Mit dem Fisher auf die Jagd nach dicken Fischen

Wir haben es schon immer gewusst. Georgien und China sind die Achse des Bösen und die USA retten edel die Welt vor deren Invasion. Warum Splinter Cell trotz der schrecklich einseitigen Story ein absolutes Muss für Actionfans ist verraten wir euch in unserem Review.

Terroristen stinken und verfolgen zumeist keine wirklich netten Ziele – diese ewige Weisheit ist auch Sam Fisher, dem Helden von Splinter Cell, durchaus bekannt. Als Mitglied eines streng geheimen Anti-Terror-Kommandos das unter dem Decknamen „Third Echolon“ bekannt ist darf er aber höchstpersönlich mit den fiesen Säcken aufräumen. Alles beginnt in Georgien, wo Sam dafür sorgen soll, dass zwei verschwundene CIA-Agenten wieder auftauchen. Tun sie auch – allerdings in weit einer weniger lebendigen Form als sich die amerikanischen Geheimdienste das wünschen. Warum, das findet Sam in den acht weiteren Missionen heraus. Dass die Welt dabei knapp an einem neuen Weltkrieg vorbeischrammt, sei nur nebenbei erwähnt.

Langeweile kommt bei Splinter Cell nicht so schnell auf. Neben einigen netten Eastereggs sorgen dafür natürlich vor allem Sam’s Einsätze. Die Missionen spielen in Georgien, China, dem CIA-Hauptgebäude und an zahlreichen anderen Locations die allesamt durchdacht entworfen wurden. Die strenge Linearität stört dabei beim ersten Durchspielen nicht wirklich. Wenn der Puls bei 180 schneller hämmert als die beiden Schusswaffen die unser guter Onkel Sam mit sich führt, hat man oft nicht mehr viel Zeit um über alternative Vorgangsweisen nachzudenken. Generell sollte man darauf achten nicht in Schusswechsel involviert zu werden. Die Munition wird nur allzu schnell knapp und sollte besser dafür aufgespart werden Lampen und Kameras auszuschießen.

Und das zu tun ist etwas das man jedem Spieler nur raten kann, denn im Schutz des Schattens schleicht es sich gleich viel leichter. Dank Thermo- und Nachtsichtgerät tappt man außerdem selbst nie ganz im Dunkeln. Die Künstliche Intelligenz handelt allerdings nicht dumm. Wenn plötzlich ein Licht ausgeht sehen die Schergen der Boshaftigkeit sofort nach dem Rechten. Selbiges gilt für ungewöhnliche Geräusche, wenn etwa wie einmal der Unterkiefer eines Terroristen daran glauben muss.

Auch wenn ihr entdeckt werdet machen es die Widersacher euch nicht sonderlich leicht. Die verstecken sich hinter Ecken und beugen sich dann nur vor um einen Schuss abzugeben, oft findet man sich selbst hinter einer Säule hockend wieder, leicht beunruhigt darauf wartend, dass das verdammte Dauerfeuer endlich aufhört. Damit es gar nicht so weit kommt solltet ihr also auf leisen Sohlen töten. Wobei es oft gar nicht zwingend notwendig ist das virtuelle Leben der Gegner auszuknipsen. Eine feindliche Einheit einfach bewusstlos zu schlagen hat denselben Effekt und spart Munition – natürlich ist es auch etwas schwieriger. In einigen Missionen ist diese Vorgangsweise aber sogar Pflicht, wenn etwa kein Alarm ausgelöst werden darf oder man im CIA-Hauptgebäude niemanden töten soll – denn wie wir alle wissen killen amerikanische Geheimdienste doch keine Landsleute…

Auch die Tierwelt liebt Sam nicht so sehr wie er sich das wünscht. Hin und wieder laufen euch nämlich auch Wachhunde über den Weg. Die sind insofern nervig, als dass sie eure Fährte aufnehmen und verfolgen – meist mit einem bewaffneten Wachmann im Schlepptau. Etwas seltsam ist es dabei, dass euch die verdammten Tölen auch wittern können wenn ihr durch einen Bach watet.

Besonders auffällig ist natürlich schon auf den ersten Blick die grenzgeniale Grafik des Spiels. Hierbei sind die Entwickler offensichtlich stolz auf die prachtvollen Licht- und Schatteneffekte. Deshalb findet man auch alle paar Meter eine Stelle vor, an der die in Echtzeit berechneten Schatten am Boden und den Wänden umherhuschen. Das macht auch spielerisch Sinn, ohne die Schatten würde Sam oftmals um eine Ecke laufen wo ein unfreundlicher Zeitgenosse darauf wartet ihm eine Kugel in den durchtrainierten Körper zu jagen. Mister Fisher dürfte übrigens generell ein Frauenschwarm sein. Nicht nur die Stimme von Bruce Willis deutet das an, auch die Tatsache, dass er vor allem in der Nacht aktiv ist und sich problemlos in hundert Meter Höhe mit einer Hand an einem Seil festhält lassen darauf schließen. Frauen stehen auf Muskeln…

Auch sind all diese Aktionen optisch besonders cool in Szene gesetzt. Der Spagatsprung und die angesprochene Seilaktion dürfte mittlerweile jedem bekannt sein, aber das ist noch lange nicht das gesamte Bewegungsportfolio des Geheimagenten. An Rohren hangeln, sich an Mauervorsprüngen festhalten und vieles mehr ist kein Problem. Noch nie da gewesen ist auch die Möglichkeit feindliche Truppen als Schutzschild zu verwenden.

Von hinten heranschleichen und die Aktionstaste drücken – schon befindet sich einer der Jungs in eurer Gewalt. Jetzt gibt es mehrere Möglichkeiten: entweder man richtet die Waffe auf seine Kumpels, verhört den Typen oder zwingt ihn dazu eine Tür zu öffnen. Im einfachsten Fall gibt’s einfach einen Klapps auf den Hinterkopf der ihn ins Reich der Träume befördert.

Zwischen den Einsätzen bekommt man die Vorgänge der restlichen Welt in zusammengeschnittenen Nachrichtensendungen zu sehen. Die Rendersequenzen erinnern dabei auffallend an CNN und sind sehr nett anzusehen. Auch Videoübertragungen von Oberbösewicht Nikoladze sind da immer wieder miteinbezogen. Die erinnern oft an aktuelle Horrorszenarien, wenn der Terrorist (übrigens ein einstiger Verbündeter der westlichen Welt…) etwa ankündigt amerikanische Soldaten vor laufender Kamera zu erschießen und die Bilder in die ganze Welt zu versenden.

Hin und wieder gibt es auch „normale“ Rendersequenzen die mit Sam und seinem Team zusammenhängen. Zum Beispiel wenn ein Anruf seiner Sarah oder ein anderes Ereignis erfolgt. Diese Szenen sind ebenso perfekt vertont wie der Rest des Spiels. Nicht nur die Soundeffekte und Sprachsamples sind sehr gut gelungen, auch die musikalische Untermalung erfreut die Ohren. Da pochen schnelle Instrumentalklänge und erhöhen somit zusätzlich noch die Herzfrequenz oder irgendwelchen düsteren Töne tragen noch etwas zur ohnehin schon beklemmenden Atmosphäre bei. Je schneller sich Sam bewegt desto lauter auch die Geräusche die er verursacht. Dabei spielt vor allem die Unterlage eine große Rolle – auf Betonböden ist man lauter als auf Teppichen. Auch auf herumliegende Scherben oder von der Decke hängende Ketten sollte man achten. Berührt man diese schreckt man damit auch nahestehende Gegner auf.

Die Steuerung erschwert die Balanceakte zwischen Scherbenhaufen aber genauso wenig wie im restlichen Spiel. Auch hier hat Ubi Soft ganze Arbeit geleistet und in nur fünf Monaten eine gelungene Portierung vom Xbox-Gamepad zu einer Maus-Tastatur-Kombination geschafft.

Ein Feature das den etwas gehobenen Schwierigkeitsgrad senkt ist auch die Quicksave-Funktion. PC-Spieler dürfen im Gegensatz zu Xbox’lern an jeder Stelle des Spiels speichern. Das bewirkt einen weit niedrigeren Frustfaktor als in der Xbox-Fassung. Trotzdem stimmt die Spielzeit. Entgegen dem allgemeinen Trend ist Splinter Cell kein Wochenend-Snack. Fortgeschrittene Spieler dürften zwischen 12 und 15 Stunden brauchen um das Ende zu sehen. Wer sich auf der normalen Schwierigkeitsstufe unterfordert fühlt kann sie ein wenig erhöhen.

Die neben stehenden Hardwareanforderungen gibt Ubi Soft auf der wirklich gelungenen Verpackung an. Um das Spiel aber in seiner wirklichen Pracht zu spielen bedarf es schon eines Rechners an der 2 GHz-Grenze mit einer Grafikkarte ab der Geforce 3-Generation, vor allem das aktivierte Nachtsichtgerät schluckt einiges an Rechenkraft.

Respekt, Respekt! Ubi Soft hat es wieder einmal geschafft eine Tom Clancy-Vorlage perfekt in ein Spiel zu integrieren. Eine packende Story, abwechslungsreiche Missionen, eine glaubwürdige Zukunftsvision und das alles verpackt in wunderschöner Grafik und einer auch ansonsten gelungenen technischen Präsentation. Warum die kanadischen Entwickler aber eine dermaßen einseitige Geschichte erzählen ist mir nicht ganz klar. Die amerikanischen Weltretter – geführt von einem General der aussieht wie der nette Opa von nebenan und einem Mr. „Good Guy“-Präsidenten – gegen das grundsätzlich Böse aus China und Georgien. Erst wenn man die privaten E-Mails der chinesischen Soldaten liest findet man so etwas wie menschliche Züge – wenn beispielsweise die Frau eines Bösewichts ihn bittet ihr zu versichern, dass er an irgendwelchen barbarischen Akten nicht teilnimmt.

Viel mehr gibt es aber auch nicht zu bemängeln. Vielleicht noch den geringen Wiederspielwert, weil die Linearität zwar beim ersten Mal nicht stört, es sich aber fast nicht auszahlt das Spiel ein zweites Mal durchzuspielen. Für einen meiner Meinung nach sicheren Nachfolger wünsche ich mir mehr Handlungsfreiheiten.

Übrigens: Ich kenne sowohl die Xbox- als auch die PC-Version und meiner Meinung nach gehört dieses Spiel klar auf die zweite Plattform. Egal: Wer es noch nicht hat sollte schnellstens zugreifen. Splinter Cell ist zweifellos das derzeit beste Actionspiel.

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