Fast jeder hat in seiner Kindheit mal so eine Phase, in der er Detektiv werden will. Das mag zum einen an populären Hörspielserien wie ‚TKKG‘ oder ‚Die drei Fragezeichen‘ liegen, zum anderen aber sicher auch an der Faszination des Geheimnisvollen, der Neugier, die in jedem Kind steckt. Detektive sind außerdem cool; sie arbeiten zumeist allein und sind Idealisten, schließlich verdienen sie mit ihrer Arbeit kaum Geld – obwohl sie eigentlich alle Fälle lösen, die sie bekommen.
Detektiv im Internet
Bei den meisten Menschen geht diese Phase recht schnell wieder vorüber und spätestens wenn sie ins Erwachsenenalter kommen, erinnern sie sich nicht mehr an ihre einstigen Wünsche und Ideale – obwohl Krimiserien von ‚CSI‘ über ‚Ein Fall für Zwei‘ bis ‚Tatort‘ zu den meistgesehenen im Fernsehen zählen. Was liegt da näher, als zu versuchen, eben diese Zielgruppe für ein Detektivspiel zu begeistern? So ähnlich muss wohl der Gedankengang des britischen Entwicklerstudios Hiding Buffalo ausgesehen haben, als sie sich ihr Konzept für ‚Gumshoe Online‘ überlegten.
Eigentlich ist es ganz einfach: ‚Gumshoe Online‘ ist ein klassisches Point & Click-Adventure, in dem ihr einen Detektiv verkörpert – und wo ginge das besser als in den USA der 30er-Jahre? Ihr spielt eben jenen abgewrackten Detektiv, der Tag für Tag alleine in seinem heruntergekommenen Büro hängt und darauf wartet, dass eine verführerische wie geheimnisvolle Frau plötzlich vor ihm steht und einen neuen Fall anbietet. Der Unterschied zu herkömmlichen Adventures dieser Machart ist, dass ‚Gumshoe Online‘ nicht in den Läden steht, sondern es nur online gekauft werden kann und direkt in einem Webbrowser gespielt wird. Der zweite Unterschied ist, dass es nicht „ein“ ‚Gumshoe Online‘ gibt, sondern einzelne Episoden; ständig sollen neue erscheinen.
Keine Preisfrage<br />
Vier verschiedene Fälle haben die Entwickler seit dem Start von ‚Gumshoe Online‘ vor rund einem Jahr bereits veröffentlicht. Die Zeit, die der Spieler mit einem Mysterium verbringen kann, liegt zwischen einer Stunde und zehn Stunden; nimmt man alle vier Fälle zusammen, kommt man auf fünfzehn bis zwanzig Stunden Spielzeit – also auf etwa das Niveau eines normalen Adventures.
Da Hiding Buffalo sich irgendwie finanzieren muss, sind die Fälle natürlich nicht kostenlos: Zwischen 6 und 8 US-Dollar verlangen die Entwickler für ihre neuesten Abenteuer. Um noch einmal den Vergleich mit gewöhnlichen Adventures zu ziehen: Rund 20 Euro für 20 Stunden Spielzeit sind fairer als das, was viele andere Publisher für ihre Titel wollen.
Obwohl ‚Gumshoe Online‘ durch die Präsentation im Browser und die Programmierung in JavaScript in Sachen Präsentation natürlich limitiert ist, schlägt es sich spielerisch sehr gut: Ihr sucht überwiegend sehr schön gezeichnete Hintergrundbilder nach Gegenständen ab, die euren Fall voranbringen können, ihr verhört Zeugen und Verdächtige mit Hilfe des gängigen Multiple-Choice-Verfahrens, ihr löst kleine Schiebe- sowie Logikrätsel und zieht schließlich eure Schlüsse aus allen gefundenen Beweisen und Indizien. Auf mehrere tausend Gegenstände und über hundert Charaktere hat man es in den vier erhältlichen Fällen bereits gebracht, in Kürze soll mit ‚The Murky Truth‘ übrigens ein fünfter folgen.
Gemeinsames Rätseln
Ein ganz wesentlicher Bestandteil von ‚Gumshoe Online‘ ist auch die Community: Im Forum tauschen sich Detektive untereinander aus, leisten sich gegenseitig in kniffligen Situationen Hilfe oder berichten von ihren Erlebnissen. Die Website des Spiels wird zudem von einer Top-20-Liste der besten Detektive geziert: Wer hat sein Können am häufigsten unter Beweis gestellt, wer hat seine Fälle am schnellsten gelöst?
‚Gumshoe Online‘ ist ein faszinierendes Spiel, wenn man Detektivgeschichten mag, gerne rätselt und auf eine herausragende Grafik verzichten kann – und die gleichermaßen spannenden wie gemütlichen Fälle sind genau das Richtige für verregnete Frühlingstage.