Pathologic

Irgendwo in einer weit, weit entfernten Fantasiewelt – nein ohne Orks, Feen, Magier und dergleichen – grassiert eine furchtbare Seuche. Ein Heilmittel scheint zwar gefunden zu sein, jedoch kann es nicht in der benötigten Menge hergestellt werden. Chaos herrscht, jeder lebt in ständiger Angst davor, infiziert zu werden. Wem kann man noch trauen? Wer ist schon infiziert? Und was zum Teufel ist meine Aufgabe in diesem Spiel überhaupt?

Mit diesen drei Fragen im Hinterkopf beginnt eure Rundreise in einem mysteriösen, verschlafenen kleinen Nest. Wie ihr die Geschichte erlebt hängt vom gewählten Charakter ab. Am Anfang stehen euch zwei zur Auswahl, den bzw. die dritten Person könnt ihr erst anwählen, wenn ihr das Spiel mit einem der ersten Charaktere schon einmal durchgespielt habt.

Nur: Wer will das schon? Pathologic spielt sich einfach nicht rund. Es hackt an allen Ecken und Enden. Die Geschichte will packend und geheimnisvoll sein, die Atmosphäre soll beklemmend sein. Doch was von diesem durchaus gut gemeinten Vorhaben übrig bleibt ist ernüchternd. Beklemmend ist höchstens die Tatsache, dass sich das komplette Spiel in langweiligen Braun- und Rottönen präsentiert. Darüber hinaus wurde die Stadt so dermaßen eckig modelliert, dass ich mich glatt an einen der früheren Tomb Raider-Teile erinnert fühlte. Aus derselben Zeit könnten übrigens auch die Texturen stammen. Sie sind zwar hoch aufgelöst, aber von der Motivwahl her einfach zu grob.

Nun ist Grafik ja beileibe nicht alles, schließlich zeichnet sich ein gutes Adventure mit Rollenspielanleihen auch durch eine möglichst hohe Bewegungsfreiheit und eine durchdachte Hintergrundgeschichte aus. Doch auch hier hapert es in allen Bereichen. Die Hauptcharaktere faseln durchweg so dermaßen verworren daher, dass man sich ständig fragt, wo genau es jetzt weiter geht und was einem die Informationen bringen sollen. Auch die spielerische Freiheit ist stark eingeschnitten. Es können nur die wenigsten Häuser besucht werden. Die meiste Zeit ist man aber sowieso damit beschäftigt, sich durch die Gassen der einzelnen Viertel zu bewegen, um von Punkt A nach Punkt B zu kommen. Stets trifft man dabei übrigens auf dieselben Charaktere. Für mehr als die vier bis fünf Standard-NPC-Modelle hat es dann im Endeffekt wohl doch nicht gereicht.

Jetzt könnte man leicht zu dem Rückschluss kommen, dass es sich bei Pathologic um ein lieblos zusammengeschustertes Machwerk übelster Sorte handelt. Eben dies ist allerdings nur bedingt der Fall, denn im Vergleich zu anderen Spielspaßdesastern ist zumindest das Szenario bei Pathologic stimmig. So muss man, um die Infektion im eigenen Körper aufhalten zu können, in regelmäßigen Abständen mehr oder weniger hilfreiche Medikamente zu sich nehmen. Rüstungen und dergleichen wurden nicht einfach plump 1:1 aus anderen Rollenspielen übernommen, sondern durch verschiedene Arten von Schutzkleidung ersetzt.

Von diesen kleinen aber feinen Details einmal abgesehen, trumpft Pathologic noch mit ein paar weiteren Lichtblicken auf. Die Übersetzung der Texte ist durchaus stimmig und weitestgehend fehlerfrei. Leider wurden die gesprochenen Texte nur in den Zwischensequenzen vertont, im Spiel selbst erwarten einen meist nur deutsche Bildschirmtexte. Auch bietet die Handlung hier und da ein paar spannende und unvorhersehbare Wendungen.

Innovationen oder zumindest ein paar Ansätze darf der geneigte Spieler sogar auch noch erblicken. So sind die Bürger in Pathologic ein durchaus pazifistisches Völkchen und verabscheuen jegliche Art von Gewalt. Solltet ihr dennoch einmal zur Waffe greifen hat dies negative Konsequenzen auf euer Image. Worte sind also die weitaus bessere Möglichkeit sich durch Pathologic zu knobeln. Leider wird hierbei wieder viel, zu viel gesprochen. Ein wenig mehr Action hätte dem Spielprinzip da schon gut getan.

Ein Rollenspiel-Adventure-Mix ohne Orks, Feen oder Magier ist eine Seltenheit am PC, leider beschränken sich die positiven Aspekte bei Pathologic< eben genau auf diesen einen Punkt. Klar, das Szenario ist in sich stimmig und auch ein paar durchaus einfallsreiche Ideen darf der Spieler erblicken, doch der große Rest ist selbst vom Mittelmaß noch ein gutes Stückchen entfernt, weswegen hier wirklich nur ganz, ganz verzweifelte Endzeit-Fetischisten zugreifen sollten.

Würde man Pathologic nur anhand seines Handbuches bewerten, die 8 vorm Komma würde stehen wie eine Eins: die Texte passen zur Handlung des Spiels, die Erklärung der einzelnen Spielelemente und Gegenstände fällt für heutige Verhältnisse erstaunlich gut aus und auch sonst finden sich nur hier und da einige Dreher im Text wieder. Leider ist das Handbuch aber nur in schwarz-weiß gehalten.

Tja, so ähnlich ergeht es dann auch dem Spiel. Interessante Ansätze, stimmiges Szenario, doch der Rest ist so gut gelungen wie die Handbuchinnenseiten farbig sind. Andauernd läuft man durch die Gegend, klickt sich durch nichts sagende Gespräche, begegnet stehts denselben Charakteren und zählt die Ecken der Spielwelt.

Kurz: Die Umsetzung der durchaus lobenswerten Ideen ist einfach ernüchternd. Warum sich die Entwickler nicht mehr Mühe gegeben haben, ein Rätsel. Vielleicht mangelte es am Können, vielleicht hatten die Entwickler nach der Konzeptionsphase keinen Bock mehr. Wer weiß das schon? Bei dem Ergebnis könnte gut beides zutreffen.

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