Der Anfang vom Ende?

Am Anfang stand bekanntlich das Wort – Textadventures waren der Beginn einer Ära, die in den frühen 90ern mit LucasArts-Grafikadventures ihren Höhepunkt hatte. 2D-Point & Click-Abenteuer vereinten in diesen Jahren eine hohe Rätseldiche mit lustigen oder spannenden Geschichten, detailliert schöner Grafik und einer Steuerung die selbst DSDS-Patienten kapiert hätten. 2003 wollte Revolution eine neue Epoche im Abenteuer-Genre einläuten. War es der Anfang vom Ende?

Jahrelang waren Knobel-Fans und Stobbard-Anhänger skeptisch gewesen. Würde Revolution das geniale Baphomets Fluch in die Dritte Dimension verfrachten, auf eine Maussteuerung verzichten und das Genre namensgerecht revolutionieren können? Seit kurzem sind George und Nico wieder im Rennen und gleich zu Spielbeginn denkt sich der alteingesessene Fan nur eines: Es kam so wie es kommen musste. Die ersten Impressionen sind nämlich für Veteranen alles andere als positiv. George landet nach dem schicken Render-Intro im Dschungel und muss Kisten verschieben, dummerweise über klobige Bergwände klettern und sich mit dem nicht gerade intuitiven Interface herumschlagen; Nico in Paris einen Tisch verschieben, dummerweise über Dachrinnen hangeln und im Eilzugstempo auf die Schüsse einer kaltblütigen Killerin reagieren. Klingt wie das Horrorszenario schlechthin, aber das sind bisher nur die ersten fünf Minuten des Spiels…

Bevor wir aber weiter darauf eingehen wie es weiter geht, wollen wir doch erstmal klären, warum die beiden das überhaupt alles machen. George Stobbart ist Patentanwalt in Idaho und wird eines Tages in den Kongo geschickt um die Erfindung einer endlos Energie produzierenden Maschine zu bestätigen. Am afrikanischen Kontinent angekommen (gelandet durch einen eleganten Flugzeugabsturz) wird er Zeuge, wie sein Klient von einem Kerl namens Susarro getötet wird. Zeitgleich wird Nico Collard in Paris ein Mord an einem Hacker in die Schuhe geschoben. Der Computerspezialist hatte ein altes Manuskript entschlüsselt und vom Ende der Welt gefaselt. Schon im frühen Spielverlauf wird klar: Nico und George sind erneut in denselben Fall verwickelt. In der mysthischen und historischen Geschichte kreuzen sich die Wege der beiden Hauptprotagoniseren auch bald.

Eine Story wie man sie von Revolution und im speziellen der Baphomets Fluch-Serie eben kennt. Ganz können die Briten ihr Handwerk also nicht verlernt haben. Nach dem anfänglichen Schock findet man zum Glück auch schnell wieder Rätsel vor, die Adventurefreunden nicht die Haare aufstellen. Relevante Dialoge und logische Puzzles erheitern deren fast schon düsteres Gemüt. Leider könnte man aber auch im späteren Spielverlauf öfters in die Tastatur beißen – simple Kistenrätsel oder stupide Klettereinlagen kommen nämlich viel zu oft vor, und auch wenn man dank der unsinnigen Tastatur-Steuerung gewisse Actionsequenzen sieben Mal machen muss, strahlt man nicht gerade übers ganze Gesicht. Vor allem dann nicht, wenn längere Zwischensequenzen und Dialoge ebenfalls wiederholt werden (was fast immer der Fall ist) – diese darf man nämlich leider nicht abbrechen. Auch die exzellenten deutschen Sprecher machen dieses Manko nicht wett.

Schon im frühen Stadium der Entwicklung hatte Revolution versprochen, die 3D-Umgebung für innovative Puzzleformen zu benutzen. Geblieben ist von diesem Vorsatz gar nichts – im Vergleich zu den 2D-Vorgängern gewinnt das Spiel weder an Interaktivität noch an neuen Rätseltypen. Im Gegenteil! Oftmals fragt man sich, warum gewisse Vorgänge so kompliziert sind. Ein Beispiel gefällig? Wir müssen mit Hilfe einer Lupe und der Sonne ein Feuer entfachen. Es wäre im Dschungel naheliegend, dafür einfach einige Äste abzubrechen oder herumliegende Bretter zu verwenden – das geht aber nicht. Stattdessen müssen wir erst einmal über zahlreiche Plattformen klettern und mit Hilfe eines Stabes ein verlassenes Vogelnest von einer Anhöhe stoßen, um dieses anschließend abzufackeln.

Im Grunde dürfte die 3D-Engine lediglich aus einem Grund verwendet worden sein: um leichter Konsolenversionen produzieren zu können. Besonders schick ist die Optik nämlich auch nicht. Verwaschene Texturen, sprnghafte Animationen und klobige Umgebungen findet man allerorts. Was allerdings wunderbar gelungen ist, sind die Charaktere. Allesamt sind schön detailliert und auch wiederzuerkennen. Das heißt, alle bis auf eine nicht ganz unwesentliche: Nico. Die junge Dame hat sich doch ziemlich verändert. Zieht man ein Resumee aus dem Gang in die Dritte Dimension, dann muss das zwar nicht als missglückt, aber doch als vollkommen unnötig und von Nachteilen behaftet ansehen. Sowohl in 3D, als auch in 2D wäre eine schönere und detailliertere Fortsetzung der Reihe möglich gewesen.

Weniger zu meckern gibt’s beim Sound. Nicht nur die bereits gelobte Synchronisation, sondern auch die Effekte und die musikalische Untermalung sind einfach fabelhaft gelungen. Revolution schafft es dadurch Spannung aufzubauen oder humorvolle Situationen perfekt zu unterstreichen. Aufmerksame Spieler können aus der dynamisch angepassten Musik gar Hinweise auf die Wichtigkeit bestimmter Dinge erhaschen.

Weil wir gerade vom Humor sprechen: der ist ebenfalls typisch für die Serie ausgefallen. Bissige Kommentare, sowie gehörige Portionen Hohn und Sarkasmus laden zum Schmunzeln ein.

Wenn man sich so durch diverse Lokalitäten wie den Dschungel des Kongo-Beckens, die mysthische englische Kleinstadt Glastonbury oder die französische Metropole Paris lächelt, verzeiht man auch gerne die sonst noch auftretenden, kleineren Macken von Baphomets Fluch 3.

Da wären zum Beispiel die sehr klein ausgefallenen und recht unbelebten Örtlichkeiten, die manchmal unübersichtliche Kameraführung und das umständliche Interface im Inventar zu nennen, dem es ebenfalls ein wenig an Übersichtlichkeit fehlt.

Gerade letzteres fällt aber nicht so schwer ins Gewicht wie man vielleicht annehmen könnte. Das liegt wohl vor allem daran, dass Rätsel, in denen man mehrere Gegenstände des Inventars kombinieren muss, relativ selten sind.

Weniger erfreulich ist hingegen, dass Baphomets Fluch 3: Der Schlafende Drache sich einem akteuellen Trend der Branche anschließt, und ziemlich kurz ausgefallen ist. Geübte Abenteurer brauchen sicher keine zehn Stunden. Ihnen dürfte das Spiel wahrscheinlich generell ein wenig zu einfach ausgefallen sein. Darum sollten auch Neulinge oder Gelegenheitsknobler nicht länger als 12-15 Uhr-Umdrehungen beschäftigt sein.

Was mach‘ ich nur? Genau einordnen kann ich Baphomets Fluch 3 nicht. Freue ich mich darüber oder könnte ich heulen? Es will einfach nicht in meinen Kopf wem die Jungs von Revolution mit den nervigen Actioneinlagen einen Gefallen tun wollen, oder wer sich ihrer Meinung nach an simplen Klettereien und Kistenrätseln erfreuen soll. Andererseits sind die traditionellen Puzzles, ebenso wie die Musik und Story, über jeden Zweifel erhaben. Weil aber die nervigen Sequenzen zu oft vorkommen; die Steuerung und die Grafik unnötig „verschlimmbessert“ wurden; und die Spielzeit auch recht kurz ausgefallen ist, reihe ich Baphomets Fluch 3 hinter Tony Tough und Runaway ein.

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