Hektisch gehen wir hinter einer massiven Mauer in Deckung, kanten unsere Waffe an um Sekunden später wieder mitten im Gefecht zu sein. Doch eh wir uns versehen ist unser Magazin schon wieder leer. Immer mehr Gegner stürmen in die Lagerhalle, die Luft wird von Gewehrsalven nur so durchsiebt, das Atmen fällt uns immer schwerer. Minuten später können wir endlich aufatmen. Die Massen an Antagonisten zu Füßen liegend verlassen wir die Halle. Wir drehen uns noch einmal um, nur um uns zu vergewissern, dass wir wirklich alles Lebende vernichtet haben. Ja, es liegt wirklich alles tot am Boden, aber der nächste Level wartet schon.
Na? Aus welchem Shooter könnte diese Szene stammen? Aus Serious Sam 2, Half-Life 2, FarCry oder etwa doch aus Doom 3? Was, ihr wisst es gar nicht? Wir ehrlich gesagt auch nicht. Eigentlich stammt diese Szene nur aus den wilden Phantasien eines sehr verwirrten Redakteurs. Darf ich vorstellen: klein Konnis Vision der Zerstörung, getränkt voller Gewalt, Vernichtung, Blut und Langeweile. Schließlich bekommt ihr diese Portion Action in jedem Shooter serviert, wie wäre es dagegen mal mit einem Ausflug in die Wolken?
Wolken? Ja, genau eben diese Wolken, die ihr erblickt habt nachdem ihr diese verdammte Lagerhalle endlich verlassen konntet. Was ihr da oben sollt, fragt ihr. Dumme Frage: natürlich den Zwängen des Lebens entfliehen, kreativ tätig sein oder einfach nur umherfliegen. Was könnte man denn sonst in den Wolken wollen außer gewaltlos spielen? Genau eben dies wollen die Entwickler von Cloud euch alten Action-Hasen demonstrieren.
Cloudsoll also ohne Gewalt funktionieren, d.h. nix klein schießen, keine Basen erobern und keinen NPC zersäbeln um mehr Erfahrungspunkte zu bekommen. Dass so was sogar motivierend sein kann, zeigt Cloud dabei recht eindrucksvoll. Denn hier geht es um mehr, als der Epilog vielleicht auszudrücken vermag.
Ihr seit gefangen in einer Welt dominiert von Tabletten und limitiert durch das Bett indem ihr liegt. Eure Phantasie ist die einzige Möglichkeit aus dieser Enge hinaus zu kommen. Nicht zuletzt treibt euch auch eure Melancholie dazu in diese Welt zu flüchten. Hier erwartet euch Freiheit, ihr könnt hinfliegen wohin es euch beliebt. Genau dieses Gefühl vermag dabei schon die Alpha-Version von Cloud sehr gut zu vermitteln. Die Musik unterstützt dabei mit ihrem zwiespältigen Charakter die ganze Szenerie. Sie wirkt zum einen beruhigend, zum anderen melancholisch/traurig. Von ihr getrieben fliegt ihr in eurem eigenen Reich umher.
Dabei stehen euch sowohl Maus als auch Tastatur als Navigator hilfreich zur Seite. Mit der Maus selbst reguliert ihr die Geschwindigkeit und ändert eure Richtung. Die rechte Maustaste nutzt ihr um euch umzusehen, während ihr mit der linken Maustaste eine weiße Wolke an euch bindet. Hier kommt dann die Tastatur zum Einsatz, denn während ihr die linke Maustaste gedrückt haltet, könnt ihr mit der Shift-Taste den losen Wolkenverbund gruppieren und mit der Steuerungstaste einen Teil der Wolke abspalten. Wer hingegen nur der Freiheit frönen will, kann sich zusätzlich noch mit einem Klick aufs Mausrad vertikal im Raum bewegen.
Mehr Steuerung braucht ihr dann auch nicht zu beherrschen. Ihr habt eh schon genug mit der Sensibilität der Steuerung zu kämpfen. Bewegt ihr eure Maus zu schnell vorwärts, geht euer seltsamer Freund, ganz im Widerspruch zu seiner gelebten Lethargie, nämlich ab wie ein Zäpfchen und gerät damit außer Kontrolle. Nur ein beherzter Druck auf die Leertaste kann dem entgegen wirken.
Nun haben wir aber genug Zeit für harte Fakten verschwendet, euer Freund wartet schon sehnsüchtig auf euch. Nur mit einem weißen Kittel bekleidet schwebt ihr durch eure Traumwelt und genießt den Tanz mit den Wolken. Leider wird eure Ruhe kurzzeitig gestört, alsbald werdet ihr wieder in die Realität zurückgeholt. Dennoch brecht ihr schnellst möglich wieder auf.
Eine Vision zeigt euch, was zu tun ist. Einen Lolly gilt es zu Formen. Hierfür schnappt ihr euch schnellstmöglich eine weiße Wolke, um mit ihr weitere Wolke um eich zu scharen. Manche sind davon etwas schneller zu überzeugen als andere. Die Luftverschmutzung hat damit einiges zu tun und so ist es in der nächsten Mission eure Aufgabe, eben diese aufzuhalten.
Die riesigen Schlote einiger Fabriken haben die Luft verpestet. Schwarze Wolken sind das Resultat. Sie verdunkeln den Himmel und wirken bedrohlich auf das, was unter ihnen liegt. Zudem dringen sie in euer kleines Reich ein, sie versuchen es zu übernehmen und eure Traumwelt zu zerstören. Eure Aufgabe ist es nun, diese in wertvollen Regen zu verwandeln. Doch so leicht lassen sich die schwarzen Wolken nicht in Wasser verwandeln. Sie üben Widerstand aus, es kommt zu einem Gewitter. Dennoch gelingt es euch schlussendlich, den Himmel wieder im neuen Glanz erstrahlen zu lassen.
Solche Missionen gibt es in Cloud zuhauf. Zwar sind davon bis jetzt erst vier fest miteinander durch eine Hintergrundgeschichte verbunden, dennoch könnt ihr schon aus weiteren Missionen auswählen. Die Missionen laufen meist nach demselben Schema ab. Entweder gilt es, die Welt von verschmutzten Wolken zu befreien oder eine Figur nachzubilden. Manchmal werden auch beide Teile miteinander verknüpft. Für Abwechslung ist deswegen nur geringfügig gesorgt. Hat man die ersten vier Missionen hinter sich, hat man eigentlich schon alles gesehen. Weitere Missionen stellen deshalb eher ein Gimmick dar.
Was am Spielprinzip an Spannung fehlen mag und was die Steuerung an Frustmomenten schaffen kann, macht Cloud durch eine perfekte Kulisse und sein einzigartiges Spielprinzip wett. Das Spiel selbst ist bis in die Spitzen homogen gestaltet und baut gerade deshalb eine enorm dichte Atmosphäre auf. Die Hintergrundgeschichte vermittelt hierbei gekonnt das Gefühl der Einsamkeit und der Enge.
Der Himmel dient ihr als amibivalentes Spielelement. Zum einen erreicht ihr hier die grenzenlose Freiheit, die euch in der Realität verborgen bleibt, zum anderen verdeutlich er eure Einsamkeit auf erschreckende Art und Weise. Die vereinzelten Inseln erzeugen dabei durch ihre Sterilität und ihre einfachen Formen zudem ein Gefühl der Kälte, welches die Eigenschaften des Himmels als kaltes, fremdes Element zudem unterstützt.
So vermag Cloud im Endeffekt sicherlich einige Macken im Spielprinzip haben, kann von der Atmosphäre und dem Spielerlebnis aber etwas bieten, was Computerspieler in dieser Form sicherlich selten zu Gesicht bekommen dürften. Wer Interesse hat, sollte sich das rund 33 MB große Stück Software einmal herunterladen. Ihr werdet sicherlich mehr Freude haben als mit der aktuellen Herr der Ringe: Schlacht um Mittelerde 2-Demo und dabei noch jede Menge neue Erfahrungen sammeln.
Wie unflexibel unser CMS doch ist. Das Wort Genre-Mix scheint es gar nicht zu kennen und neue Genres kann ich auch keine definieren. So hab ich Cloud bei den Strategietiteln einsortiert, schließlich bildet sich der Spielablauf doch zum Großteil aus strategischen Elementen. Da wollen Wolken zu einer Figur zusammen geschoben werden oder die Atmosphäre von dunklen Wolken gereinigt werden. Okay, genauso gut könnte man Cloud als Aufbau-Spiel sehen. Erschaffen wird hier ja auch wieder genug, sei’s nun eine Figur oder Regen. Ach Gott, was schwafel ich hier eigentlich so dämlich rum? Selber spielen lautet die Devise. Cloud wird euch dabei sicherlich mit einigen komplett neuen Erfahrungen bereichern. Ob die jedem Gefallen ist im Prinzip eigentlich egal, schließlich sollte jeder Spieler mal abseits seine Gewohnheiten etwas Neues probieren.