Illegale Autorennen quer durch dicht befahrene Metropolen scheinen schwer im Kommen zu sein. Nicht nur Amerikas Jugend frönt diesem "Sport", auch die dort ansässige Unterhaltungsindustrie hat mittlerweile das Potenzial erkannt, mit diesem Thema ganze Kinos gefüllt und – zumindest seit einiger Zeit – auch Computer- und Videospieler an den Bildschirm gefesselt.
So flitzt man in Midnight Club 2 mit mehr als 200 Sachen bei Nacht in dichtbefahrenen Städten herum, um gleich wieder vor einem LKW zu donnern, der gerade die Kreuzung vor einem überquert. Man hätte zwar noch ausweichen können, aber die hart agierenden Computergegner hatten da andere Pläne und drängten einen direkt vor dieses 40 Tonnen schwere Ungetüm. Solche Frustmomente wird man im Spiel des Öfteren haben.
Um es gleich vor weg zu sagen: Wenn ihr eine Art von Gelegenheitsspieler seid, die gleich nach dem zweiten missglückte Versuch ein Rennen zu gewinnen das Handtuch bzw. Pad hinschmeißen, dann braucht ihr gar nicht erst weiterlesen. Dieses Spiel ist nichts für euch. Nutzt die Zeit lieber, um ein bißchen Werbung für Rebell.at zu machen, … ;)
Aller Anfang ist schwer
Kommen wir wieder zum Spiel: Am Anfang fährt man mit einer ziemlichen Schrottkiste, die stark an einen aufgemotzten Ford Escort älteren Baujahrs erinnert, durch die Straßen von L.A.. Hier sollte man sich erstmal ein bißchen umsehen, denn nichts geht über eine gute Streckenkentniss: Nur wer sich gut in der jeweiligen Stadt auskennt, kann durch Abkürzungen wichtige Sekunden auf die Konkurrenz gut machen. Als Nächstes sucht man sich einen Kontrahenten aus und bestreitet das erste Rennen. So rast man nun an den Wolkenkratzen vorbei und driftet um die ersten Kurven, wobei man die einzelnen Checkpoints entweder nach einer fest vorgegeben Reihenfolge abfahren muss oder sich manchmal den besten Weg bis zum Ziel selbst suchen darf.
Das Handling der Autos geht dabei vom Start weg recht leicht von der Hand, auch wenn die Edelkarossen recht zickig reagieren und man als Spieler nicht gerade Grobmotoriker sein sollte. Schnell jedoch vergisst man wieder dieses Manko und weicht dem nächsten Auto aus, oder flüchtet vor der schnellen und aggressiven Polizei, getrieben von einem coolen Hip Hop-Soundtrack, der mit zur coolen Atmosphäre des Spiels beiträgt. Wer das nicht mag, kann auch seine eigenen Lieblingslieder als MP3 ins Spiel einbinden, ähnlich wie in GTA : Vice City.
Am Anfang hat man auch noch keine Annehmlichkeiten wie Nitros, BurnOuts und den Windschatten-Turbo, auch Knight Rider kann man noch nicht spielen. Erst im späteren Spielverlauf lernt man, auf zwei Rädern durch die Gegend zu fahren.
"Irgendwo in L.A." oder "Hilfe, wo bin ich?"
Leider werden die späteren Städte Paris und Tokio nicht nur schöner, sondern auch komplexer. Nicht nur immer mehr Tunnel und Gassen lassen mehr Abkürzungen zu, auch immer mehr Rampen und Häuserschluchte laden zu waghalsigen Sprüngen und Stunts ein.
Dadurch geht des Öfteren die Übersicht flöten und man muss die Karte bemühen, um wieder auf den richtigen Weg zu kommen. Dies kostet nicht nur Zeit, sondern manchmal auch Nerven, wenn man wegen einer verpassten Abfahrt gleich das ganze Rennen noch mal neu starten darf.
Dennoch spielt man immer weiter. Man erliegt einfach der Sucht noch einen Wagen frei zu spielen, noch eine Abkürzung in der bei jedem Rennen frei befahrbaren Stadt zu finden oder einfach mal einen neuen Stunt auf zwei Rädern auszuprobieren. Spätestens dann, wenn es so weit ist, lässt einen das Spiel nicht mehr los. Dann vergisst man auch, dass die Grafik ihr enormes Tempo durch eine enorme Detailarmut erkauft, und dass die Wagen aus nicht einmal halb so vielen Polygonen wie die aus DTM Race Driver bestehen. Dafür sorgen Spiegel- und Schliereneffekte wenigsten ein bißchen fürs Auge. Auch ein Schadensmodell haben die Entwickler nicht vergessen, letzteres erfüllt seinen Zweck aber mehr schlecht als recht, da nur bei schweren Unfällen ein Schaden am Auto dargestellt wird.
Wer dann immer noch nicht genug hat, kann sich entweder im Editor austoben oder spielt das Spiel mit ein paar Freunden im Multiplayermodus.
Midnight Club 2 macht einen Tempo süchtig. Wer einmal dem Rausch der Geschwindigkeit erlegen ist, der kann so schnell nicht mehr aufhören: Es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken, sei es einfach nur die nächste Abkürzung mit der man das Rennen nun endlich gewinnen könnte, oder der neue Wagen, der noch besser um die Ecken driftet. Man will einfach nicht aufhören. Auch nette Extras wie der Burnout und der Windschatten-Boost halten einen noch länger bei der Stange, angepeitscht von einem guten Soundtrack.
Leider macht Midnight Club 2 auch vieles falsch: die Computergegner agieren zu fies, die Streckenführung ist nicht immer ideal und der Gegenverkehr hat schon so manch einen Sieg zu Nichte gemacht. Auch die Grafik ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit; sie ist zwar schnell, dafür aber extrem detailarm.
Insgesamt ist Midnight Club 2 dank seiner dichten Atmosphäre und der hohen Spieltiefe ein gutes, wenn auch nicht einfaches Spiel geworden.