Dieses Jahr hat sich Codemasters von der DTM losgesagt und sich an ein gänzlich neues Projekt gewagt. Race Driver GRID lässt uns einen eigenen Rennstall eröffnen und ihn zu Weltruhm bringen. Mit offiziellen Autolizenzen, einer Vielzahl an Rennevents und traumhaft schönen Schadensmodellen – kann mit so viel PS unter der Haube noch etwas schiefgehen?
Bereits in den Menüs lässt sich feststellen: Codemasters überließ nichts dem Zufall. Recht interessante Informationen überbrücken Ladepausen. Alles wirkt durchgestylt und hübsch. Obwohl es eigentlich ein recht simples Feature ist, bin ich quasi vom Hocker gefallen, als ich beim ersten Besuch meiner Boxengasse mit meinem Vornamen angesprochen- und begrüßt wurde. Die gängigsten Vornamen liegen als Sprachsample vor. Ich bin very amused.
Der Karrieremodus ist das Herzstück des Spiels. Hier wird man direkt ins kalte Wasser geworfen und ergatter zuerst die Amateurfahrlizenz in einer Dodge Viper. Um den Lappen zu bekommen, muss man glücklicherweise nur heil ins Ziel kommen . Ist das geschafft, heißt es so viel Geld wie möglich zu scheffeln um einen eigenen Rennstall aufmachen zu können.
Dafür tingelt man durch verschiedene Rennklassen und fährt Punkte für andere Teams ein. Schon hier fällt die tolle Vielfallt an Strecken und Autos auf. Mal geht es mit einem Tourenwagen über den Nürburgring, dann am Steuer eines PS-Monsters aus Japan in einem "Togue-Race" schnellstmöglich einen Berg rauf und wieder runter.
Irgendwann reicht das Geld für den eigenen Rennstall. Anfangs hat man nur einen alten, aber gut erhaltenen Mustang versucht sich einen Namen zu machen. Ich suche Name, Nummern und Wagenlackierungen aus und schmeisse mich in die ersten Wettkämpfe.
Im Handumdrehen sind die ersten drei bis vier Spielstunden vergangen. Es gilt nun, die Rennkasse zu füllen. Das geht am besten mit fetten Sponsorenverträgen. Im Spielverlauft treten immer zahlungskräftigere Sponsoren auf den Plan – darunter auch bekannte Marken wie AMD oder Magneti Marelli.
Wir versuchen uns in einer breiten Vielfalt an Wettkämpfen auf drei verschiedenen Kontinenten. Drift- und Tuningkönige sind in Asien aufgehoben, während Formel- und Tourenwagenfahrer beispielsweise in Europa glücklich werden. Auch die 24 Stunden von Le Mans darf man nach Abschluss einer jeden Saison unter echten Tag- und Nachtwechsel fahren. Da wir anfangs nur ein Auto in der Garage stehen haben, müssen wir möglichst fix ein paar Groschen in die Kasse spülen um uns neue Karossen für neue Wettkämpfe zu kaufen. Denn nur, wer das jeweilig erforderliche Auto für ein Rennen in der Garage hat, darf auch teilnehmen. Es ist schließlich klar, dass man mit einem Ford Mustang zu keinem gewöhnlichen Tourenwagenwetzerl kommt.
Die Rennen selber gestalten sich erfrischend dynamisch und abwechslungsreich. Nicht selten kommt es vor, dass auch die Computergegner Fehler machen und im Kiesbett- bzw. in der Bande enden. Auch Reifenplatzer oder Motorschäden kommen bei uns und Kontrahenten vor und werden von unser Boxengasse passend kommentiert.
Da noch kein Meister vom Himmel gefallen ist, werdet ihr auch den einen oder anderen Crash zu Gesicht bekommen – und daran vermutlich eure wahre Freude haben. Trotz der Originalwagen hat Race Driver GRID nämlich das bislang beste Schadensmodell eines solchen Spiels mit an Bord. Reifen fliegen, Scheiben platzen und Kotflügel suchen sich einen neuen Besitzer. Anfangs bin ich böser Bub tatsächlich einige Runden absichtlich umgedreht und in den Gegenverkehr gefahren und war immer wieder von der Crashvielfalt fasziniert.
Wenn wir es zu bunt treiben, wirkt sich das auch auf das Fahrverhalten unseres Boliden aus. Bei Reifenschäden wird es zur Geschicklichkeitsprüfung den Wagen noch auf der Strecke zu halten und bei Problemen mit den Stoßdämpfern sollte man nicht zu übermütig über Kurvenbegrenzungen fahren, sonst darf man das kommende Erlebnis getrost als Flugstunde einordnen.
Überhaupt ist die gesamte optische Qualität des Spiels ein wahrer Hingucker und teilweise schlichtweg atemberaubend. Reifenqualm ist beispielsweise dichter, als der Bart von Christoph Metzelder. Die Strecken wirken durch viele animierte Zuschauer auf den Rängen und am Streckenrand sehr lebendig. Die frisch geputzten Kühlerhauben der Boliden spiegeln das Geschehn und ein hübscher Unschärfeeffekt lässt das Ganze richtig rasant wirken.
Der geübte Rennfahrer merkt natürlich auch schon auf den ersten Runden, dass der Fokus hier ganz klar auf arcadelastigem Gameplay liegt. Es darf keine Qualifikation gefahren werden, was des öfteren übrigens ziemlich nervig ist, weil wir meistens aus den hinteren Reihen starten müssen. Außerdem müssen ambitionierte Bastler ihre Schraubenschlüssel im Werkzeugkasten lassen, denn Einstellungen am Auto lassen sich ebenfalls nicht vornehmen. Letztlich fällt das warscheinlich nur für echte Simulationsfreaks ins Gewicht, denn Race Driver GRID macht einfach zu viel richtig, als dass die wenigen Kritikpunkte den Spaß am Spiel trüben könnten.
Wenn wir also genug gestaunt haben und endlich wieder Routine in unserem Rennalltag herrscht, wartet auch schon eine Veränderung auf uns: Der Ausbau unserer Garage. Durch mittlerweile mehrere gewonnene Rennen wurde unser kleines Zuhause vergrößert. Nun haben wir Platz für einen zweiten Fahrer, der angeheuert werden soll.
Dabei können wir theoretisch jeden Fahrer aus der GRID-Weltrangliste engagieren. Die Fahrertypen reichen hier von blutjungen Talenten bis zu ausgebildeten Profis, die allerdings horrende Summen kosten und erst später finanzierbar sind. Wenn wir mit den Leistungen unseres Kollegen nicht mehr einverstanden sind, können wir ihn auch einfach kurzerhand feuern und einen neuen einstellen.
Sehr schade ist, dass der Fahrer im Rennen dann letztlich macht, was er will. Es wäre toll gewesen, wenn man seinem Teamkollegen vor Rennbeginn Anweisungen geben könnte, wie man es schon von Need for Speed: Carbon kennt. Den Rest der Spielzeit verbringen wir nun damit, alle verfügbaren Events zu fahren und dafür Respekt einzuheimsen. Für eine bestimmte Anzahl von Respektspunkten können wir nämlich auf dem jeweiligen Kontinent Fahrlizenzen freischalten, die uns Zugang zu neuen Rennen garantieren.
Das ultimative Ziel bleibt letztlich, sich und seinen Rennstall auf die Rangliste ganz nach oben zu bringen und das kann eine ganz schöne Weile dauern. Nach meiner 14. Saison, welche immer jeweils aus 4-5 Events- und dem abschließenden Le Mans-Rennen besteht, liege ich beispielsweise erst auf Rang 140 und mein Team liegt auf 15. Noch bin ich also nicht am Ziel angelangt.
Wer nun irgendwann tatsächlich die vorderen Ränge erreicht haben sollte und eine neue Herausforderung möchte, der darf sich im gelungenen Multiplayer-Modus versuchen. Dort fährt man mit bis zu 11 Mitspielern alle Rennen aus dem Singleplayer und bekommt für bestimmte Platzierungen Punkte, die den Rang steigern – quasi wie in einem Rollenspiel. Siege, gefahrene Kilometer oder die Anzahl der Podiumsplätze werden in einer Statistik im Profil eines jeden Spielers festgehalten – sehr motivierend!
Wenn man also nach zig Stunden toller Rennspielunterhaltung schweißgebadet das Lenkrad, Gamepad oder die Tastatur loslässt, wird man sich an spannende Rennen, tolle Optik, viele Blechschäden und insgesamt das beste Rennspiel dieser Art zurückerinnern. Jeder, der auch nur ein Fünkchen Benzin im Blut hat, sollte sich Race Driver GRID, wenn nicht schon geschehen, schleunigst zulegen. Lediglich eingefleischte Simulationsfans sind bei GTR 2 vielleicht mmer noch besser aufgehoben.