Der Himmel verdunkelt sich. Schreie hallen durch die Straßen. Häuser brennen, Menschen rennen um ihr Leben. Der bebende Untergrund kündigt ein riesiges Heer aztekischer Soldaten an, das jeden Augenblick die Tore der Stadt erreichen muss. Nur wenige Sekunden bleiben, um mit göttlicher Hand ein paar Überlebende in den Strudel zu einer anderen Welt zu werfen. Gleich darauf erhebt sich ein mächtiger Vulkan in den blutroten Nachthimmel, der die einst blühende griechische Stadt mit einem Lavaschwall unter sich begräbt.
Nach diesem dramatischen Vorspann ist klar, dass auch der zweite Teil von ‚Black & White‘ eine echte Herausforderung für Hobby-Gottheiten darstellt. Es gilt, dem Volk der Griechen zu neuem Ruhm zu verhelfen und dabei Wikinger, Japaner und nicht zuletzt die hartnäckigen Azteken aus dem Weg zu räumen oder für sich zu gewinnen.
Gut oder böse?
Wie schon beim Vorgänger liegt der größte Reiz des Spiels in der eigenen Gesinnung. Engelchen und Teufelchen sind natürlich wieder mit von der Partie und lockern den Spielverlauf mit ihren humorvollen Diskussionen auf. Schon zu Beginn des Spiels stellt sich die entscheidende Frage: Möchte ich ein guter Gott sein, der seinen Jüngern ein Paradies auf Erden erschafft und die Gegner durch eindrucksvolle Städte überzeugt? Oder bin ich lieber der unbarmherzige Tyrann, der das Volk nur als Produktionsmaschinerie für seine unzähligen Heere benutzt, um damit die Gegner im blutigen Kampf einfach zu überrennen? Für welchen Weg ihr euch auch entscheidet, es wird sich unweigerlich auf das Aussehen der Stadt auswirken. Seid ihr ein guter Gott, werdet ihr mit blühenden Landschaften, liebevoll gestalteten Städtchen und einem glücklichen Volk belohnt. Wendet ihr euch der bösen Seite zu, verdunkelt sich der Himmel, Lavaadern quellen aus dem trockenen Boden und das Flehen der Bevölkerung lässt auch den Nachbarn wissen, dass hier ein gefürchteter Gott sein Unwesen treibt. Ein Mittelweg aus beiden Strategien ist ebenso möglich, aber natürlich langweiliger.
Erobern wir sie!
Die wichtigste Neuerung ist der gewachsene Strategieteil von ‚Black & White 2‘. Wer sich nicht allein auf den immensen Aufbaupart verlassen will, kann nun Truppen zur Verstärkung holen, um mit ihnen das Land zu erobern. In Waffenkammern lassen sich schnell gute Krieger ausbilden, die motiviert in die Schlacht ziehen. Die verfügbare Truppenstärke hängt dabei von der Einwohnerzahl ab. Aber Vorsicht, Soldaten sind hungrig und benötigen die doppelte Ration an Nahrung wie gewöhnliche Bürger!
Jäger und Sammler<br>
Überhaupt spielen die Ressourcen wieder eine wichtige Rolle. Auf jeder der acht Inseln fangt ihr immer wieder von Neuem an, Felder anzulegen, Förster zu bekehren und Erz aus den Minen zu scheffeln. Die Berufsvergabe ist denkbar einfach: Mit göttlicher Hand nehmt ihr einen erwachsenen Bürger auf und setzt ihn auf einem Feld oder neben einem Baum ab, um ihm eine Aufgabe zuzuteilen. Der ehrfurchtsvolle Jüngling wird sogleich überglücklich seinen neuen Job in Angriff nehmen. Insgesamt sechs verschiedene Berufsgruppen lassen sich auf diese Weise festlegen.
Genauso wichtig wie die Ressourcen ist der Tribut, den ihr für erfüllte Missionen erhaltet. Neben den Hauptaufgaben wie dem Erobern der jeweiligen Insel gibt es zahlreiche Nebenmissionen, die den Spielverlauf auflockern. So müsst ihr zum Beispiel einem Spion den richtigen Weg durch einen Hinterhalt zeigen, kleine Schafe auffangen, die der trächtigen Liesel entspringen, oder ein Steinrätsel lösen, um eine Geisterarmee zu rekrutieren. Mit dem gewonnenen Tribut lassen sich neue Gebäude, Gegenstände und Wunder kaufen, die Eindruck machen, den Kampf verbessern oder einfach nur dem Wachstum der Stadt auf die Sprünge helfen.
Ein Königreich für eine Kuh
Natürlich darf eines in ‚Black & White 2‘ nicht fehlen: Die Kreatur. Gleich zu Beginn könnt ihr zwischen Löwe, Kuh, Affe oder Wolf wählen, wobei jede dieser Kreaturen ihren eigenen Charme hat. Mir ist sofort die Kuh ans Herz gewachsen – ihr selten dämlicher Blick hat mich überzeugt. Aber auch die anderen Kreaturen wissen durch ihre liebevolle Gestaltung zu gefallen und werden schnell zu einem unersetzlichen irdischen Partner. Ein wenig schade ist es da, dass der kleine Liebling wesentlich unwichtiger geworden ist als noch im ersten Teil. Auch wenn er sich beim Kampf gegen Feinde und beim Aufbau der Stadt als sehr nützlich erweist, ist es doch oft möglich, ganz ohne ihn auszukommen. Wer möchte, kann sich aber immer noch viel mit ihm beschäftigen.
So ist die Erziehung der Kreatur wieder eine mühsame und geduldvolle Aufgabe. Wie auch im ersten Teil geschieht dies durch Bestrafen oder Loben für eine Handlung. Sanftes Streicheln auf und ab ermutigt die Kreatur in ihrem Handeln und lässt sie im siebten Himmel schweben. Schnelle Mausbewegungen nach links und rechts dagegen dienen zur Bestrafung, wenn ein Verhalten als falsch beigebracht werden soll. Richtiges Erziehen ist wichtig. Passt ihr einen Augenblick nicht auf, knabbert der kleine Liebling schon am nächsten Felsen und fragt sich gleich darauf, ob das schlecht für die Zähne sein könnte. Daher ist es sinnvoll, ihm gleich zu Beginn beizubringen, was er fressen kann und wovon er lieber die Finger lassen sollte. Getreide zum Beispiel ist eine gute Kost für umsichtige Kreaturen, saftige Dorfbewohner dagegen sind wesentlich nahrhafter und machen den kleinen Racker stark. Das Fressen von eigenen Dorfbewohnern lässt ihn allerdings böse werden, was einen guten Gott vielleicht doch dazu bewegen könnte, seine Kreatur lieber mit Getreide und kleinen Tieren zu füttern und die Muskeln mit ein paar Baumstämmen zu stärken. Natürlich ist es möglich, eine böse Kreatur zu erziehen, während ihr selbst ein guter Gott seid. Doch in der Praxis stellt sich das als ziemlich schwierig heraus, da euer kleiner Helfer dazu neigt, seinem Herrchen nachzueifern.
Auch sollte man vorsichtig mit Kreaturwundern sein. Ein neu erworbenes Feuerwunder kann nicht nur sehr nützlich im Kampf gegen Wikinger oder Japaner sein, sondern auch schnell mal auf andere brennbare Gegenstände übergreifen, wenn ihr euren kleinen Liebling auch nur kurz aus den Augen lasst.
Spaß garantiert
‚Black & White 2‘ ist in jeder Hinsicht ein würdiger Nachfolger des ersten Teils. Die neue Truppenfunktion ist eine sinnvolle Ergänzung zum Aufbaupart, der immer noch die größte Rolle einnimmt. Aber auch die altbekannten Dinge überzeugen in frischer Form: Engelchen und Teufelchen lassen keine Gelegenheit für einen treffenden Kommentar aus, die Inseln laden mit noch mehr Detailreichtum erneut zum Verweilen ein und die Kreaturen werden nach eingehender Erziehung zu hilfreichen Götterboten. Der Winter kann kommen!