Ein Remake des N64-Shooters für Half-Life 2.

Obwohl ‚Goldeneye‘ noch heute neben ‚Halo‘ von vielen als der beste Ego-Shooter für Konsolen genannt wird, war ich nie ein großer Fan: Den Story-Modus habe ich einmal beendet, soweit ich mich erinnern kann, aber gemeinsam spielten wir damals ‚Quake‘ und später ‚Half-Life‘ am PC, weil das einfach bequemer war, als sich zu viert vor einen Fernseher zu hocken. Dennoch kann ich nicht bestreiten, dass ‚Goldeneye‘ noch heute einen seltsamen Reiz auf mich ausstrahlt, den man schwer in Worte fassen kann.

Vielleicht liegt es daran, dass ich seitdem auf ein richtig gutes 007-Spiel warten muss, oder dass ‚Goldeneye‘ so viele kleine Geheimnisse hatte, die man mit ein wenig Geduld entdecken konnte – ich weiß es nicht. Als ich aber zum ersten Mal davon hörte, dass es ein Remake von ‚Goldeneye‘ für ‚Half-Life 2‘ geben sollte, war ich sofort Feuer und Flamme.

Erster Probelauf
Kurz vor Weihnachten ist nach monatelanger Entwicklung dann schließlich eine erste Alpha-Version der Mod erschienen, was für mich ein Grund war, nach rund einem Jahr doch mal wieder ‚Half-Life 2‘ zu installieren. Auf den ersten Blick ist ‚Goldeneye: Source‘, wie es nun heißt, ernüchternd. Gerade einmal vier Maps sind enthalten, es gibt fünf Waffen und bislang nur einen echten Spielmodus: Deathmatch. Von einem Singleplayer-Part ist noch nichts zu sehen und zu lesen, eine neue Version der Mod (eine Beta) soll nach dem derzeitigen Stand ohnehin frühestens im September folgen.

Etliche Spieler
Trotz des bislang dürftigen Umfangs ist das Interesse an ‚Goldeneye: Source‘ anscheinend sehr groß. Zahlreiche, überwiegend gut gefüllte Server lassen darauf schließen, dass es noch mehr Spielern so geht wie mir. Nachdem ich online ein paar Runden absolviert habe, bin ich aber erstmal verwirrt: Das Gameplay, das Spielgefühl des originalen ‚Goldeneye‘ haben die Entwickler tatsächlich ganz gut hinbekommen, doch was ist mit den Maps passiert? Die haben optisch zwar noch einiges mit ihren Vorbildern gemein, vom Aufbau her aber hingegen fast gar nichts mehr. Noch dazu sind es keine positiven Veränderungen: Wenn schon spielerisch auf dem Stand von 1997, warum dann nicht gleich das originale Layout beibehalten und es ein bisschen vergrößern?

Noch viele Schwächen
Ohnehin wirkt ‚Goldeneye: Source‘ bedingt durch seine Orientierung am N64-Original sehr altmodisch. Am auffälligsten im Vergleich zu heutigen Shootern ist, dass man nicht springen kann und es kein Fadenkreuz gibt – obwohl sich das bei ‚Goldeneye‘ im Stillstand sogar aktivieren ließ. Davon abgesehen, merkt man der Mod ganz allgemein an, dass es sich noch um eine sehr frühe Version handelt: Waffenbalance und Schadensmodell sorgen für Tode im Sekundentakt. Manchmal reicht ein Schuss für den sofortigen Tod aus, manchmal knalle ich ein ganzes Magazin in den Körper eines Gegners, ohne dass er das Zeitliche segnen würde. Und dann sind da noch die unsäglichen Spawnkills, weil sich die Spawnpunkte der Maps teilweise an einer Hand abzählen lassen.

4 x 4
Das größte Problem von ‚Goldeneye: Source‘ ist allerdings ein anderes: Das originale ‚Goldeneye‘ war mangels Gamepads, Bildschirmfläche und Rechenpower auf ein Maximum von vier Spielern ausgelegt. Am PC und im Internet ist man bei Deathmatches jedoch 16 oder gar 32 Spieler gewohnt und damit kommen weder das einstige ‚Goldeneye‘-Gameplay noch die neuen Maps zurecht.

Vielleicht ist es falsch, eine Mod bereits zu einem so frühen Zeitpunkt in ihrer Entwicklung zu verurteilen, aber ich sehe nicht, wie ‚Goldeneye: Source‘ ohne grundlegende Veränderungen zu einer richtig guten Mod heranwachsen könnte. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, sich an dem Story-Modus zu versuchen – gute Singleplayer-Shooter sind noch heute rar. Oder die Entwickler hätten ein modernes ‚Goldeneye‘ machen können: Mit Bond-Charakteren, Bond-Waffen, Bond-Maps, aber mit einem verbesserten, zeitgemäßen Gameplay.

Willkommen in der Neuzeit
‚Goldeneye: Source‘ ist beileibe keine schlechte Mod: Die Höhlen-Map beispielsweise sieht sehr gut aus, die Spielermodelle können sich ebenso wie die Präsentation im Allgemeinen durchaus sehen lassen. Aber ich glaube, die Idee hinter ‚Goldeneye: Source‘ ist einfach falsch. Man kann einen Klassiker nicht eins zu eins auf eine andere Plattform, eine andere Engine, eine andere Technik übertragen – vor allem nicht, wenn der Klassiker über acht Jahre alt ist und mindestens zwei Shooter-Generationen dazwischen liegen. Spiele wie ‚Half-Life‘, ‚Quake 3 Arena‘ und später ‚Far Cry‘ oder eben ‚Half-Life 2‘ haben das Niveau angehoben, die Erwartungshaltung verändert und in diese neue Ära mag ‚Goldeneye‘ nicht mehr so recht passen.

Ich lasse mich natürlich gerne eines Besseren belehren und hoffe, dass die Beta-Version von ‚Goldeneye: Source‘ im September, sofern sie dann tatsächlich erscheinen wird, alle Probleme der Alpha beseitigt. Bis dahin aber lasse ich höchstens auf dem N64 noch einmal als 007 die Messer fliegen.

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