I had a buddy at Khe Sahn…

"Hey Shephard" ruft mir der Kamerad zu und fordert mich dazu auf den Football unter den Truck hervor zu holen, und ihm zuzuwerfen. Das ist der Beginn von Men of Valor, dem neuesten Shooter aus dem Hause 2015. Kurz darauf fahren Bomben in das Lager der US-Army auf vietnameischen Gebiet ein und ihr werdet in Person des frisch eingetroffenen Dean Shephard auf Patrouille geschickt. Schon hier wird eines klar: Die Entwickler versuchen diesmal eine wirkliche Geschichte um den zu spielenden Charakter aufbauen. Immer wieder werden Briefe eingespielt (nur teilweise vertont) die von der Familie an ihn geschickt wurden, oder umgekehrt. Die daraus entnommenen Informationen sorgen für ein einigermaßen realistisches Bild der damaligen Zeit.

Das passt leider überhaupt nicht zum sonstigen Charakter des Spiels. Dank einer strunzdummen KI fühlt man sich schnell in eine Art abgespecktes Serious Sam versetzt. War der Vietcong für seine ausgetüftelten Taktiken und hinterhältigen Angriffe bekannt, so präsentiert er sich in MeV als unmotiviertes Kanonenfutter. Oft kann man an ein und derselben Position verharren und dort die Gegner in rauen Mengen wegknallen, ohne dass diese auf die Bedrohung reagieren würden. Beim Einfallen in ein "besetztes" Dorf erlaubt es das Spiel wunderbar von Hütte zu Hütte vorzugehen – die nebenan verschanzten Vietcong-Einheiten kommen ihren Mitstreitern einfach nicht zu Hilfe.

Schwierigkeit kommt nur auf, falls das streng lineare Leveldesign wieder einmal unfaire Stellen aufweist. Gepaart mit einem beknackten Speicherpunkt-System ist Frust vorprogrammiert, wenn man durch das hohe Gras auf eine MG-Stellung zukriecht und dann von einem plötzlich spawnenden Gegner von hinten mit Blei vollgepumpt wird.

In so einem Fall kommt ein Brief des Oberkommandierenden an die Familie, der beim zwölften Versuch einfach nur noch nervt, gefolgt von einem uninteressanten Statistikbildschirm (wo traf ich wen und wie oft?) und einer nicht gerade kurzen Ladezeit zum letzten Savepoint. Überhaupt werden die Ladebildschirme euch ziemlich bald auf den Senkel gehen, denn die in der Unreal-Engine gebastelten Levelabschnitte sind alle nur höchstens einige hundert Meter lang. Die optische Qualität schwankt dabei. Sieht der nächtliche Ritt mit einem Motorboot über einen umkämpften Fluss mitsamt seinen schicken Explosionen und schönen Wassereffekten toll aus, so ist das Vorankriechen durch das Gras durch einen Dschungel-Tunnel (vom Weg abkommen und in den Wald laufen kann man nicht) längst nicht mehr zeitgemäß. Auch die Animation machen alles andere, außer uns zu begeistern.

2015 wollte das Shooter-Gameplay im Detail erweitern und hat beispielsweise beim Gesundheits-System eine kleine Änderung eingeführt. Wenn man getroffen wird, verliert man nicht gleich die gesamten Hitpoints, sondern sieht langsam zu wie man verblutet. Abhilfe schafft da ein Druck auf den "Verbinden"-Knopf. Grundsätzlich keine schlechte Idee, in der Praxis nervt dieses Vorgehen nach einiger Zeit aber gewaltig. Die Qualität der Steuerung wird zusätzlich dadurch belastet, dass Shephard zwar kriechen und geduckt gehen kann, aber zum Springen zu doof ist. So findet man sich oftmals vor einem 40 Zentimeter hohen Hindernis wieder, das man umständlich umlaufen muss.

So gut wie immer seid ihr mit einem kleinen Team unterwegs, vor dem sich der Gegner aber nicht verstecken muss. Die Kollegen ballern lieber auf die Bäume und Häuser, die zehn Meter neben einem "Charly" stehen, als auf die Kerle selbst, und gehen auch nicht wirklich eigenständig vor. Befehle geben dürft ihr ihnen aber nicht.

Hin und wieder gibt es Zwischensequenzen in der Spielgrafik, die zum Beispiel eine Wendung oder neue Prioritäten im direkten Geschehen des Einsatzes mit sich bringen. Größtes Manko: Man kann diese nicht besonders spannenden Szenen auch beim wiederholten Ansehen nicht abbrechen. Zwischen den Einsätzen gibt es noch schlecht aufgelöste, echte TV-Szenen, die den Verlauf des gesamten Krieges zeigen. Vertont ist das alles unauffällig, weder Sprachausgabe noch Effekte sind besser als durchschnittlich. Einen kleinen Wertungsbonus gibts es für den gelungenen Soundtrack der unter anderem mit The Mamas & The Papas glänzen kann.

Was man den Entwicklern bei allen Fehlern zugute halten darf: Sie versuchen ein recht aufgeklärtes Bild des Konfliktes zu zeigen. Die gesellschaftlichen Probleme in den USA werden ebenso wie die Dilemma der Soldaten im Umgang mit der vietnamesischen Bevölkerung gezeigt. Im ordentlichen Mehrspielermodus darf man "sogar" auf deren Seite kämpfen, leider wurde der Coop-Modus gestrichen, der in der Xbox-Version enthalten ist – ein dickes "Buh" an die Entwickler dafür.

Respekt 2015! Men of Valor erfüllt so ziemlich jeden Spieldesign-Horror den ich mir in einem Shooter vorstellen kann: viele Ladezeiten, extrem lineare Levels, saublöde Gegnerhorden, ein beschissenes Speichersystem, unfaires Leveldesign und so weiter und so fort. Ich will nicht noch einmal alles aufzählen.



Wenn sich jetzt noch irgendein Entwickler zu einem Vietnam-Shooter berufen fühlt, soll er verdammt nochmal endlich ein Spiel daraus machen. Es kann ja sein, dass es in der Wirklichkeit schwer war Gegner im Dschungel zu erkennen, und dass man von den Bomben der eigenen Armee getötet wurde. Wenn daraus aber ein so frustrierendes Spielerlebnis entstehen muss, dann sollte man lieber wieder auf fiktive Szenarios zurückgreifen.

Gemessen an MoH: Allied Assaukt oder Konkurrenztiteln ist das Spiel ebenso wie der Vietnamkrieg ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, lange habe ich mich nicht mehr über einen Shooter so geärgert. Da hilft auch der nette Multiplayermodus nichts mehr, denn auch in dem Bereich gibt es besseres. Finger weg!

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