Als ich zum ersten Mal von Yakuza hörte, hieß es noch Ryu Ga Gotoku – das ist nämlich der japanische Titel. Und weil ich keine Ahnung von der japanischen Sprache habe, dachte ich für einen Moment, Sega hätte sich tatsächlich endlich dazu bequemt, ein drittes Shenmue zu entwickeln. Da heißt der Held nämlich Ryu und Yakuza sah Shenmue anfangs mit all seinen Minispielen ganz schön ähnlich. Nun, inzwischen bin ich natürlich schlauer und warte immer noch auf Shenmue 3.
Aber das macht Yakuza nicht automatisch schlechter. Man darf nur nicht den Fehler machen, etwas von dem Umfang und der Spieltiefe eines Shenmue zu erwarten. Yakuza ist im Grunde nämlich ein ganz gewöhnliches japanisches Rollenspiel. Kein Adventure mit Actionelemente, sondern eines dieser Spiele, die fast alleine von ihrer Geschichte leben.
Ein Traum eines Gangsters
Kazuma Kiryu heißt der Held von Yakuza, auch wenn "Held" eigentlich nicht das richtige Wort für diesen jungen Mann ist. Kazuma ist ein Schläger, ein Erpresser, ein Mörder. Ein Mitglied der japanischen Mafia, der Yakuza. Und er macht seinen Job gut, verdammt gut. So gut, dass er eines Tages unmittelbar davor steht, seine eigene Familie zu gründen. Aber, wie das nun einmal so ist, kommt ihm in letzter Sekunde etwas dazwischen: Die Liebe zu einer Frau.
Yumi heißt sie, eine langjährige Freundin, die für Kazuma aber ein bisschen mehr ist als nur das. Eines Tages wird Yumi von dem Oyabun, dem Anführer ihrer Yakuza-Familie entführt und Kazuma macht sich auf den Weg, um Yumi zu retten. Doch er kommt zu spät: Sein Freund Nishiki war schneller, hat den Oyabun erschossen und steht nun noch mit der Pistole in der Hand vor ihm. Kurzentschlossen schnappt sich Kazuma die Waffe, schickt Yumi und Nishiki in die Freiheit und lässt sich selbst festnehmen, um die beiden zu schützen.
Die Polizei weiß, dass Kazuma nicht der Täter war – aber Beweise dafür hat sie keine. Und wie sähe das auch aus, einen geständigen Yakuza nicht ins Gefängnis zu stecken? So wandert Kazuma also hinter Gitter für lange, lange zehn Jahre. Als er schließlich rauskommt, ist nichts mehr wie zuvor: Nishiki sein Feind, Yumi untergetaucht, die Balance der Macht auf den Straßen verschwunden. Nun liegt es an euch, herauszufinden, was in diesen zehn Jahren geschehen ist und wie sich die Vergangenheit wieder zurecht rücken lässt.
Kein Traum eines Gameplays
Drei Absätze allein für die Story sind ganz schön viel, oder? Keine Frage. Aber die Story ist das, was Yakuza trägt, was mich zum Weitermachen antreibt. Denn spielerisch ist Yakuza ungefähr so gehaltvoll wie ein Double Whopper fettarm: Ihr rennt durch eine mäßig große japanische Stadt, schlagt euch mit namenlosen Gangstern sowie klangvollen Gangsterbossen und spielt bei Lust und Laune eines von siebzig Minispielen.
Die Kämpfe sind das einzige, was Yakuza von einem x-beliebigen Rollenspiel unterscheidet: Geprügelt wird hier nämlich wie in einem Beat’em’Up und das in Echtzeit. Ihr steht in der Regel vier bis fünf Gegnern gleichzeitig gegenüber, sucht euch einen aus, mit dem ihr anfangen wollt, und haut ihm ein paar Kombos ins Gesicht. Sofern vorhanden, dürft ihr auch Gegenstände aus der Umgebung aufnehmen, die aber nach ein paar Schlägen wieder zerbrechen. Es gibt Finishing Moves, Erfahrungspunkte, ihr könnt zwischen den Kämpfen neue Angriffe lernen – aber so richtig spannend oder gar abwechslungsreich und fordernd ist das nicht.
Im Gegenteil: Die zahlreichen Random Encounters, also die Zufallskämpfe, fangen schnell an, zu nerven. Und auch die Bossgegner sind jetzt nicht so interessant, als dass der Spielspaß den Aufwand rechtfertigen würde. Hinzu kommen nervtötende Ladezeiten, die mich wirklich wünschen lassen, das Spiel wäre auf einer moderneren Konsole als der PlayStation 2 erschienen. Obwohl: Meinetwegen hätte Sega gleich gänzlich auf die Kämpfe verzichten können und ich hätte mir einfach in Ruhe die Stadt und die Zwischensequenzen angeguckt.
Leider ist aber auch die Stadt nicht so ganz das, was man sich vielleicht hätte erhoffen können. Ja, es gibt etliche Minigames, einige davon machen sogar Spaß. Und ja, die Stadt wirkt belebter als die jedes GTAs. Aber Ansätze von Handlungsfreiheit gibt es trotzdem nicht. Alles läuft brav nach Schema F ab: Laufe hier hin, renne da hin, schlage diesen Gegner, vermöbele jenen! Optionale Sidequests gibt es, die sind auch nett, aber letztendlich will ich eben nur die Story vorantreiben – und da halten mich die Nebenaufgaben nur unnötig auf.
Oyabun? Yakuza? Watt?
"Kauf es oder du bist Teil des Problems" hieß es über Yakuza in einem großen Spieleforum – in Anspielung darauf, dass Innovationen, spannende Geschichten und umfangreiche Spielewelten zwar immer gefordert werden, diese Spiele sich dann aber nur ganz selten gut verkaufen. Und ‚Yakuza‘ fällt zu einem gewissen Grade in diese Kategorie. Das Problem ist nur, dass es alleine von seiner Story lebt. Könnt Ihr mit der japanischen Mafia nichts anfangen, bietet das Spiel nichts, was es auch nur ansatzweise spielenswert machen würde. Seid ihr hingegen auf der Suche nach einem mehr oder weniger interaktiven Film und mögt die Thematik, dann, bitte, kauft Yakuza! Mir hat es trotz oder vielleicht gerade wegen des dünnen Gameplays überwiegend Spaß gemacht.
Ein bisschen sauer bin ich auf Sega aber trotzdem: Das Geld für Yakuza und den schon angekündigten Nachfolger hätte man ebenso gut in Shenmue 3 stecken können. Schlechter verkauft hätte sich das nämlich auch nicht.