Digital Publishing – der Preis ist heiß

Redet man mit Vertrieblern egal welcher Branche, hört man mehr oder minder immer die selben Leidensgeschichten: sinkende Absatzzahlen und höherer Preisdruck. In digitalen Bereichen wie Computerspielen, E-Books und natürlich Musik bzw. Film, kommt dann noch das leidige Thema Raubkopien an erster Stelle. Naturgemäß wehren sich die Produzenten dagegen und DRM ist nicht erst seit gestern ein Reizwort. Neu angeheizt werden diese Themen in den letzten Wochen auch noch durch ACTA und Co. Aber haben es die Publisher heutzutage wirklich so schwer? Während die Filmbranche noch etwas träge ist, hat die Musik- und Spielebranche schon längst reagiert. Dank immer schnelleren Internetverbindungen kam mit den Jahren ein neuer Vertriebszweig hinzu und digitale Shops wie Steam oder Origin erfreuen sich großer Beliebtheit. Und gerade diese digitalen Verkaufsräume bieten den Publishern auch bisher ungeahnte Möglichkeiten.

In den „guten alten Zeiten“ waren Kopierschutzmechanismen zwar einfallsreich, aber auch genauso sinnlos wie heute auch – die Cracker messen sich seit jeher mit den Sicherheitsfirmen. Durch den Wegfall physischer Medien mussten die Publisher auch neue Möglichkeiten zur Rechtewahrung finden – Dauerüberwachung ist dabei die bevorzugte Lösung, nicht nur bei Ubisoft Spielen. Naturgemäß gab es Anfangs in den Reihen der Konsumenten dagegen Auflehnung, doch wie so oft, flaute dieser Aufstand auch recht schnell wieder ab und nur wenige halten den Widerstand bis heute aufrecht. Ein weiteres Problem spricht Tom beim Thema Adventures in Steam an. Doch das beschränkt sich nicht nur auf Steam, auch über XBox Live hört man ähnliche Beschwerden der Entwickler. Die Betreiber der Dienste setzen an allen Ecken und Enden die Daumenschrauben an. Der nächste Aufschrei ist auch schon vorprogrammiert, denn geht es nach dem Willen der Hersteller, soll in Zukunft auch die Weitergabe von Spielen (aka. Gebrauchtspiele) unterbunden werden. Dabei übersehen viele ein anderes, nicht so offensichtliches, von den Medien meines Erachtens bisher viel zu unbeachtetes, Thema: die Preiskontrolle.

Geduldige Naturen waren bisher gesegnet, sie warteten einfach und zockten mal wieder die Klassiker oder brachten endlich den beiseite gelegten und vergessenen Titel zum Abschluss. Je nach Erfolg des Werks konnte man nach einigen Wochen oder Monaten am Wühltisch zugreifen oder bekam es gar mit der favorisierten analogen Lektüre mitgeliefert. Beim digitalen Vertrieb haben die Publisher jedoch die volle Kontrolle über die Preise. Selbst nach vielen Monaten, teils sogar Jahren, bleiben die Preise stabil … stabil hoch versteht sich.

Als Beispiel nehme ich mal Die Siedler 7 von Ubisoft, welches im März 2011 veröffentlicht wurde. Den genauen Preis damals kann ich nicht gesichert wiedergeben, doch lag er wohl um die üblichen € 50. Im UbiShop erhält man das Spiel, knapp ein Jahr später, um € 39,90 (allerdings die Gold-Editon). Dieser Preis wiederholt sich auf den üblichen Download-Angeboten (z.B. Gamesload, Steam, Media Markt) oder variiert zumindest nur minimal – und die Preientwicklung ist dabei seit längerem stabil. Vergleicht man die Angebote auf Geizhals und sieht sich die Preisentwicklung der letzten 12 Monate an, ergibt sich ein völlig anderes Bild. Die Standard Edition erhält man bereits ab ca. € 20 und für die Gold Edition berappt man ca. € 30,– – doch in den Kurven ist so manches Kurzzeitangebot als Ausreißer ersichtlich.

Als Alternative werden einige nun diverse Key-Shops oder eBay anführen. Tatsächlich bekommt man über diesen Weg selbst beliebte Titel teils 50% günstiger. Doch geht man dort oft auch das ein oder andere Risiko ein. Nicht selten kommt es vor, dass Keys nach einigen Wochen gesperrt werden – möglich dank erwähnter online Überwachung. Die Publisher argumentieren dann mit, vermeintlich, illegalen Machenschaften und beim Key-Shop schaut man durch Ablauf der Rücknahme-Fristen ebenfalls durch die Finger. Doch auch vorher kann es zu Problemen kommen.

In einem Selbstversuch habe ich eine Siedler 7 Gold Edition Lizenz über eBay für knapp € 10,– erworben. Die Abwicklung ging mit dem Händler in Hong Kong anfangs recht zackig vonstatten. Nach nicht mal einer Stunde erhielt ich ein Mail mit einem Download Link für den Ubisoft Download Manager – 2 weitere Stunden später versagte mir dieser jedoch mit einer Fehlermeldung den Dienst. Nach langer Fehlersuche, Herumtüftelei und Recherchen im Netz wollte ich den Kauf rückgängig machen. Was folgte, war ein hin und her mit dem Händler und mehrere fehlerhafte Links später, konnte ich zumindest mal die richtige ISO laden. Enormer Aufwand also für € 20 Ersparnis. Zudem hab ich noch keine Garantie, wie lange meine Lizenz gültig bleibt. Informiert man sich vorab etwas, wird ersichtlich, dass ich damit kein Einzelfall bin. Viele Kunden werden also nach einem schlechten Erlebnis oder Vorabrecherche auch vor diesem Weg zurückschrecken.

Die Moral von der Geschicht

Es ist eine Krux. Auf der einen Seite verstehe ich die Publisher: Software-Piraterie ist ein Problem und ich als Entwickler weiß, wie viel Aufwand in einem Programm steckt. Das will geschützt werden und Diebstahl ist keine Option. Doch anstatt neue Technologien zum Vorteil der Kunden zu nutzen, werden diese mit überhöhten Preisen an der Nase herumgeführt – die Preise für DLC bzw. vollwertige Spiele sind z.B. auf XBL teils massiv höher als im analogen Verkauf. Völlig unverständlich sind diese Preise wenn man bedenkt, dass die digitale Distribution den Publishern sogar günstiger kommt als mit Datenträgern. Zudem erhalten diese höhere Einnahmen durch andere Aufteilung der Anteile an Entwickler. Das Potenzial wäre dabei jedoch enorm. Hochgeschwindigkeits Internetzugänge sind in unseren Breitengraden selbst am Land schon möglich und binnen weniger Stunden wäre der ersehnte Titel auf die heimischen Kisten gesaugt – welcher Spieler würde das nicht wollen? Neben der Zeitkomponente kommen noch andere Vorteile wie Lagerung der Medien oder auch download und Verfügbarkeit eventueller Patches hinzu. Alles gute Gründe für einen Umstieg auf digitalen Vertrieb. Stattdessen verschreckt man die Kunden mit immer neuen Schnüffelmethoden statt vernünftigen Angeboten oder treibt sie beim Sparen in die Hände von Gaunern. Das mag jedem selbst überlassen sein, doch am Ende vollführt die geschickte menschliche Psyche einen U-Turn, womit der Publisher wohl wieder der Pöse ist.

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