Der Himmel über Hillys ist nicht mehr sicher. Seit Jahren bedrohen böse Alien-Schergen das Leben auf dem Planeten der Journalistin Jade. Die fesche Dame ist gerade dabei sich mit einigen Naturfotografien die leere Geldbörse etwas aufzufüllen, als sie auf einen Typen trifft, der ihr etwas von einer Verschwörung erzählt. Warum wir schon immer gegen militante "Beschützer" waren, lest ihr in unserem Test.
Wie lautet ein altes Sprichwort? Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. – Während eines Luftangriffs auf ihren Heimatort will Jade die Energie-Schutzschilde über ihrem Leuchtturm ausfahren, als sie bemerkt, dass sie die letzte Stromrechnung wohl nicht bezahlt hat – die Stromversorgung ist also blöderweise abgestellt. Nachdem wir das im Intro beobachten mussten, schickt uns das Spiel ungewöhnlicherweise sofort in einen Bossfight. Gleich zu Beginn wird man so zum Erlernen der gelungenen Steuerung gezwungen und lernt die grundlegenden Fähigkeiten der toughen Jade kennen.
Der dezente Humor aus dem Einstiegsvideo zieht sich durch das ganze Spiel, und belebt die abgedrehte Spielwelt damit noch einen Tick mehr. Zu diesem Mittendrin-Gefühl tragen auch viele kleine Minigames bei, die mit dem eigentlichen Game gar nichts zu tun haben – so darf man beispielsweise Hovercraft-Rennen bestreiten.
Schon der Mentor und ständige Begleiter unserer kleinen Heldin, das sprechende Schwein Pey’J, beweist den ungewöhnlichen Geschmack der Designer. Der Gefährte ist stehts für einen "männlichen" Spruch, einen Schuss Sarkasmus und paranoide Bemerkungen zu haben. Auch wenn die Welt von Beyond Good & Evil so erfunden wie nur irgendwie möglich wirkt, sie beinhaltet doch zahlreiche Anspielungen auf das wirkliche Leben.
Während unseren Abenteuern treffen wir also auf Revolutionäre, Kapitalisten, Militante und Freaks und erleben so manche überraschende Wendung in der Story mit. Aber davon wollen wir euch nicht zu viel verraten, kommen wir also deshalb ein wenig auf den Spielablauf zu sprechen. Der bietet einen Abwechslungsreichtum wie man ihn selten in einem Action-Adventure sehen durfte. Logische Rätsel, lustige Minigames, packende Kämpfe und Shoppingtouren um das Hoovercraft-Boot und die Ausrüstung zu verbessern wechseln sich mit Schleich-Einlagen und Jump’n’Run-Sequenzen ab.
Dank dieser Varietät an Möglichkeiten wird BG&E niemals langweilig. Überhaupt fühlt man sich ständig von der Spielwelt gepackt, kommt sich vor wie in einem abgedrehten Film. Unterstützt wird das von einer nicht besonders spektakulären, aber dafür um so durchdachteren Optik. Alles wirkt wie aus einem Guss, und das obwohl die Konsolenherkunft des Spiels nicht zu verleugnen ist. Bunte Farbtöne herrschen vor und erschaffen mit Hilfe von tollen Lichteffekten eine glaubwürdige Fantasy-Atmosphäre.
Leichte Kritikpunkte muss man beim Sound anbringen. Zwar ist die musikalische Untermahlung ebenso wie die Sprachausgabe ganz wunderbar gelungen, allerdings wurden nicht alle Texte synchronisiert und dadurch stört man sich etwas, wenn man auf die Ausgabe der Boxen wartet, sie aber einfach nicht kommt.
Eine weitere Besonderheit des Spiels ist der Fotoaparat, mit dem Jade umher rennt. Mit diesem kann sie nicht nur Übersichtskarten fotografieren, sondern auch geheime Informationen beschaffen und Geld mit Abbildern der Fauna des Planeten verdienen.
Manche meiner Kollegen von anderen Magazinen mögen Beyond Good & Evil kindisch finden – mir erscheint dieser Vorwurf nahezu paradox. Nicht nur der Schwierigkeitsgrad des Spiels richtet sich bestimmt nicht an Kinder, sondern auch der Humor und die Story dürften trotz ihres ungewöhnlich fantasiehaften Szenarios eher ein erwachsenes Publikum ansprechen. Seit Outcast habe ich kein so abwechslungsreiches Action-Adventure mehr gespielt, in dem ich so wunderbar versinken konnte. Kleiner Wermutstropfen: Ich darf nicht überall speichern – zum Glück sind trotzdem genug Speichermöglichkeiten vorzufinden. Für das tolle Spieldesign bleibt mir gar keine andere Wahl: Ich muss einfach den Rebell-Award und die 90er-Wertung auspacken! Mehr davon!