8-bit Good-Bye, der Grafikblender winkt!

Ihr gehört auch zu den Kiddies, die keine Ahnung von der guten alten Zeit haben? Der Half-Life-Hype in den späten 90ern ist an euch spurlos vorübergegangen? Dank Valve, Gearbox, Ritual, Sierra, Vivendi und vielen anderen namhaften Entwicklern und Publishern ist das nun keine Schande mehr! Was das ultrageile Revival-Game zu bieten hat, erfahrt ihr nur bei uns (nein, auf keinen Fall auf Daddelnews, alles Lügen!) …

Die Verpackung (übringes ein übertrieben dickes DVD-Case) umfasst sage und schreibe drei CD’s: zwei für die Installation – das eigentliche Spiel – und eine mit der magischen Aufschrift "Half-Life 2"! Ihr habt richtig gelesen, in den 30 Euronen ist eine waschechte Half-Life 2-CD enthalten. Mit zittrigen Fingern wird also die CD sanft ins Laufwerk buchsiert. Ein paar Sekunden später folgt dann die Ernüchterung: es handelt sich nur um eine Trailer/Video Disk, ein gut lesbarer Aufdruck "Videos" oder ähnliches wäre schon cool gewesen – wenigstens hätte ich keine Atemnot bekommen …

Ok, aber jetzt zum eigentlich Thema: Counter-Strike: Condition Zero, das wohl am längsten erwartete Spiel aller Zeiten (zumindest für den Großteil der etwas engstirnigen Counter-Strike Community).

Nach der Installation, die überigens frecherweise fast 2 Gigabyte auf eurer Magnetscheibe in Anspruch nimmt, wird natürlich sofort und ganz hastig das "Condition Zero" Icon auf dem Desktop doppelgeklickt. Hier folgt schon die erste Überaschung: nirgends ist auch nur irgend ein klitzekleines Anzeichen einer vernünftigen Singleplayer-Kampagne. Etwas gefrustet spiele ich also simple Botmatches gegen mehr oder weniger dumme Computer-Terroristen (wohlgemerkt GEGEN diese, leider kann man nicht auf die Seite dieser wechseln und den "Guten" eins über die Rübe ziehen). Mit einiger Kenntnis der Half-Life-Engine wäre es im nie eintretenden Notfall ein Leichtes, jeden Gegner sofort per Konsolen-Eingabe außer Gefecht zu setzen. Ob man nun einfach die Spielerzahl des gegnerischen Teams limitiert oder im entscheidenden Moment jemanden kickt, bleibt der Phantasie des Spielers überlassen.

Abgesehen von ein paar optischen Neuerungen, sprich neuen Texturen für alle althergebrachten Maps (beispielsweise de_dust oder cs_italy) bzw. ein paar kleinere Veränderungen auf diesen bietet sich hier wenig Spannendes.

Die Leistung der Bots beschränkt sich auf ein Minimum, ist wohl fast 100%ig auf Wegpunkte beschränkt und hat sehr wenig mit künstlicher Intelligenz gemeinsam. Oft stehen eigene Mitstreiter den gegnerischen Terroristen sekundenlang gegenüber, ohne dass einer der beiden auch nur einen Schuss abgibt – plötzlich, aus heiterem Himmel (womöglich ein Fingerzeig Gottes) eröffnen beide zeitgleich das Feuer – bedingt durch die Streuung der Waffe entscheidet sich das Duell wohl eher zufällig.

Oh, um die Botmatches spannender zu gestalten, müssen die "Missionen" erst freigeschaltet werden. In der Tat, es sind richtige Einsätze! Man muss also nicht eine bestimmte Anzahl von Runden für sich entscheiden, um den Sieg davonzutragen – nein, es gibt richtige Aufgaben für den Herrn Leutnant (den man wohl verkörpert). Meistens bestehen diese darin z.B. drei Gegner auszuschalten oder die Geiseln zu retten, zwei Siege Vorsprung zu haben oder die Bombe zu entschärfen.

Blödsinnigerweise schließen einige Missions-Ziele die Erfüllung anderer aus: eine Geisel retten, kein Problem! Aber eine Runde wird als gewonnen erklärt, wenn alle Gegner tot sind. Da hilft nur eins, Console auf und alle Spieler aus dem eigenen Team vom Server kicken. In weiterer Folge kann man die Terroristen getrost ignorieren und sie bewusst NICHT erschiessen, damit man auch mal Gelegenheit hat, eine Geisel zu retten.

Zugegeben, ich hab mir CS: Condition Zero etwas anders vorgestellt – eher so wie einen normalen Ego-Shooter, mit Singleplayer Kampagne und allem drum und dran. Nach einigen Stunden beende ich also das Spiel und da ist es: eine zweite Verknüpfung auf meinem Desktop, eine Verknüpfung die ich in meinem unglaublichen Chaos fast nicht entdeckt hätte: "Condition Zero Gelöschte Szenen" lächelt mir entgegen! Beinahe hätte ich einen schweren journalistischen Fehler begangen…

Also auf ein Neues: ich starte das Spiel also ein zweites mal, sprich das "andere" Spiel und siehe da, es handelt sich in der Tat um eine spielbare Singleplayer-Kampagne – hell der Freude begebe ich mich also auf ein paar zusammenhanglose Missionen. Während in den ersten drei Aufträgen vereinzelt so etwas wie Spannung aufgebaut wird und zugleich eine gewisse Handlung zu entdecken ist, wird das ganze später eher zur Pflichübung – Hauptsache durchspielen.

Mit einem etwas dürftigen Munitionsvorrat schlage ich mich in der ersten Mission in einer Art Black Hawk Down-Szenario durch die Gassen eines von Terroristen bevölkerten Dorfes. Von "Jallah!"-schreienden, vermummten Turbanträgern mit Krummsäbel und Kalashnikov bishin zu Selbstmordattentätern mit Sprengstoffweste sind alle Typen von klassischen Bin Laden-Anhängern vertreten. Selbstredend ist JEDER einzelne Einwohner in dieser Stadt, diesem Dorf – wie auch immer – ein Terrorist, der mir die Gurgel aufschlitzen will. Nach Zivilisten sucht man eigentlich vergeblich – ab und zu kommt irgendwo einer von diesen Typen zum vorschein, allerdings eher selten. Nochmal zurück zum Munitionsvorrat: warum hebt dieser Trottel eigentlich keine der Waffen auf, welche von den Terroristen fallengelassen werden? Eine Colt M4 ist schön und gut, aber wenn die Munition ausgeht (ok, ab und zu liegt ein original Nato-Päckchen etwas deplaziert herum) ist es doch fein, wenn man sich einfach eine AK greift und damit herumballert!

Ein weiterer Grund zu den Waffen der Terroristen zu greifen wäre wohl deren unbeschreibliche Präzision. Egal wieviel man herumspringt, Seitwärtsschritte macht, sich duckt oder sonst irgendwie herumzappelt – wäre da nicht glücklicherweise die Streuung, würden die Dinger IMMER treffen. Ob man sich nun Deckung sucht oder einfach offen hinstellt, die Gegner haben immer die selbe Chance zu treffen.

In Serious Sam Manier quer durch die Maps zu hasten und wie ein Terminator unter schwerstem Feuer Gegner auszuschalten – das ist mit Sicherheit die größte Faszination von CS: CZ. Die "Endgegner" (sprich Mafiabosse, Oberterroristen und sonstige dunkle Gestalten) erinnern mehr an id.’s Wolfenstein 3D aus den frühen 90ern. Annähernd unzerstörbare "Ubersoldaten", die ganze Magazine aus einem Sturmgewehr in den Kopf überleben erinnern leider nicht nur wage an General Fettgesicht.

Leider tragen diese Fakten sehr viel zur Abwertung zu einem gewöhlichen Ballerspiel bei – ein ernstzunehmender Taktikshooter ist Valve’s ausgelutschtes Sorgenkind auf keinen Fall. Das lieblose Mapdesign unterstützt das Ganze zusehens – mal ehrlich, welcher kolumbianische Drogenboss hat in seinem Haus dutzende, hochexplosive Fässer (taktisch günstig positioniert) herumstehen, die nur darauf warten, dass der "Held" darauf schiesst um seine Gefolgsmänner auszuschalten?

In puntco Multiplayer hat man sich genau gesagt NULL einfallen lassen, die zwei althergebrachten Spielmodi wurden beibehalten, sonst hat man dem User nichts gegönnt. Ein Cooperative-Modus hätte auf keinen Fall geschadet, aber dieser wird sicher bald in Form eines Hobbyprojekts als 2 Megabyte-Mod (á la Sven-Coop) nachgereicht. Deathmatch gibts sowieso nicht – der einzige Pluspunkt ist die schon vorhandene Community und die zahlreichen Server – spieltechnisch fällt Condidion Zero in dieser Kategorie hinlänglich durch, weil alles bereits als Gratis-Mod und Extra-Verkaufsversion zu sehen war.

Warum die Entwicklung so lange gedauert hat, kann ich mir nicht erklären – jedes halbwegs professionelle Team hätte die Arbeiten an DIESEM Spiel in zwei Monaten beenden können. Worin also die genauen Schwierigkeiten und die Gründe für das heitere Ballspiel zwischen mehreren Developern verankert sind, werden wir wohl nie erfahren. Von der Qualität könnte man CS: CZ irgendwo zwischen ausgelutschter Kakaopackung und einem Handy ohne Grundgebühr einordnen: kostet wenig, ist uralt und verbraucht, macht aber dennoch irgendwie Spass, auch wenn er sich etwas in Grenzen hält – und es verursacht keine laufenden Kosten.

Zugegeben, es ist nicht uninteressant, einen kleinen Streifzug in die CS: CZ-Welt zu wagen, Freunde von echten Taktik-Shootern (wie etwa Rainbow Six) sollten allerdings tunlichst die Finger davon lassen. Hoffen wir also das Beste, dass die Community bald auf den Misstand des fehlenden Coop-Modus reagiert und diesen irgendwo/irgendwie nachreicht.

(Übrigens: als Mod oder Add-On wäre Condition Zero auch ohne Probleme umsetzbar gewesen, aber aus einer Standalone-Version lässt sich wohl einfach mehr Geld schlagen, schade eigentlich …)

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