Auf den Spuren des Transport Tycoon

Spiele, die sich mit dem Transport von Ware A zu Ort B beschäftigen haben am PC eine lange Tradition. War es einst Sid Meier, welcher mit Railroad Tycoon quasi den Grundstein für dieses Genre legte und einen bis heute unvergessenen Genre-Klassiker schuf, so perfektionierte Chris Sawyer 1994 mit Transport Tycoon diese geniale Spielkonzept. Gut 10 Jahre später versucht sich der österreichische Publisher Jowood, welcher u.a. durch seine Industrie Gigant-Serie bekannt wurde, mit Transport Gigant an einer Neuauflage dieses Ur-Klassikers.

Dabei kopierte man das Spielkonzept jedoch nicht eins zu eins vom Klassiker, sondern änderte ein bedeutendes Spielelement. Zwar schickt ihr auch in Transport Gigant je nach Epoche von der Pferdekutsche bis zum Hochgeschwindigkeitszug alles durch die Lande, was sich zum Transport von Rohstoffen, Waren und Personen eignet, jedoch erhält man nicht mehr für das transportierte Gut einen stattlichen Betrag, sonder nur für den Transport. Ihr handelt also nicht mehr mit Gütern, sondern bietet ausschließlich eine Dienstleistung an, so wie es heute UPS und die Deutsche Post tun.

So konzentriert ihr euch hauptsächlich darauf, die lukrativsten Wege auf einer der insgesamt elf großen Karten, die entweder in Europa oder Nordamerika angesiedelt sind, zu finden. Leider versaut euch dabei die arg verkorkste Steuerung in den Schienenplanmenüs die Lust am Schienenlegen. Jene Menüs fallen nämlich arg verschachtelt und unübersichtlich aus. Zudem findet sich im Baumenü nicht jeder Schienentyp vor, so fehlen wichtige Weichentypen, so dass sich die Züge des Öfteren kreuzen, obwohl Ausweichgleise zur Verfügung standen. Solltet ihr euch mit der Steuerung abgefunden haben versorgt ihr je nach zur Verfügung stehenden Rohstoffen zum Beispiel die Lebensmittelindustrie mit Getreide aus der Getreidefarm. Wenn ihr das Getreide jedoch zu Whisky weiterverarbeiten wollt, dann findet ihr die dafür notwendigen Veredelungsbetriebe wie in diesem Beispiel die Destillerie nur in amerikanischen Gefilden vor. Durch die verschiedenen Produktionsketten der einzelnen Szenarien lohnt sich also auch mal ein Wechsel der Karte. Meist ist aber schon nach ein bis zwei Veredelungsbetrieben Schluss. Zwar mag die dem Spiel beiliegende Techtree-Karte auf den ersten Blick einen umfangreichen Wahrenkreislauf vortäuschen, jedoch fällt dieser weitaus weniger komplex aus als erwartet, da ihr die lukrativsten Kreisläufe recht schnell erkannt habt und die anderen ohne größere Konsequenzen ignorieren könnt. Im schlimmsten Fall würde die Fabrik oder die Farm schließen, zu einem Versorgungsnotstand in einer der Städte würde es aber nie kommen. Im Endeffekt wird das Wirtschaftssystem aber nur schemenhaft nachgebildet.

Dafür trumpft der Transport Gigant gerade im Endlosmodus richtig auf. Zwar bieten auch die Kampagnen 14 durchaus fordernde und umfangreiche Missionen, jedoch kommt im Endlosmodus der von Transport Gigant geradezu zelebrierte Modellbaucharme am Besten rüber. Die meiste Zeit werdet ihr sodann damit verbringen euren Lokomotiven, LKWs und Pferdekutschen beim Durchqueren der Landschaften zuzuschauen. Die Auswahl an Transportfahrzeugen ist dabei wie der Name des Spiels selber geradezu gigantisch: gut 130 Fahrzeuge gibt es zu begutachten, vom Containerfrachter bis zum Zeppelin ist alles dabei und wer seine Lokomotiven mit einem großen Gespann an Wagons bestücken will, darf dabei gleich aus 64 verschiedenen Wagen auswählen. Die werden von der detaillierten wenn auch in der höchsten Zoomstufe arg verschwommene ISO-Grafik ins rechte Licht gerückt. Wobei jedoch manch ein Zug noch ein klein wenig besser animiert hätte sein können. Dafür sehen, besonders die Städte durch ihre vorgerenderten Häuser sehr realistisch aus. Die Landschaftsgrafik fällt allerdings eher mau aus, bis auf ein paar Bäume herrscht sonst nur öde Gras- oder Wüstenlandschaft vor. Gerade deswegen kann Transport Gigant im Vergleich zu Konkurrenten wie Port Royal 2 grafisch nicht vollends überzeugen. Die Soundkulisse wurde dezent dem gegebenen Szenario angepasst, so findet ihr im Europa-Szenario andere Musik als im Amerika-Szenario. Letztere solltet ihr als Eisenbahnfan jedoch sowieso ausstellen und euch lieber an der gelungen Geräuschkulisse eures Fuhrparks erfreuen.

Selten hat mir die Steuerung eines einzigen Spielelements den Spaß an einem durchaus gelungenen Spiel derart verdorben. Was sich die Entwickler wohl dabei gedacht haben mögen, als sie ein derart verschachteltes und selten dämlich zu bedienendes Menüsystem entworfen haben wird mir bis in alle Ewigkeit ein Rätsel bleiben.

Sonst hat mir der Transport Gigant ein paar unterhaltsame Stunden vor dem Monitor bereitet, bei denen ich zusehen durfte, wie sich Lok A mit Ware B an Ort C bewegt. Mehr darf man von Transport Gigant auch nicht erwarten, dafür ist das Bauen von Schienen zu zeit- und nervenaufwendig und das Wirtschaftsystem zu flach ausgefallen. Als virtuelle Modelleisenbahn konnte mich der Transport Gigant aber vollends überzeugen.

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