Ach, in was für einer Stuhl-behafteten (Volksmund: "beschissenen") Welt leben wir eigentlich? Nein, nein, ich spreche ausnahmsweise nicht von sozialen Ungerechtigkeiten, kapitalistischen Schattenseiten, Kriegen um Öl, Terror gegen Unschuldige, dem Rechtsruck in Europa oder den Hungersnöten in der Dritten Welt. Ich frage mich nur, was ich denn dieser Spielewelt getan habe, damit sie begonnen hat, mich so sehr zu hassen?
Gott muss eine Frau sein – eine Frau die nicht will, dass ich meine Freizeit vor dem Rechner verbringe. Gerade falle ich wieder aus meinem Zuversichts-Hoch, das sich nach der Spitzengame-Flut Ende 2003 aufgebaut hat. Die Spielebranche beginnt wieder langweilig für einen "alteingesessenen" Zocker zu werden und ihr Streben nach Mainstream-Tauglichkeit unbeirrt (oder blind?) fortzusetzen.
Was hab ich mich auf Deus Ex 2 gefreut? Schade, dass es gegenüber dem Vorgänger an Komplexität verloren hat. Wie groß war die Begierde, im nächsten halben Jahr Sam & Max 2 zu spielen? Blöd, dass LucasArts dem Spiel keine Erfolgschancen auf dem Markt anrechnet. Kann mir einer sagen wie lange ich ein Larry 8 sehen wollte? Das Doofe ist nur, dass ich mir darunter keine Ansammulng von Action-Minigames in pinker Grafik vorgestellt habe. Wie viele Perlen sind in den letzten Jahren dem Rotstift eines Publishers, dem Konkurs eines Entwicklers, den Korrekturen der Designer oder sonstigen Gründen zum Opfer gefallen? Spontan fallen mir da so manche ein: Y-Project, Outcast 2, Mythica, Sam & Max 2, Fallout 3, es wird wohl auch nie ein Jagged Alliance 3 oder System Shock 3 geben.
Zudem wurden viele Serien oder Games einfach verhunzt. Halo – wo blieb der revolutionäre 3rd-Person Team-Shooter aus den ersten Videos?, Freelancer – wo war die Simulation? Baphomets Fluch 3 – hab ich was verpasst, oder gab es einfach keine sinnvollen Neuerungen durch das tastaturgesteuerte 3D? Deus Ex 2 – warum kürzt man die Aspekte eines Spiels, die den Vorgänger so herausragen ließen? Obwohl alle meine Beispiele trotzdem relativ gute Spiele geworden sind, hatten sie mit ihrem ursprünglichen Konzept sie nicht mehr viel zu tun.
Es mag sein, dass ich zu einer Minderheit von Leuten gehöre, die gerne Innovationen und Abwechlsung im Spieler-Alltag haben. Ich bin auch sicher nicht zur Mehrheit zu zählen, wenn ich gerne Rundenstrategie, Adventures, Rollenspiele und Aufbauspiele zocke. Aber so klein, dass man fast komplett auf diese Gruppe Zocker vergessen kann, ist sie doch auch wieder nicht.
Darum verlange ich jetzt einige Dinge: Ich verlange wieder mehr Mut zum Risiko, weniger Finanz-Quartalsberichte! Mehr Kreativität und Vielfalt anstatt unwahre Marketing-Parolen! Wer gute Arbeit abliefert sollte im Regelfall auch seine Aktionäre befriedigen können. Und wenn das alles schon zu viel verlangt ist, dann können wir (und damit meine ich die, die meine Sichtweise verstehen) auf großartig klingende Ankündigungen wenigstens auch verzichten!
Diese Kolumne entstand aus Frust über die Einstellung von Sam & Max 2 – lasst mich einfach meckern… .