Mumien und andere Ägypter

Assil hat schon bessere Tage gesehen. Nach einer kleinen Tour durch eine Pyramide wird ihm von einer äußerst lebendigen Mumie ein Fluch auferlegt. Zu allem Überdruss bekommt er auch noch Hausarrest von seinem Vater aufgebrummt, dabei müsste er dringend zum Pharao, denn nur der könnte den Fluch aufheben. Aus seinem Zimmer zu entkommen ist da nur die erste von vielen kleinen und großen Schwierigkeiten in der ägyptischen Spielwelt von Ankh.

In unserer aktuellen Preview-Version konnte ich schon ein ordentliches Stück anspielen und darf nun ruhigen Gewissens sagen: Ankh hat das Zeug zum Adventure des Jahres. Das Spiel nimmt sich und seine Welt selbst nicht ganz ernst, besticht durch eine nette Portion Humor, schöne, farbenfrohe Grafiken die eine zeitgemäße Comic-3D-Optik ergeben und nachvollziehbare Rätsel.

Zum Detail: Das Ägypten aus den Geschichtsbüchern ist nicht ganz das Ägypten von Ankh. Mitten in der Wüste findet man Kamel-Waschstationen, alte Damen laufen mit Krokodilledertaschen-Implantaten durch die Straßen und Sklaven schuften nicht wie die Blöden sondern scherzen mit ihren Händlern am Marktplatz herum. Ebenso wie Piraten in Monkey Island nach vergrabenen Souvenir-T-Shirts suchen, kaufen Ägypter in Ankh Fishburger.

Deck 13 orientiert sich ganz klar an Genreklassikern aus der großen LucasArts-Zeit. Und siehe da, es ist das erste humorvolle Adventure seit langem das auch wenigstens annähernd an diese großen Vorbilder heranreichen könnte.

Ob der Humor von Guybrush oder Assil besser ist, mag jeder für sich selbst entscheiden, in der vorliegenden Version wirken die Sprüche von letzterem ab und zu noch aufgesetzt. Aber das ist sicherlich Geschmackssache, auf jeden Fall verlangt der junge Ägypter jedem den ein oder anderen Lacher und Schmunzler ab.

Die Rätsel allerdings sind soweit beurteilbar uneingeschränkt fantastisch gelungen. Nicht zu offensichtlich, aber auch nicht zu abgedreht lassen uns die deutschen Entwickler Meuchelmörder vertreiben, Palastwachen erschrecken und einer Oma die Handtasche abschwatzen. Wo man sich in den vergangen Jahren über eine strickte Linearität ärgerte (etwa bei Runaway konnte man einen Gegenstand erst sammeln nachdem man genau wusste, dass man ihn braucht), hat Deck 13 offensichtlich seine Hausübung gemacht. Das erspart lange Laufwege.

Trotzdem sollten gerade in diesem Bereich noch einige Feinheiten ausgebügelt werden. Eine Lauffunktion lässt Assil zwar einen Zahn zulegen, allerdings scheint der Typ nicht gerade ein Sprinter zu sein. Ein schneller Bildschirmwechsel oder einige Einheiten Spritzigkeitstraining würden niemandem schaden.

Ansonsten gibt es bei der Steuerung wenig zu meckern. Geht man davon aus, dass einige kleinere Bugs (so wie auch bei der Grafik) noch behoben werden, dann hat Deck 13 sehr gute Arbeit geleistet. Mit einem simplen Point & Click-Interface hat man alles im Griff.

Optisch, ich habe es bereits angedeutet, macht Ankh viel her. Das Genre scheint langsam in der dritten Dimension anzukommen ohne dass man Hässlichkeiten hinnehmen muss. Detailreiche und animierte Umgebungen, schicke Effekte, liebevoll modellierte Charaktere und ein in sich geschlossener Stil machen Assils Reise zu einem Augenschmaus.

Vertont wird mit hochklassigen deutschen Sychronstimmen von Hollywoodschauspielern wie Ben Stiller, Renee Zellweger, John Travolta, Jennifer Lowe Hewitt, Arnold Schwarzenegger und Pierce Brosnan.

Was wir uns musikalisch erwarten dürfen, sehen wir dann Ende Oktober. Da will Publisher Rebel Games/bhv den Unglücksraben Assil nämlich auf die lechzende Adventure-Gemeinde loslassen. Wer noch genauer wissen will, was ihn da erwartet, wirft noch einmal <a href="http://www.rebell.at/?site=rfull&cnt=show_s1&post_id=455" target="_blank">einen Blick in unserer Interview.</a>

Nicht nur Ron Gilbert (Monkey Island) und Bob Bates (Unreal 2, Erich the Unready) sind angetan von dem was da aus deutschen Landen an Adventurekost daher kommt. Deck 13 schickt sich an, mit Ankh den scheinbar unantastbaren Klassikern Konkurrenz zu machen. Ob es schlussendlich wirklich ganz klappt ist noch nicht entschieden und hängt auch vom letzten Feinschliff ab. Das Potential in die Riege der großen Abenteurer aufzusteigen hat Assil aber. Und wenn es diesmal noch nicht sein soll, dann auf jeden Fall in einer Fortsetzung. Ich bin kein großer Fan von Ägypten, aber bisher wüsste ich absolut nicht, warum ich Ende Oktober nicht zumindest eine sehr gute Wertung vergeben sollte. Die Pyramiden machen jetzt scheinbar nicht nur Eindruck, sondern auch noch Spaß – vorbestellen ist kein Fehler.

Ersteindruck: Sehr gut

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