Damnation: Verkannt, verurteilt, verdammt

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Damnation

Ich geb’s ja zu, einiges wurde am Steampunk-Shooter Damnation (Codemasters) zurecht kritisiert. Die Steuerung könnte präziser sein, die Grafik schöner, die Gegner klüger und überhaupt ist es nicht die angekündigte Revolution die es versprach zu werden. Doch Hand aufs Herz: Welches aufwändiger produzierte Spiel verspricht heutzutage nicht sein Genre völlig auf den Kopf zu stellen oder die Meßlatte eine Meile höher zu legen? Kein Schwein misst in Wahrheit ein Spiel noch an derartigen Versprechungen, dafür funktioniert Traumgrafik immer noch hervorragend als Blender.

Ich bin kurz davor, Damnation ausgespielt zu haben, und ich hatte unzählige Stunden Spaß mit dem Spiel. Trotz aller kritisierten Mängel. Denn was ander Oberfläche erstmal nicht schön aussieht reicht vielen Testern bereits um andere Mängel maßlos zu übertreiben. Ein Spiel mit viel ungenutztem Potential und doch einigen guten Ansätzen wurde flächendeckend verrissen. 47 Reviews mit negativer Tendenz zählt MetaScore. Bei 5.7 von 10 möglichen Punkten liegt der Wertungsschnitt der von mir gespielten PC-Version. Das bedeutet nach voelen Jahren der Wertungsinflation soviel wie „dieses Spiel ist Mist“.

Also liegt es an mir (hier bitte eine epische Fanfare einspielen) für Damnation in die Bresche zu bringen. Ich mag es, ehrlich!

Die Steuerung könnte freilich ausgereifter sein, aber trotzdem schaffe ich es auf der Tastatur und ohne verkrampfter Hände flüssig durch die Level. Die Gegner sind mäßig intelligent und werden von den eigenen Companions noch unterboten. Na und? Dafür sind Letztere stets wiederbelebbar und Erstere zahlreich. Die Geschichte ist zuweilen etwas platt und unglaubwürdig, doch mich entschädigt das originelle Szenario der von einem Konzern terrorisierten alternativen USA in den Dreißigern des letzten Jahrhunderts in dem ich mich trotz allem mit dem Haupthelden Hamilton Rourke identifizieren kann.

Das zentrale Versprechen von Damnation lautet übrigens „Taking the Shooter vertical“ (Das Shootergenre in die Vertikale bringen) – und das hält es. Ich blicke von der einen Seite eines tiefen Tals auf die andere, die mehrere virtuelle Kilometer entfernt ist, und ich weiß, ich komme dort hin. Diese Distanz wird bezwungen, über Felsvorsprünge, Wände, Fenstersimse, Leitern und manchmal auch abgefahrenen Motorrädern. Dann wieder zurückzublicken, wo man eine halbe Stunde später noch stand, erfüllt einen mit ähnlicher Befriedigung wie das Ankommen am Ziel einer langen Wanderung, in der sich die vielfältigen Klettermöglichkeiten zumeist nahtlos in die Landschaft einfügen. Die groben Texturen und vereinzelten Clippingfehler (siehe linker Ellenbogen am Screenshot) – sie werden irgendwann unwichtig.

Wenn etwa Gamers.at schreibt „Umständlich, umständlicher Damnation“ oder TotalVideoGames.com von einem schlechten Tomb Raider Klon spricht, dann muss ich den verantwortlichen Redakteuren vorwerfen, sich vom ersten Eindruck zum Urteil verleiten haben zu lassen. Wer über die erste halbe Stunde hinauskommt wird feststellen, dass es beides einfach nicht ist.

Wer dem Fokus auf Spielspaß statt auf Highend-Grafik legt, nicht an die Liebe auf den ersten Blick glaubt und ein paar Macken verzeihen kann, dem sei zumindest ein Kauf zum Budgetpreis nahegelegt*.

Diese Nacht ist Prescott wohl fällig ;)

* Hierbei sei die US-Version empfohlen, die deutsche Synchronisation soll mißlungen sein.

Cool? Dann erzähl doch anderen davon! Danke! :)