Zack, knuff, bumm, patsch

Wenn ein Jahr vorüber ist, wird es Zeit seinen wertlosen Senf dazu abzugeben. Da wir Rebellen grundsätzlich zu allem und jedem eine Meinung haben (schließlich kennen wir uns besser aus als alle anderen), darf natürlich auch unser Jahresrückblick nicht fehlen. Wir versuchen es mal auf eine etwas andere Weise – wer weiterliest bekommt ein kleines Gespräch zwischen dem Oberrebellen (Tom „besux“ Schaffer) und K³ (Konrad „king_erni“ Kelch) voll kompetenter Subjektivität zu lesen. Gesprächleiter ist Honk.

Honk: Schönen Abend, oder wie es für unseren Chefredakteur besser passt, guten Morgen! Das Jahr 2005 ist schon seit fast zwei Tagen vorbei, ich denke wir sollten nun langsam zum Punkt kommen.

Fangen wir vielleicht gleich beim Wichtigsten an. Wie seht ihr zwei im Rückblick euer Magazin?

Konrad: Ich finde, dass wir uns 2005 in die einzig logische Richtung entwickelt haben: Weg vom Massenmarkt hin zur Independent-Nische. Letztere braucht einfach unsere Unterstützung, dass wir dabei interesannte Mainstream-Titel nicht außer Acht lassen dürfte auch klar sein. Schießlich wollen wir immer noch möglichst umfangreich informieren. Dafür müssten wir jedoch noch etwas aktueller sein *überleitungsfürbesuxgeb* ;)

Tom: Jaja, die Aktualität. Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass man ohne Knete nicht so einfach dauerhaft dran sein kann. Aber über die wichtigsten Dinge wurde man glaube ich immer zeitnah informiert. Auch ich glaube, dass unsere Entwicklung hin zu den Berichten über Spiele die vielleicht nicht jeder kennt, die deshalb aber nicht schlechter sind als so mancher AAA-Titel, die einzig richtige ist. Die Indie-Szene braucht ein Sprachrohr, das aber auch den „Mainstream“ nicht außer acht lässt. Ich denk das glückt uns bereits ganz gut. Für 2006 will ich, dass wir uns da konsequent weiterentwickeln. Weil es grade passt vielleicht auch noch drei Anmerkungen: Neue Redakteure sind uns stets willkommen, über Feedback freuen wir uns, und wenn alles gut geht, dann gibts im ersten Quartal 2006 auch ein neues Design zu bewundern.

Honk: Genug der schönen Worte, jetzt wird gezankt. Wie immer wenn neue Konsolen erscheinen, wird der PC totgeredet. Und manche sahen im letzten Jahr schon einen deutlichen Abstieg des Heimcomputers. Wie sieht das bei euch persönlich aus? Geht ihr demnächst fremd?

Tom: Um ganz ehrlich zu sein, bin ich bereits fremd gegangen. Und Nintendo ist schuld. Der Nintendo DS ist für mich DIE Spieleplattform 2005 gewesen und es freut mich, dass die Japaner damit Erfolg haben. Es macht einfach Spaß wieder mal was neues auszuprobieren, und an grandiosen Spielen mangelt es auch nicht. Gerade erst zu Weihnachten hab ich mir wieder eines schenken lassen und hab mir zwei weitere selbst geschenkt.

Aber auch der DS bleibt für mich nur eine Ergänzung zum PC. Ebenso wie der GameCube, den ich mir verganenes Jahr noch geholt hab. Der ist zwar ein Schatten seiner selbst, für Leute die ihn noch nicht haben aber durchaus noch einen Blick wert. Weil er billig ist und genug Spitzenspiele hat, damit man die Wartezeit bis zum Release aller drei Next Generation-Konsolen überbrücken kann. Die Xbox 360 hat mich dabei schon mal überhaupt nicht überzeugt. Mit dem PSP kann ich mich auch nicht wirklich anfreunden. Beide versuchens mir zu aggressiv über die Technik-Schiene und wirken auf mich eher wie Luxusobjekte auf die man aber fabelhaft verzichten kann. Weil ich bei der PS 3 auch nicht viel anderers erwarte, zeichnet sich für mich schon ab, dass ab 2006 die Kombination PC, Revolution & NDS das Richtige für mich sein wird.

Xbox 1 und PS 2 sind 2005 zwar noch ab und zu aufgeblitzt – man merkt aber, dass auch deren Zeit vorbei ist. Bezeichnenderweise ist mir meine Xbox auch noch eingegangen.

Konrad: Die Konsolen werden kommen, dank HDTV wird die Auflösungsschranke keine Rolle mehr spielen und die nächste Generation wird immer weiter zur Multimediazentrale ausgebaut. Ob man das nun als Spieler haben will oder nicht, bleibt erstmal so dahin gestellt. Wer nur spielen will kann ja immer noch zu Nintendos Revolution greifen.
Was mich hingegen etwas beunruhigt ist der Trend zu Multiplattform-Titeln. Viele aktuelle und ehemalige PC-Blockbuster (z.B. Doom 3 und Call of Duty 2) kamen dieses Jahr auch für die aktuellen Konsolen auf den Markt. Sicher, der PC ist in seinen klassischen Genres Strategie, Shooter, Adventure und Aufbau-/Wisim dieses Jahr durch The Movies, Fahrenheit, Ankh, AoE 3, Civ 4 und F.E.A.R. mit ordentlichen Hochkarätern beseelt, trotzdem muss auch hier zukünftig mit guter Konsolenkonkurrenz gerechnet werden. Dennoch scheint der Umschwung auf die nächste Konsolengeneration der PS2, Xbox und dem Gamecube nicht sonderlich gut zu tun. Viele exklusive Topseller kommen halt nur noch für die nächste Generation. Hier gab es mit Gran Turismo 4, Killer 7, Resident Evil 4, Tekken 5 und God of War hauptsächlich für Sonys alternde Dame hocklassiges Spielspaßfutter. Wenn man auch klar feststellen muss, dass es dieses Jahr für die Konsolen immer noch mehr exklusive Top-Titel gab als für den PC.
Insgesamt war 2005 für mich dann doch das Jahr des Handheld-Gaming. Nintendo und Sony haben zwei unterscheidlich ausgerichtete Konzepte präsentiert, die jeweils ihre Vor- und Nachteile haben. Auch Handyspiele sind immer weiter auf dem Vormarsch. Titel wie Townsmen 3 zeigen eindeutig, das man auch auf Hardware von Nokia, SonyErricson und Samsung gut und länger als zehn Minuten unterhalten werden kann.

Tom: Ich sehe den PC wie schon vor 5 Jahren bei seiner letzten Totsagungswelle nicht gefährdet. Bei Handyspielen bin übrigens letztes Jahr auch kalt erwischt worden. Da gibts ein paar wirklich nette Spiele. Aber insgesamt ist das doch keine echte Alternative sondern eher eine Notlösung, wenn man in einem Wartezimmer sitzt und den DS oder sein aktuelles Buch vergessen hat. Ich glaube das wird auch noch eine Zeit lang so bleiben.

Honk: Stichwort „MMORPG“. Alle Welt glaubt damit das Allheilmittel gefunden zu haben und mit dem Genre den Gipfel des finanziell gesicherten Ruhestands zu erklimmen – ist das nicht eher eine Klippe, auf die alle wie die Lemmings zulaufen?

Konrad: Hah, mein Lieblingsthema. Ich finds immer wieder putzig, wie sehr Analysten, Manager und sonstiges Gesocks glauben, MMORPGs wären die Zukunft der Branche. Klar, der Muliplayerbereich wird immer interessanter und er gewinnt auch dadurch das Sony und Mircosoft nun auch in dieses Terrain vordringen deutlich mehr an Relevanz. Die 2. Mio Abonenten von Microsofts Xbox Live zeigen sogar, wie erfolgreich sich Onlinegaming bei Konsoleros etablieren konnte. Dennoch darf man selbst im Hype um WoW und deren fast fünf Mio. Usern nicht vergessen, dass Branchenriesen wie EA Games mit ihren bisherigen Onlineprojekten trotz großer Namen – man erinnere sich nur an The Sims Online – phänomenal auf die Schnautze gefallen sind.
Das im Onlinesektor Spiele dagegen nicht nur durch Hypes und massive Werbung erfolgreich werden zeigt eindeutig Guild Wars. Schöne Grafik, innovatives Gameplay und nur der einmalige Anschaffungspreis sorgten für rege Spielerzuströme. Allgemein können sich kostenlose Multiplayerplattformen wie das Battle.net vor Besucheranklang kaum retten. Hier zeigt sich also deutlich, dass viele Spieler gerne eine Runde online zocken, jedoch nur in Ausnahmefällen Geld dafür hinlegen wollen. Und darum kämpfen derzeit mehr als zwei dutzend MMORPGs, ziemlich viele Spiele für ziemlich wenige Interessenten.

Tom: Bin da ganz ähnlicher Meinung. Ich bin nicht sicher ob JoWooD wirklich mit einem Gothic Online antreten sollte. Der Markt ist hart umkämpft und klein. Von den zusätzlichen Kosten die man abtreten muss, halte ich ganz persönlich auch nichts. Das ist auch der Grund warum ich Xbox Live! keineswegs besonders euphorisch gegenüber stehe. Bei vergleichbaren Spielen ist man PC glücklicherweise noch kostenlos unterwegs. Bei MMORPGs kann man immerhin die Betaphase schon fast monatelang gratis spielen und hat dann meist noch einen Probemonat. Bei WoW hat mir persönlich das schon gereicht.

Honk: Ihr sprecht von Rebell.at ja immer großkotzig als eine Art Alternative-Magazin. Jetzt kann man in der Spielebranche aber noch nicht wirklich eine gesunde Indie-Branche erkennen. Was hat 2005 da für euch gebracht?

Tom: Jetzt sind wir bei meinem Lieblingsthema angelangt. Ich muss sagen, 2005 hat mir da ganz gut gefallen. Mit Darwinia, Weird Worlds, Trash und anderen Spielen, waren ein paar wirklich konkurrenzfähige bis tatsächlich geile Spiele am Start. Zusätzlich gefällt mir der Ausblick auf das was uns 2006 erwartet. Stoked Rider ft. Tommy Brunner könnte die Indie-Szene auch mal dorthin tragen, wo sie für Casual- und Normalspieler interessant wird. Die Zeit in der wir nur miese Grafiken und Puzzlespiele aus der Indieszene kommen sahen, die sind scheinbar vorbei. Ich hoffe die kleinen Studios können sich ihren Platz sichern.

Konrad: Puh, schwer zu sagen. Darwina? Lässt mich ziemlich kalt, sieht mir etwas zu abgedreht aus und wirkt teilweise so, als würden die Entwickler zwanghaft versuchen „anders“ zu sein. Weird Worlds hat mich hingegen positiv überrascht und es hat mich wirklich gewundert, wie durchgestyled ein Indie-Titel heute schon sein kann. Das abgedrehte Alienszenario wurde hier sehr gekonnt und vor allem konstant druchgezogen.

Sonst lässt sich aber ganz klar erkennen, dass Indie-Titel immer umfangreicher werden und somit auch komplexere Genres bedienen können. Trotzdem sehe ich aktuell Indie-Ttitel noch nicht als Ersatz für etwaige Großproduktionen an. Sie können momentan eher durch innovative Spielkonzepte oder abgefahrene Szenarien begeistern. Vielleicht müssen sie aber auch nicht mehr als das. 2006 dürfte da sicherlich für etwas Aufklärung sorgen.

Tom: Ich find es lustig, dass dir Darwinia zu abgedreht ist, und du im selben Atemzug sagst innovative und abgefahrene Spiele zu mögen. Mit Darwinia und Psychonauts hat man dieses Jahr schon leider auch wieder gesehen, dass die Leute zwar lautstark Neues fordern – und es auch lieben, wenn sie es denn mal anrühren – aber wirklich mutig beim Kauf sind sie nicht. So nach dem Motto: „Psychonauts? Das soll cool, lustig, kreativ und genial sein, aber mit dem neuen Sims-Addon kann ich auch nichts falsch machen.“ – Ich meine: Man kann.

Konrad: Klar, man kann viel. Ich könnte mich auch mit Darwina anfreunden, aber mir sagt das Setting gar nicht zu. Ich fand den Grafikstil einfach zu abgefahren. Es mag zwar ästhetisch sehr ansprechend gewesen sein, bot mir dann aber zu wenig Greifbares. Weird Worlds ist da um einiges konventioneller und macht trotzdem entscheidendes anders, weil es sich halt abseits der typischen Genreklischees präsentiert, aber dennoch nicht gleich alles in Pixelhäufchen darstellen will. Hier werden klassischen Formen (Raumschiffe, Aliens etc.) genommen, denen ein neues Bedeutungsspekturm zugeordnet wird, wohingegen bei Darwina gleich alles über den Haufen geworfen wird.

Merke: ein Spielprinzip kann noch so innovativ, gut durchdacht und intuitiv sein, wenn das Sicht- und Greifbare zu abstrakt gestaltet ist, interessiert das einfach nicht mehr. So sahs bei mir im Falle von Darwina aus. Schließlich müssen auch Indie-Spiele einsteigerfreundlich sein um den Anschluss am Massenmarkt nicht total zu verlieren. Nur „Indie-sein-wollen“ spielt leider die Produktionskosten auch nicht wieder ein…

Tom: Nunja, man findet ja in unserem Review was ich über Darwinia denke. Die Welt innerhalb eines Computers hat halt keine „greifbaren“ Standards. Das ist ja das Tolle daran. Ich richte nur (wieder einmal) den Appell in die Welt, dass man auch bei seltsamen Screenshots nicht unbedingt gleich weiterklicken soll.

Honk: Genug von den Indies – gefällt euch was die Großen abgeliefert haben?

Tom: Ja und nein. EA war irgendwo ein ziemlicher Totalausfall. Da hat mich außer Black & White 2 schon wirklich gar nichts auch nur ansatzweise interessiert. Bei Activision gefielen mir immerhin Gun und The Movies. Take 2 hat es mit durchwegs guten aber auch nur altbewährten Spielen versucht. Und bei UbiSoft ist es mit gewagten Manövern wie einst mit Beyond Good & Evil oder Prince of Persia 4 leider auch wieder vorbei. Atari bleibt mir mit Fahrenheit und Kinder des Nils in guter Erinnerung und bei Vivendi sagt die Tatsache, dass ich mich außer an FEAR und WoW an nichts erinnern kann, und mich persönlich nicht einmal die voll überzeugen konnten, auch schon viel aus. Dass von unseren Top 5 des Jahres nur zwei von einem sogenannten Großen kommen, sollte doch zu denken geben.

Konrad: Irgendwie wars ein durchwachsenes Jahr. Hatten wir 2004 noch Half-Life 2, FarCry, Die Sims 2, Rome: Total War und Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde als echte Hochkaräter vorzuweisen, so fehlten 2005 richtig überzeugende AAA-Titel. Mir fallen spontan nur Civ 4, WoW und F.E.A.R. ein, die ihre Erwartungen vollends erfüllen konnten und auch Casual-Gamern ein Begriff sein sollten. Sonst gabs eigentlich viele gute Titel, aber halt kaum wirklich herausragendes Softwarematerial. Selbst AoE 3 konnte die hochgesteckten Erwartungen nicht vollends erfüllen, von Quake 4 hatten wir so etwas schon gar nicht mehr. Momentan riecht bei den Großen der Branche also alles sehr nach Stagnation, wenn auch auf hohem Niveau.

Mit Fahrenheit gabs dann zum Glück noch mal einen kleinen Innovationsschub. Bezeichnenderweise kam dieser Titel allerdings auch gleich auf mehreren Plattformen heraus – nur auf dem PC wagt man solche Unternehmungen wohl nicht mehr. Electronic Arts schien indes dieses Jahr seine bekannten Marken weiter zu melken. Außer den üblichen Verdächtigen war da nicht viel anderes im Programm. 2005 dümpelte also gemächlich auf recht solider Basis vor sich hin, hoffentlich kommt 2006 wieder etwas mehr Bewegung in den Markt.

Honk: Zum Ende des ersten Teils unsere Specials ein paar kurze Fragen: 1. Der für euch auffälligste Trend 2005? 2. Euer größtes Ärgernis? 3. Der beste Spielemoment?
Tom: 1. Gelegentliche aber laute Wortmeldungen kleinerer Entwickler. 2. Dass sich Psychonauts und Darwinia so schlecht verkaufen. 3. Das Intro von Psychonauts und die Ankündigung des Revolution-Controllers. So lange solche Dinge hergestellt werden, lohnt es sich über Spiele zu schreiben.

Konrad: 1. Zunehmender Konkurrenzdruck und dessen Konsequenzen (heißumkämpfter Mobilmarkt, Trend zu Multiplattform-Titeln, Innovationsarmut). 2. Das ich Ankh immer noch nicht gespielt hab. 3. Meinen ersten selbstgedrehten Film in The Movies betrachten.

Den zweiten Teil unseres Specials findet ihr hier. Im Forum seid ihr schon heute dazu eingeladen über diesen Artikel diskutieren.

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