Virtuoser Tennisspaß?

Der erste Teil der Virtua Tennis-Reihe war für mich damals ein Kaufgrund für die Dreamcast. Noch nie zuvor hatte ich so hervorragend einfaches Gameplay gepaart mit schöner Grafik, butterweichen Animationen und einem fordernden und spaßigen Karrieremodus erlebt. Bevor ich mir die Dreamcast leisten konnte, verbrachte ich mehrere Stunden täglich im Elektronikmarkt um die Ecke und besetzte die dort ausgestellte Konsole. Auch der zweite Teil tat es mir an und so fragte ich mich die letzten Jahre immer wieder, wie denn die Chancen für einen dritten Teil stünden? Vor etwa einem halben Jahr schien Sega meine Gebete erhört zu haben, und kündigte Virtua Tennis 3 für die Xbox 360, die Playstation 3 und den PC an. Natürlich war ich sofort aus dem Häuschen und wartete fortan nimmerendenwollende Monate auf den Release. Nun ist es seit ein paar Wochen endlich soweit – ich spiele den dritten Teil einer grandiosen Sportspielserie und möchte gleich vorweg sagen, dass ich im Großen und Ganzen nicht entäuscht wurde.

Sega hat ein tolles Tennisspiel abgeliefert, hätte in Detailfragen aber sicher noch einen stärkeren Eindruck hinterlassen können. Welche Schlüsse ich daraus ziehe, das verrate ich am Ende des Reviews. Um erstmal wieder frische Platzluft zu schnuppern, versuche ich es zum Start mit einem Freundschaftsmatch. Aha! Wie gewohnt stehen große Namen zur Auswahl. Insgesamt können wir zwischen zwanzig Weltklassespielern wie Federer, Roddick oder Sharapova wählen. Wie früher haben die Spieler alle ein Spezialgebiet. Während Mario Ancic einen krachenden Aufschlag zu bieten hat, punktet James Blake mit starken Grundschlägen. Als die Spieler dann auf den Platz gehen und die ersten Punkte ausgespielt werden, fällt sofort die Grafikpracht auf. Mit entsprechender Hardware ist die optische Qualität ebenbürtig mit der Playstation 3- oder Xbox 360-Version. Schattenwurf, Animationen, Spielermodels und scharfe Texturen – alles passt ins Bild. Sogar spielertypische Bewegungsabläufe, wie der unverwechselbare Aufschlag von Andy Roddick, wurden toll umgesetzt und sind sofort wieder zu erkennen. Nach den ersten Ballwechseln macht sich Erleichterung breit: Sega ist der hohen Geschwindigkeit und dem arcadelastigen Gameplay treu geblieben. Zum Spielen braucht man lediglich die Richtungs- und drei Schlagtasten für Topspin-, Slice- und Lobschläge.

Wie in den Vorgängern sind die Grundzüge des Spiels also denkbar leicht erlernt, aber der Teufel liegt im Detail: Für die stärke und Platzierung des Schlages sind nicht nur langes Knopfdrücken sondern auch gute Positionierung zum Ball erforderlich. Besonders in höheren Schwierigkeitsgraden erfordert es eine Menge Einarbeitunsgzeit bis man die Spielmuster des Computergegenspielers auf dem Kasten hat. Wer aber Geduld, Spucke und eine Menge Griffbänder in der Tasche hat, der wird früher oder später auch den schwierigsten Gegner in die Wüste schicken können. Und genau da liegt leider ein großes Manko des Spiels: Es gibt keinen Multiplayer-Modus. Wer sein Können also mit dem von anderen Mitspielern über das Internet oder das Netzwerk vergleichen möchte, der schaut in die Röhre. Lediglich die Xbox 360 Version bietet einen solchen und das ist mir völlig unverständlich. Ich hätte mir Onlinespielbetrieb mit Ligen und Rankings besonders bei Virtua Tennis 3 ganz hervorragend vorstellen können. So bleibt man auf den Mehrspielermodus an einem PC beschränkt.

Das eigentliche Herzstück des Spiels bildet also der Karrieremodus. Auf einer Weltkugel sucht man sich erst seinen Startort aus, und arbeitet sich von da an in der Weltrangliste nach oben. Neben den handelsüblichen Turnieren steht natürlich das Training auf dem Programm. Das wurde in Form kleiner Minispiele witzig und motivierend umgesetzt. Je nach Erfolg in den immer schwerer werdenden Trainingsmissionen steigen die Werte unseres vorher erstellten Charakters in der jeweiligen Kategorie. Für den Aufschlag können wir beispielsweise in Bowling-Manier Kegel abräumen. Nach gewonnen Turnieren erhalten wir Lob von unserem Trainer und mitunter auch Belohnungen wie neue Schläger und Kleidung, die dann im trauten Heim direkt angezogen werden können.

Während sich die unterschiedlichen Schuhe, Hemden, Hosen und Accessoires nur optisch voneinander unterscheiden, hat jeder Schläger seine eigenen Werte und kann durchaus ausschlaggebend für das eine oder andere hitzige Match sein. Leider macht sich hier ein zweites Manko von Virtua Tennis 3 bemerkbar: Die Lizenzen wurden nicht mit letzter Konsequenz ausgeschöpft bzw. eingekauft. Im Gegensatz zum Konkurrenten Top Spin 2 dreschen wir die Bälle mit Noname-Schlägern- und Klamotten über den Platz. Wäre dies der einzige Patzer der Entwickler, würde ich vermutlich lachen. Zusammen mit dem nächsten Versäumnis kann ich mitunter leider nur den Kopf schütteln, denn anstatt eine richtige Rangliste aufzusteigen spielt man, egal ob auf Rang 200 oder 10 der Weltrangliste, immer gegen die selben 20 berühmten Spieler. Das geht mit der Zeit kräftig auf die Nerven. Vor allem, weil ich es als eine Art Belohnung ansehe, endlich gegen die Besten der Welt spielen zu können. So trete ich Anfangs gegen lächerlich schwache Nadals und Federers an, die erst in höheren Rängen ihr wahres Können entfalten. Top Spin 2 hat bereits vorgemacht, dass selbst fiktive Gegner eine Menge Ansporn schaffen. Diese immergleichen Gegner hier verpassten meiner Motivation aber einen herben Dämpfer.

Versteht mich jetzt bitte nicht falsch. Virtua Tennis 3 ist beileibe kein schlechtes Spiel – im Gegenteil. Mir macht es eine Menge Spaß die Filzbälle in prachtvollem Ambiente mit rockig-fetziger- und passender Hintergrundmusik über diverse Courts der Welt zu schlagen. In meinen Augen wurde nur eine Menge Potenzial durch Fehlen eines Multiplayer- und Patzern im Karrieremodus verschenkt. Für mich ist Virtua Tennis 3 das beste Tennisspiel auf dem Markt, keine Frage. Wer mit den angesprochenen Fehlern jedoch nicht leben kann, könnte vielleicht auch mit dem simulationslastigeren Top Spin 2 glücklich werden. Das bietet nämlich sowohl Multiplayer, als auch lizenzierte Ausrüstung und mehr als nur die immergleichen 20 Gegner im Karrieremodus, jedoch nicht annähernd so flüssiges und faszinierendes Gameplay wie eben Virtua Tennis 3.

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