Die Worlds 2016 sind vorbei, und es gibt einen Weltmeister. Zum ersten Mal in der Geschichte gibt es einen erfolgreichen Titelverteidiger: Das koreanische Team SK Telecom T1.
Schon das Finale hatte eine interessante Geschichte: SKT gewann 2013 und 2015 die Worlds, 2014 konnte Samsung Galaxy White den Titel holen und gilt als bislang bestes Team aller Zeiten. Ein Titel für Samsung 2016 wäre eine nette Fortsetzung der Story gewesen – aber es sollte nicht sein. Das Team um den besten Spieler der Welt, Faker, konnte sich nach fünf starken Spielen den Summoners Cup holen.
Das dritte Spiel in der Serie könnte dabei als spannendstes League of Legends-Spiel aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Mit einer 2:0-Führung im Rücken sah es nach einem schnellen Sieg für SKT aus, es sollte das letzte Spiel sein. Unzählige Kämpfe rund um Drachen und Baron Nashor und 70 Minuten voller Kämpfe hielten die Europäer viel zu lange wach – dafür konnten sie den ersten Sieg von Samsung Galaxy gegen SKT sehen. Alleine das Highlight-Video von Onivia dauert über zehn Minuten, und ich empfehle es euch stark:
https://www.youtube.com/watch?v=9cH2-WxptBE
Auch das vierte Spiel konnte Samsung Galaxy für sich entscheiden, unter anderem dank einer starken Performance von Ambition als Lee Sin gegen Blank als Zac. Das finale Spiel solltet ihr euch vielleicht selbst anschauen:
https://youtu.be/qKkqes-bACs
Keiner hätte mit Samsung Galaxy gerechnet
Hätte man gegen Ende des Summer Splits gefragt, wer bei der Weltmeisterschaft weit kommen würde, wäre die Sache klar gewesen: Die ROX Tigers, die im Halbfinale gegen SKT mit 2:3 verloren, galten als klare Titelfavoriten. Danach kamen die anderen koreanischen Teams: SKT und kt Rolster. Wie bereits im Artikel „Storylines“ berichtet, konnte kt Rolster sogar den jetzigen Weltmeister aus der Qualifikation schmeißen – nur, um dann das Finale gegen die ROX Tigers zu verlieren und in den Playoffs gegen Samsung Galaxy zu verlieren.
Mit Samsung Galaxy hätten die wenigsten gerechnet. Mid Laner Crown hatte zu Beginn der Saison noch gesagt, er wolle jeden Mid Laner in Korea im 1-gegen-1 besiegen – und scheiterte. Ansonsten kannte man Ambition, einen Veteranen, der früher in der Mitte gespielt hatte, und Ruler als (17 Jahre) jungen und nicht sehr soliden AD Carry. Der zweite Support, CoreJJ, hatte zuvor noch in Nordamerika gespielt, als AD Carry, und stieg mit Team Dignitas sogar ab. Im Laufe des Turniers wurde er zur Nummer 1 bei SSG und stand so kurz vor dem Titel.
Auch nach der Qualifikation hatten nicht viele Samsung auf dem Zettel. Team SoloMid, der nordamerikanische Champion, sah so stark aus wie nie, und Royal NeverGiveUp aus China war eine Starmannschaft. Auch die europäischen Underdogs von Splyce konnten in der „Group of Death“ gefährlich werden, hieß es. Im Endeffekt gewann Samsung Galaxy die Gruppe, nur ein Spiel gegen TSM wurde verloren. Im Viertel- und Halbfinale konnten sie die verbleibenden westlichen Teams – Cloud9 und H2k-Gaming – überzeugend mit jeweils 3:0 aus dem Turnier hauen. Ein absolut unterschätztes Team also.
SKT wie erwartet
SKT wiederum ging schon als Mitfavorit ins Rennen. In einer relativ leichten Gruppe mit drei gleich starken Gegnern – den Flash Wolves aus Taiwan, I May als schlechtestes chinesisches Team und Cloud 9 aus Nordamerika – konnte man nichts anderes als einen Gruppensieg erwarten. Obwohl auch SKT einmal Punkte liegen lassen musste – gegen die Flash Wolves, die dafür bekannt sind, Koreaner zu ärgern -, gaben sich Faker und Co. sonst keine Blöße.
Im Viertelfinale musste SKT gegen Royal NeverGiveUp, im Halbfinale gegen die ROX Tigers – also ein wesentlich härterer Weg ins Finale als der von Samsung. Bevor das dritte Spiel zwischen SKT und Samsung passierte, galt SKT gegen ROX als das bisher beste Spiel in League of Legends. Die Koreaner setzten auch dieses Jahr neue Maßstäbe – unter anderem übrigens dank einem interessanten Miss Fortune-Support-Pick.
Storylines
Im Finale war vor allem das Duell zwischen Faker und Crown interessant – hier spielten sicher die beiden besten Mid Laner der Welt gegeneinander. Zwar konnte Crown einige Male im 1v1 glänzen und insgesamt mehr beeindrucken – der Sieg und der Titel des MVP gehört trotzdem Faker. Schon im Halbfinale beeindruckte Faker damit, jeder Fähigkeit auszuweichen und alles korrekt vorherzusehen – und auch im Finale zog er die ganze Aufmerksamkeit von Samsung auf sich. Faker glänzt dadurch, dass es meistens mehrere Leute braucht, um ihn auszuschalten. Das eröffnet seinem Team Möglichkeiten.
Apropos Team: Im Jungle war das ein geteilter Sieg für die beiden Jungler Blank und Bengi, die sich im Laufe des Turnieres abwechselten. Bengi ist ein Veteran des League of Legends und vielleicht der beste Jungler der Welt – Blank wiederum soll ihn ersetzen, ist aber ab und zu noch sehr fehleranfällig. Beide durften im Finale ran und ließen jeweils einmal Punkte gegen Samsung Galaxy liegen. Im entscheidenden Spiel durfte Bengi ran.
Umstritten war die Position auf der Top Lane: Bei der letzten Weltmeisterschaft war neben Faker vor allem MaRin der beste Spieler und Carry von SKT. Dieser folgte dem Geld und spielt heute in China, sein Nachfolger Duke konnte nie so ganz glänzen wie MaRin. Mit Bang und Wolf ist die Bot Lane dieselbe wie letztes Jahr – und konnte genauso überzeugen.
The Gap is widening
Zum Schluss dürfen wir auch noch einen Ausblick in die nächste Saison wagen. Nach starken Performances der nordamerikanischen Teams riefen viele vor den Worlds: The Gap is closing! Gemeint ist: Der Abstand zwischen den koreanischen Teams und dem Rest der Welt – vor allem den Teams des Westens – wird kleiner.
Geworden ist daraus nichts. Wie schon letztes Jahr verloren die koreanischen Teams nur gegen andere Koreaner. Einzig Counter Logic Gaming (USA), Flash Wolves (Taiwan), Team SoloMid (USA) und Albus Nox Luna konnten den Koreanern in der Gruppenphase je eine Niederlage hinzufügen. In der K.O.-Phase aber hatte der Westen keine Chance mehr – auch H2k, das beste europäische Team, ging mit 0:3 nach Hause.
Und egal, wie stark TSM, Fnatic und diverse andere nächstes Jahr spielen – daran wird sich wohl nicht viel ändern. Die Kultur, das Spielverständnis, die Wettbewerbsatmosphäre ist in Korea viel besser als sonst irgendwo. Koreaner gehen ins Ausland, um dort „leichter“ einen Platz bei der Weltmeisterschaft zu bekommen, oder sie fristen ihr Dasein als Auswechselspieler. Nur die wenigsten haben eine realistische Chance, mit einem koreanischen Team zu den Worlds zu fahren. Die Koreaner sind einfach weit voraus.
Ausblick
Jetzt endet bald die sechste Saison, und die Spieler erwartet das Assassin Update. Bald werden wir wählen können, welche Spieler zu den Allstars fahren und dort ihre Regionen vertreten – Faker hat jedenfalls einen Fixplatz. Nach den Allstars werden sich die Klubs dann um neue Spieler bemühen – und im Jänner geht die neue Saison los. Wir halten euch dann wieder auf dem Laufenden, wie sich der Westen schlägt – und ob es nächstes Jahr wohl möglich sein wird, die Koreaner zu schlagen.