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The Fall – Mutant City kann doch nicht euer Ernst sein!

The Fall: Mutant City
Kurz vor dem „langerwarteten“ Showdown

The Fall – Mutant City hat mit The Fall – Last Days of Gaia etwa so viel zu tun wie  Java mit JavaScript oder Mozart mit Mozartkugeln. Wir erinnern uns dunkel zurück: Last Days of Gaia ist eines dieser genialen Spiele, die so viele Bugs haben, dass man sie nicht ansatzweise vernünftig spielen kann aber trotzdem spielen muss, weil der Rest die lästigen Bugs grade noch so verschmerzen lässt. Jahre später legt Silver Style Entertainment dann Simon the Sorcerer – Chaos ist das halbe Leben nach – ein Adventure, welches sich nicht verstecken muss.

Ich hab‘ geweint wie ein kleines Kind als ich die ersten Screenshots zu Mutant City gesehen habe: neue Grafik, neues Adventure, geil! Zwar liegt der Key schon ein paar Tage bei uns auf, allerdings bin ich erst heute dazu gekommen, dass gute Stück zu installieren und anzutesten – so ein Adventure spielt man schließlich nicht an einem Abend durch, auch wenns für nur sparsame 15 Euro zu haben ist.

Um euch nicht mit unnötigen Details zu langweilen: nach nichtmal 2 Stunden war der Spaß schon vorbei – nicht etwa, weil irgend ein Bug das Weiterkommen verhindert, sondern weil die Handlung zu Ende ist. Ernsthaft! WTF! Abgesehen von irgendwelchen Flash-Games für zwischendurch hab‘ ich noch nie ein so kurzes Spiel gespielt. Was soll das?

Das Spiel mutet eher wie eine kurze Techdemo an – die Engine hat Potential, das Hilfesystem ist technisch gut gelöst (in der Praxis aber leider ziemlich nutzlos), die Sprachausgabe ist ausgezeichnet, die Grafik ist für ein Adventure auch in Ordnung, aber der Content fehlt irgendwie … vollständig.

Im den Credits laufen prominent die Namen Silver Style und Castren Strehse, aber Silver Style Entertainment ging seinerzeit in The Games Company auf und die sind bereits seit langem Pleite. Nach einem kurzen Telefonat mit F+F Distribution wurde uns bestätigt, dass das Spiel wohl tatsächlich so kurz ist. F+F Distribution ist allerdings nur der Distributor, nicht der Publisher und schon garnicht der Entwickler. Wer also für Werbelügen wie

Aufwendige Grafikeffekte, eine spannende Story sowie die einzigartige Atmosphäre machen The Fall: Mutant City zu einem unvergesslichen Adventure-Erlebnis

oder

„The Fall: Mutant City“ ist die packende Fortsetzung des von der Fachpresse mehrfach ausgezeichneten Erfolgs-Titels „The Fall: Last Days of Gaia”.

verantwortlich zeichnet, wissen wir immer noch nicht. Unser Pressekontakt „Wolfang“ hat uns zwar das Testmuster zur Verfügung gestellt, hat aber irgendwann nicht mehr auf unsere Rückfragen reagiert.

Ohne zu einem Fazit zu kommen, schließe diesen Artikel mit einem Zitat von Hubert Farnsworth ab:

Mad Max feat. the apocalypse Dudes

In naher Zukunft hat die Menschheit es so weit gebracht mittels riesiger CO² Generatoren den Mars aufzuheizen um ihn bewohnbar zu machen. Zumindest sind die Geräte schon einsatzbereit und warten darauf mit einer Trägerrakete auf besagten Planeten verschifft zu werden. Blöderweise durchkreuzt eine fanatische Sekte diese Pläne und klaut sich die Generatoren. Bevor irgendwelche Forderung bekannt wird haben die Wahnsinnigen die Generatoren bereits aktiviert und das führt zu einer starken globaler Erwärmung. Gewaltige Flutwellen spülen ganze Städte einfach von der Landkarte und Dürren kosten Millionen von Menschen das Leben.

In der Zeit nach dieser schrecklichen Katastrophe spielt auch The Fall – Last Days of Gaia von Silver Style Entertainment. Nach der Installation erwartet euch ein wahrhaft atemberaubendes Intro in dem von euch (als großen Anführer) erzählt wird. Danach gelangt ihr sofort ins Hauptmenü das ihr nach Beendigung des Intros auch sofort wieder verlassen solltet. Ja, ihr habt richtig gelesen: Jeder der sich vor Wut nicht alle Haare einzeln ausreißen möchte beendet The Fall auf der Stelle, nachdem er das Intro fertig gesehen hat. Und zwar um auf der Stelle den von Silver Style vor kurzem fertiggestellten Patch 1.65 herunterzuladen und zu installieren. Traurig aber wahr, The Fall ist in der Version die man im Laden kaufen kann für sehr viele Käufer einfach unspielbar und diverse Bugs machen Anfangs einen katastrophalen Eindruck. Dabei hatte Gamestar diesem Spiel in Version 1.0 schon eine Top Wertung beschert. Ich weiss bis heute nicht wie das möglich sein kann, nachdem The Fall in der Verkaufsversion nicht mehr als eine Preview-Beta ist. Doch nun genug genörgelt und einfach den Patch 1.65 von der Offiziellen Site gesaugt.

The Fall spielt, wie oben bereits ein wenig beschrieben, in einer Welt über die das Armageddon bereits hereingebrochen ist. Tote Landschaften, weitläufige Wüsten und Dörfer aus Zelten und vergammelten Häusern prägen das Landschaftsbild. In dieser Welt wächst auch der „Held“ des Spieles auf dessen Part ihr übernehmen werdet. Nach einem Überfall auf euer Dorf durch eine Gang namens Ratskulls sucht ihr eine neue Heimat und gelangt zu den Hauptquartieren der GNO – Government of the New Order. Dies ist eine Gruppierung, die versucht wieder Recht und Ordnung in die Welt zu bringen, und auch mittels militärischer Gewalt ihr Einflussgebiet auszudehnen. Kein einfaches Vorhaben, da das Land größtenteils von gesetzlosen Gangs beherrscht wird, welche sich nehmen was sie kriegen können, und welchen auch die ’normale‘ Bevölkerung schutzlos ausgeliefert ist. Genau deswegen seht ihr in der GNO den richtigen Weg um wieder etwas Frieden herstellen zu können.

Kaum seid ihr im GNO Hauptquartier angelangt, seht ihr auch schon was Sache ist. Verbrecher werden im Schnellverfahren einfach mittels einer mittelalterlich anmutenden Guillotine ihres Kopfes entledigt um auch sicher zu gehen das dieser Schurke nie wieder einen Zivilisten terrorisiert. Für ein Gerichtsverfahren gibt es wohl noch nicht die Mittel und die Zeit. Der Präsident der GNO heuert euch als Söldner an und gibt euch anschließend auch gleich den Auftrag die Ratskull Gang auszuschalten. Wie passend das der erste Auftrag gleich gegen die geht, die euer Leben durch die Auslöschung eures Dorfes ruiniert haben.

Ein Tutorial gibt es nicht wirklich, aber der Spielbeginn mit der RPG-üblichen Erstellung des Charakters ist nahtlos in das Spiel integriert. Im Hauptquartier der GNO lasst ihr euch einen Ausweis anfertigen im Zuge dessen ihr die benötigten Informationen, wie Stärke, Intelligenz und dergleichen, dann selbst eintragen könnt. Wenn ihr euch mit RPG’s nicht auskennt wird euch aber auch geholfen. Ihr könnt auch bestimmen ob euer Körper im Falle eueres Ablebens als Nahrung verwendet werden darf. :)

The Fall spielt sich in einer Echtzeit 3D Umgebung die Stufenlos dreh- schwenk- und zoombar ist. Die Steuerung ist einfach und intuitiv und mittels ein paar Mausklicks lässt sich fast alles bewerkstelligen. In einem Tagebuch könnt ihr nachlesen welche Aufträge ihr aktuell habt, welche erledigt und welche gescheitert sind. Leider fehlen bei den Auftragsinformationen öfter einige wichtige Details und so sollte man ein gutes Gedächtnis haben um zum Ziel zu kommen. Fast immer sind eure Aufträge mit vielen kleineren Nebenquests verbunden. So müsst ihr z.B. um ein Drogenlabor der Ratskulls auszuheben vorher eine Wanze bekommen. Die hat ein Dorfbewohner in der Gegend. Der aber rückt sie nur heraus, wenn ihr ihm helft die Frau seiner Träume zu kriegen. Dafür braucht ihr ein paar Items, für die die Personen, die sie haben, wieder irgendwas haben wollen. Oft gibt es alternative Lösungswege. Wollt ihr jemandem z.B. eine neue Designer Rattenfelljacke abluchsen könnt ihr das tun was er von euch verlangt, irgendetwas manipulieren um ihn dazu zu bringen die Jacke rauszurücken, ihn mit dem Skill Redegewandtheit überzeugen, ihn beklauen oder – wenn euch das alles zu anstrengend ist – ihn einfach niederschießen.

Bei den Quests hat sich Silver Style wirklich einiges einfallen lassen, und oft ist es nicht einfach den teilweise seltsamen Wegen der Quests zu folgen. Da die Welt von The Fall dermaßen gut in Szene gesetzt ist, dass sie wirklich zu leben scheint, findet man ständig Neues und stolpert auch immer wieder über neue Quests. So scheint der Auftrag ‚Vernichte die Ratskulls‘ anfangs recht simpel zu sein, doch bis ihr am Ziel angekommen seid, sind Stunden vergangen und ihr habt schon viele Gebiete durchwandert. Es gibt eigentlich immer irgendetwas zu erleben wenn man ein neugieriger Mensch ist. Wer nur dem Hauptteil der Story folgen will, kann auch dies ohne große Probleme tun, aber das Spiel hat wesentlich mehr zu bieten. The Fall bietet nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, auch wenn es keine Riesenwelten und dergleichen gibt. Das Spiel ist, wie auch bei anderen RPG’s in Orte unterteilt, die ihr, vorausgesetzt sie sind bereits auf eurer Landkarte eingezeichnet, bereisen könnt. Wie und wann ihr irgendwo hin geht bleibt euch überlassen. So lohnt es sich auch öfter mal an Orten vorbeizuschauen wo ihr schon ward, da manche Aufträge nur zu bestimmten Uhrzeiten von bestimmten Personen vergeben werden und ihr vielleicht beim ersten Mal nicht einmal bemerkt habt, dass hier irgendwas passiert.

Die Story ist wirklich ausgefeilt und durchdacht und man merkt das sich Silver Style wirklich Mühe gegeben hat, dem Spiel Leben einzuhauchen. Derartiges hat es bis dato nur von sehr wenigen Titeln gegeben und ist wirklich außergewöhnlich.

Grafisch bietet The Fall einen Stil der irgendwie an die Mad Max-Filme erinnert. Viel Hitze und Sand dominieren das Erscheinungsbild. Flüsse oder Seen wird man keine Finden, jedoch kann man – den entsprechenden Skill vorausgesetzt – nach Wasserlöchern buddeln um wenigstens kleine Mengen an Wasser zu Heilung der Party zu gewinnen. Wenn man die Systemanforderung auf der Packung liest (1200Mhz / 32MB Grafik,…) geht man wohl davon aus das es recht anständig auf einem System wie meinem (3200+ / GF6600GT) laufen sollte. Dem ist aber nicht so. Eine Auflösung von 1280×1024 mit ca. 75% Sichtweite beschert mir zeitweise unerträgliche Ruckelorgien die auch nicht mit irgendwelchen Ereignissen zusammenhängen zu scheinen. Liegt vermutlich daran das ich nur ein Gigabyte RAM zur Verfügung habe? Fragt sich nur noch, was ein Spieler dessen PC den Mindestanforderungen entspricht dann wirklich noch spielen kann. Auch unser Chefredakteur Besux hatte kein ruckelfreies Spielvergnügen (1800+ / Radeon 9800SE) und das mit deutlich niedrigeren Qualitätseinstellungen als ich.

Nun, da wir nun wissen das sogar auf einem ‚High-End‘ PC noch Ruckler zu bemerken sind, gehen wir davon aus das die Grafik von The Fall unglaublich geil ist. Stimmt leider auch nicht. Sie ist zwar schön anzusehen, aber sobald man sich von z.B. einem Hügel weiter entfernt, verwandelt er sich in breiige Pixelpampe die an die Qualität von Mariokart auf dem Super NES erinnert. Die Engine scheint also Ressourcen schonen zu wollen. Die grafische Umsetzung des Spiels ist insgesamt zwar überdurchschnittlich, leider aber auch nicht mehr. Glücklicherweise lebt The Fall nicht wirklich davon, ein optischer Blender zu sein.

In Sachen Sound- und Musikuntermalung kann man Silver Style ein wirklich gutes Zeugnis ausstellen. Der Titelsong im Hauptmenü kommt im Industrial/Gothic Stil ist von Darkseed und rockt einfach. Wenn euch der gefällt solltet ihr auch mal die anderen Sachen von dieser Band anhören, die eigentlich alle durchwegs recht gut sind. Im Spiel habt ihr auch noch sehr gute Musik, die aber dann eher im Ethno Stil gehalten ist und mit dem Titelsong absolut Nichts gemein hat. Die Sprachausgabe wirkt etwas blechern, hier ist beispielsweise Gothic 2 wesentlich besser gelungen. Nach einiger Zeit fällt das aber nicht mehr auf und vielleicht liegt das auch an starker Kompression der Sprachausgabe, denn fast jeder Charakter der im Spiel herumläuft – und das sind wirklich viele – spricht.

Bleiben nur die Bugs im Spiel die noch stark zu bemängeln sind und eine Spitzenwertung nicht rechtfertigen lassen. Auch mit Version 1.65 gibt es einfach noch zu viele Probleme und obwohl bei mir jedes Spiel bis jetzt einigermaßen gut lief, hat es The Fall immer wieder in regelmäßigen Abständen geschafft mich durch plötzliche Abstürze zu verärgern. Das geht teilweise sogar so weit, dass sich mein Rechner komplett neu startet und solche Fehler sind nach dem x-ten Patch eigentlich nicht mehr akzeptabel. Zugute halten kann man Silver Style allerdings den super Kontakt zur Community, und dass die Spieleschmiede auf Beschwerden auch reagiert. Hier merkt man wenigstens, dass etwas getan wird. Andere Developer sind hier im Vergleich deutlich arroganter.

The Fall ist trotz seiner nicht unwesentlichen Schwächen für mich das eindeutig beste RPG der letzten Monate. Nur die – bei Version 1.65 immer noch sehr häufigen – Bugs hinderten mich daran eine wesentlich bessere Wertung zu geben. Ohne diese Probleme wäre das Spiel sogar ein Kandidat für den Rebell.at Award gewesen. Trotz allen Fehlern, die das Spiel hat kann man den Silver Style Jungs rund um Lead Designer Carsten Strehse nur gratulieren. Diese Schmiede hat Zukunft und Potential, welches sicher noch nicht ausgereizt ist. Derartige Liebe zum Detail sieht man nicht oft, und die Story und alles drumherum ist bis ins letzte Detail durchdacht.

Die Richtung stimmt auf jeden Fall. Die ganzen Ideen noch ohne Bugs und mit einer ordentlichen Grafikengine kombiniert ergeben für den nächsten Titel vielleicht Großartiges.