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Wieder eine versaute Filmlizenz?

Wir schreiben das Jahr 1630. Ein kleines Schiff, welches von Captain Nathaniel Hawk kommandiert wird, legt am britischen Hafen von Oxbay an um Handel mit den dort lebenden Handwerkern und Halsabschneidern zu treiben. Durch eine unglückliche Mischung an Zufällen und Pech wird die Kolonie genau in diesem Moment von französischen Schlachtschiffen unter Beschuss genommen und der Captain schafft es gerade noch, die Kolonie lebend zu verlassen.

Das ist der Anfang einer spannenden Mischung aus Rollenspiel, Segelsimulation und Handelsspiel. Um an Geld zu kommen, muss man bei Pirates of the Caribbean entweder Handeln, in guter alter Piratenmanier Schiffe kapern oder einfach ein paar Jobs für die Bewohner der Kolonien erledigen. Diese drei Möglichkeiten möchte ich euch nun mal genauer erklären.

Eine Kaperfahrt sieht folgendermaßen aus: Anfangs navigiert man auf der ‚Weltkarte‘, um dort recht schnell auf Piraten oder ähnliches Schurkenpack zu treffen. Diese darf man dann je nach der Ausstattung des Schiffes mit bis zu 100 Kanonen beschießen um das Schiff, sobald die Mannschaft entsprechend dezimiert ist, mittels Degen und Vorderladerpistole zu Entern. Was sich auf den ersten Blick recht simpel anhört, ist gar nicht so einfach. Erst muss man mal in die Reichweite kommen um die Enterhaken auf das gegnerische Schiff werfen zu können, wobei aber das Problem besteht dass der Gegner dies natürlich nach Kräften zu verhindern versucht. Außerdem sind die Schiffe im Spiel recht schwerfällig zu steuern und die gegnerische Crew wehrt sich auch standhaft gegen solche dreisten Überfälle. Als Lohn dieser Mühen darf man das Schiff nachher entweder Versenken oder mittels eines eigens eingesetztem Offizier übernehmen und verkaufen oder der eigenen Flotte von bis zu vier Schiffen zuführen.

Die nächste Möglichkeit, Geld zu machen ist in den Tavernen der karibischen Kolonien nach Jobs zu fragen. Es gibt oft Händler die Geleitschutz brauchen und manchmal findet man auch bei den Inselgouverneuren den einen oder anderen Job. Meist sind solche Jobs recht ansprechend bezahlt und steigern auch den Ruf im positiven Sinne. Über dieses Feature folgt später noch eine genauere Erklärung.

Dann gibt es noch die problemlose und sogar legale Methode an Geld zu kommen: Handel. Jedes Schiff hat einen gewissen Laderaum zur Verfügung, den man wunderbar mit Waren aller Art vollstopfen kann um sie in einer Kolonie billig zu kaufen und wo anders teurer verkaufen zu können.

Da Geld natürlich nicht alles sein kann, glänzt Pirates of the Caribbean auch noch mit einigem mehr als diesen Standard Karl-Heinz Grasser Methoden.

Durch das Versenken von Schiffen, dem Erledigen von Quests und dem Ermorden diverser Personen erhält man, wie in jedem ordendlichen RPG, Erfahrung welche mit der Zeit die Stärke und Fähigkeiten von Mr. Hawk steigert. Die Skillpoints, die nach gesteigerter Stufe verfügbar werden, darf man entweder in Fähigkeiten oder Extra-Boni investieren. Natürlich ist auch jede Aktion mit dem Ruf unseres Charakters verbunden. Wenn er im Auftrag eines zwielichtigen Schmugglers irgendwelche Händler meuchelt, hat das eine Senkung des Rufs zur Folge und bald ist man in der ganzen Karibik als Schrecken der See bekannt – ein gefürchteter Pirat. Entsprechend dieses Rufs ändert sich auch die Art, wie man mit den Leuten redet und ob man an gewisse Jobs kommt oder nicht.

Wie auch schon in Morrowind hat Bethesda ein Spiel entworfen, welches fast ohne räumliche Limits funktioniert. Prinzipiell kann man immer überall hin und es ist auch nicht zwingend notwendig, der Storyline zu folgen. Dies gibt ein einzigartiges Gefühl von Freiheit und unbegrenzten Möglichkeiten. Sollte man also keinen Bock haben, irgendeine Pirateninsel oder ein paar seltsame Artefakte zu suchen macht man es halt einfach nicht und kann sich stattdessen auf ein paar mörderische Seeschlachten einlassen oder Küstenforts zu Klump schießen.

Gerade weil man solche Möglichkeiten genießen kann, muss man eben auch immer auf die Konsequenzen seines Tuns achten. Natürlich ist es kein Problem, eine Französische Galeere zu überfallen, doch wird man bald sämtliche Schlachtschiffe der Franzosen am Hals haben und gerade solche Zeitgenossen sind am Anfang des Spiels eine böse Erfahrung. Wenn der eigene Schooner auch nur einmal von einer Breitseite eines Schlachtschiffes voll getroffen wird kann man sich sofort eine schöne Abspannsequenz ansehen und hoffen, dass der letzte Save nicht allzulange her ist.

Die Steuerung ist anfangs eine absolute Katastrophe und kann in der Ureinstellung als Witz bezeichnet werden, was im Klartext heisst, dass man sich eine gemütliche halbe Stunde mit dem Ausprobieren von ordendlichen Keybindings beschäftigen kann, bevor’s dann wirklich losgeht. Möglicherweise liegt es mal wieder daran, dass der Developer Fluch der Karibik eigentlich 1 zu 1 von der Xbox auf den PC konvertiert hat. Egal, irgendwann klappts dann schon – trotzdem ärgerlich, dass hier nicht auf eine sinnvolle Tastenbelegung gleich am Spielstart geachtet wurde.

Etwas seltsam ist auch eine andere integrierte Funktion: Sobald man in einer Kolonie geankert hat, kann man auf Wunsch sofort in die Taverne, die Werft, Stadthalle oder zum Händler – ohne auch nur einen Schritt zu gehen. Ist ja eine ganz gute Idee, aber sollte sowas auch funktionieren wenn ich die Kolonie noch nie gesehen habe? Und wieso will mir dann jeder Passant den Weg zu oben genannten Stätten nennen, wenn ich sowieso überall vollautomatisch hinkomme?

Grafisch hat uns Bethesda hier mit einem der Highlights 2003 verwöhnt. Die karibischen Inseln sind voll mit Gebüsch, Dschungel und allerlei Getier welches am Boden herumkriecht. Die NPC’s und Schiffe sind ebenfalls von jeglicher Kritik erhaben und wirklich schön anzusehen. Das Wasser ist in einer bis dato unbekannten Perfektion dargestellt und macht Seefahrten zum Erlebnis. Vom technischen her weiß ich jetzt allerdings leider nicht, wie stark mit DirectX-7 Grafikkarten die grafische Qualität des Wasser vermindert wird. Eventuell sollte man sich vor dem Kauf des Spiels darüber informieren, da Pirates of the Caribbean ein Titel ist der nicht zuletzt von der wunderschönen Grafik und deren Effekten lebt.

Die Musik erinnert mich teilweise ein Wenig an Monkey Island und klingt genauso wie sie sollte: Karibisch auf den Inseln und dramatisch bis euphorisch auf hoher See und bei Gefechten. Hier waren Leute am Werk die ihr Handwerk gut verstehen. Dieses Urteil gilt auch für die Sound Effekte die ebenfalls sehr gut gelungen sind, mal abgesehen davon das es offensichtlich in JEDER Kolonie französische Händler zu geben scheint…

Etwas deftig angesetzt ist der Schwierigkeitsgrad. Oft muss man vor allem bei Quests stundenlang herumprobieren, bis man es endlich geschafft hat. Vor allem bei Schwertkämpfen mit mehreren Gegnern hat man keine besonders großen Überlebenschancen und mit der Zeit frustriert es, die ganze Zeit die Abspannsequenz zu sehen. Allerdings muss man ja nicht immer versuchen das stärkste Schlachschiff der Royal Navy mit 900 Mann Besatzung zu kapern :). Sollte man aber ein Spieler der hartnäckigen Sorte sein, wird man das wahrscheinlich eher als Herausforderung sehen und dürfte nicht sich nicht daran stören. Eine Multiplay-Funktion fehlt auch noch, aber irgendwie könnte ich mir so etwas in diesem Spiel eh nicht wirklich vorstellen. Nur Schade das es recht schnell durchgespielt ist – aber das hat jeder selbst in der Hand.

Wovon geht der erfahrene Spieler aus wenn er ein Spiel mit einer Filmlizenz im Regal sieht? Finger weg – Müll! Dass es aber nicht immer so sein muss, beweist Bethesda mit Pirates of the Caribbean wirklich auf eindrucksvollste Weise. Hier wurde wirklich mal ein ordendliches Spiel gemacht, anstatt durch Termindruck und der Ansicht, aus der Filmlizenz kann man sowieso nur Geld machen, alles zu versauen. Dies ist für mich auch seit langem das erste Spiel mit einer Fimlizenz, das eine wirklich positive Bewertung verdient.

Wunderschöne Grafik, gelungene Musikuntermalung und eine Story die interessant und abwechslungsreich ist – und eine Frau darf natürlich auch nicht fehlen! Das Ganze noch garniert mit brutalen Seeschlachten und wilden Degengefechten kombiniert mit ein paar Vorderladerschießiereien. Piratenherz – was willst du mehr? (eventuell weniger Franzosen, die scheinen wirklich überall zu sein – oder ist das noch ein Bug ;) ?)