Genauso spannend wie Gras beim Wachsen zu beobachten

Bereits vor 16 Jahren flimmerte der erste Teil von Vermeer über die Bildschirme. Damals sorgte die Wirtschaftssimulation noch für schlaflose Nächte vor Commodores Brotkasten. 1997 polierte Ascaron das Spielprinzip dann zum ersten Mal für den PC auf. Gut sieben Jahre später wird das Spielprinzip mit Vermeer 2 zum Budgetpreis noch einmal wiederaufgelegt. Wie das Remake dabei abschneidet erfahrt ihr im Rebell.at-Test.

Genauso wie anno 1988 müsst ihr die gestohlene Gemäldesammlung eures Onkels Walther von Grünschildt wiederbesorgen. Dabei steht ihr im direkten Wettkampf mit vier wahlweise menschlichen oder computergesteuerten Gegnern. Um an das nötige Geld für den Kauf der Gemälde auf den diversen Auktionen rund um die Welt zu kommen, müsst ihr die 100.000 Dollar Startkapital eures Onkels gut investieren. So macht ihr auch auf in ferne Länder und baut dort ein paar Plantagen, welche die fünf auf den internationalen Warenmärkten in London und New York gegen einen ordentlichen Obolus zu verschachernde Waren (Tee, Kakao, Kaffee, Tabak und Seide) produzieren. Mit dem so gewonnen Geld zieht ihr dann los und errichtet entweder neue Plantagen oder seht auch auf eine der vielen Auktionen um, um dort ein Gemälde für die Sammlung eures Onkels zu ersteigern. Jedoch solltet ihr euch dabei vor Fälschungen hüten, ein Kunstkurs in einer der Kunstrichtungen (Barock, Naturalismus, Expressionismus usw.) sollte euch jedoch schon vor dem ersten Gebot mit Hilfe der dem Spiel beiliegenden 3D-Brille Fälschungen sicher erkennen lassen.

Wenn eure Auktion von Erfolg gekrönt sein sollten, so solltet ihr das ersteigerte Bild sofort bei einer der Galerien eures Onkels abgeben und somit wertvolle Punkte sammeln, die euch schrittweise zum Erbe eures Geliebten Onkels führen. Sollte euch das Geschacher um die einzelnen Gemälde jedoch zu zeitaufwendig erscheinen und wollt ihr euch lieber auf den Aufbau eures eigenen Wirtschaftsimperiums konzentrieren, so könnt ihr als Spielziel auch die Möglichkeit des Gewinns durch das meiste eingehäufte Kapital auswählen. Bei Letzterem spielen die Gemälde zwar auch noch eine Rolle, jedoch fällt diese so klein aus, dass man sie vernachlässigen kann.

Geld und Gemälde alleine machen aus euch jedoch noch keinen international bekannten Wirtschaftstycoon. Damit ihr auch als erfolgreicher Wirtschaftsfunktionär bei euren Mitstreitern bekannt seid müsst ihr euer Ansehen stark aufpolieren. Dies könnt ihr sowohl langfristig durch den Kauf eines der vielen Hotels oder das Absolvieren einer Expedition, von der ihr mit Glück ein imposantes Ausstellungsstück für eines der Museen mit nach Hause bringt, als auch durch Besuche bei eurem Onkel oder der Teilnahme an Clubtreffen, wie z.B. Pferderennen, erlangen. Der Lohn für all die Mühen ist, dass fast automatisch am Ende des Jahres der Spieler mit dem höchsten Ansehen auf der Silvestergala eures Onkels ein extra Gemälde erhält, welches mehr Siegpunkte als die normalen Gemälde bringt und zudem auf keiner Auktion gekauft werden kann.

Um mehr als Geld, Gemälde und Ansehen geht es dann auch bei Vermeer 2 nicht. Sicherlich erfordert die eingeschränkte Interaktionsmöglichkeit – ihr könnt nur immer an dem Ort etwas machen, wo ihr euch gerade befindet – ein gutes Timing, damit eure Arbeiter zwecks mangelnder Entlohnung nicht in Streik treten und eure Waren in den Lagerhallen nicht für exorbitant hohe Lagerkosten sorgen. Jedoch ist das Problem durch geschicktes Planen der eigenen Routen unter Berücksichtigung der oft schon Wochen vorher bekannten Termine für Auktionen und Clubtreffen schnell in den Griff zu bekommen. Auch Sabotageaktionen eurer Gegner kommen eher selten vor und beschränken sich auf provozierte Streiks oder das Lahmlegen eures Transportmittels, wodurch eure Reise kurzzeitig um ein paar Tage unterbrochen wird und ihr vielleicht einen Termin verpassen könntet.

Tiefgreifende Konsequenzen haben solche Aktionen jedoch nicht. Sobald euer kleines Unternehmen aus ein paar gewinnbringenden Plantagen besteht, braucht ihr euch nur noch mit dem Bezahlen eurer Arbeiter, dem Verkauf eurer Waren und dem Einplanen der wichtigsten Termine in euren Tagesablauf beschäftigen. Dabei müsst ihr nur berücksichtigen, wie lange eine Reise dauert, wo es die höchsten Preise für eure Waren gibt und wann eure Mitarbeiter unzufrieden werden und in Streik zu gehen drohen. Solltet ihr dann irgendwann genügend Geld angehäuft haben, so könnt ihr weiter expandieren und neue Plantagen in neuen Ländern errichten oder alte in vier Stufen weiter ausbauen.

Ein bisschen Abwechslung in das triste und sich oft wiederholende Spielgeschehen bringen hin und wieder die manchmal recht spannenden Aktionen, wie vereinzelte Expeditionen, Clubtreffen, sowie Besuche bei eurem Onkel und auch das Absolvieren eines Kunstkurses. Jedoch herrscht auch dort bald Routine vor, da sich die zuletzt genannten vier Möglichkeiten nur durch den Verlust von Spielzeit bemerkbar machen. Somit wird das Spiel schon nach ein paar Stunden vorhersehbar und langweilig. Genauso wie das 3D-Brillen-Feature nach ein paar Auktionen mehr nervt als nützlich ist.

Passend zur 3D-Brille könnte auch die Präsentation aus den späten 80er Jahren kommen: detailverliebte Standbilder, welche minimalistisch mit ein paar Animationen versehen wurden, sowie kaum vorhandenen Soundeffekte sind anno 2004 nicht mehr zeitgemäß. Da kann auch die stimmungsvolle Musik die öde Optik nur schwerlich wieder aufwerten.
Zum Schluss muss jedoch angemerkt werden, dass gerade die Einfachheit des Gameplays von Vermeer 2 im Multiplayermodus für spannende Partien mit bis zu fünf Spielern vor einem PC sorgt. Da wird auf Auktionen heftig um ein Gemälde geboten, man versucht sich gegenseitig durch Sabotageaktionen in die Suppe zu spucken und freut sich wie ein kleines Kind wenn man am Ende des Jahres auf der Silvesterfeier ein seltenes Bild gewinnt. Schade, dass der Singleplayermodus genau das nicht bieten kann. Dafür bemühten sich die Designer wenigstens mit Meldungen über historische Ereignisse und original lizenzierten Kunstwerken um ein authentisches Szenario.

Mir persönlich hat Vermeer 2 Spaß gemacht. Zumindest die ersten zwei Spielstunden, danach wiederholten sich die Handlungen so oft, dass ich schon nach Stunde 4 gelangweilt vorm Rechner saß, nur noch auf die nächste Auktion wartete und dem Tod meines Onkels quasi entgegen fieberte.

Nur stellte sich für mich irgendwann die Sinnfrage des Spiels: warum soll ich mich ewig für den alten Sack krumm machen und seine Gemälde ersteigern, wenn ich ein Multimillionendollar-Imperium aufgebaut habe? Damit er mich als guter Enkel in Erinnerung behält? Wohl kaum, habe ich ihn doch in meinen knapp sieben Spieljahren gerade zweimal besucht. Auch sein tolles Erbe reizt mich irgendwie nicht mehr, ich hab schließlich genügend Kohle, was soll ich dann mit noch mehr Geld?

Anhand dieses mehr oder weniger logischen Gedankengangs solltet ihr schon erkannt haben, dass es sich bei Vermeer 2 zumindest im Singleplayermodus nicht gerade um eine Spaßgranate handelt. Ganz im Gegenteil übrigens zum durchaus spannenden Multiplayermodus, welcher hauptsächlich vom Konkurrenzkampf mit euren lieben Mitspielern lebt.

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