Einseitiges Heldentum ist normal … oder?

Ein Amerikaner in der Falle. Auf der Burg machen Nazis grausame Experimente an Kriegsgefangenen und die Schreie hallen markerschütternd duch das feuchte Gemäuer der Kerker, tief unten in den ältesten Gewölben des Schlosses. Ein deutscher Soldat geht nichtsahnend durch den Gang, zielsicher steuert er die Zelle des Amerikaners an. Vermutlich denkt er gerade an seinen nächsten Sold, den er für neue Schuhe und vielleicht ein paar Hosen ausgeben will. Er will sein Kind nicht in Lumpen herumlaufen sehen, die anderen Kinder spotten es schon aus. Mit dem Essen für den Gefangenen, vielleicht auch etwas ermüdet vom ständigen Wachehalten, öffnet er die Zelle und stellt erschrocken fest das sie leer ist! Voller Panik läuft er in die Zelle und kann keine Fluchtmöglichkeit entdecken – kann sich nicht vorstellen wie der Ami abhauen konnte. In Gedanken ist er schon beim Leutnant, der ihn fertigmachen und degradieren wird als der Gefangene von der Decke springt, hinter ihm landet und ihm mit einer gekonnten, schnellen, Bewegung die Kehle durchschneidet. Sein letzter Gedanke gilt seinem Kind, nicht dem Führer – es wird noch lange in Lumpen herumlaufen müssen..

Welch seltsame Geschichte – kommt sie euch bekannt vor? Ich rede hier vom Intro zu Return to Castle Wolfenstein. Ein Spiel wie jedes andere, nur mal aus einer anderen Sichtweise betrachtet. Jeder Mensch hat eine eigene Sichtweise von den Geschehnissen. Wenn dem so ist, müsste es doch auch viele Geschichten zu einem Geschehniss geben, wie zum Beispiel den Zweiten Weltkrieg, der mit diesem Spiel angesprochen wurde. Wenn man sich die Reportagen im TV oder irgendwelche PC-Spiele ansieht, wird man immer folgendes feststellen können: Zum Zweiten Weltkrieg existieren zum Großteil, bzw. für die Masse auffällig, zwei Sichtweisen – eine amerikanische und eine jüdische (wobei die natürlich unbestritten die Opfer des gewissenlosen Regimes waren). Ich will damit nicht sagen, dass es keine anderen gibt, aber sie gehen einfach unter, oder es interessiert einfach niemanden, was aus der Sicht der Deutschen oder der Rumänen passierte. So bekommen wir Spiel um Spiel vor den Latz geknallt wo man ein Held im Zweiten Weltkrieg ist und in jedem dieser Spiele muss man dreckige, verbrecherische Deutsche umbringen – was für ein Zufall.

Es gibt viele Leute, die Angst vor einer Amerikanisierung Europas haben. Aber sind wir nicht schon längst europäische Amis? Wird irgendwer ein Spiel akzeptieren, welches von diesem Klischee abweicht? Werden wir jemals einen Ego-Shooter finden in dem man als deutscher Wehrmachtsoldat versuchen muss, einen englischen Flughafen samt seiner Angestellten zu vernichten um das schreckliche, sinnlose Bombardement auf Dresden zu verhindern? Nein – das wäre ein Kriegsverbrechen in PC-Spiel Form, die Menge würde aufschreien und den Publisher boykottieren, weil es eine Frechheit und eine Lüge ist, zu behaupten, das in Dresden 135.000 Zivilisten durch gezielte alliierte Bombardements getötet wurden. Außerdem kommt damit der Glaube ins Wanken, ein Sieger des Zweiten Weltkrieges wäre wesentlich mehr Wert als alle anderen auf der Welt.

Nun? Ihr glaubt, dass dieses Denken nicht existiert? Ihr glaubt auch, dass man nicht jedes Menschenleben und jeden Charakter miteinander vergleichen kann? Stellt euch vor im Irak wären 10.000 Amerikaner gestorben – der Krieg wäre beendet worden, ein Rückzug wäre angeordnet worden und nach Ausreden gesucht. Stellt euch vor im Irak wären 10.000 Zivilisten gestorben. Sowas – es sind wirklich ziemlich viele Irakis gestorben, aber ehrlich gesagt ich weiss nicht mehr ob es jetzt 10.000 oder 20.000 waren (Aber ich weiss, dass 138 Amerikaner gestorben sind – inklusive der Interviews aller ihrer Verwandten und Freunde). Naja, das interessiert weder CNN noch die Spielebranche – aber den Schriftzug "Shock and Awe" will man lizensieren lassen. Vermutlich um ein Spiel zu machen in dem man die durchgängig bösartigen Irakis töten kann. Zum Wohle der Menschheit…

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