Man nehme einen namenlosen Helden, eine epische Geschichte, packe eine riesige Spielewelt hinzu, nehme eine Priese Entscheidungsfreiheit und zu guter Letzt noch ein wenig grandiose Atmosphäre und fertig ist der Rollenspielknaller. Gothic legte 2001 den Grundstein des Erfolgs. Der zweite Teil heimste weltweit Preise ein. Und jetzt ist es endlich soweit. Der langersehnte Nachfolger ist fast fertig und wurde auf der Games Convention präsentiert.
Khorinis ist mittlerweile komplett von uns gereinigt worden. Darum geht es jetzt auch auf das Festland nach Myrtana. Die mittlerweile zivilisierten Orks haben hier ziemlich jeden Winkel des Landes besetzt und die Menschen („Morrer“, Menschensklave auf Orkisch) versklavt. Wo Sklaverei ist, gibt es auch Rebellen. Diese versuchen selbstverständlich das Reich Myrtana wieder fest in Menschenhand zu bringen, aber ob ihr da mitspielen wollt ist eine andere Sache. Denn zum ersten Mal in der Gothic-Reihe ist es möglich zu den Orks zu wechseln. Eigentlich ist es egal, wem ihr euch anschliessen wollt. Denn auch Teil 3 bietet die Freiheiten der Vorgänger. Neben den Orks und den Menschen, gibt es da aber auch noch die Assassinen. Die ebenfalls neu eingeführte Fraktion steht eher so im Zwispalt, eigentlich mögen sie die Orks nicht, aber die Menschen sind auch nicht ganz ihr Fall. Vielleicht kann man sie etwas mit dem Sektenvolk aus Teil 1 vergleichen. Wo genau die Geschichte der Assassinen hinführen soll, wurde noch nicht verraten. Fakt aber ist, dass der erbitterte Krieg zwischen Menschen und Orks durch eure Hand entschieden werden soll.
Auf dem Festland, dass so groß ist, wie die Gebiete der ersten beiden Teile zusammen, gibt es drei große Städte. In der südlichen Wüste die Stadt Varrant, in der sich hauptsächlich Assassinen tummeln, im hohen Norden Nordmar und in der Mitte Myrtana. Jede dieser Städte hat andere Einwohnern und damit auch andere Quests und Lehrer. Die Aufträge funktionieren in Gothic 3 mit einem Ruf-System. Ihr bekommt für jede erledigte Quests Anerkennung bei den verschiedenen Fraktionen. Zum Beispiel geht ihr für Orks auf Sklavenjagd, könnt euch aber auch dagegeb entscheiden. Wie ihr handelt beeinflusst entweder die Beliebtheit bei den Orks oder Rebellen. Je nachdem, wie sehr die Leute euch mögen, bekommt ihr immer mehr Aufträge von dieser Seite. Die Andere feindet sich dagegen mit euch an, bis es dann soweit kommt, dass ihr in deren Städte nicht einmal mehr eintreten dürft. Es gibt in Gothic 3 über 500 verschiedene Quests, die ihr natürlich nicht alle in einem Durchlauf machen könnt. Den Wiederspielwert erhöht sich dadurch ungemein. Lassen euch kleine Nebenquests kalt, warten trotzdem 40 Stunden auf den Spieler. Aber wer will schon eine ganze Menge Atmosphäre und Belohnungen sausen lassen?
Die schon kurz angesprochenen Lehrer kennt man noch aus den vorherigen Teilen. Auch in Gothic 3 gibt es das Skillsystem mit Fertigkeitspunkten bei jedem Aufstieg. Diese löst man dann bei Trainern für Verbesserungen von bereits bekannten Fähigkeiten oder für komplett neue ein. Neu ist etwa der Kampf mit zwei Schwertern. Diese Spezialität des Assassinenvolks könnt ihr aber auch nur lernen, wenn ihr euch diesem anschliesst. Zudem gibt es noch den Kampf mit Zweihandwaffen, Pfeil und Bogen, Schwertern und auch zum ersten Mal mit dem Schild. Ein ordentlicher Feuerregen oder Bltzschlag darf natürlich im Repertoir der Waffen nicht fehlen. Bis zu 50 Sprüche könnt ihr im Verlauf des Spiels lernen. Hat man einen Spruch noch nicht gelernt, bleibt noch der Weg über eine Schriftrolle. Neben Standardsprüchen fehlt auch die Gothic typische Verwandlung in Scavenger oder andere Tiere nicht. Neu ist außerdem die Seelenwanderung, die es ermöglicht den leiblichen Körper zu verlassen und als nicht sichbarer Geist durch die Gegend zu streifen. So könnt ihr wunderbar Städte oder Höhlen auskundschaften und Kisten öffnen. Euer Körper bleibt aber zurück und ist immernoch verwundbar.
Gekämpft wird immer noch ähnlich, aber mit vielen Erweiterungen. Mit der linken Maustaste lasst ihr einen Hieb ab und mit der Rechten könnt ihr die gegnerischen Angriffe blocken. Haltet ihr die rechte Maustaste gedrückt und drückt dann die Linke führt euer Alter Ego eine Stichattacke aus die sehr starken Schaden macht. Außerdem gibt es noch einen Fechtstil, den ihr mit beiden Maustasten gleichzeitig gedrückt ausführen könnt. Zauber werden ausgeführt, indem man sie auswählt (praktisch über Quickslots) und mit gedrückter linker Maustaste dann ausspricht. Durch die neuen Kampffertigkeiten gerade im Nahkampf, sollen auch Arenakämpfe jetzt viel interessanter sein. So braucht ihr für jeden nicht nur bestimmte Fähigkeiten, sondern müsst euch auch selber Taktitken überlegen – etwa wann ihr blocken und wann angreifen müsst. Auch die Arenakarriere ist eine Queststrang für sich. Fangt ihr zunächst in kleinen durch Fackeln abgegrenzten Kreisen mit dem Kämpfen an, müsst ihr euch später in riesigen Arenen beweisen. Ist bei einer Kampfstelle kein Gegner mehr für euch übrig, seid ihr dort Arenameister und werdet direkt weiter zur Nächsten geschickt. Eure Kontrahenten bringt ihr übrigens nicht um, sie fallen einfach bewusstlos nur zu Boden. In der Zeit könnt ihr fröhlich deren Taschen plündern und so noch ein kleines Trinkgeld neben den Belohnungen für den Sieg einheimsen. Auch in den Kämpfen außerhalb oder in den Städten müsst ihr eure Gegner, wenn ihr sie denn wirklich umbringen wollt, mit einem Finishingmove ins Jenseits schicken.
Kleines Schmankerl am Rande: Die Gesinnungen der Völker spielen bei solchen Vorfällen eine gewichtige Rolle. Tötet ihr beispielsweise in der Assasinenstadt jemanden, reagieren die anderen Bewohner nicht unbedingt darauf. Sie gucken verdutzt, gehen aber dann weiter. Im rechtschaffenderen Städten würden die Wachen aber reagieren. Aufpassen müsst ihr immer, wen ihr umbringt. Denn eure Morde sprechen sich in den Nachbarstädten rum und können euch dort die ein oder andere Quest verderben.
Gerade kleinere Fehler aber sollen nicht den Spielspass verderben. Wenn es doch einmal dazu kommen sollten, dass euch (zum Beispiel durch Bugs) ein Weg verbaut wurde und wirklich kein anderer Ausweg mehr besteht, haben die Programmierer etwas geschummelt. So sind beispielsweise Gegenstände die aus Versehen irgendwo unerreichbar hinfallen in der gleichen Truhe nochmal zu finden oder ein Questgeber sagt euch: „Hey ich hab da noch was für dich!“. Flüssiger ist sowas auf jeden Fall als neuladen oder gar ganz neu anfangen zu müssen.
Gothic 3 sieht wirklich fantastisch aus. Die Weitsicht war schon immer die ganz große Stärke und das ist sie heute immer noch. Alles aber was weiter im Hintergrund ist, wird nur mit wenigen Polygonen ausgestattet sein. Wenn man sich der Szenerie nähert lädt die Engine nebenbei die restlichen Grafikteilchen. Der Übergang sah in der gezeigten Version noch etwas unsauber aus, allerdings wurde uns versichert, dass dies im fertigen Spiel sehr viel sanfter ausfallen wird und sozusagen kaum noch auffällt. Somit ist es den Entwicklern auch möglich die komplette Welt ohne irgendwelche Ladezeiten auskommt. Einzig friert das Spiel sehr kurz ein, wenn man sich beispielsweise in eine Höhle begibt. Wie kurz, wird erst ein Test zeigen. Die Charaktere waren noch nie so schön. Die Details die sich in jeder Stadt, an jedem Menschen oder Ork und in den Wäldern oder anderen Gebieten verstecken sind umwerfend. Dank Normalmappings wird dem ganzen ein sehr viel realistischerer Look verpasst. Bemerkenswert ist, dass die Jungs von Piranha Bytes jedes kleine Polygon gesetzt haben und nicht durch irgendeinen Baukasten die Karten und Städte erstellt haben. So bekommt wirklich alles in Gothic 3 einen individuellen Look. Leveldesign auf höchsten Niveau.
Bei den Effekten stockt einem fast der Atem. Der Feuerregen sieht dermaßen beeindruckend aus. Vor allem sieht der Zauber nach sehr viel Feuer und extrem viel Regen aus. Mindestens genauso schick war beispielsweise der „Matrixzauber“. Hier beschwört der Held eine riesige, hübsche, blaue Kugel, die alles verlangsamt was durch sie läuft. Ordentliche Schatten gehören ja heutzutage zu jedem Spiel, aber dass wirklich der kleinste Stein einen realistischen Schatten abwirft, ist kein Standard. Und auch die Spiegelungen auf eurer Rüstung sind vom allerfeinsten und wechseln natürlich bei verschiedenen Lichtverhältnissen. Kleine Spielereien mit Fackeln in der Nacht oder in Höhlen bleiben dann auch nicht mehr aus, wenn gerade auch die Ausleuchtung funktioniert.
Vom Tag-Nacht-Wechsel brauch ich gar nicht mehr sprechen. Sieht toll aus. Das man aber für diese ganze Grafikpower auch mindestens 1GB Arbeitsspeicher haben sollte, ist die Kehrseite der Medaillie. Dennoch: Hinsetzen, der Musik lauschen und sich den Sonnenaufgang auf einem Berg ansehen – ein wahrer Genuß für Romantiker. Bei der Musikuntermalung wurde nicht gespart. Ganz im Gegenteil. Die Bochumer Phillarmoniker und Kai Rosenkranz wollen, dass sich die orchestralen Stücke schön in die Umgebung anpassen und nicht Fehl am Platz wirken. Wie sich das dann im fertigen Spiel anhört, wird man hören, aber wir sind überzeugt, dass es da keinen Beinbruch geben wird. Auch die schon immer gute Synchronisation ist auch diesmal wieder sehr gut gelungen. Der Namenlose hat immernoch den selben Sprecher.
So jetzt mal Schluss mit dem Gelobe. Also… warum eigentlich Schluss? Gothic 1 war ganz große Klasse. Gothic 2 war nicht zu Unrecht bestes deutsches Rollenspiel Und Gothic 3 wird alle beide Spiele nochmals toppen. Was die Entwickler da auf die Beine gestellt haben ist unfassbar und sieht so dermaßen gut aus, dass ich gar nicht mehr aus dem Präsentationsraum raus wollte. Das Einzige Manko könnten eventuell zu viele Fehlerchen in der fertigen Version sein, was wir aber wirklich nicht hoffen und niemandem wünschen. Uns wurde zwar versichert, dass alle rund um die Uhr arbeiten, aber die Zeit ist nun doch schon ein wenig knapp. Das Spiel soll doch schon in einem Monat in den Ladenregalen stehen. Aber wir sind uns sicher, dass auch der dritte Teil dem Erfolg der Serie keinen Abbruch bringen wird. Ich freue mich schon wie ein kleines Kind auf den 13.10. Wer hier nicht zugreift, ist selber schuld. Wenn ich Unrecht haben sollte und Gothic 3 nicht der Oberknaller 2006 wird, dann gehöre ich an den Pranger gestellt und gesteinigt. Besux wird das mit Freuden übernehmen.