Mittlerweile haben sich über vier Millionen Nutzer einen Account für Second Life angeschafft, rein rechnerisch betrachtet spielen also meine Arbeitskollegen, mein Nachbar und die Katze meiner Oma. Wenn man bedenkt, dass World of Warcraft von etwas über 8 Millionen Leuten gespielt wird und ich in meinem engeren Bekanntenkreis einige Leute aufzählen kann, die normalerweise keine Computerspiele anfassen, aber dennoch eine gewisse WoW-Sucht aufweisen, zweifle ich an den von Linden Labs publizierten Zahlen.
Aber wie heißts so schön? Man soll nicht über etwas schimpfen, dass man noch nicht ausprobiert hat – vielleicht ist es ja garnicht so schlecht. Gesagt getan. Ich habe mich für einen WIFI-Kurs angemeldet – eigentlich für einen SecondWifi-Kurs, denn auch der größte österreichische Friseur für Arbeitslosen… , verzeiht bitte, Beschäftigungslosenstatistiken bildet mittlerweile Leute in "Wie mach ich Geld in Second Life?" aus. Geleitet wird der Kurs übrigens von Ice Stawberry (aka Peter Harlander) von der virtuellen Agentur ,Second Promotion.
Meine ersten Erfahrungen in Second Life decken sich allerdings mit den allgemeinen negativen Berichten:
beim ersten Einloggen wird man in einen Start- und Tutorial-Bereich teleportiert, ähnlich wie in Terminator kann man durch dieses Portal nur nackt durch. Somit erscheint man, wie man von Gott – pardon – der Engine geschaffen wurde und muss sich erstmal zurecht finden. Clipping-Fehler, verwaschene Texturen und massives Ruckeln begrüßen den Spieler schon von Anfang an und machen Lust auf mehr. Den anderen Neueinsteigern gehts offenbar nicht anders, viele irren ziellos herum – wie ein Haufen geköpfter Hühnchen – andere laufen Dank schlechter Kollisionsabfrage durch andere Spieler oder Gegenstände hindurch oder drehen sich wie wild im Kreis und wohlgemerkt ohne auch nur irgend einen virtuellen Linden Dollar (L$) ausgegeben zu haben!
Nach diesen schockierenden Erfahrungen, aber mit etwas Kleidung am Leib hab‘ ich mich jedenfalls dann auf ins Second WIFI gemacht, ich wollte ja schließlich was lernen – wenns schon nix kostet.
Nach einer kurzen Erklärung der Grundfunktionalität hat mich schließlich die Experimentierfreude gepackt, mein Charakter musste verändert werden – das funktioniert übrigens ähnlich wie in Die Sims 2 nur etwas primitiver und mit wesentlich mehr Clipping-Fehlern (Haare die durch Arme ragen z.B.) und selbstredend ruckelts auch hier. Nach etwa 5 Minuten herumbasteln an meinem Äußeren hatte ich plötzlich das Bedürfnis mit meinem Umfeld zu interagieren, natürlich mit Beeinflussung von außen. Sprich: meine Mitarbeiter haben mir "Tipps" gegeben. Ich wollte etwas Unanständiges oder Ungehöriges machen, aber man kann weder jemanden begrapschen, noch jemanden schlagen – das einzige Zielführende war schließlich, mich meiner Kleidung zu entledigen und meinen Körper zur Schau zu stellen.
Nach meinem nur wenige Stunden währenden Besuch in der virtuellen Welt bin ich frustiert: geredet und interagiert wird wenig, sämtliche Schauplätze sind menschenleer und trist – die Möglichkeiten sind vielseitig, die Umsetzung äußerst mangelhaft. Hab‘ ich übrigens überaus lästigen Verbinungsabbrüche erwähnt? Macht nichts, letztendlich hat man in Second Life die Freiheit, alles zu tun, was man tun will, wirklich ALLES!
Noch immer frustriert von meinem zweiten Leben wurde also kurzerhand der Freitod meines Avatars beschlossen: "Ich geh‘ ins Wasser!" war zumindest mein Gedanke, aber offenbar es dem Spieler nicht vergönnt, sein virtuelles Leben auszuhauchen – wer sollte denn sonst viel Geld für Müll höchster Güte ausgeben?