Ich bin Anstoss-Jünger der (fast) ersten Stunde. Ein Jahr nach Erscheinen begann alles mit dem „Doppelpack“, das Anstoss und die World Cup Edition enthielt. Besonders letztere zockte ich mit zarten zehn Lenzen ausgiebigst mit meinem Cousin. Das Spiel verband Fußballfeeling mit Spaß und Detailreichtum, denn bei geglückter WM-Quali war jede Stunde des Tages beim Turnier planbar. Irgendwann erschien dann Anstoss 2, dass ich mit etwas Verzögerung als Gold-Edition erstand. Und wieder gingen Stunden, Tage und Wochen damit drauf, meinen Regionalligaklub in die höheren Sphären des Fußballs zu führen. Ich bin übrigens niemand, der sich von Anfang an einen Spitzenklub holt, sondern will mir meine Meistertitel und internationalen Spiele schon verdienen.
Dank Cousin kam ich schließlich auch zum dritten Teil der mittlerweile legendär gewordenen Managerserie, welcher im Jahre 2000 erschien. Seitdem begleitet mich dieses Spiel. Dann der Knackpunkt: Anstoss-Vater Gerald Köhler verließ Ascaron und heuerte beim Konkurrenten EA an. Dies hinderte das deutsche Entwicklerstudio aber nicht daran, kräftig die Werbetrommel für den Nachfolger zu rühren.
Mein nahezu euphorisches Warten auf Teil 4 (geradezu fanboy-esk hatte ich meinen Dektop sogar mit einem entsprechenden Wallpaper dekoriert) wurde herb enttäuscht. Das Endprodukt entpuppte sich als halbgares, bugverseuchtes Etwas, dem auch zahlreiche Patches nicht wirklich halfen. Ich gab Ascaron noch eine Chance, nahm an der Umtauschaktion teil und bekam die Edition 03/04 günstiger. Man konnte sie spielen, ein bisschen Feeling war wieder da, ein paar Saisonen daddelte ich herunter. Letztlich aber war es jedoch deutlich zu wenig, um ein würdiger Nachfolger zu sein. Und so wurde Teil 3 wieder ausgepackt.
Seitdem wartete ich bei neuen Teilen der Serie die Pressestimmen ab und musste mit meiner Skepsis auch noch Recht behalten. Anstoss 2005 war ein weiterer, etwas ausgebauter Aufguss seiner zwei direkten Vorgänger. Anstoss 2007 hätte durch die Wiedereinführung klassicher Features (wie etwa dem Managerbüro) Potential gehabt, dass aber durch Bugs und Schlampigkeit verschenkt wurde. Trotz Kritik wurde nach einiger Zeit die Arbeit an weiteren Patches aufgrund finanzieller Nöte eingestellt, die Serie vorerst begraben.
Vom Fußball Manager Fun bis hin zum Fußball Manager von EA habe ich seitdem viele Alternativen durchprobiert, mit dem Resultat, dass ich nach wie vor Anstoss 3 spiele, das glücklicherweise auch auf Vista64 läuft. Und noch besser: Als ultimatives Zeichen für die Beliebtheit, die der Software-Oldie nach wie vor genießt, entwickeln fleißige Anstoss-Jünger nach wie vor Fanpatches für die Implementierung von Originalnamen von Spielern, Trainern und Sponsoren. Für die letzte Saison gab es sogar Aktualisierungen nach der Winterpause, das Paket für 09/10 befindet sich offiziell in Arbeit. Einst hatte die Deutsche Fussball Liga Spieler-Initiativen wie „Project Userfile“ über rechtliche Drohgebärden eliminert, angeblich um damit die Rechte von EA an den Originalnamen zu sichern – was für negative Presse sorgte.
Für Anstoss 3 interessiert sie sich aber schon lange nicht mehr. Das Spiel findet sich kaum noch in Läden und selbst die Veröffentlichung auf Heft-CDs ist schon einige Zeit her. Im klassichen Sinne dürfte es langsam als „Abandonware“ gelten und war ohnehin nie ein Verkaufskonkurrent von EAs Manager. Daher darf ich mich freuen, in absehbarer Zeit wieder mit aktuellen Daten zocken zu können.
Außer Counter-Strike, dass in der Version 1.0 auch 2000 erschien, fällt mir spontan kein anderes Spiel ein, das nach so langer Zeit von der Community immer noch gespielt und gehegt wird. Im Schatten dieser Langlebigkeit verblassen die Nachfolger wie Steine vor einem Berg.
Nennt mich meinetwegen retro oder ewig-gestrig, dafür dass ich ein Spiel spiele, dessen Auflösung fix auf 640×480 eingestellt ist und in dem die Champions League nach wie vor zwei Gruppenphasen hat. Ich fürchte derlei Mankos werde ich locker verschmerzen (müssen), bis mir Ascaron oder eine andere Firma ein neues, gutes Anstoss programmiert.
Für das ich übrigens viele, viele Wünsche hätte. Doch das ist eine andere Geschichte.