Freiheiiit!

Wer kann sich noch an William Wallace in Braveheart erinnern? Der grosse, blau bemalte, Claymore schwingende Hühne, der den Engländern das Fürchten gelehrt hat! Und wer hatte nicht auch mal den Gedanken, es wäre toll mal so was in PC-Spielform zu haben?

Ich gehöre zu dieser Gruppe (möglicherweise eine Minderheit) und habe mich schon seit langem auf Highland Warriors gefreut. Endlich kann ich den Engländern mal zeigen, das man sich nicht so einfach mit den schottischen Clans anlegen kann ohne kräftig „Fresse dick“ zu kriegen!

Ein wenig verunsichert war ich dann aber doch – Data Becker ist der Publisher? Machen die normalerweise nicht Bücher à la 387 Tips für ein stabiles Windows 95 ?

Nun gut, Vorurteile mal beiseite geschoben und das Spiel installiert. Erste Überaschungen lassen nicht lange auf sich warten: die Grafik ist sehr gut gelungen und für ein 3D-Strategiespiel schon fast Ausnahmequalität. Einige ganz gut gemachte Tutorials, die auch schon in die Story eingebunden sind, führen in das Spiel und dessen Möglichkeiten ein. Interessant wirds dann bei den Campaign Modi. Es geht nicht wie erwartet gegen die Engländer zu Felde, erstmal müssen die Probleme unter den schottischen Clans bereinigt werden. Highland Warriors ist hier recht geschichtstreu. Es gibt auch einige Orte, die historisch große Rollen gespielt haben wie – später im Spiel – die Schlacht bei Bannockburn, wo die Schotten mit eins zu drei in der Unterzahl und Robert the Bruce als Anführer ein englisches Heer schlagen konnten.

In insgesamt vier Kampagnen kann man für die schottischen Clans McKay, McDonald und Cameron oder für die Engländer kämpfen. Jede dieser Parteien hat eigene Specials: Jeweils zwei individuelle Helden, eigene Einheiten und jeweils ein spezielles Gebäude stehen pro Volk bereit. Der Rest der Gebäude ist zwar von der Bauweise her anders, erfüllt aber bei allen die selben Funktionen.

Unter den Helden wird man einige bekannte Namen wie William Wallace, Robert the Bruce oder König Edward von England finden. Diese haben individuelle Spezialfähigkeiten, wobei jeweils eine permanent auf einen gewissen Umkreis wirkt wo sich der Held befindet und eine bei Bedarf aktiv eingesetzt werden kann. So kann William Wallace seine Einheiten motivieren während Robert the Bruce seinen Mannen zu mehr Speed verhilft.

Um überhaupt mal in den Genuss dieser netten Helden und Gebäude zu kommen muss man erst mal Rohstoffe abbauen, ein Dorf errichten und entsprechend verteidigen. Das geht relativ unspektakulär vonstatten. Arbeiter werden zum Holzfällen, Gold-, Erz- und Steinabbau und zur Nahrungsbeschaffung eingesetzt. Mit diesen Ressourcen wird dann das Dorf errichtet und eine Armee aufgestellt, die alsdann dem Feind ordendlich einheizen soll.

Was Highland Warriors hier zu anderen Spielen klar unterscheidet, ist der Jahreszeiten Wechsel der auch einige versorgungstechnische Probleme mit sich bringt. Wenn man im Sommer keine Nahrungsmittel gehamstert hat und nicht über Rinderfarmen oder Beerensträucher verfügt, wird der Winter in einer Hungersnot enden weil man die Felder bei Schnee und Eis natürlich nicht bestellen kann. Einen Markt an dem man andere Ressourcen gegen Nahrung oder umgekehrt Tauschen könnte gibt es auch nicht und Pizza Mann hatte damals noch nicht bis Schottland expandiert. Auch wenn man mit Realismus nicht gespart hat, rennen doch die Axtkämpfer bei Minusgraden halbnackt durch die Gegend. Vielleicht sind sie aber auch nur eingebildet und wollen, dass jeder diese tollen Tatoos auf ihrer Brust sehen kann obwohl sie entsetzlich frieren?

Bald strömen, je nach Volk, Hammerträger, Bogenschützen und Claymore-Kämpfer aus den Kasernen. Aus den Ställen kommen schwere gepanzerte Reiter und berittene Bogenschützen. Belagerungsgerät, Katapulte und ähnliches wird man allerdings vergeblich suchen. Vor einer befestigten Anlage müssen die Soldaten wie wild auf die Palisaden einprügeln, die sich dann auch langsam aber sicher in Schutt und Asche legen lassen. Machmal hilft auch ein kleiner Zauber um den Abriss zu beschleunigen aber das wars auch schon. Einige Katapulte und schweres Gerät wie Belagerungstürme und Rammböcke hätten die Entwickler hier auf jeden Fall implementieren sollen.

Aber egal, trotz allen Problemen stürmen wir mit unserer Armee, die leider auf 200 Einheiten Maximum beschränkt ist, in Richtung feindliches Dorf. Beim ersten Versuch wird schon alles kurz und klein gehauen .. oder doch nicht ? Nicht traurig sein, ist kein Problem. Einfach wieder aufbauen, diesmal halt ein wenig mehr und nochmal probieren! Ressourcen sind zwar nicht unerschöpflich aber meistens findet man alternative Abbaustellen mit denen man dieses Spielchen locker noch drei bis viermal weitermachen kann. Die K.I. lässt einem hier auch ordendlich Zeit. Das ist ansich nichts ungewöhnliches: Jedes normale Strategiespiel ist hier eigendlich ident, trotzdem erwarte ich mir ein wenig mehr von den neueren Titeln. Wenn man noch ein wenig an der KI gefeilt hätte wäre noch ein ordendliches Spielzeitplus herauszuholen gewesen, so spielt ein Hardcore Gamer Highland Warrios in spätestens einer Woche durch (wenn er nur, so wie ich, abends Zeit hat. Arbeitslose Hardcore-Gamer müssten es in zwei Tagen schaffen) . Immerhin kann man sich dann noch eine Zeit lang mit dem über Gamespy laufendem Multiplayer Modus vergnügen, aber die GS-Lobby ist, zumindest jetzt noch, recht leer.

Für’s Auge hat Highland Warriors einiges zu bieten. Alle Landschaften und Einheiten sind komplett in 3D gehalten, die Karte ist nach Belieben zoom- und schwenkbar. Anders als zum Beispiel bei C&C: Generals sind die Einheiten auch bei der maximalsten Zoomstufe noch immer extrem detailliert. So kann man die schon angesprochenen Tattoos der Axtträger oder die roten Rauschebärte der Berserker auch aus nächster Nähe bewundern ohne sich über Pixelhaufen ärgern zu müssen. Die ganze Grafik Engine wirkt ausgereift und sauber obwohl bei Release noch einige (teilweise ganz lustige) Bugs vorhanden waren, wobei aber ein bereits erschienener Patch Abhilfe schaffen sollte.

Was den Sound angeht wurde leider nicht so gut gearbeitet wie bei der Grafik. Die Kampfeffekte sind etwas lau und hören sich eher nach Buttermesser VS. Teelöffel an, als nach Schwertkampf. Besonders viel Auswahl wurde auch nicht eingebaut, also bekommt man fast immer das selbe zu hören. Irgendwann wirds dann mal nervig und zumindest ich konnte dieses Problem nur noch dadurch lösen dass ich die Musik auf 100% und den Sound auf 50% gestellt habe. In Sachen Musik siehts wieder anders aus. Die ist nämlich sehr gut gelungen. Natürlich mit Dudelsack begleitet gibt es einen stimmigen, sich den Umständen anpassenden, Soundtrack der zu überzeugen weiss.

Mit sehr guter Sprachausgabe wird die Story auf Basis der 3D-Engine vorangetrieben. Mehr ist hier auch absolut nicht nötig, wie schon erwähnt geizt die Engine nicht mit Reizen und macht Video-Zwischensequenzen unnötig. Ich weiss nicht wie es bei der Englischen Version aussieht, aber in Deutsch klingt das Ganze verdammt gut – die Sprecher haben hier ordentliche Arbeit geleistet.

Highland Warriors ist seit langem wieder mal ein gutes und glaubwürdiges im Mittelalter spielendes 3D-RTS und wird keinen Hobby-Strategen entäuschen. Wie fast immer gibt es aber auch hier einige KI-Probleme. Nicht immer machen die eigenen Mannen das was sie sollten und oft muss man sich über die Aktionen des Computer Gegners etwas wundern. Bei der Auslieferungsversion gibts auch ein paar lustige Beam-Effekte (eine Einheit verschwindet und taucht anderswo wieder auf) und streckenweise Probleme mit Sound und Musik. Nachdem es aber mittlerweile schon üblich ist, halbfertige Produkte auf den Markt zu werfen, bleibt nur die Hoffnung auf Patches, die das beheben…

Von den Hardwareanforderungen her gliedert sich Highland Warriors in den etwas gehobenen Standard ein. Im Klartext: Ein Rechner mit 1.5 GHZ und Geforce 3 / Radeon 8500 Grafikkarte sollte vorhanden sein um ein ordendliches Spielen mit guten Detaileinstellungen zu ermöglichen. Jeder der unterhalb dieser Spezifikationen liegt verliert einiges an Spielspaß, da dieser auch zu einem Großteil auf die gute Grafik aufbaut. Die vom Hersteller angegebenen 128 MB RAM als Mindestanforderung kann ich nicht nachvollziehen. Vielleicht bekomme ich ja von euch, den Rebell.at-Lesern, Feedback wie es damit läuft ?

Ob es einen zweiten Teil geben wird bei dem meine Kritikpunkte bereinigt werden steht in den Sternen. Soft-Enterprises, der Entwickler, ist insolvent und es sieht momentan leider nicht nach einer Weiterführung des Unternehmens aus. Trotzdem hoffen wir das Beste und wünschen allen SE-Mitarbeitern viel Glück – vielleicht klappts ja doch noch.

Für mich als Braveheart Fan ist Highland Warriors was ganz Besonderes. Ich war schon lange scharf darauf, mit William Wallace und seinem mächtigen Claymore mal den Engländern nahezulegen das Schottland frei ist und es auch in nächster Zeit bleiben wird. Dazu ist Highland Warriors allerbestens geeignet. Vor allem der Singleplayer Modus macht Lust auf mehr, hier ist endlich mal eine gute Story vorhanden, die auch auf wahren historischen Ereignissen aufbaut – ein großer Vorteil gegenüber C&C: Generals, wo immer nur dürftige Mini-Einsatzbesprechungen stattfinden.

Ein gutes Spiel mit ein paar Patzern, die aber den Spielspass nicht schmälern können. Trotzdem kriegt Highland Warriors nur eine eingeschränkte Empfehlung von mir: Anfänger können bedenkenlos zugreifen, wer sich aber schon länger in RTS-Gefilden rumtreibt wird bemerken, dass sich nicht viel getan hat im Vergleich zu anderen Spielen und man HW relativ schnell, trotz vier umfangreichen Kampagnen, durchgespielt haben wird.

Cool? Dann erzähl doch anderen davon! Danke! :)