Miniaturwelt

Keine Handys, keine Staus, keine Hektik. Dieser werbewirksame Spruch sollte doch gerade im 18. Jahrhundert, der Geburtstunde der Eisenbahn und idyllischen Goldgräber-Postkartenmotiven, greifen. Doch Pustekuchen. In Sid Meier’s Railroads! wartet eine ganze Menge Arbeit auf uns. Eine leitende Rolle in der Entwicklung des Spiels übernahm, wie der Name schon verrät, Sid Meier, der seit jeher für Qualität in "Tycoon"-Spielen steht. Auch wenn unser Spiel keinen solchen Namenszusatz enthält, spielt es sich wie eines. Als Fan von Spielen wie Transport Tycoon oder Railroad Tycoon war ich entsprechend gespannt auf den Titel. Ob es sich hier nun um einen legitimen Nachfolger dieser grandiosen Spiele oder um einen lieblosen Abklatsch handelt, werde ich im Folgenden klären.

Wenn wir uns nun die Railroad Tycoon-Reihe als Vergleich nehmen, fällt gleich im hilfreichen Tutorial auf, dass ein Hauptteil des Spiels, der Schienenbau, signifikant vereinfacht wurde. Während von uns vor einigen Jahren ingenieurstechnische Höchstleistungen für komplizierte Strecken verlangt wurden, reichen heute schon ein paar Klicks zur fertigen Route. Tunnel, Brücken und Steigungen werden automatisch gebaut und kosten nicht wirklich viel. Zudem scheffelt man schon nach der ersten Stunde gutes Geld durch einfache Transportlinien. Einsteiger feiern also enstrechend schnell erste Erfolge. Für alte Veteranen bleibt die Herausforderung aber oftmals auf der Strecke.

Immerhin dürfen wir den Schwierigkeitsgrad und damit das Startkapital modifizieren. Trotzdem bleibt der Einstieg meistens ziemlich leicht. Nach einiger Zeit haben wir auch die Kontrahenten auf der jeweiligen Karte, die wir auch komplett abschalten können, überholt und können sie auf dem Aktienmarkt, wenn gewünscht, auch ganz aufkaufen. Wie oben schon angerissen, läuft viel vom Spiel automatisiert ab. Gleise werden leicht verlegt, Weichen und Ampelanlagen automatisch gebaut. Wer es doch ein wenig schwieriger haben möchte, regelt den Schwierigkeitsgrad für die Schienennutzung nach oben. Dann darf eine Schiene nämlich nur noch von jeweils einem Zug genutzt werden und ihr müsst für einen zweiten Zug auch eine zweite Strecke anlegen.

Erfreulich sind die Aufgaben, die einem je nach Szenario gestellt werden und Abwechslung ins Leben eines Eisenbahnpioniers bringen. In Deutschland müssen wir in einem bestimmten Zeitraum beispielsweise Berlin und Dresden verbinden und eine bestimmte Anzahl von Passagieren transportieren. Mit fortschreitender Spielzeit werden neue Patente und Zugentwicklungen vorgestellt. In Frankreich können wir später sogar den Schnellzug TGV einsetzen. Patente bringen uns verschiedene Boni, zum Beispiel billigeren Schienen- oder Brückenbau. Diese kann man in Auktionen den anderen Spielteilnehmern vor der Nase wegschnappen und sich somit ein Exklusivnutzungsrecht für die nächsten 10 Jahre sichern. Das lohnt sich meistens, denn die Preise für die Patente sind im Vergleich zu den nützlichen Boni recht gering gehalten.

Schade ist in meinen Augen, dass die Karten im Vergleich zu dem inoffiziellen Vorgänger recht klein gehalten wurden. Mit mehr als zwei Mitspielern wird es schon nach recht kurzer Zeit schwer, den Überblick über das Schienenwirrwarr zu behalten. Optisch wurde bewusst auf einen knuffigen Grafikstil gesetzt. Der kommt allerdings keinesfalls kitschig daher und macht eine gute Figur. Die historisch korrekten Loks sind gut zu erkennen, das Wasser spiegelt die Hochhäuser und der Qualm aus dem Schlot einer jeden Dampfwalze sieht zum Anbeißen aus. Man merkt, dass die Entwickler viel Arbeit in kleine Details gesteckt haben. Bahnsteige wirken lebendig, Holzfabriken sind schön animiert und selbst der Lokführer winkt uns von Mal zu Mal schelmisch zu. So macht es einen Heidenspaß nach getaner Bauarbeit, dem Treiben einfach für eine Weile zuzusehen. Dafür müsst ihr den Preis recht hocher Systemanforderungen in Kauf nehmen. Um mit hohen Details spielen zu können, solltet ihr mindestens einen 3 Ghz Prozessor und 1 Gigabyte RAM euer eigen nennen.

Mit menschlichen Mit- bzw. Gegenspielern macht mir onehin jedes Spiel mehr Spaß und so kommt der Multiplayer mit Netzwerk und Internetunterstützung wie gerufen. Über eine einfache Suchmaske lassen sich recht leicht ein paar Mitspieler zu einer munteren Runde Eisenbahn bewegen. Was schließlich bleibt, ist ein technisch einwandfreies, niedliches Spiel, das sich eindeutig mehr an Einsteiger als an die fortgeschrittene Spielerschaft wendet. Mir war es tatsächlich an vielen Stellen einfach zu leicht. Wer sich jedoch damit abfinden kann, wird mit Sid Meier’s Railroads! sicherlich seine Freude haben.

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