Forza Horizon 2 im Test: Wunderschönes Sausen

Forza Horizon 2 ist auf der Xbox One (und 360) der Start zu einem heißen Rennspielherbst, der mit dem Multiplattformtitel The Crew und dem Playstation-Exklusivtitel Driveclub weitergehen wird (Tests folgen). Aber das Spiel von Playground Games legt jedenfalls eine starke Messlatte für die Konkurrenz vor.

Forza Horizon 2

Wahnsinn vor allem, wie schön dieses Spiel ist! Die Tag-Nacht-Zyklen, die Wettereffekte, die Weitsicht, die Hochglanzautos. An der französisch-italienischen Riviera bringe ich es zwar aufgrund des lässigen Geschwindigkeitsgefühls kaum übers Herz, meinen Ferrari einmal kurz anzuhalten, um die Gegend zu genießen, aber trotzdem riecht die Gegend förmlich nach Wanderurlaub und Lagefeuern am Strand. Wer einmal in Nizza war, wird ikonische Teile der Stadt sofort wiedererkennen, auch wenn sie nicht originalgetreu nachgebaut wurde und die Gegend rundherum fiktiv zusammengestöpselt ist.

FH2 ist ein Gute-Laune-Spiel. Fernab von den pseudocoolen Fast-and-Furios-Stereotypen nehmt ihr an einem fröhlichen Auto-Festival teil, und sucht euch in der offenen Welt ein Rennen nach dem anderen. Ob man diese „Story“-Elemente wirklich will, hängt natürlich von euren Vorlieben ab. Das Spiel nutzt die „Leerphasen“ zwischen den Rennen, die euch am Ende zum großen Finale führen sollen, aber ziemlich gut. Tatsächlich vermitteln sie eine gewisse Ruhe – bei mir wurde das unterstützt durch den Soundtrack des Ingame-Senders für klassische Musik, mit dem das Highspeed-Fahren irgendwie einen entspannten Charakter erhielt (es gibt auch andere Sender, keine Angst). Ansonsten werdet ihr zwischen den Rennen in der Spielwelt etwa auf das Fahrverhalten neuer Autos vorbereiten oder mit kleinen Challenges gefordert. Radaranlagen wollen mit Höchstgeschwindigkeiten ausgelöst, seltene Autos in Schuppen gefunden und sonderbare Rennen gegen Heißluftballons oder Düsenjäger gewonnen werden. Ja, hier haben sich die Entwickler keine Realismus-Grenzen gesteckt. So lassen sie euch auch nicht nur über Straßen brettern, sondern in manchen Rennserien auch Querfeldein über Wiesen und Äcker wetzen.

Forza Horizon 2

Das ist ein etwas seltsamer aber prägender Spagat von Forza Horizon 2. Einerseits ist es dieses semi-realistische Rennspiel, das euch auch die Motoren der extrem unterschiedlichen und vielfätigen Autos detailreich tunen lässt (ich hab davon keine Ahnung, drum lass ich immer die Finger davon). Andererseits gleitet ihr dann wie auf einer Eisfläche über ein Weizenfeld. Mit dem tiefergelegten Ferrari bei Tempo 300 über eine Wiese zu glühen hat vom glaubwürdigen Fahrverhalten auf den Straßen natürlich nicht mehr so viel. Aber es macht Spaß, und das steht bei der Horizon-Reihe wohl im Vordergrund – es ist keine Simuation, eher ein mehr Skill einforderndes Need for Speed. Ihr müsst mit jedem Auto auf seine eigene Weise zurechtkommen und eure Technik weiterentwickeln, aber ihr müsst weder ein halbprofessioneller Mechaniker noch ein geschulter Rennfahrer werden.

Deshalb kann man auch mal mit 250 in einen Baum knallen, ohne dass das Auto dadurch geschrottet würde. Das recht schöne optische Schadensmodell macht es fahrerisch zwar schwieriger, noch geradeaus zu fahren, drosselt die Beschleunigung und verändert die Bodenhaftung, gänzlich zerstören habe ich mein Auto allerdings nie können. Eine Hilfe ist zumindest im Singleplayer-Modus auch die Fähigkeit, das Rennen um ein paar Sekunden zurückzusetzen. Wer in der letzten Kurve seinen Sieg verspielt und das Rennen nicht neu starten möchte, kann seinen Fehler also noch korrigieren.

Forza Horizon 2

Besonders stolz sind die Entwickler auf die Gegner-KI. Die soll sogar von eurem Fahrverhalten lernen und euren „Drivatar“ als KI-Gegner dann im Online-Spiel gegen eure Freunde antreten lassen. Wie viel da dahintersteckt, konnte ich mangels FH2-spielender Freunde allerdings nicht herausfinden. In den Rennen gegen den Computer werdet ihr jedenfalls gut gefordert und über manchen Gegnern leuchtet dann halt ein Name aus eurer Xbox-Freundesliste. Die Konkurrenten deuten aggressives Fahrverhalten an, führen es aber nur selten auch durch. Sie ziehen im Zweifelfall vor Kollisionen doch eher zurück, wodurch man hinter einem liegende Gegner auch zurückhalten kann. Auf den höheren Schwierigkeitsstufen und mit ausgeschalteten Fahrhilfen erlaubt euch die KI aber kaum Fehler, wenn ihr um den Sieg mitreden wollt. Es gibt keine Gummiband-Funktion: Wer alle Kurven gut erwischt, kann den Gegnern einiges an Zeit abnehmen, aber wer einmal früh in einer Absperrung hängengeblieben ist, wird schon Schwierigkeiten haben, einen letzten Platz zu vermeiden.

So weit, so gut. Ein Problem für das Spiel ist das Progression-System. Zum Einen werden Gegner mit der Zeit einfach nicht besser. Sie sind vom ersten Rennen an so gut, wie sie nun einmal sind. Zum Anderen fehlen Belohnungen: Ein Rennen oder Duell oder eine Challenge zu gewinnen, wird eher intrinsisch belohnt als durch bedeutsame In-Game-Preise. Das Erfahrungssystem und seine Perks sind – wie man so schön sagt – „für die Fisch“. Irgendwann kommt deshalb ein Gefühl von repetitivem Gameplay auf. Man kennt die Welt vielleicht noch nicht im Detail, aber findet auch nichts wirklich neues mehr. Und während die Rennstrecken durchwegs gut zu fahren sind, ist dann doch keine ikonische dabei, die ich wirklich ins Herz geschlossen habe und die mich zur Jagd nach immer besseren Zeiten oder Siegen in mehreren Autoklassen motiviert. Es geht darum, überall mal erster zu werden. Hat man das einmal geschafft, ist der Singleplayermodus ausgeschöpft und eine Wiederholung zwecklos.

FH 2 hat seine kleineren Schwächen deshalb im Endgame: Sobald der Fuhrpark gut gefüllt und die Strecken im Wesentlichen mal abgefahren sind, muss die Motivation weiterzuspielen von euch selbst kommen. Das Spiel selbst hat dafür nur noch kleine Mechaniken anzubieten. Wer keine Lust hat, Geschwindigkeitsrekorde zu brechen, in der Riviera auf die Suche nach zerstörbaren Werbetafeln zu gehen, sich mit Freunden zu matchen oder mit ihnen auf Treffpunkten“ rumzuhängen und Lackiermuster auszutauschen, wird dann genug vom Spiel haben.

Forza Horizon 2

Eine positive Entwicklung sei auch nicht verschwiegen: Im Gegensatz zu den Vorgängern gibt es in Forza Horizon 2 keinerlei Mikrotransaktionen. Die Erweiterung eures Fuhrparks und die Auto-Updates zahlt ihr mit Ingame-Errungenschaften.

Forza Horizon 2

Fazit: Forza Horizon 2

Forza Horizon 2 ist ein schönes, fröhliches Rennspiel, dass euch immer wieder für ein paar gechillten Fahrten zwischendurch motivieren wird. Es ist genau das, was ihr mögen müsst, damit euch das Spiel etwas bieten kann: Unkomplizierten Rennspaß. Skillgamer würden von den vielen Arcade-Racer-Elementen möglicherweise enttäuscht sein. Es ist keine knallharte Rennsim, in der ihr aus jeder Kurve noch ein paar Sekundenbruchteile herauszuholen versucht. Übrigens: Wir haben die von einem anderen Team entwickelte Xbox 360-Version auf der Game City 2014 gesehen. Grafisch sind hier natürlich Welten dazwischen, vom Prunk der Xbox One ist da nicht viel übrig. Wer die Wahl hat, sollte die 360-Version wohl links liegen lassen.

Forza Horizon 2 ist seit einigen Wochen für Xbox One und Xbox 360 erhältlich. Wenn ihr es über diesen Link auf Amazon kauft, bekommen wir einen kleinen Kickback. Danke.

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