Helge T. Kautz ist Webmaster von THQ. Soweit nichts Besonderes. Gleichzeitig ist er aber auch Autor der Romane zu dem Weltraumspiel ‚X: Beyond the Frontier‘; sein erstes Buch lag damals dem Add-on ‚X-Tension‘ bei. Wir sprachen mit ihm über über seinen schriftstellerischen Werdegang, woher er seine Inspiration nimmt, das ‚X‘-Universum mit Geschichten zu füllen sowie über sein im April erscheinendes neues Buch ‚X: Yoshiko‘. Außerdem verriet er uns, wovon er in der Zukunft träumt.
Hallo Helge! Seit wann bereichern deine Geschichten schon das ’X’-Universum?
Seit nunmehr sieben Jahren. Im Sommer 1999, während noch mit Hochdruck an ‚X-Tension‘ (dem Add-on zu ‚X – Beyond the Frontier‘) gearbeitet wurde, begann ich mit den Planungen zu ’Farnhams Legende’.
Wie kommt man überhaupt auf die Idee, Charaktere in einer Science-Fiction-Spielwelt zum Leben zu erwecken? Dahinter steckt wohl mehr als nur die Liebe zu einem Spiel?
Als alter Science-Fiction-Fan hat mich das ‚X‘-Universum sofort fasziniert. Mein erster Gedanke nach der Installation von ’X – Beyond the Frontier’ war tatsächlich: "Wow… das ist Stoff für einen Film!" Ein Film war natürlich nicht realisierbar, aber die Idee, stattdessen einen Roman zu verfassen, lag nahe.
Bezieht sich deine Liebe zur Schriftstellerei ausschließlich auf ’X’ oder kann man auch andere Geschichten von Helge T. Kautz finden? Haben dich bestimmte Vorbilder ermutigt, zu schreiben?
Von mir gibt es noch den Roman ‚Die Sagittarius-Verschwörung‘, den ich im Jahre 2003 im Auftrag von THQ zum Spiel ‚Yager‘ geschrieben habe. Vorbilder gibt es viele, besonders im Bereich der amerikanischen Science-Fiction-Literatur der 60er-, 70er- und 80er-Jahre. Zu nennen sind hier hauptsächlich Larry Niven, Orson Scott Card und Arthur C. Clarke, aber auch die legendäre Jugendbuchreihe ‚Boje Weltraumabenteuer‘, die ich als Kind verschlungen habe.
Hattest du eigentlich an der Entstehung der ‚X‘-Welt einen Beitrag?
An der Entstehung selbst nicht, aber seit ‚X-Tension‘ flossen unzählige Elemente aus meinen Romanen mit in das ‚X‘-Universum ein. Zu nennen seien hier viele Details der außerirdischen Spezies; die Sohnen, die Khaak, das Alte Volk; das spezielle Zeitsystem ("Zura-Zeit"), sowie viele Charaktere.
Beeinflussten deine Romane die weitere Entwicklung bei Egosoft?
Die technische Entwicklung nicht, aber sicherlich die Entwicklung der Fiktion.
Es gab einige Treffen mit dem Team von Egosoft, bei denen über Plot und Fiktion gesprochen wurde, <img src="/img/artikel/kautz04.jpg" style="float: left; margin-bottom:12px; margin-top:12px; margin-right:12px;" /> und hin und wieder werde ich vom Team nach meiner Meinung zu bestimmten Themen im Zusammenhang mit der Fiktion oder den Spezies gefragt.
Im April erscheint dein neuer Roman ’X: Yoshiko’. Auf welchen Plot darf sich der wartende Fan freuen?
Yoshiko Nehla ist eine junge Frau, die versucht, endlich ihrer reichlich zwielichtigen Vergangenheit zu entfliehen. Um sich von den Yaki – einer Verbrecherbande – freizukaufen, verspricht sie, die Terraformer-Schiffe #efaa und #deff auszuliefern, deren Koordinaten sie zu kennen glaubt. Zusammen mit einem Freund aus Kindheitstagen jagt sie den uralten Terraformern hinterher, bis tief im Weltraum – im Reich des Alten Volks, jenseits aller Sprungtore – der Antrieb ihres Schiffs versagt…
Woher kommt deine Inspiration für neue Handlungen und Charaktere? Gibt es da Bezüge zu deinen Erlebnissen, die Eingang ins Reich der Fantasie finden? Und was treibt deine Charaktere an?
Bei der Inspiration handelt es sich meist um einen Strauß voller Einzelideen, die ich innerhalb von Wochen oder gar Monaten zu einer Handlung integriere. Meine eigenen Erlebnisse und Erfahrungen spiegeln sich – wenn überhaupt – in Verhaltensmustern der Charaktere wieder. Ich glaube, es gibt viel mehr Bezüge zu dem, was ich gerne erleben würde. Meine Charaktere werden angetrieben von Liebe, Hass, und Neugier – aber vor Allem von der Verbissenheit, mit der sie ihre jeweiligen Ziele erreichen möchten.
Kann sich der ’X’-Spieler, ob in seinem realen wie virtuellen Leben, in deinen Charakteren wiedererkennen?
Jenseits aller Raumschiffe handeln meine Bücher ja auch immer von Personen, von deren Träumen und Hoffnungen. Ich wünsche mir sehr, dass jeder Leser – ob Fan oder Lebenspartner eines Fans – etwas von sich und für sich in den Charakteren und Geschichten entdeckt. Das wäre sozusagen mein größter Lohn. Und das ist jetzt nicht einfach nur dahingesagt – das meine ich ganz im Ernst.
Wie frei kannst du hinsichtlich Entwickler-Vorgaben schreiben?
Frei wie ein Vogel. Egosoft macht mir bei meinen Büchern keinerlei Vorschriften. Das trägt sehr zur Schreibmotivation bei!
Kann ein Buch über einen Titel für diesen einen Vorteil bedeuten?
Wenn das Buch nicht nur den Plot des Spiels nacherzählt, sondern dem Spiele-Universum eigene plastische Tiefe verleiht, dann ja, definitiv!
Hast du schon einmal darüber nachgedacht, auch als Schreiber für die Hintergrundgeschichte eines Spiels tätig zu werden? Oder ist das ein vollkommen anderer Bereich?
Darüber habe ich allerdings schon nachgedacht. Den Gedanken, bei der Entwicklung der Hintergrundstory eines neuen Sci-Fi-Spiels (bei mir dreht sich immer alles um Sci-Fi) beteiligt zu sein, finde ich sehr spannend. Sollte etwas Derartiges jemals an mich herangetragen werden, sage ich bestimmt nicht nein.
Im Bereich der Literatur zu erfolgreichen Spielen und Serien gibt es mittlerweile nicht gerade wenige Veröffentlichungen. Haben auch deutsche Autoren, einschließlich dir, mit ihrer Arbeit endlich eine gesicherte Existenz?
Da muss ich leider "nein" sagen. Bleiben wir bei Spiele-Romanen. Um davon leben zu können, müsste ich im Jahr mindestens vier bis fünf Romane schreiben und veröffentlichen. Das ist kaum zu verwirklichen, zumindest dann nicht, wenn man eine gewisse Qualität wahren möchte. Daher brauche ich auch weiterhin einen Tagesjob.
Welche grundlegenden Tipps würdest du einem interessierten Nachwuchsautor geben?
Lesen, lesen, lesen, schreiben, schreiben, schreiben. Nie verunsichern lassen, niemals aufhören. Nichts im Eigenverlag veröffentlichen, lieber hundert Absagen akzeptieren. Erwähnte ich schon "niemals aufhören"?
Und wie geht es in der Zukunft bei Dir weiter?
Wie immer, gibt es eine ganze Reihe von Projekten in meiner Schublade. Als Nächstes möchte ich gerne einen Roman schreiben, der absolut nichts mit einem Spiele-Universum zu tun hat. Zwar riet mir im letzten Jahr ein Literaturagent von diesem Projekt ab, aber das ist mir egal. Was geschrieben werden muss, muss geschrieben werden.
Helge, danke für das Gespräch!