Die Frage: "Was willst du werden wenn du groß bist?" wird wohl ein hoher Prozentsatz an Kleinkindern seit Indiana Jones und Lara Croft mit "Archäologe" beantworten. In der Realität ein eher ein tristes Dasein, dass sich hauptsächlich mit Rumpinseln an uralten Knochen und dem Lesen diverser Wälzer beschäftigt, haben Eidos und LucasArts dem ganzen Berufszweig einiges an Aufmerksamkeit zukommen lassen. In diesem Review werden wir uns mal mit einem neuen Teil der Indiana Jones-Spielereihe beschäftigen.
Ich weiss nicht ob ihr Ahnung von den Prequels habt, aber ich persönlich kann mit Titeln wie The last Crusade aus dieser Serie was anfangen, weswegen ich mich gespannt auf das neueste Werk gestürzt habe. Sowohl grafisch als auch spielerisch hat Indiana Jones und die Legende der Kaisergruft mit dem alten Indy-Adventure Stil nicht mehr viel zu tun. Stattdessen liegt uns nun ein reinrassiges 3D Action Adventure vor.
Ein ernstzunehmendes Problem bei LucasArts‘ neuestem Werk ist die Steuerung. Nachdem dies eine Version ist, die ihr Debüt auf Konsolen feiern durfte und die Konvertierung auf den PC das Spiel nicht grundlegend veränderte, dachte ich nach den ersten 30 Minuten schon entnervt daran die Deinstallationsroutine aufzurufen. Die Steuerung mit Maus und Keyboard ist, gelinde gesagt, zum Kotzen. Also habe ich, nach kurzer Besinnung auf meine Aufgabe das Spiel zu testen, an mein uraltes, verstaubes Sidewinder Gamepad gedacht und mal wieder an den PC angeschlossen. Nachdem ich vorher schon die Absicht hatte, mein Keyboard aus dem Fenster zu werfen und die Festplatte auf der ich Indy installiert hatte zu zertreten, ließ sich sich das Spielchen mit dem Gamepad plötzlich richtig gut spielen und begann mich in seinen Bann zu ziehen.
Ihr befindet euch anfangs in Ceylon (heute Sri Lanka) auf der Suche nach einem Artefakt. Welches sich in einer alten Tempelanlage befindet. Unglücklicherweise – oder glücklicherweise, sonst wärs wohl langweilig – ist man nicht der Einzige der nach seltenen Artefakten giert. So trifft man anfangs schon auf Schatzjäger mit russischem Akzent, welchen es nach einer Abreibung verlangt. Hier kam für mich die erste Überaschung, die Kämpfe sind nämlich richtig gut gelungen. Wenn ihr es schön langsam satt habt, die ganze Zeit eure Gegner über den Haufen zu schießen, habt ihr hier das seltene Privileg diesen Kerlen mit Händen und Füssen so richtig schön die Fresse zu polieren. Schlägereien sind bei Indiana Jones und die Legende der Kaisergruft durchaus üblich und and der Tagesordnung. Ihr habt zwar auch meistens Schuss- und Stichwaffen im Gepäck, aber ein Faustkampf ist einfach genial und zusätzlich mit äußerst befriedigenden Schlag- und Tretsounds unterlegt.
Das Artefakt welches man, etwas Geschick und Geduld vorausgesetzt, im Tempel auf Ceylon vorfindet, ist mehr als es zu sein scheint. Nachdem Dr. Jones wieder zuhause an seiner Universität ist, trifft er auf chinesische Touristen, die ihm die wahre Bedeutung des Artefakts offenbaren. So kann man damit in Kombination mit zwei anderen Artefakten das Tor zur Gruft eines vor 2000 Jahren verstorbenen Kaisers öffnen, worin sich wiederum ein Artefakt befinden soll welches ganze Menschenmassen nach dem Willen des Besitzers handeln lässt.
Klar, dass solch mächtige Gegenstände niemals in die falschen Hände geraten dürfen. So wird Dr. Jones dazu verpflichtet, die fehlenden Artefakte zu besorgen, sich Zugang zur Kaisergruft zu verschaffen und das mächtige Artefakt mit der Kraft des Saftes an die chinesische Regierung auszuhändigen. Das Problem ist nur, niemand weiss so genau wo sich die fehlenden Gegenstände finden – aber im Laufe des Spiels beweist sich folgendes Motto: Immer den Nazis nach.
Nazis sind auch der Großteil der Gegnerscharen bei Indiana Jones 6. Sie haben überall ihre Finger im Spiel. Sei es in Istanbul oder in Taiwan – man findet immer Leute von der Waffen SS oder vom Geheimdienst. Doch auch agressive Türken oder in Kampfsport geschulte Chinesen zählen zu den Gegnern. Vor allem bei den Kung-Fu Chinesen kann ein Faustkampf etwas problematisch sein, da sie Dr. Jones dermassen schnell vermöbeln, dass man kaum noch Zeit hat überhaupt noch gepflegt aufstehen zu können.
Storymäßig hat LucasArts‘ neuestes Werk durchaus Klasse. Die Zwischensequenzen beim Wechsel der Schauplätze sind gut gelungen und erinnern noch an das gute, alte Indiana Jones and the Last Crusade. Anfangs in Ceylon, wird man an Schauplätze auf der ganzen Welt verfrachtet – unter anderem auch Istanbul, Xian oder Prag. Bei jedem Levelabschluss wartet ein großer, böser Endgegner darauf, dass man ihm sein Lebenlicht ausbläst. Allerdings kommt man hier, wie auch im Spiel generell, nicht immer mit der ‚Ich hau solange drauf bis es umfällt‘-Taktik weit, sondern es ist ein wenig Kreativität und Geschick gefragt.
So kann man z.B. den möchtegern Frankenstein am Ende des Levelabschnitts Prag nicht mit normaler Waffengewalt bezwingen, man muss ihn schon mit Säureflaschen bewerfen oder mit einem in Säure getränktem Prügel verdreschen, damit der überhaupt mal bemerkt, dass ihn jemand töten möchte.
Eines der größeren Probleme des Spiels ist der mit der Zeit wirklich brutal ansteigende Frustfaktor. Was hat sich LucasArts dabei gedacht, keine normale Speicherfunktion einzubauen?! Gerade bei Punkten, wo man sich mit der Peitsche über irgendwelche Abgründe schwingen will und aus versehen runterfliegt kotzt es mit der Zeit richtig an, den Level bei jeden virtuellem Tod wieder neu beginnen zu müssen.
Grafisch ist Indiana Jones und die Legende der Kaisergruft kein wirkliches Highlight. Trotzdem ist das, was man zur Verfügung hatte, gut umgesetzt worden. Nicht selten wird man von der Pracht der Außenareale und des Himmels in Erstaunen versetzt obwohl die Texturen wirklich etwas detaillierter gemacht sein könnten. Auch die Animationen des Helden sind ziemlich cool geworden. Wenn man Indy mal eine Zeitlang nicht bewegt, kann man ihn bei ein paar Auflockerungsübungen betrachten, was der Spielerfigur etwas Leben einhaucht. Leben das, man dank der fehlenden Speicherfunktion oft vermissen wird…
Die Videozwischensequenzen haben irgendwie einen gewissen ‚Spirit‘, sind aber nicht überragend und in schlechter Qualität. Trotzdem machen auch sie einen nicht unangenehmen Teil des Spielerlebnisses aus und lassen sich, wenn man sie nach dem achten Levelneubeginn nicht mehr sehen kann, einfach mit ESC überspringen ;-).
Wenn ihr den Soundtrack aus den Filmen kennt und schätzt – hier könnt ihr ihn wieder genießen. Das volle Programm wird dem Gehörgang mittels orchestraler Unterstützung geboten. Zwar ist das ’nur‘ Hintergrundmusik, trotzdem bessert sie die Atmosphäre des Spiels entscheidend auf. Ohne diesen Soundtrack wäre ich nach dem ersten Level wahrscheinlich schon eingeschlafen. Musik ist zwar nicht alles, so sagt man, doch bei Indy 6 ist es den Entwicklern gelungen einen filmreifen Soundtrack (was für ein Zufall) einzubauen der wirklich perfekt passt.
Etwas seltsam ist die Sprachausgabe. Reden die Nazis einmal reines Deutsch (Es ist der Amerikaner, schnell, schnell!!), mischt sich plötzlich Englisch mit Brechreiz erregendem deutschem Akzent im Helmut Kohl-Stil in die Sprachausgabe (Ah, what wouldn’t I give now for a good Apfelstrudel). Ob man sowas nun als witzig, originell oder lächerlich empfindet bleibt jedem von euch selbst überlassen. Ich beurteile das mit belustigend-lächerlich..
LucasArts hat mit Indiana Jones einen Helden geschaffen, der für herben Schweissgeruch, hohe Bildung und ständiges Abenteuer steht. Wenn ihr ein Fan von actionlastigen Adventures seid und es schon immer euer Traum war, euch für Ruhm und Ehre mit der Peitsche über diverse Abgründe zu schwingen, dann kauft euch Indiana Jones 6. Solltet ihr aber über eine Konsole verfügen und am PC kein Gamepad besitzen, wäre es ratsam, das Spiel für die XBOX oder die PS2 zu erstehen. Dafür wurde es nämlich gemacht.
Irgendwie seltsam, die fehlende Speicherfunktion hat mich nach einiger Zeit garnicht mehr gestört. Teilweise hat es auch seinen Reiz, nicht überall ungestraft alles ausprobieren zu können. Mit der Zeit passt man einfach auf, wo man hin tritt. Und es auf diese Weise zu schaffen motiviert immer wieder zum Weiterspielen. Außerdem ist die Grafik wirklich malerisch und hat Einiges zu bieten. Klar liefern viele Spiele eine wesentlich bessere Texturqualität ab, aber trotzdem machen die liebevoll gestalteten Levels von Indiana Jones und die Legende der Kaisergruft einiges an grafischem Missstand wett.
Um einen Vergleich mit Tomb Raider komme ich auch nicht rum. Mit dem Unterschied, dass Dr. Jones in meinen Augen einfach mehr Charisma hat und man nicht immer mit Doppel-D Brüsten vom Spielgeschehen abgelenkt wird :-).