Seit Diablo II gabs viele Jahre kein vernünftiges Hack-&-Slay-Rollenspiel mehr – ok, da war Dungeon Siege, aber eigentlich gabs nichts richtiges. In den letzten 12 Monaten gabs allerdings einen richten Boom in diesem Gerne. Dungeon Siege II oder Silverfall, um nur ein paar zu nennen. Seit einiger Zeit kann man nun LOKI – Im Bannkreis der Götter von Crimson Cow kaufen und damit ändert sich alles!
Vor dem eigentlichen Spielstart steht die Installation an, hierbei werden fast 7 GigaByte auf die Festplatte geschaufelt. Nachdem das geschehen ist, kann man das Spiel starten – naja fast, bequemlicherweise wird man auf ein eventuell vorhandenes Update hingewiesen – ansich keine schlechte Idee, aber die Downloadgeschwindigkeit erinnert stark an das Preloading zu Half-Life 2 kurz vor dessen Release. Sobald das wöchentliche Update eingespielt ist, darf man sich endlich ans Spielen machen: denkste! Freundlicherweise wird man vom Kopierschutz darauf hingewiesen, dass keine Original-DVD im Laufwerk liegt – also rein damit, nein ist schon drin. Laufwerk wechseln, neuer Versuch: ja, die DVD wird erkannt und man kann endlich starten, oder doch nicht – der Kopierschutz meldet sich nochmal (folgender Inhalt wurde in meinen eigenen Worten wiedergegeben): "Hallo Benutzer, weil wir keine Barbaren sind, erlauben wir dir, LOKI 3 Tage ohne DVD zu spielen – aber diese Überprüfung wird dich trotz eingelegter DVD bei jedem Start nerven und dir sagen, dass du noch 2 Tage, 59 Minuten und 59 Sekunden ohne DVD spielen könntest! PS: sollte die Zeit abgelaufen sein, ist nicht so schlimm: einfach rein mit der DVD!". Hab ich übrigens erwähnt, dass das Autorun-Menü ziemlich grottig aussieht – egal.
Wenn man nach diesen Torturen endlich das Spiel gestartet hat, bietet sich plötzlich ein anderes Bild: ein sauber aufgeräumtes Hauptmenü verhilft recht schnell zum Spielstart – bleibt ansich nur die Qual der Wahl, vier Charakterklassen stehen dem erwartungsfreudigen Spieler zur Verfügung.
Ein nordische Barbar, ein ägyptische Priester, eine aztekische Schamanin und eine griechische Amazone sind in jeweils drei unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden zu Heldentaten bereit.
Genretypisch startet man quasi nackt, nichtmal mit einem Buttermesser bewaffnet, mitten im Geschehen – erstmal gilt es herauszufinden, wer der Erzbösewicht ist. In diesem Fall ist dieser für alle vier Charakterklassen der ägyptische Gott des Chaos und Verderbens, namentlich Seth.
Auch wenn der Avatar zu diesem Zeitpunkt, außer ins Gras beißen, noch nichts kann, ist das nicht weiter schlimm: im Falle des virtuellen Ablebens erscheint man stets frisch und munter ohne jegliche Abzüge im selben Gebiet wieder und kann munter weiterschnitzeln. Die Lebenspunkte der Monster bleiben auf dem jeweiligen Level, d.h. sollte ein extrem schwieriger Gegner lauern, kann man gut und gerne in Kamikaze-Manier immer wieder bis zum letzen Atemzug draufknuppeln. Etwas langweilig wie ich finde, aber das scheint gerade im Trend zu sein, man kennt das ja aus MMORPGs.
Erfreulich ist, dass nicht jeder Gegner sofort spontan irgendwelchen Zaster liegen läßt. Damit wird einerseits das Inventar nicht so schnell voll und andererseits muß man natürlich nicht so viel aufsammeln, denn genau das Aufsammeln von Gegenständen ist für ein Spiel dieser Art sehr umständlich gestaltet (vielleicht wollte man das mit dem komplizierten Kopierschutz vereinheitlichen, wer weiß?) – um einen Gegenstand aufzunehmen sind statt dem üblichen Einzelkick nun zwei Klicks nötig, umstellen lässt sich das nicht. Das Inventar selbst ist ebenfalls anders gestaltet – dem einen gefällts, dem anderen nicht. Anstatt einem genretypischen Grid-Inventar (also diese Kästchenmatrix in der ein Gegenstand einsortiert werden muss) findet der Spieler gruppierte Liste vor, eine Zahl in der unteren rechten Ecke zeigt an, wieviel noch Platz finden wird. Scheinbar kommt dieses Konzept bei der Spielerschaft gut an, mir gefällts allerdings nicht – hoffen wir, dass andere Spiele nicht diesem Beispiel folgen werden.
Die teilweise sehr eindrucksvolle visuelle Aufmachung stehen in keinem Verhältnis zum äußerst geringen Hardware-Hunger – insbesonder auf Grafikkartenseite lässt sich auch mit einem betagten Modell oder einer Einsteigerkarte noch viel anfangen – aber auch Nutzer moderner Grafikkarten kommen dank Unterstüztung von PixelShader 3.0 nicht zu kurz.
Das Gameplay hingegen muß sich teilweise verstecken – bei den dynamisch generierten Maps ist nicht viel Dynamik zu erkennen und auch die zufällig erzeugten Waffen(-Namen) stellenweise etwas seltsam – die alten Haudegen unter euch, welche die deutsche Diablo II-Version spielen mussten, wissen was ich meine. Ein Beispiel ist ein kürzlich gefundenes "Brutales Leichtes ägyptisches Tuch" – man mag über die Sinnhaftigkeit streiten können, aber leider ist das kein Einzelstück.
Auch die Reaktionsgeschwindigkeit und Bewegung der Spielfläche ist viel zu schnell, anstatt einer feststehenden Kamera ist die eingene Spielfigur immer im Mittelpunkt. Man hat wohl versucht die isometrische Perspektive von Genreglanzstücken einfach mal flott in 3D umsetzen. Zwar ist die Kamera dreh-, zoom- und schwenkbar, allerdings ist es sehr schwierig, bei den vielen (oft in Gruppen auftauchenden) Gegnern den Überblick zu behalten. Die schlechte Wegfindung der eigenen Spielfigur und die der computergesteuerten Gegner tragen ihren Teil dazu bei.
Mit anderen Worten: LOKI hätte ein sehr gutes Spiel werden können, leider wurde aber an vielen Dingen versucht, etablierte Dinge durch "bessere" zu tauschen oder hat dabei versagt, diese korrekt nachzuahmen. Ein durchschnittliches Spiel für durchschnittliches Spielvergnügen – das auf der Verpackung versprochene endlose Spielvernügen fesselt mich nur wenig an meinen Schreibtisch. Einzig die stellenweise sehr kurzweilige Handlung mit fünf alternativen Enden tröstet über die verlorene Zeit hinweg.