es besser zu machen?
Von der technischen Seite her war Doom 3 wohl mit Sicherheit der größte Hype den die Spieleindustrie jemals erlebt hat. Die Grafik wurde als absolut wegweisend angepriesen und noch nie da gewesene Effekte wurden versprochen. Wenn Titel wie Far Cry allerdings ein paar Monate vorher auf den Markt kommen und eine grafische Revolution ohne Vorankündigung auslösen, stehen John Carmack und seine Mitarbeiter natürlich nicht mehr ganz so gut da wie sie es immer gerne gehabt hätten. Die Grafik ist nahe der Perfektion, das steht außer Frage, aber vielleicht ist es auch einfach leichter, enge Gänge und verwinkelte Labore mit massenhaft Texturen zu überziehen als gigantische Außenlevels in ähnlicher Qualität zu designen wie es Crytek in einer eindrucksvollen Weise geschafft hat. Der 3D-Engine aus dem Hause id darf man zugute halten dass die Grafik wohl in fast jeder erdenklichen Konfiguration sehr gut aussieht, und dass die Licht-/Schatten-Effekte wirklich ein Hammer sind, die atmosphärisch eine grosse Rolle spielen. Trotzdem halte ich Doom 3 aufgrund des Leveldesigns nicht für einen derartigen Knaller wie es Far Cry im Frühling bereits war. Da es eigentlich nur Innenlevels gibt, fehlt die Demonstration der Vielseitigkeit der Grafikengine und auch der Abwechslungsreichtum. Außerdem ist es ständig dunkel und wozu braucht man – überspitzt formuliert – eine leistungsfähige Engine, wenn es ständig nichts zu sehen gibt?
Bei Musik und Sound sieht es anders aus. id wusste genau, wie man Soundeffekte und Musik einsetzen muss um den Spieler absolut in den Bann des Games zu ziehen. Vor allem mit Surroundlautsprechern ist Doom 3 ein Erlebnis, das man so schnell nicht mehr vergessen wird. Gespenstisches Rascheln links, hinten vielleicht ein Schnarren und möglicherweise noch zeitgleich eine lockere Treppenstufe, können euch – zumindest anfangs noch – einen ordendlichen Schrecken einjagen.
Doom 3 setzt komplett auf Singleplayer-Action, weshalb der Multiplayer Part auch stark vernachlässigt wurde. Gerade mal vier kümmerliche Spieler können sich duellieren und das obwohl der Netcode von Quake 3: Arena verwendet wurde, der einiges drauf hätte. Traurig aber was soll’s für Multiplayer Sessions sind Titel wie Unreal Tournament oder Battlefield wahrscheinlich sowieso besser geeignet….
Das Gameplay im Singleplayer Modus kann sich dafür sehen lassen. Durch Kombination technischer Effekte und gezielt platzierten Schockern wird eine absolut geniale, dichte Atmosphäre erreicht die ich selten bei anderen Titeln gesehen habe. Vor allem Anfangs bekommt man ein paar Überaschungen auf den Bildschirm geknallt die einen frühzeitigen Herzstillstand massiv fördern können (Ja, ich bin halt nun mal ein schreckhafter Mensch!) aber mit der Zeit wird es voraussehbar wann wieder ein Schockeffekt passieren wird. Das Licht weiter vorne ist gedämpft? Lüftungsschlitze am Boden? Klarer Fall, noch zwei bis drei Schritte und die Chaingun rattert wieder los – sofern ihr genug Munition mitschleppt. Um die Hektik noch etwas zu verstärken ist es bei Doom 3 nicht möglich eine Taschenlampe und eine Waffe gleichzeitig zu halten. Also entweder Licht oder Knarre. Wer kein Licht hat sieht die Gegner nicht und kriegt auf die Rübe. Wer keine Knarre hat und mit der Taschenlampe rumläuft sieht zwar Gegner, hat aber keine Knarre was wiederum in auf-die-Rübe-kriegen resultiert. Wer die Taschenlampe mit ‚F‘ aufruft hat ein Problem. Die gekonnte Umwidmung des Shortcuts auf ‚Mouse 2‘ ist wesentlich brauchbarer und löst viele Probleme nur fragt man sich trotzdem warum ein bis zum Umfallen trainierter Marine nicht in der Lage ist eine Waffe und eine Taschenlampe zu halten…
Im Singleplayer könnt ihr mit circa 20 Stunden Spieldauer rechnen. Je nach Schwierigkeitsgrad und wie ihr auf die liebevoll platzierten Schockeffekte reagiert kann es aber auch stark variieren. Da aber so ziemlich jede Situation gescriptet ist, ist ein Wiederspielwert de facto nicht gegeben und nach einmaligem Durchspielen landet das Spiel irgendwo im Regal um zu verstauben. Schade das sich id keine alternativen Lösungswege ausgedacht hat. Gut das id schon jetzt eine Mod-Community hat die sich sehen lassen kann. Vor allem der System Shock 2 Mod, den die Entwickler aufgrund von Urheberrechtsproblemen mit einer geizigen Softwarefirma (wir nennen jetzt keine Namen) umbenennen musste, ist eines von sehr vielen Projekten die eure Beachtung verdienen. Falls ihr also ein wenig in der Szene herumschnüffelt wäre es durchaus möglich wieder Verwendung für Doom 3 zu finden.
Wer eine deutsche Version sucht, wird leider enttäuscht. Es gibt keine synchronisierte, lokale Version für den deutschen Sprachraum. Irgendwie aber auch verständlich, nachdem es schon im Vornherein sicher war, dass Doom 3 in Deutschland auf der Stelle am Index landet…
Doom 3 – zu lange haben wir gewartet und zu lange hat es gedauert bis wir das finale Produkt endlich in den Händen halten konnten. Nach derartigen Wartezeiten ist die Erwartungshaltung meinerseits natürlich gewaltig. Leider ist das Spiel sicher nicht in der Art und Weise ausgefallen wie es sich viele von euch vorgestellt haben. Im Singleplayer ist es wohl eines der besten Titel die wir dieses Jahr kaufen können, aber einmal durchspielen reicht in der Regel wohl aus um das Spiel anschliessend dekorativ verstauben zu lassen da der Multiplayer-Part nichts taugt. Die Hoffnung liegt mal wieder bei den ambitionierten Mod Programmierern die jetzt schon fleissig am Basteln sind. Vielleicht wird sich in der Hinsicht noch einiges tun.
Im Vergleich zu Far Cry – womit man technisch gesehen wohl die beste Vergleichsbasis hat – kann Doom 3 sicher nicht so gut abschneiden wie viele geglaubt hatten. Es ist vielleicht Geschmackssache, aber ich finde vom Gameplay her war Crytek wohl kreativer als id – auch wenn die Story des deutschen Shooters wieder nicht so gut zu überzeugen weiss.
Eines ist aber sicher: Für jeden, der seinen PC für andere Spiele als Minesweeper benutzt sind beide Titel ein absoluter Pflichtkauf. Kauft euch Doom 3, fürchtet euch und John Carmack’s Team legt euch vielleicht noch ein kleines Addon nach. Ach ja, Bugs und Grafikfehler sind praktisch nicht vorhanden und ausnahmsweise bekommt ihr wirklich einmal ein richtig ausgereiftes und getestetes Produkt welches sich nicht mehr im Betastadium befindet.