Auf die Wälle!!!

Seit der Verfilmung des Herrn der Ringe lassen uns riesige Schlachten im Burgen-Szenario nicht mehr in Ruhe. Nach Alexander, Troja, King Athur oder gerade aktuell: Königreich der Himmel beehrt uns nun auch die Spieleindustrie mit Ritterspielen und ähnlichem Zeug. Ich hab übrigens den Film Braveheart und den ersten Teil von Stronghold schon gut gefunden, als es noch nicht in Mode war, Massenschlachten mit glänzenden Rüstungen zu führen. Was Firefly in den letzten Jahren zusammengeschustert (oder doch gezaubert?), lest ihr in den folgenden Zeilen …

Lassen wir die Geschichte einfach vorweg – der gutaussehende Typ, mit dem überall geworben wird (genau der, der auch die Verpackung ziert) ist nämlich gar nicht der Hauptcharakter der durchwegs interessanten Kampagne. Die wichtigste Neuerung und auch ein Feature, welches selten in einem Spiel dieser Art zu finden ist, sind wohl die Ländereien. Einerseits lästig, bieten sie andererseits aber viele strategische Möglichkeiten (insbesondere im Multiplayerpart). Vor allem in grösseren Szenarien ist die Karte in Ländereien, d.h. in Gebiete unterteilt. Jedes Gebiet hat seinen eigenen Resourcenpool und wird entweder von Mensch oder Maschine (sprich der KI) verwaltet. Der eigene Stronghold, also die Burg darf NUR und ausschliesslich in der Heimatprovinz gebaut werden – alle anderen Gebäude können beliebig in jeder kontrollieren Länderei positioniert werden. Um eine Länderei zu kontrollieren, muss sie entweder militärisch erobert oder für Ehre (in den meisten Fällen kostet es 100 Ehre) gekauft werden. Wofür Ehre gut ist und was sie genau tut, werde ich später noch erklären – dabei handelt es sich ebenfalls um eine Neuerung und zugleich einen integralen Bestandteil von Stronghold 2.

Was man mit Ländereien machen kann, ist schnell erklärt: A) Steuern bekommen, pro Monat etwa 10 Goldstücke – hört sich wenig an, summiert sich auf dauer aber enorm. und B) alles mit Gebäuden vollklotzen und Ressourcen produzieren.

In den meisten Fällen ist die Karte so eingeteilt, dass man nicht überall jeden Rohstoff produzieren kann bzw. nicht genügend Platz dafür hat. So benötigt man z.B. für die Rekrutierung von Rittern außer Ehre und Geld natürlich noch Waffen, welche in den Schmieden aus Eisen hergestellt werden. Sollte man blöderweise in seiner Heimat keine Eisenmine bauen können, muss man sich dieses entweder teuer am Marktplatz erkaufen oder alternativ von einer Provinz, welche über eine Eisenmine verfügt, schicken lassen. Dies macht man mit dem Fuhrmannsposten, ein Gebäude welches mittels Pferdekarren Waren in andere Provinzen befördern kann. Leider benötigt man pro Warenart einen Fuhrmannsposten, da es keine Möglichkeit gibt, mehrere verschiedene Produkte (z.B. Holz und Fleisch) gleichzeitig zu verschicken.

Auch wenn man schon von allen Rohstoffen genügend auf Lager hat, empfiehlt es sich immer in allen Länderein so viel wie möglich zu produzieren. Am Marktplatz verkaufen kann man das Zeug immer und auch der Preis ändert sich nicht dauerhaft, wenn man immer nur die selbe Warenart verkauft – was uns gleich zu der etwas wackeligen Missionsgestaltung des Spiels bringt. Wie Eingangs erwähnt ist die Geschichte zwar recht gut gelungen – die Missionen werden von kurzen, gut synchronisierten Zwischensequenzen unterteilt – allerdings gibt es keine Möglichkeit, den Schwierigkeitsgrad einzustellen. Im übrigen gibt es vier Möglichkeiten, das Spiel alleine zu spielen. Eine friedliche Kampagne, in der es vorwiegend um das Aufbauen der Burg und ein bisschen Kampf geht und drei eher auf Krieg ausgelegte Spielweisen: die erstere ist die reguläre Kampagne, die zweitere nennt sich Königsmacher – hier geht es um eine vorgegebene Karte mit vielen Ländereien, die es zu erobern gilt – und die letztere ist einfach ein freies Spiel, wo man gemütlich ohne Angst vor Gegnern seine Burg bauen kann – per F1-Taste können dann Invasionen oder sonstige Ereignisse gestartet werden.

Ein Tutorial gibt es übrigens auch, welches aufgrund eines Bugs allerdings nicht beendet werden kann – hier werden (bis zum Bug) die wichtigesten Spielverläufe erklärt. Zurück zur Kampagne – in etwa der Hälfte der Missionen sind fixe Ziele gesteckt, die in einer bestimmte Zeit erledigt sein müssen. Wenn man dabei über eine eigene Burg verfügt, hat man leichtes Spiel – gegen eine geschickt gebaute Burg mit entsprechenden Verteidigungsanalgen kommt der Gegner nur sehr schwer an, man kann den Feind mit vielen verschiedenen Mitteln von seinem Vorhaben abhalten: ob nun mit auf dem Wall montierten Steinkippern oder rollenden, brennenden Baumstämmen, Prechkesseln oder gar brennenden Pechgräben, Menschenfallen oder einfach nur kleinen Steinen, die von den Soldaten von der Mauer geworfen werden können, steht so ziemlich alles zur Verfügung, was das mittelalterliche Herz begehrt. Im Vergleich zum Vorgänger, und auch zu anderen vergleichbaren Spielen, wurde hier gewaltig aufgestockt. Neben diesen tückischen Gerätschaften stehen etwa 20 verschiedene, "militärische" Einheiten zur Verfügung. Angefangen vom einfachen Bauern mit Mistgabel, über Bogen oder Armbrustschützen oder Kampfmönchen bis hin zu schwerer Kavallerie (also Blechbüchsen auf Pferden) kann so ziemlich alles gebaut werden. Der Clou: Ritter können sowohl am Pferd als auch am Boden oder in Gebäuden eingesetzt werden. Zur Verteidigung stellt man sie auf die Wälle oder in den Bergfried (das Hauptgebäude der Burg). Für den Offensiveinsatz setzt man sie einfach auf ein Roß und lässt sie die feindlichen Bogenschützen niedermetzeln. Ist man dann bei den gegnerischen Wällen angelangt, heisst es wieder absitzen und zu Fuß weiterkämpfen. Um dem Feind sein Eindringen zu erschweren, könnt ihr eure Burg mit fünf verschiedenen Torhäusern und acht unterschiedlichen Türmen ausstatten. Dazwischen dürft ihr Holzpalisaden oder Steinwälle in verschiedenen Stärken bauen. Das System, mit dem Wälle, Türme und steinerne Gebäude platziert werden, ist sehr gut gelungen – egal wie man’s baut, es sieht immer gut aus.

Für die Kampagne gilt also: egal wie stark oder schlau der Feind ist, mit dicken Türmen und ausreichend Bogenschützen lässt sich jeder Feind problemlaus abwehren. Selbriges gilt für die Belagerung feindlicher Burgen. Zwar sind die Belagerungsgeräte weniger unfair – zumal Katapulte und Balisten auf Burgtürmen Aufgrund ihrer erhöhten Position eine größere Reichweite aufweisen, als ihre Pendante am Boden – allerdings macht’s wieder die Masse aus. Wenn man über eine eigene Burg und somit über genügend Geld für Belagerungsgeräte verfügt, kann sich der Feind kaum zur Wehr setzen. Aus diesem Grund wurde insbesondere das Trebuchet (Tribock) zu Lasten des Realismuses im Vergleich zu anderen Spielen (zB. Age of Empires 2) enorm entschäft. Einmal aufgebaut können diese Geräte nicht wieder abgebaut werden. Ein permanentes Vorrücken mit diesen Belagerungsgeräten ist also nicht möglich. Gleichzeitig wurde auch die Präzision und die Zerstörungskraft verringert, dies schafft in einem normalen Rahmen zwar genug Balance, aber auch hier gilt leider: je mehr Geld, desto mehr Triböcke – im Vergleich zu herkömmlichen Mangeln, Katapulten oder Ballisten sind sie leider sogar verdammt billig.

Anders bei den Soldaten: diese sind auf Dauer ganz schön teuer, fast jeder Soldat benötigt für seine Rekrutierung Ehre und Gold – da Gold nicht das Problem ist, muss man nur ausreichend Ehre beschaffen. Endlich sind wir beim Thema: "Wie bekomme ich Ehre und was zur Hölle ist das eigentlich?".

Eigentlich ist das recht einfach erklärt. Ehre ist sozusagen ein zusätzlicher Rohstoff, der vor allem durch die Zufriedenheit der Bevölkerung und die Leistungen des Burgherrn entsteht. Wenn die Bauern in der Burg genug zu Essen haben, sind sie glücklich und steigern den Beliebtheitsgrad .

Allerdings kann man dem noch eines draufsetzen, indem man den Baueren mehrere verschiedene Nahrungsmittel anbietet (bringt Ehre) bzw. die Rationierung erhöht (höhere Beliebtheit). Die beiden einfach zu produzierenden Grundnahrungsmittel sind Obst und Fleisch (jeweils mit einem Gebäude zu produzieren), etwas aufwändiger und teuerer hingegen lässt sich Käse und Brot produzieren – mit einem einzelen Nahrungsmittel bekommt der Burgherr keine Ehre, verdient er auch nicht – mit nur zwei Nahrungsmitteln – was wie schon erwähnt recht leicht zu bewerkstelligen ist – bekommt man als Oberhaupt der Burg schon +1 Ehre Pro Monat. Für drei Nahrungsarten +2 Ehre und für alle vier bekommt der Burgherr sogar +3 Ehre. Neben dieser, zugegeben banalen, Art, Ehre zu gewinnen, gibt es selbstverständlich noch weitaus lukrativere Arten, an diese zu kommen. Die billigste Art ist eindeutig, ein Festmahl zu geben – hierfür werden Luxusgüter benötigt (z.B.: Schweinefleisch, exotisches Gemüse, Fisch…). Je mehr die Köche von diesen Dingen zur Verfügung haben, desto mehr Gäste können abgespeist werden – selbstredend entscheidet auch die Variation und Kombination der verschiedenen Nahrungsmittel über die Qualität der Festmähler, aber das alles bestimmen die Köche weitestgehend allein. Eine weitere Möglichkeit ist die Musikergilde. Diese stellt Hofnarren und Tänzer bereit, die ebenfalls auf den Gelagen erscheinen und einen ordentlichen Bonus auf die Ehre liefern. Kirchen und Klöster tun dasselbe. Ein Burgherr, der immer brav in die Kirche geht oder die Mönche besucht, ist im Mittelalter einfach gerne gesehen.

Auch die Gerichtsbarkeit spielt eine westentliche Rolle im Mittelalter – je mehr Verbrechern der Prozess gemacht wird, desto glücklicher sind die Bewohner. Gleichzeitg schrecken die anschliessenden, öffentlichen Folterungen Nachahmungstäter sehr gut ab – neben einem Gerichtsgebäude stehen eine Foltergilde und etwa zehn verschiedene Instrumente zur Verfügung. Der Burgherr hat die Wahl: nur an den Pranger oder vielleicht doch die Streckbank? Bei schlimmeren Vergehen sind der Hackbock und der Galgen gerne genommen – die ganz schlimmen Finger kommen an den Brandpfahl …

Möglicherweise hat der Burgherr nach all den Auspeitschungen und Räderungen etwas Lust auf angenehmere Dinge: Weibsvolk muss her! Hierfür eigent sich das Burgfräuleingemach sehr gut – einerseit kann der Burgherr heiraten (dies bringt konstant ordentlich Ehre) und andererseits ist das Burgfräulein sehr gut geeigent für diverse handarbeitstechnische Geschichten. So kann sie zum Beispiel aus Stoffen (Schafszucht -> Schafwolle -> Weberei) Kleider herstellen, diese können dann auf Tanzfesten eingesetzt werden. Und was bringt das? Ehre! Jetzt habt ihrs!

Die Zufriedenheit der Bewohner bestimmt, ob Leute auf die Burg kommen oder nicht – ein Wert unter 50 birgt, dass die Bauern in Scharen die Burg verlassen über 50 vermehren sie sich wie die Karnickel. Neben der Nahrung beeinflusst vor allem die Verbrechensrate und die Hygiene diesen Wert. Liegen überall Kuhfladen innerhalb der Burgmauern herum, verbreiten sich schnell Krankheiten und natürlich auch Ratten. Diesem Geschehen wirkt man üblicherweise mit Falknerposten (deren Falken die Ratten fressen) und Jauchegruben (wofür die wohl gut sind?) entgegen. Mit einer Apotheke lassen sich Krankheiten beseitigen, sollte man die ersten beiden Dinge allerdings beachtet haben, benötigt man sie nur zur Heilung von Rittern und natürlich zur Genesung des Burgherrn, sollte der im Kampf ein paar auf die Fresse bekommen haben. In Kriegszeiten wird allerdings nicht geheilt, da müssen alle raus und kämpfen.

Falls es also zu einem Angriff kommt, ist es klug, schon frühzeitig vorgesorgt zu haben: Truppen aufstellen, Waffen produzieren und vor allem die Burg befestigen, gehören in Friedenszeiten zum Alltag. Ist einmal der Krieg ausgeborchen, wird schnell der Nachschub an Rekruten kanpp – immerhin können schlecht neue Leute auf die Burg kommen, wenn die Tore mit zentnerschweren Holzbalken verrammelt sind. Einige hundert Bogenschützen auf den Türmen, Hellebardenträger auf den Wällen und ein paar Ritter auf Pferden hinter den Ausfallpforten sind Grundvoraussetzung um einen nahenden Feind schnell und wirkungsvoll abzuwehren.

Ist der Feind in die Flucht geschlagen, die Burg in Stand gesetzt und die Armee aufgestockt, kann man zum Gegenschlag ausholen. Besonders wichtig sind neben Belagerungsgeräten je nach Feindesburggröße etwa 50 bis 100 Leiternträger, welche im Selbstmordverfahren an die Wälle stürmen und so der nachfolgenden Infanterie ein leichteres Eindringen ermöglichen – aber Vorsicht: die feindlichen Bogenschützen werden sich so ein Vorgehen nicht so einfach gefallen lassen – sie werden zuerst versuchen, die Leiternträger zu töten und bei Bedarf die bereits angelegten Leitern umstossen. Hat man erst einmal einen Wall eingenommen und mit ausreichend Bogenschützen und Schwertkämpfern besetzt, ist die Burg so gut wie eingenommen …

Firefly und 2K Games haben sich ordentlich ins Zeug gelegt und alles in allem ein gutes Spiel produziert. Insbesondere die Detailliebe von Stronghold 2 hat mich fasziniert. In jedes Gebäude ist per Zoomfunktion und frei schwenkbarer Kamera ein Einbick möglich, die deutsche Übersetzung ist mehr als gelungen – es ist jedes Wort deutlich zu verstehen und alles wirkt natürlich gesprochen, leider stehen keine Untertitel zur Verfügung (was mich persönlich schon gefreut hätte) – immerhin sind heutzutage nach allgemeinen Schätzungen etwa 10% der europäischen Bevölkerung hörgeschädigt.

Das Spiel wird schön verpackt mit einer guten, durchdachten Anleitung geliefert – mit etwas Lesearbeit tröstet dies gut darüber hinweg, dass das ansonsten gut gelungene Tutorial nicht beendet werden kann. Ein weiteres Problem stellt der nicht einstellbare Schwierigkeitsgrad dar. Das Spiel ist so wie es ist und nicht anders – für mich war es durchaus eine harte Nuss durch einige der Missionen in der Kampagne zu gelangen – unter Zuhilfenahme der stellenweise sehr dummen KI des Gegners, hab ich es allerdings dann doch bis zum Ende durchgehalten. Die Kampagne bietet eine nette Story die sich etwa ab 2/3 Spielzeit in zwei mögliche Stränge aufteilt, ist meiner Meinung nach aber zu kurz geraten. Allerdings bietet das Spiel einige Ausweichmöglichkeiten. Besonders spannend finde ich dabei die Belagerung echter Burgen.

Mein letzter Negativkritikpunkt stellt die mangelnde Performance dar: ewige Ladezeiten beim Starten und trotz eines weit überdimensionierten Systems läuft das Spiel selbst bei geringerem Einheitenaufkommen schon enorm ruckelig. Ein System knapp über den Minimalanforderungen ändert an dieser Tatsache allerdings auch nicht viel, nur muss man bei gleicher Ruckelei die Auflösung weiter runterschrauben.

Wenn man ein entsprechendes System, etwa 2 GHz CPU und eine Mittelklassegrafikkarte sein Eigen nennt und auf mittelalterliche Szenarien abfährt, ist dieses Spiel trotz der zur Zeit vorliegenden Mängel einen Kauf wert.

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