Ein Verriss ohne Opfer

Was passieren kann, wenn die PR-Abteilung eines Publishers mit den eingefahrenen Beurteilungen nicht zufrieden ist, kann man gut am Beispiel von Das Eulemberg Experiment aka Crime Stories aka Martin Mystère sehen: Fluchs wird eine Pressemitteilung herausgegeben in der verbal gleich einmal mit der kompletten mehr oder minder etablierten Printpresse der Boden aufgewischt wird. Nun mag sich sicherlich der ein oder andere fragen, ob hinter der – nenne wir es der Fairness halber mal – etwas unglücklich formulierten Kritik mehr steckt als nur wilde Denunzierungen, oder ob die vereinte Spielepresse Recht behält und Das Eulemberg Experiment wahrlich nur ein besseres Brechmittel ist.

Um eins schon einmal vorweg zu nehmen: Möge man den Statistikern von gamesrankings.com Glauben schenken, Das Eulemberg Experiment wäre mit einer internationalen Durchschnittswertung von gerade einmal 49 Prozent bei der hiesigen Presse noch einmal glimpflich davon gekommen. Klar, ich könnte an dieser Stelle auch einfach aufhören und eben mit diesem Presseüberblick argumentieren. Nun ist es aber durchaus bekannt, dass sich gerade die amerikanische Presse mit Adventures relativ schwer tut und darüber hinaus sprechen manche Quellen eher von einem soliden und gut gemachten Adventure, denn von unterdurchschnittlicher Gurken-Rätselei.

So blieb mir in meinem unbändigen Forschungsdrang dann auch nichts weiter übrig als schnellstmöglich eine Mail an die Presseabteilung von Most Wanted Games zu schicken um alsbald eine überaus höfliche Antwort zu bekommen – tja, ich komm halt eben nicht von der GameStar oder PC Games. Wenige Stunden später befand sich dann auch das Testmuster auf meiner Platte (allerdings ohne dass ich vorher den Karton, das Handbuch oder gar die Spiele-CD überhaupt jemals gesehen hätte, schließlich wird auch bei uns Presseheinis gespart und so bekommen wir nur noch ein eher unattraktives CD-Image als Testmuster). Was nun folgt lässt sich am besten als Odyssee eines Adventureulogen bezeichnen.

Fangen wir dafür am besten gleich von vorne an. Ihr seid Adam Quinn, seines Zeichens Professor, Detektiv, Inspektor, Macho-Arsch und Schlampe in einer Person. Ihr lebt davon in anderen Ländern umher zu reisen und zusammen mit eurem Neandertaler-Freund Iashi selten Schätze und dergleichen zu bergen. Zumindest wenn es denn was Antikes oder so zu entdecken gibt. Da dies momentan jedoch nicht der Fall ist, beschäftigt ihr euch auch mit einem profanen Mordfall. Dieses Mal hat es – Achtung, riesige Überraschung – den exzentrischen Sack Professor Eulemberg getroffen. So weit, so 08/15 und unoriginell der Anfang.

Was sich im Verlauf der Geschichte aus diesem anfänglichen Konflikt entwickelt hat jedoch durchaus interessanten Ansätze und bedient sich mit dem Azteken-Kult zwar einem bekannten, aber zum Glück noch nicht bis zur Ewigkeit ausgelutschtem Thema. Die Entwickler schaffen es sogar, den Spieler zeitweise aufs Glatteis zu führen und offenbaren in einer interessanten Wendung eine vorher vor allem durch ihre Liebenswürdigkeit aufgefallene Person als weit weniger freundlich gesinnt. Trotzdem muss man schon ein relativ toleranter Rätselknacker sein, um den ellenlange Dialogen mit Professor Ubenburg über irgendwelches mythologisches Azteken-Geschwätz etwas Interessantes abzugewinnen. Gerade an diesen Stellen verkommt die Hintergrundgeschichte stark zur Geschmacksfrage. Wer also nichts mit Azteken und Ureinwohner-Gesocks im Allgemeinen anfangen kann, der sollte schon einmal einen großen Bogen um das Eulemberg Experiment machen.

Alle andern dürfen gerne weiterrätseln, angenommen sie lassen sich von folgender Situation – bezeichnenderweise gleich zu Spielbeginn – nicht komplett verschrecken: Gerade habt ihr noch ruhig geschlafen, da holt euch ein verdammt ungemütlicher Alptraum ein. Verschreckt schnell ihr hoch und steht wenige Sekunden später in eurem Schlafzimmer. Da klingelt auch schon euer Telefon, am anderen Ende erzählt euch ein gewisser Collins irgendwas von einem Mord zu dem ihr ganz schnell hin müsst. Dumm nur, dass euer Schrank verschlossen, der Schlüssel von euer Freundin versteckt und jeder Einbruchsversuch hoffnungslos wäre, da euer Schrank natürlich absolut einbruchssicher ist – wessen Schrank ist das denn bitteschön nicht? Also macht ihr euch auf die Socken, um den Schlüssel und die Nummer eures Mechanikers zu finden. Euer protziger Ferrari ist nämlich auch noch kaputt und nur ein Anruf bei eurer Werkstatt wird euch diesen herzaubern. Leider hat eure Freundin den Zettel mit der Nummer in tausend Einzelteile zerrissen, so ein Pech aber auch!

Wie ihr seht, könnte die Macht wahrscheinlich mit den Programmierern gewesen sein, die Logik hatte in dem Moment wohl keinen Bock. Dazu muss noch erwähnt werden, dass, wenn Pixelhunting eine internationale Top-Sportart wäre, Das Eulemberg Experiment sicherlich als verbandseigenes Trainingsprogramm eingesetzt werden würde. Selten gab es so viele Gegenstände zu beklicken, die so wenig mit dem Spielverlauf zu tun haben. Verwirrung ist hier also schon einmal vorprogrammiert. Dennoch sind die meisten Rätsel im Spiel logisch aufgebaut und durchaus gut gelungen. Nur eben an den oben genannten Stellen hackt es etwas und das ewige Absuchen des Screens nach dem richtigen Gegenstand macht die Rätsellei nicht gerade komfortabler. Positiv zu erwähnen bleibt überdies noch, das alle Rätsel in denen es ein Passwort oder eine Zahlenkombination zu erraten gibt, so gestaltet sind, dass diese noch ein paar Minuten ohne unnötige Try-and-Error-Passagen gelöst werden können.

Und weil wir gerade schon dabei sind Honigkuchen zu verteilen: Die teilweise gezeichneten teilweise gerenderten Hintergründe versprühen durch ihre liebevolle und detaillierte Ausgestaltung einiges an Atmosphäre und können in ihrer zeichnerischen Qualität durchaus mit Klassikern wie Baphomets Fluch oder neueren Titeln wie Runaway mithalten. Zwar wirken die 3D-Charaktere etwas deplaziert und die Beschränkung auf nur eine Auflösung verpassen dem Szenario einen altertümlichen Charme, doch die Atmosphäre stimmt. Da letzteres bekanntlich wichtiger ist als technisches Gewichse, geht die Grafik also als gelungen durch. Auch die Synchronisation der einzelnen Dialoge geht bis auf ein paar Patzer in Ordnung. Außerordentliche Sprecherleistungen darf man zwar noch nicht einmal vom deutschen Synchronsprecher Harrison Fords (Motivationsmangel?) erwarten, dafür ist das gebotene durchaus solide und unterstreicht das Spielgeschehen mehr oder weniger gekonnt. Die Hintergrundmusik tut ihr übriges dazu, neigt nur manchmal dazu etwas zu dudelig und unwichtig zu wirken.

Was von Adam Quinns Abenteuer also im Gedächtnis bleibt sind zum einen die teilweise haarsträubend unlogisch teilweise zu einfachen Rätsel, die etwas in die Jahre gekommene aber dennoch recht ansehnliche Präsentation und eine Hintergrundgeschichte die sicherlich Geschmackssache sein dürfte. Hört sich also doch gar nicht mal so verheerend an, oder?

Im Endeffekt versperren Pixelhunting, manchmal dämliche Dialoge und einige Logiklücken aber doch den Blick auf ein richtig packendes Abenteuer. Adventurefreunde mit dem Hang, alles spielen zu müssen, was es auf dem Markt gibt, können aber dennoch gefallen am eulembergischen Experiment haben.

Wenn ich ehrlich bin hätte ich Adam Quinns kleine Reise am liebsten nach den ersten fünf Minuten sofort wieder deinstalliert. Selten wurde ein Spiel so dermaßen bescheuert eingeleitet: Das erste Rätsel wirkt unlogisch und erzwungen, die ersten paar Worte ziemlich affig und hohl. Hinweise, die einen weiter bringen? Fehlanzeige! Stattdessen suhen wir den Bildschirm nach den verschiedensten Gegenständen ab, wovon die meisten ziemlich unnütz sind. Was unseren Kollegen Quinn jedoch nicht davon abhält ersteinmal stundenlang darüber zu labern – hier übrigens nicht vertont, sondern nur als Untertitel.

Nur langsam nimmt Adams Abenteuer dann Fahrt auf und entwickelt so etwas wie Spannung. Doch selbst dann gibt es noch stellen, wo man ratlos im Raum umherwandert oder einem das mystische Gelaber eines gewissen Professors den letzten Nerv raubt. Dennoch hat Das Eulemberg Experiment auch seine starken Seiten. Nur stechen diese leider viel zu selten hervor, weswegen der Titel doch arg im Mittelmaß versinkt. Adventurefans, die mal wieder Indiana Jones spielen wollen, sollten dennoch einen Blick riskieren.

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