Aus Sicht eines Grafikers

Steffen Unger ist beim Berliner Spieleentwicklungskombinat als Lead 3D-Artist beschäftigt. Aufgefallen ist das Grafikertalent früher, als er mit dem Animago Award ausgezeichnet wurde. Zur Zeit arbeiten er und SEK an der Fertigstellung des Echtzeit-Strategiespiels ’Paraworld’.

Welche Überlegungen stellen sich für einen Grafiker zu Entwicklungsbeginn?

Zuerst einmal sollte man wissen, in welchen Limits man sich bewegen darf. Was kann die Engine, was darf ich und was darf ich nicht? Natürlich kann sich das im Laufe der Zeit ändern. Aber wenn man sich ein Stück weit daran hält, ist eine Erweiterung nach oben, wenn überhaupt, ja nur ein zeitliches Problem. Innerhalb dieses technischen Rahmens sollte man, bevor die Produktion richtig losgeht, anfangen zu testen, viel testen, um später nicht über die eigenen Fehler stolpern zu müssen. Leider ist das heutzutage noch nicht wirklich der Produktionsalltag, was dazu führen kann, dass im Nachhinein viel nachgebessert und/oder sogar völlig neu gemacht werden muss.

Aber aus jeder Produktion lernt man ja dazu. Gerade neuere Techniken lassen sich anfangs ja nur schwer mit einplanen. Eine Pipeline später dahingehend umzubauen, ist kein allzu leichtes Unterfangen, aber mit ausreichender Planung ist das zu bewältigen. Um das Ganze mal zusammenzufassen: Man sollte, bevor die eigentliche Produktion losgeht, erst einmal die Grenzen ausloten und viel testen, um mögliche Schwachstellen im Konzept schnell vorhersehen zu können.

Fertigst du Konzeptgrafiken an? Gibt es noch Papier und Bleistift? Oder gehören die sogenannten Artworks nicht zu deinen Aufgaben?

Ja tue ich, in den meisten Fällen aber eher schnelle Tests und Kritzeleien, für ausgefeilte Konzepte fehlt mir meistens die Zeit. Ich mache diese entweder auf einem kleinen Block, den ich immer dabei habe oder, was eher der Normalfall ist, direkt am Rechner. Aber wir hatten bei ’Paraworld’ einige Konzeptzeichner, die sich ausschließlich damit befasst haben.

Also ich kann jetzt nur von mir und der Grafikpipeline im SEK berichten, andere Studios mögen das anders machen. Für die 2D-Grafiken und Texturen benutzen wir Photoshop und zBrush. Für die 3D-Grafiken greifen wir auf 3dsmax für die Modelle und zBrush und Claytools für die Normalmaps zurück. Außerdem nutzen wir einige für unsere Ansprüche hergestellte Tools, die uns das Arbeiten mit der Engine deutlich erleichtern. Sei dies nun ein eigener Polygoncounter oder der Modelviewer, mit dem man sich die Modelle in der Engine ansehen kann, ohne vorher das Spiel zu laden oder irgendwelche Scripte erstellen zu müssen.

Welche Vorgaben erhält ein Grafiker bezüglich des Aussehens des Spiels von den Entwicklern?

Wir Grafiker sind doch auch die Entwickler des Spiels. Solange die Grafiker nicht in einem externen Studio sitzen, kommt das Aussehen natürlich in erster Linie von uns. Da bin ich glücklich einem inzwischen sehr gut zusammen funktionierenden Team anzugehören. Wir haben weitestgehend Einfluss auf das Aussehen des Spiels, natürlich immer in Rücksprache mit unserem Artdirector.

Wie benennst du die einzelnen Arbeitsschritte im Bereich des Grafikers vom Konzept über Produktion bis zur Fertigstellung des Spiels?

Also über die ganze Produktion hinweg wären das: Preproduction, Conception, Production, Revision, Polishing und Finalizing. Dass das nicht immer in der Produtkion genau nach Fahrplan geht, sollte jedem klar sein. Viele Ideen kommen erst im Laufe des Spiels dazu und werden dann umgesetzt. Anhand eines Models sieht der Ablauf in etwa so aus:

Idee einer Einheit, die sich das Gameplay ausgedacht hat. Diese Idee wird dann dem Konzeptzeichner, dem dazugehörigen 3D-Grafiker und dem Texturierer, also all den Leuten die direkt mit der Produktion dieser Einheiten beschäftigt sind, vorgetragen. Diese 3 Parteien und der Artdirector setzen sich dann zusammen und überlegen, wie das aussehen könnte. Dann macht der Konzeptzeichner viele unterschiedliche Entwürfe, um zu schauen, in welche Richtung es gehen kann. Zu diesem Zeitpunkt darf es keinerlei Restriktionen geben; ein gutes Design kann nur aufblühen, wenn der Konzeptzeichner innerhalb des vom Gameplay vorgetragen Rahmens machen kann, was er will.

Danach geht der Entwurf zum 3D-Grafiker, der sich dann überlegen muss, wie er mit den vorgegebenen Grenzen haushaltet und diese effizient ausnutzt. Sobald das Model gebaut ist, werden diesem Texturkoordinaten zugewiesen. Dann geht das Model zum Texturierer, der es anmalt. Danach geht es erst mal in die Animation. Und wenn all dies getan ist, geht das Model zwecks Level of Detail, also entfernungsabhängiger Optimierung des Models, zurück an den 3D-Grafiker. Danach wird das Model vom Scripter in die Engine eingebaut und man kann sie sich zum ersten Mal im Spiel ansehen.

Steffen, vielen Dank für die Informationen!

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