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Schäbige Absteigen sind klasse

Erinnert sich noch irgendjemand an Another Code? Genau! Jenes Adventure für den Nintendo DS, das kurz nach dessen Launch erschien, beste Wertungen einheimste und sicher eine Menge Fans begeisterte – aber auch trauern ließ. Zwar freute man sich über schöne, teilweise sehr knackige, Rätsel, eine interessante Story und das spannende Gameplay, andererseits war der Spaß schon nach sechs, sieben Stunden vorbei. Ein Graus. Danach wurde es auch eine ganze Weile ruhig um Entwickler „CING“. Jetzt kommen sie zurück. Ihr neues Machwerk heißt Hotel Dusk: Room 215.

Ich bin Kyle Hyde (für diesen saucoolen Namen gibt es einen Zusatzpunkt), ein Cop. Das heißt, eigentlich ein Ex-Cop. Ich wurde verraten – von meinem Partner. Seitdem bin ich in eine Depression verfallen, und arbeite nun als Vertreter für eine Firma namens Red Crown. Klingt nicht nach einem spannenden Job. Allerdings ist Red Crown kein normaler Konzern. Ich treibe für die Leute Dinge auf, die vielleicht nicht immer gefunden werden wollen. „Wer weiß was er sucht ist bei Red Crown richtig“. Einer dieser Aufträge treibt mich in die Nähe von Los Angeles im Jahre 1979. In das kleine „Hotel Dusk“. Tja und hier beginnt das Abenteuer, alles geschieht innerhalb von einer Nacht.

Im Grunde ist der Plot nicht einmal das Spannendste. Aber es wirkt alles enorm echt. Nicht abgefahren, nicht unlogisch, nein, realitätsnah. Die Geschichte entwickelt sich langsam, der Einstieg ist etwas zäh. Schnell stellt man fest, dass „Room 215“ nur etwas für diejenigen ist, die sich nicht scheuen, ein paar Zeilen zu lesen. Wer sich jedoch darauf einlässt, löst nach und nach den Schleier um das ominöse Zimmer mit der Nummer 215 (wen überrascht das nun wirklich?), von dem der knurrige Hotelbesitzer sagt, dass es Wünsche erfüllt.

Reden ist der Hauptbestandteil des Spiels. Jeder Charakter hat euch nach und nach viel zu sagen und jeder hat seine eigene Geschichte. Irgendwie sind alle Leute auf die ein oder andere Art und Weise miteinander verwoben. Das schlägt sich enorm auf die Atmosphäre nieder. Die Dialoge sind mal spannend, mal lustig, mal ernst, mal traurig. Die gesammte Emotionsbandbreite wird angesprochen. Man leidet mit dem Protagonisten und wünscht sich einfach nichts sehnlicher, als dass er endlich seinen alten Partner findet – endlich seinen Frieden findet.

Bevor das allerdings soweit ist, muss Mr. Hyde eine Menge tun. Die Rätsel sind nie langweilig und vielfältig. Ein Beispiel gefällig? Der Held findet einen Füller mit Gravur. Die ist allerdings nicht mehr zu lesen. Also suchen wir uns ein Stückchen Kreide und reiben den Stift damit ein. Langsam abklopfen und schon wissen wir wem der Füller gehört. Das ganze Geschehen steuert man übrigens mit dem Stylus. Geht leicht von der Hand. Alle Funktionen sind bald in Fleisch und Blut übergegangen. Der „DS“ wird dabei wie ein Buch gehalten. „Dr. Kawashimas Gehirnjogging“-Spieler sind das bereits gewohnt.

Im Übrigen sind Cing noch ein paar weitere designtechnische Höchstleistungen gelungen. Beispielsweise fasst Kyle nach jedem Kapitel die Geschehnisse noch einmal zusammen. Das ist dann jederzeit im Notizheft abrufbar. So weiß der Spieler sofort wo er stehen geblieben war, auch wenn er ein paar Tage Pause dazwischen hatte. Absolut praktisch. Warum das in der Form erst jetzt aufgetaucht ist bleibt mir ein Rätsel. Außerdem darf sich der Spieler eigene Notizen ins Heft schreiben. Ebenfalls hilfreich.

Sehr erwähnenswert ist auch (beim Nintendo DS muss man ja schon bald endlich sagen) der Grafikstil. Falls einmal jemand das Video zu „Take on me“ von „A-HA“ gesehen hat, weiß er was ich meine. Die Personen sind lebendiggewordene Zeichnungen mit ausdrucksstarken Animationen. Das Spiel hat einen gewissen Film-Noir-Stil, gut unterstrichen durch die musikalische Untermalung. Eine Sprachausgabe fehlt leider – wie immer. Ist In diesem Fall aber nicht wirklich schlimm.

Alles in allem ist Hotel Dusk: Room 215 für mich das beste Adventure am NDS. Und auch den Vergleich mit den großen Adventures auf dem PC braucht das Spiel definitiv nicht zu scheuen.