Liebe, Tod und Teufel

New York in einer regnerischen Nacht. Der Wind ist eisig und im Central Park fallen die Blätter von den Bäumen um sich auf den leergefegten Straßen und Gehsteigen zu verteilen. Ein paar Obdachlose wärmen sich die Hände an einem kleinen Feuer und bitten die spärlich vorbeikommenden Passanten um ein wenig Kleingeld für etwas zu Essen. Die Wenigen die schon genug beisammen haben, sind schon am Weg zum nächsten Laden um sich mit Fusel für die Nacht einzudecken. Wenn die Nacht so kalt ist wie diese und man auf der Strasse lebt, gibt es nur diese Möglichkeit um sich aufzuwärmen. Wer weiß, woher diese Obdachlosen kommen und wie sie zu dem gemacht wurden was sie jetzt sind.

Dies sollte euch ungefähr das Umfeld beschreiben, in dem Detective Max Payne lebt. Er hat seine Familie verloren, sein Selbstwertgefühl ist am Boden und sein Leben dreht sich nur mehr um seine Arbeit. Etwas Anderes hat er nicht mehr. Nun wohnt er in einer kleinen Wohnung in einem heruntergekommenen Viertel. Von seinem Erfolg im Kampf gegen die Droge V ist nicht mehr viel übrig, außer der gähnenden Leere die nun da ist wo vohrer seine Familie war..

Als der Polizei Schüsse aus den oberen Stockwerken eines Lagerhauses gemeldet werden ist Max natürlich der erste, der dort ankommt. Verstärkung ist weit und breit noch keine in Sicht und einfach zu warten wäre einfach verantwortungslos. Vielleicht sterben unschuldige Personen, während er sich einen Donut kauft und auf seine Kollegen wartet? Das wäre nicht im Stil von Max und so wagt er sich alleine in die Höhle des Löwen. Eine Reinigungsfirma ist dort ansässig, man sieht es sofort an den Lieferwagen die vor dem Lagerhaus stehen. Es wurde gemordet im oberen Stockwerk, eine ‚Waffenhändlerin‘ wurde erschossen und zwar vor den Augen von Max. Er konnte – wie bei seiner Familie – nichts tun um den Tod der Frau zu verhindern. Er musste alles tatenlos mitansehen, was natürlich das Übrige zu den Depressionen des New Yorker Cops tut..

Ein Mord in einem Lagerhaus ist an sich nichts ungewöhnliches in einer Stadt wie New York, wären da nicht Indizien vorhanden, dass wesentlich mehr hinter der Geschichte steckt als ein simpler Schusswechsel. Max Payne wäre nicht er selbst, würde er diesem Fall nicht etwas genauer unter die Lupe nehmen. Auf der Suche nach dem Hintergrund trifft Max genauso auf alte Bekannte aus dem ersten Teil, wie zum Beispiel Chief Bravura, wie er auch völlig neue Charaktere kennenlernen kann.

Die Story von Max Payne 2 ist, soviel ist sicher, eine der Besten die jemals in einem Shooter zu finden waren. Das Gefühl mitten in einem Strudel aus Depression, Gewalt und Liebe zu sein ist allgegenwärtig und zieht den Spieler direkt in die hoffnungslos scheinende Situation von Max. Etwas, das die diesjährige Konkurrenz in dieser Klasse nie erreichen konnte und für mich einfach der wichtigste Part in einem Spiel ist.

Kennt ihr das Bullet-Time Feature aus Teil eins noch? Hier hat Remedy nochmals ein paar Verbesserungen eingebaut. Es gibt den üblichen Modus, in dem ihr in Zeitlupe springt und währenddessen alle Gegner niederschiessen könnt und einen neuen zusätzlichen Modus. In diesem verlangsamt sich die Zeit generell ohne irgendwelche Sprungakrobatik und eine Sanduhr zeigt euch, wie lange ihr noch so weitermachen könnt. Das Besondere hier: Je mehr Gegner in dieser Zeit erschossen werden, umso langsamer läuft auch die Zeit ab und ihr könnt somit noch präziser die bösen Jungs über den Jordan schicken.

Bei den Waffen hat sich auch einiges getan. Der Granatwerfer wurde ausgemustert, dafür gibt es ein paar neue Wummen und altbekanntes wurde neu ausbalanciert. So könnt ihr nun mit einer AK-47 ein wahres Gemetzel unter den schweren Jungs anrichten. Noch nie hatte Max eine dermaßen effektive Waffe zur Hand obwohl auch die dual Ingrams oder die Desert Eagle durchaus ihren Reiz haben. Im Bullet-Time Mode mit dual Desert Eagles bewaffnete Putzkolonnen niederzumähen ist einfach unfassbar cool :).

Zum Multiplayer bleibt nur eins zu sagen: Es gibt keinen. Was aber, zumindest für mich, besser als ein Multiplayer Part ist, sind die Modding Möglichkeiten. Gleich nach Erscheinen von Max Payne 2 hat Remedy eine Reihe von Tools veröffentlicht, die es jedem ambitionierten Spieler mit ein wenig Fachkenntnis ermöglichen Mods zu erstellen. Mit ein wenig Geduld werden wir also bald alternative Storylines und vieleicht auch andere Charaktere kennenlernen können. Limits gibt es keine, der Fantasie des Hobbyentwicklers sind keine Grenzen gesetzt und wir alle werden davon profitieren können. Schon jetzt gibt es auf der offiziellen Site zwei neue Levels zum runterladen, die man allerdings nur im Dead Man Walking-Modus erkunden darf, was die höchste Schwierigkeitsstufe ist, die Max Payne 2 zu bieten hat.

Die Grafik, die man auf den Bildschirm gezaubert bekommt, ist sicher auch einer der Faktoren die den (frei nach mir benannten) einsaug-Faktor drastisch erhöhen. Darunter verstehe ich einfach die Tatsache, dass ein Spiel die Fähigkeit besitzt den Spieler voll und ganz in seinen Bann zu ziehen und bis zur letzten Minute einen hochgradigen Suchtfaktor entwickelt. Bis jetzt sah man selten solch gute Grafik kombiniert mit absoluter Ruckelfreiheit auch auf eher normalen Rechnern. Wo Halo mich beim Erscheinen von Gegnermassen durch lästiges Ruckeln extrem gefrustet hat, scheint die Engine von Max Payne 2 kein Problem zu haben sogar besser texturierte Objekte und massenhaft Gegner ohne auch nur ein einziges Ruckeln darzustellen. Hier wurde gute Arbeit geleistet und ich frage mich, ob diese Engine nicht auch noch separat kommerziell verwertbar wäre..?

Auch bei Regen (und es regnet in New York fast immer) gibt sich die 3D-Engine keinerlei Blöße und verrichtet ihre Arbeit tadellos. Sollte man doch ein paar Probleme mit Rucklern haben, kann man jederzeit im Startmenü die Detailtiefe ein wenig runterdrehen. Auf einer 2000 MHZ CPU mit 512MB RAM und einer halbwegs guten Grafikkarte dürfte es aber für eine Auflösung von 1024×768 Bildpunkten mit allen Details reichen.

Musik ist für mich immer ein äußerst wichtiger Faktor, welcher die Atmosphäre eines Spiels entscheidend bestimmen kann und trotzdem kommt sie fast bei jedem neuerem Spiel zu kurz. Wo sind die Zeiten als Unreal oder Command & Conquer noch vorexerziert haben wie man ein Spiel, mit dem richtigen Einsatz von Musik, zum Knaller machen kann? Auch Max Payne 2 ist ein Fall, bei dem die Musik ein wenig zu kurz kommt. Zu oft hört man die selben Stücke immer wieder. Trotzdem ist das Wenige, was man geboten bekommt, hochklassig und passt wunderbar für die verregneten New Yorker Straßen – aber einfach zu wenig.

Die Dauer des Spiels wird sicher einige Kritiker auf den Plan rufen. Mit ein wenig Einsatz hat man Max Payne 2 in ca. sechs Stunden durch. Offensichtlich ist es momentan bei den neueren Shootern einfach üblich auf technische Details mehr zu achten als auf eine angemessene Spieldauer. Für ein Vollpreisspiel hat man es einfach zu schnell durch. Als kleinen Bonus hat man aber immer noch die Möglichkeit, Mods zu saugen oder das Ganze mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad und alternativem Ende nochmals zu Spielen.

Max Payne 2 ist ein unglaublich intensives, aber leider sehr kurzes, Spielerlebnis. Ich bin selber ein nur mäßig begabter Shooterspieler und trotzdem hatte ich nach sechs Stunden alles erledigt. Aber diese sechs Stunden waren einfach mehr als genial. Dieses Fakt und das Remedy Modding Tools veröffentlicht hat, die uns bald neues bescheren sollten, hat mich dazu bewogen nach langer Zeit mal wieder einen Rebell.at – Award of Excellence zu vergeben.

Aus meiner Sicht hat Remedy mit grossem Abstand den Shooter des Jahres veröffentlicht und sollte nicht irgendeine Überaschung wie Half Life 2 und die anderen Verschobenen nicht mehr näher genannten Titel noch dieses Jahr erscheinen, wird es auch so bleiben. Übrigens glaube ich gar nicht, dass Half Life 2 so revolutionär wird, wie wir alle hoffen. Das Selbe hat man auch von Unreal 2 gehofft als es von der Presse ins Blaue gehypet wurde und in Wirklichkeit war es nur ein Griff ins Klo.

Für mich war Max Payne schon 2001 ein revolutionärer Titel, der viele seiner prominenten Konkurenten des Throns im Reich der Egoshooter verweisen konnte. Teil zwei ist zwar nicht mehr so revolutionär oder originell, aber vom Gameplay her ein Highlight und für jeden der einen PC sein Eigen nennt empfehlenswert. Und nochwas: Bitte nicht runterladen oder Raubkopieren – Entwickler von dieser Sorte sollten immer genug Geld haben um uns noch mehr derartige Spiele präsentieren zu können. Remedy beweist, dass nicht nur finnisches Death- und Gothic- Metal Massentauglich ist, sondern auch die Spiele aus dem hohen Norden Hitpotential haben können.

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