Mit einer Menge Phantasie

Die besten Einfälle sind meist keine besonders komplexen neuen Ideen, es sind einfache, alltägliche Dinge, die einem im Nachhinein betrachtet schon immer hätten einfallen müssen, an die aber dennoch lange Zeit keiner gedacht hat. Will Wright hat seit langer Zeit solche Ideen. Etwa die, den Spieler seine Traumstadt bauen oder ein alternatives Leben führen zu lassen wie in Sim City und die Sims.

Mit Spore dringt Wright jetzt zum Kern der Dinge vor, keine Städte, Bauernhöfe oder Familien werden simuliert, sondern die Evolution, der Kreislauf des Lebens selbst.
Ganz neu ist die Idee nicht, denn Maxis hat mit Sim Life schon einmal den Versuch unternommen, Leben auf einer virtuellen Erde zu simulieren. Wirklich Spaß macht dieses Spiel allerdings nicht (mehr). Gottgleich durfte man in Sim Life Lebensformen (Pflanzen wie auch Tiere) kreieren und sie auf einer 2D Welt beim Fressen und Gefressen werden, aber auch bereits bei ihrer stetigen Fortpflanzung und Entwicklung betrachten. Wirklich Spaß hatten damit auf Dauer wohl nur Biologiestudenten, auch weil eine Identifikation mit den Icons, die über den Bildschirm huschten, nur schwer möglich war.

Spore versucht genau das zu vermeiden. Eine simulierte Welt voller Leben allein wäre schon spannend, fesselnd wird ein solches Spiel aber nur, wenn der Spieler etwas bekommt, mit dem er sich identifizieren kann. Nicht die Kontrolle über alle Wesen, dafür alle Möglichkeiten der Gestaltung für ein Wesen, eine Art.

Ich mach mir die Welt…
Der Editor ist in Spore nicht wie üblich Werkzeug, um eigene Inhalte ins Spiel zu übertragen, sondern absoluter Kern des Spiels. Mittels Drag und Drop zieht man Bauteile wie Augen, Beine, Arme oder körpereigene Waffen an eine beliebige Stelle der gespielten Kreatur. Dabei sind alle Teile verformbar und funktional. Ein Mund am einen Ende und das Auge am anderen der Wirbelsäule? Kein Problem. Sieben Beine? Auch das geht, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Bewegungsabläufe sind selbst bei skurrilsten Kreaturen flüssig und wirken real. Mehr Beine lassen die Art schneller werden, Stacheln dienen zur Verteidigung oder zum Angriff. Eigenschaften und Nahrungsart der Kreatur berechnet der Editor je nach verwendeten Teilen, wobei die meisten nicht nur eine, sondern mehrere Eigenschaften verbessern. Grenzen sind der Phantasie des Spielers dabei nur durch die bisher erarbeitete Punkteanzahl gesetzt, denn jeder Teil muss bezahlt werden. Die Punkte dienen in Spore als Währung und können etwa durch Nahrungsaufnahme erwirtschaftet werden.

Evolution im Spiel bedeutet bei Spore auch Evolution von Computerspielen an sich. Denn die verschiedenen Phasen in der evolutionären Entwicklung der gespielten Art vereinen die besten Genres bestehender Spiele.

Anfangs steuert man in Pacman-Manier einen Mikroorganismus durch einen zweidimensionalen Ausschnitt der Ursuppe. Hat man sein winziges Wesen ausreichend entwickelt ohne dabei gefressen zu werden, bekommt man auch schon eine Dimension dazu und muss sich von nun an aus der Schulterperspektive im Urmeer behaupten. In der nächsten Phase hat man erstmals festen Boden unter den – neu entwickelten – Füßen und erkundet actionreich das Festland. Fressen und Weglaufen bestimmen bis dahin das Leben der jungen Spezies, denn der Computer sorgt dafür, dass man nie am obersten oder untersten Ende der Nahrungskette steht. An Land aber gibt es mehr zu entdecken als Nahrung und Feinde.

Gruppendynamik
Artgenossen wollen gefunden und in einer Herde vereint werden. Intelligenz wird von nun an zu einem immer wichtigeren Faktor der aufstrebenden Art und wie alles andere wird auch diese mittels Punkten gekauft. Ist man erst einmal klug genug und hat einen Stamm, der hinter einem steht, darf man die nächste evolutionäre Stufe betreten, die Stammesphase.

Einfache Hütten beherbergen den Stamm und erstmals können Punkte abseits vom eigenen Körper in nützliche Werkzeuge und Alltagsgegenstände investiert werden,
welche das Leben und den Umgang mit anderen Stämmen erleichtern.

Der Stamm gewachsen, die Hütte zu klein, dafür das Gehirn mittlerweile größer?
Dann darf eine eigene Stadt errichten werden. Auch für das Design der Stadt darf der Editor genutzt werden. Mittels einfacher, beliebig veränderbarer Formen kann ein einzigartiger Baustil kreiert werden. In dieser Phase steht die reibungslose Funktion der Stadt im Mittelpunkt des Interesses. Aber auch neue Technologien dürfen erforscht und für das Wohl des Volkes oder gegen rivalisierende Städte eingesetzt werden.

Klug genug? Gut genug? Stark Genug?
Früher oder später kommt die Zeit, wo jede Art zu den Sternen blickt und sich fragt, ob es da draußen nicht noch mehr gibt. In der letzten Phase von Spore kann deshalb ein UFO erworben werden und zum ersten Mal ist des dem Spieler möglich, den eigenen Planeten zu verlassen um sich in die weiten des Alls aufzumachen und das eigene Sonnensystem zu erkunden. Mittels neuer Antriebstechnologie darf später sogar die gesamte Galaxie bereist werden.

Ein normales Spiel wäre jetzt zu Ende. Spore beginnt an diesem Punkt gerade erst.

Unendliche Möglichkeiten bieten sich durch das UFO und seine Technologien. Diese Phase bildet den Sandkastenmodus des Spiels. Geht es nach den Entwicklern, ist an diesem Punkt nahezu alles möglich und so soll Spore niemals enden. Jeder normale Entwickler würde spätestens jetzt für verrückt erklärt werden, jeder bis auf Will Wright.

Spore lebt von der Kreativität der Spieler. Darum wird das Spiel bei vorhandener Internetverbindung die Schöpfungen anderer Spieler ins Spiel kopieren wo sie ab dann Computergesteuert weiter leben. So erhalten Spieler die Möglichkeit die Zivilisationen der Spore Gemeinschaft zu bestaunen ohne dabei in ständiger Angst vor den UFOs übermächtiger Mitspieler zu leben.

Spore ist ein Monsterprojekt und selbst der ausführlichste Artikel kann wohl nur einen Oberflächlichen Überblick über die spielerischen Möglichkeiten des fertigen Spiels liefern. Sicher aber ist das man sich auf Spore freuen muss, denn Will Wright hat nicht nur die richtigen Ideen, er weiß auch wie man gute Spiele daraus macht.

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