Die Räder krallen sich in den Asphalt, es stinkt nach verbrannten Gummi, mit 250 Sachen rasen wir auf die erste Kurve zu. Die Konkurrenz ist hart, beim Anbremsen wird gedrängelt als gäbe es keinen Morgen mehr. Unsere Bremsen glühen, schreien um Gnade, wir schalten runter. Zehnter, Neunter, Achter, Siebter, Sechster, langsam holen wir auf. Hinter uns wird weiter um jeden Platz gekämpft. Das interessiert uns jetzt jedoch wenig, wir haben den momentan auf Platz Nummer fünf fahrenden Gegner schon anvisiert. In der nächsten Schikane ist er dran. Wir versuchen ihn auszubremsen, doch anstatt uns fairer Weise Platz zu machen, rauscht er uns ins Heck. Wenige Sekunden später versuchen wir verzweifelt dem Kiesbett zu entkommen. Unsere Stoßdämpfer haben Schaden genommen, ebenso unsere Karosserie. Das Adrenalin steigt, wir müssen uns erneut vom zehnten Platz nach vorne kämpfen. Doch unser Unterfangen wird jäh von einer 20 Sekunden langen Zeitstrafe für unseren Ausflug ins Kiesbett unterbrochen. Das wir in Wirklichkeit das Opfer waren scheint egal zu sein. Wir müssen in die Box, wenn wir nicht gänzlich vom Renngeschehen disqualifiziert werden wollen.
Symptomatisch stellt diese Situation den Rennspielalltag in DTM Race Driver 3 dar, zeigt sie doch prägnant sowohl die Vor- als auch die Nachteile der dritten Rennspiel-Seifenoper aus dem Hause Codemasters. Wobei die Bezeichnung Seifenoper auf den dritten Teil nicht mehr zutrifft. Die kitschigen und oftmals nervtötenden Zwischensequenzen, welche die eher unwichtige Hintergrundgeschichte vorantreiben sollten, vielen nämlich der Schere zum Opfer. Gut so, denn das Gebrabbel eures Chefmechanikers, das in Form von Rendervideos mehr oder weniger willkürlich beim Erreichen einer neuen Klasse erscheint, nervt schon genügend. Außerdem: Wer braucht schon eine öde und unwichtige Handlung, wenn die Rennen spannender als manch ein Krimi sind?
Hier liegen dann auch klar die Stärken von DTM Race Dirver 3. Wie auch schon im Vorgänger müsst ihr dabei entweder während einer Welttournee oder im klassischen Karrieremodus die einzelnen Klassen erst einmal frei spielen. Dank der enormen Vielfalt an Modi, wird es hinterm virtuellen Lenkrad dabei nur selten langweilig. Zu unterschiedlich fahren sich die einzelnen Wagentypen. Vom kleinwüchsigen Renault Clio über ein bulliges V8-Muscle-Car bis hin zu den Flitzern aus der aktuellen DTM-Saison findet sich so ziemlich alles im Spiel wieder, was vier Räder und einen Verbrennungsmotor hat. Dabei darf sogar am Steuer von Exoten wie Dirt-Cars und Monstertrucks Platz genommen werden. Leider gibt es bei der schieren Anzahl von Klassen (gut 60 Stück haben ihren Weg ins Spiel gefunden) meisten nur ein Wagen zur Auswahl. Von diesem Manko einmal abgesehen, ist aber für ordentlich Abwechslung gesorgt.
Sitzt ihr dann erst einmal hinterm Steuer, packt euch schon bald das Rennfieber. Die Motoren heulen auf – bei manch einer Klasse kommt dies eher einem Piepen gleich – die Ampel schlägt auf grün um, die Räder fressen sich in den Asphalt und auf geht’s in die erste Runde.
Wer will kann seine Startposition hierfür selbst herausfahren oder einfach das Feld von hinten aufrollen. Die Fahrphysik bleibt dabei selbst für Anfänger noch gut beherrschbar. So reicht es aus, die Strecken ein bis zwei Mal abzufahren und sich dabei den Verlauf und besonders schwierige Kurven einzuprägen. Wenn dann der richtige Anbremspunkt für die Schikanen gefunden ist und man der Ideallinie einigermaßen loyal gegenüber steht, sollte einem ersten Platz auch schon nichts mehr im Wege stehen.
Okay, ein wenig Konkurrenz fährt auch noch mit und hier liegt dann auch der Hund begraben. Die Jungs und Mädel legen nämlich eine Aggressivität aufs Parkett, das selbst einem Mike Tyson Angst und Bange wird. Klar, vor Schikanen wird schon mal gedrängelt, doch wer in gefährlichen Situationen darauf hofft, dass die Kontrahenten schon fair Platz machen würden, der irrt gewaltig. Da wird mit vollem Tempo hinten aufs Auto gezimmert oder in die Seite gefahren. Der Ausflug ins Kiesbett ist somit vorprogrammiert. Dumm zudem, dass nicht eure Gegner, sondern ihr(!) für solche Manöver bestraft werdet. Neben den durch den Unfall verlorenen Plätzen bekommt ihr so auch noch eine ordentliche Zeitstrafe aufgebrummt. Dramatisiert könnte man glatt behaupten, das eine Kollision mit einem anderen Fahrzeug fast schon das Rennende bedeuten könnte.
Von dieser Schwäche einmal abgesehen verhalten sich die Gegner sonst recht clever. Für anspruchsvolle Piloten gibt es zudem einen Simulationsmodus. Hier greift die Traktionskontrolle nicht mehr ein und auch sonst steuern sich die Wagen etwas realitätsnäher. Mit einem GTR kann DTM Race Driver 3 aber dennoch nicht mithalten. Dafür steuern sich die Wagen dann doch zu sehr wie auf Schienen.
Kommen wir aber mal wieder aufs Renngeschehen zurück. Dies präsentiert sich nämlich durchaus opulent. Da splittert Glas, fetzen Autos nach einem Massencrash in ihre Bestandteile auseinander oder es verabschiedet sich gerade eure Radaufhängung. Kurz: das Schadensmodell von DTM Race Driver 3 macht schon was her, auch wenn es nicht mehr so eindrucksvoll wie auf den ersten Screenshots aussieht. Leider präsentiert sich das übrige Renngeschehen optisch so steril und rein wie der Lack der frisch gebohnerten Autos im Sonnenlicht glänzt. Gerade in den Offroad-Rennen fällt auf, dass die Autos zwar einstauben, Wasser und Schlamm aber leider nicht durch die Luft fliegen. Schade, denn mit ein paar mehr Partikeleffekten würde DTM Race Driver 3 um einiges authentischer aussehen.
Da heutzutage wohl kaum noch ein Rennspiel ohne Tuningpart auszukommen scheint, bleibt zum Schluss noch zu erwähnen, dass ihr nun auch in DTM Race Driver 3 die Möglichkeit habt, mit freigespielten Punkten euren fahrbaren Untersatz aufzumotzen. Fraglich bleibt, ob diese Trendhascherei überhaupt zum Szenario passt. Wenigstens haben die verschiedenen Tuningteile spürbare Auswirkungen auf das Fahrzeug, doch man kann auch ohne sie Rennen gewinnen. Indes hätte dem Multiplayerpart etwas mehr Hang zur Moderne gut getan. Zwar kann man zusätzlich zum Lan- und Onlinepart auch mit zwei Spielern im Splitscreen an einem PC um die Wette fahren, neue Modi sucht man sonst aber vergebens.
Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, die Mannen von Codemasters wollten mit dem dritten Teil ein Gran Turismo für den PC entwickeln: Tuningpart sowie unendlich viele Rennklassen, da fehlen eigentlich nur noch die obligatorische Garage und die Fahrlizenzen und schwupps, wir haben ein neues Gran Turismo.
Pech für Codemasters jedoch, dass man sich bei diesem Unterfangen etwas verrannt hat. So ist die Brandbreite an Rennklasse zwar episch, die Menge der zur Verfügung stehenden Autos jedoch eher auf B-Movie-Niveau. Etwas mehr als ein Auto pro Klasse hätte es schon sein dürfen. Aber Lizenzen kosten halt Geld.
Klar, was DTM Race Driver 2 schon ausgemacht hat, findet man auch im dritten Spross der Serie wieder. Aber gerade die Neuerung sind entweder nervend (Regelsystem) oder einfach unnütz (Tuningpart). Würde DTM Race Driver 3 sich nicht durch das profilieren können, was ein Rennspiel ausmacht, nämlich die Rennen, die Acht vorm Komma würde arg wackeln. Aber dank spannender Rennen und der enormen Abwechslung kann ich DTM Race Driver 3 all denjenigen empfehlen, denen NFS: MW zu simpel und GTR zu anspruchsvoll ist.